Da hab ich mich wohl getäuscht. Ich hatte ja gedacht, irgendwer würde sich für den Bericht des Sonderberichterstatters des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, Vitit Muntarbhorn, interessieren. Dem war aber irgendwie nicht so. Dabei war das Ganze schon irgendwie interessant.
Zwar hat Muntarbhorn eigentlich nichts sagen können, das nicht eh schon bekannt war. Er hatte ja keinen Zugang nach Nordkorea und musste so auf die Quellen zurückgreifen, die weitestgehend auch allen Anderen offenstehen die ein Interesse daran haben (auch die Tatsache, dass er scheinbar keine Mitarbeiter hatte, seine Berichte selbst abtippen musste (hat er so gesagt) und ehrenamtlich gearbeitet hat, dürften hinderlich bei der Erstellung gewesen sein). Interessant war das Ganze trotzdem. Muntarbhorn hat kein Blatt vor den Mund genommen und die unkooperativen Haltung des „country concerned“, die Maßnahmen zur Unterdrückung der Märkte und die Währungsreform, die Erosion des Bildungs- und Gesundheitssystems, die fast gänzliche Nichteinhaltung der Freiheitsrechte, die auch im Gegensatz zur Verfassung Nordkoreas stehen und verbunden damit, die Existenz von Straflagern und das strikte Vorgehen gegen Flüchtlinge (hier klingt auch Kritik an China mit, wenn er fordert, dass in einigen Ländern Flüchtlinge aus Nordkorea als illegale Einwanderer klassifiziert würden und dass hier ein „flexiblerer Ansatz“ notwendig sei.) eindeutig kritisiert. Er forderte wie angekündigt, dass die Frage der Menschenrechtsverletzungen „internationalisiert“ werden solle, da auf nationaler Ebene kein Interesse an Änderungen bestünde und brachte den VN Sicherheitsrat sowie den Internationalen Strafgerichtshof als mögliche Akteure ins Spiel. Zusammenfassen beschrieb Muntarbhorn die Menschenrechtsverletzungen als „grauenvoll und erschreckend (harrowing and horific)“ und „lud die Regierung Nordkoreas ein“ kurzfristig und umgehend verschiedene Maßnahmen umzusetzen (ich will sie nicht alle aufzählen, aber mit meinen Worten zusammengefasst sagte er: „Hört auf die Menschenrechte zu verletzen!“). Wie gesagt, keine besonderen Neuigkeiten, aber ne gute Zusammenfassung der Umstände in Nordkorea.
Da es sich aber um eine Vorstellung des Berichts im Plenum handelte, gab es nach dem Vortrag des Sonderberichterstatters Wortmeldungen verschiedener Staaten und die waren dann irgendwie doch interessant. Als erstes durfte natürlich der Vertreter des betroffenen Staates in diesem Fall Choe Myong-nam antworten. Der sah den Bericht als Mittel er Konfrontation durch die USA, Japan und die EU. Der Bericht sei dem verschwörerischen Vorgehen dieser drei Parteien entsprungen, die immer wieder konfrontative Resolutionen gegen Nordkorea veranlassen würden. Choe machte sich nicht die Mühe, die Vorwürfe des inhaltlich zu bestreiten. Vielmehr drosch er verbal auf die Verfahrenspraxis des Menschenrechtsrats ein. Dabei hat er aber auch einige, meiner Meinung nach durchaus kritikwürdige, Punkte vorgebracht. So hinterfragte er die Motive, die dazu führten, dass die Position eines Sonderberichterstatters für Menschenrechte in Nordkorea eingerichtet wurde und deutete an, dass Menschenrechte nur ein vorgeschobenes Motiv seien um Druck auf Nordkorea zu entfalten. Dann war er ziemlich schnell beim Irakkrieg, dem Mittleren Osten, in Afghanistan und natürlich bei der japanischen Geschichte und fragte wo denn hier die Berichterstatter seien, die nach Menschenrechten fragten. Wie das Nordkorea ja immer gern tut, geißelte er die „double standards“ und stellte fest, dass Berichte über einzelne Länder nur Instrumente imperialistischer Politik seien, was besonders daran erkennbar sei, dass nur Entwicklungsländer und keine Industriestaaten von solchen Berichten betroffen seien. Wie gesagt, die Fragen die er aufwirft kann man auch als Nicht-Nordkoreaner stellen. Der Schluss den er aus seinen Ausführungen zog klingt dann wieder besonders „nordkoreanisch“, wenn auch unfreiwillig. Er forderte nämlich dass der: „anachronistic special rapporteur on the Democratic People’s Republic of Korea must be eliminated once and for all.“ Obs da dem Herrn Muntarbhorn wohl ein bisschen unheimlich geworden ist? Aber vermutlich dachte Choe dann doch nicht an das Verfahren, das Nordkorea sonst für illegale Handybesitzer und Auswanderer heranzieht…
Natürlich gabs noch weitere Wortmeldungen und nicht so natürlich (es handelt sich ja schließlich um den Menschenrechtsrat) stand Nordkorea nicht ganz allein da. Ein paar übliche Verdächtige sprangen Choe zur Seite: Hier sind Syrien, Kuba, Myanmar, der Sudan und Pakistan zu nennen. China sagte natürlich auch nichts gegen Nordkorea, aber das was der Vertreter Pekings von sich gab war so „diplomatisch“, dass es eigentlich alles bedeuten konnte und kann. Auf der anderen Seite standen ebenfalls übliche Verdächtige, die auch das Übliche von sich gaben. Großteils kann man für die Aussagen der jeweiligen Vertreter tatsächlich das BIP des jeweiligen Landes als Indikator nehmen (Oder die Regierungsform, aber da dürfte ja auch ne gewisse Korrelation bestehen).
War sonst noch was? Achja, ganz witzig fand ich den Direktor des Rates, den Senegalesen Bacre Waly Ndiay, der schien irgendwie nicht besonders interessiert an der ganzen Sache (Nur dumm, dass er direkt neben dem Special Rapporteur und damit ziemlich mittig im Bild der Kamera saß). Nachdem er drei Minuten lang seine Brille geputzt hatte, ging er dazu über sein Handy zu bearbeiten. Vermutlich musste er noch was Wichtiges recherchieren. Irgendwann am Ende von Muntarbhorns Vortrag hat ihn dann sein Kollege darauf aufmerksam gemacht, dass man die Handy Aktivitäten besser (vor den Kameras) verbergen kann, wenn man sein Namensschild n bisschen mittiger vor sich stellt. Hat Ndiay dann auch gemacht. Nur mit Handy spielen war dann nicht mehr viel. Scheinbar war das Ganze so anstrengend, dass er erstmal n Nickerchen machen musste. Also scheut euch den Wonneproppen mal an… Angucken könnt ihr das hier, braucht man nen Real Player für, aber das sollte ja kein Problem sein.
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Hm. Ich frage mich gerade, wie Herr Muntabhorn auf den Internationalen Strafgerichtshof kommt. Nordkorea hat das Rom-Statut ja – Überraschung! – nicht unterzeichnet geschweige denn ratifiziert. Somit kann der ICC gegen Mitglieder der nordkoreanischen Regierung ja eigentlich kaum tätig werden. Gleiches gilt (hinsichtlich der Ratifikation) für China, denen man ja zumindest die Flüchtlingspolitik anlasten könnte…
Der Muntarbhorn ist ja Jurist und hat sich scheinbar eingehend mit Möglichkeiten beschäftigt, trotzdem gegen Individuen in NK ermitteln zu können. Als Möglichkeiten sieht er dass 1. Staaten den Ankläger am ICC anrufen können, 2. der Fall vom Sicherheitsrat an den Ankläger übergeben wird und 3. der Ankläger selbst eine Untersuchung anberaumt, da Verbrechen, die in den ICC Statuten festgehalten sind, begangen worden sein könnten (Genozid, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegn die Menschlichkeit und „crime of aggression“). Ich hab mir gerade das Rom Statut auch n bisschen näher angeschaut (hier) und hab das (Artikel 12) so versanden, dass auch in Staaten die nicht Unterzeichner des Statuts, sind gegen Individuen ermittelt werden kann. Welche Erfolgschancen das hat steht natürlich auf nem anderen Blatt. Aber generell muss ich sagen, dass ich mich mit Völkerrecht nur begrenzt auskenne, aber ich geh einfach mal davon aus, dass der Muntarbhorn sich nicht nach Sechs Jahren da hinsetzt und irgendwelchen Stuss erzählt.