Update (11.11.10): Yonhap beschäftigt sich heute in ihrem North Korea Newsletter (no. 93) im Rahmen einer ausführlichen Analyse mit dem regen diplomatischen Treiben, das zurzeit rund um Nordkorea zu beobachten ist. Das Ganze ist durchaus lesenswert. Interessant ist dabei allerdings, dass die Aussage Wang Jiaruis: „It seems most countries involved in the issue are still waiting for a change, or better, collapse, of the DPRK leadership, and not seriously seeking talks“ mit keinem Wort erwähnt wird (obwohl man den Artikel bei Xinhua, in dem die steht vermutlich gelesen haben dürfte). Vermutlich, weil die im Gegensatz zum Ergebnis stünde, zu dem die Analyse kommt. Wenn das Leben (und die Politik) so einfach wären: Einfach die Aussagen und Fakten ignorieren, die einem nicht passen…
Ursprünglicher Beitrag (10.11.10): Das diplomatische Karussell auf der Koreanischen Halbinsel dreht sich ja derzeit recht schnell. Wang Jiarui, ein hochrangiger chinesischer Diplomat und Lynn Pascoe, der Unter-Generalsekretär der Vereinten Nationen gaben sich in Pjöngjang quasi die Klinke in die Hand. Wang führte unter anderem Gespräche mit Kim Jong Il, in denen sich Kim offen gegenüber einer Fortsetzung der Sechs-Parteien-Gespräche zeigte, indem er betonte, Nordkorea sei auch weiterhin einer Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel auf dem Verhandlungsweg verpflichtet. Allerdings wurde keine Rückkehr zu den Gesprächen erklärt. Vielmehr verwies Kim darauf, dass die Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit aller relevanten Akteure für eine Fortsetzung der Sechs-Parteien-Gespräche von essentieller Bedeutung seien. Wang Jiarui wird in diesem Zusamenhang von People’s Daily zitiert: „It seems most countries involved in the issue are still waiting for a change, or better, collapse, of the DPRK leadership, and not seriously seeking talks“ und „Mutual trust is the most important.“ Scheinbar zielt das Verlangen nach Ehrlichkeit vor allem auf die USA und Südkorea ab und scheinbar sind sich Nordkorea und China in der Wahrnehmung der Rolle dieser beiden Staaten recht einig. Das derzeitige Agieren wird als Hinhaltetaktik gesehen.
Denkt man diesen Gedanken allerdings weiter und fragt man sich, wie die USA denn wohl ihre Ehrlichkeit und Ernsthaftigkeit unter Beweis stellen soll, so kommt man recht zügig wieder bei dem Forderungskatalog an, den Nordkorea für eine Rückkehr zu den Sechs-Parteien-Gesprächen aufgestellt hat. Vorstellbar wäre es allerdings, dass die USA ihre Ehrlichkeit schon dadurch beweisen könnten, dass sie eine Aufnahme von Verhandlungen über einen Friedensvertrag dann aufnähmen, wenn Nordkorea zu den Sechs-Parteien-Gesprächen zurückkehrte. Aber das ist nur Spekulation. Keine Spekulation ist, dass ja noch eine zweite Karte im Spiel ist, deren Auswirkungen man noch nicht so genau kennt. Was Lynn Pascoe Kim Jong Il bei seinem Besuch zu sagen hat, könnte durchaus Auswirkungen auf den weiteren Fortgang der Gespräche haben. Aber das werden wir wohl in einigen Tagen erfahren.
Unterdessen ist man auch in Pjöngjang bemüht, das diplomatische Karussell weiter in Bewegung zu halten. So kehrte Wang Jiarui nicht mit leeren Händen nach Peking zurück, sondern hatte mit Kim Kye-gwan den Mann im Gepäck, der Nordkorea bei den Sechs-Parteien-Gesprächen als Chefunterhändler vertritt. Worüber der in Peking sprechen wird dürfte damit auch klar sein. Und wie Wang Pjöngjang nicht mit leeren Händen verließ, so kam er auch nicht mit leeren Händen. Bei sich hatte er einen Brief des chinesischen Präsidenten Hu Jintao, in dem unter anderem eine Einladung Kims nach Peking enthalten war. Wie es aussieht ist Kim Jong Il zurzeit wieder ein umworbener Mann, denn schließlich will sich auch Südkoreas Lee Myung-bak mit ihm treffen.
Generell signalisierte der diplomatische Austausch zwischen China und Nordkorea vor allem, dass Peking weiterhin an Pjöngjangs Seite ist und zu einem gewissen Grad dessen misstrauische Wahrnehmung der USA und Südkoreas teilt. Damit wird etwas der Druck von Nordkorea genommen, den die USA und Südkorea aufzubauen versucht hatten. „Nicht Nordkorea sondern Seoul und Washington sind die Bremsklötze bei der Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche.“ Dies war eine Botschaft die von diesem Besuch ausging. Und teilweise ist das ja auch wahr. Aber eben nur teilweise. Denn klar ist auch, für eine Rückkehr an den Verhandlungstisch braucht es einen Kompromiss, bei dem beide Seiten Zugeständnisse machen. Ich gehe davon aus, dass man das in Pjöngjang weiß. Und so kann das ganze im Endeffekt als Aufforderung an Südkorea und die USA gesehen werden, endlich einen ernsthaften Schritt zu machen, der über leere Rhetorik hinausgeht. Der Besuch des UN-Gesandten kann bei diesem Prozess zwar hilfreich sein, aber so wie ich das sehe, muss auch was aus Washington kommen.
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… ich bleibe bei meiner prinzipiellen Ansicht, dass NK sein Atomwaffen-Programm nicht aufgeben wird…
Also ich glaube ganz so kategorisch kann man das nicht ausschließen. Was man sagen kann, ist dass es unter dem jetzigen Regime mit Kim Jong Il an der Spitze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu keiner Abschaffung aller nuklearen Kapazitäten kommen wird. Warum? Erstens, selbst wenn man sich darauf einigen würde, was sicherlich einige Zeit dauern würde, wäre es ein extrem langwieriger Prozess und ich glaube bis zu dessen Abschluss hätte Gevatter Tod Kim schon zu sich genommen. Aber das es zu einer Einigung kommt ist sehr unwahrscheinlich, da wie von nordkoreanischer Seite immer wieder gesagt wird, dazu Vertrauen notwendig ist. Das besteht zurzeit auf keiner Seite. Und Vertrauen aufzubauen ist extrem langwierig. Daher Abbau der Kapazitäten unter Kim: Klar Nein.
Aber was danach kommt ist ne Wundertüte. Egal ob Kim Jong-un oder irgendeine wie auch immer geartete andere Lösung. Es ist müßig darüber zu spekulieren, was irgendein Nachfolger oder eine Nachfolgergruppe machen würde, da man keine Ahnung hat, wer es sein wird (und selbst wenn es Kim Jong-un ist, hat man keine Ahnung was das für ein Typ ist) und unter welchen Umständen die Nachfolge zustande kommt. Daher spreche ich hier mit Rudi Carrell und sage: Lass dich überraschen…