Momentan ist es ja für manche Unternehmen nicht einfach Geschäfte zu machen. Aber nicht alle Schwierigkeiten rühren von der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise her. Manche haben auch einfach Probleme, weil sie schwierige Geschäftspartner haben. Ein Paradebeispiel für einen solchen Fall ist Hyundai Asan. Dieses Unternehmen steckt gerade in äußerst schwierigem Fahrwasser. Kein Wunder, wenn man weiß, dass diese Tochter des in Deutschland vor allem für seine Autos bekannten Hyundai Konzerns ist, einzig Geschäfte mit Nordkorea macht. Gleich zwei Meldungen werfen momentan ein kritisches Licht auf den Konzern und seine Zukunft. Einerseits hat der Vorstandschef des Unternehmens für die kommende Woche seinen Rücktritt angekündigt, andererseits droht Nordkorea, die Besitzungen Hyundai Asans im Kumgang Gebirge zu übernehmen und sich neue Geschäftspartner für das Touristenressort, dass als eines der Vorzeigeprojekte der wirtschaftlichen Kooperation zwischen Nord- und Südkorea gilt, zu suchen.
Aber vielleicht macht es zu Beginn Sinn, ein paar Sätze über Hyundai Asan, seine Entstehung und Geschichte zu schreiben (Wer selbst was dazu lesen will, sollte sich die Seite des Unternehmens anschauen. Da gibts viel Lesenswertes). Hyundai Asan hat sich das, für ein Wirtschaftsunternehmen durchaus anerkennenswerte Ziel gesetzt, durch wirtschaftliche Kooperation mit Nordkorea für Verständigung auf der Koranischen Halbinsel zu sorgen (Manchmal fände ich es bei hiesigen Unternehmen auch toll, wenn sie in irgendeiner Form höhere Ziele als Rendite anstreben würden und nicht nur Umweltschutz o.ä. groß auf ihre Fahnen schrieben, weil es gerade opportun und damit werbewirksam ist!). Damit kann es als die Realität gewordene privatwirtschaftliche Ausformung der Sonnenscheinpolitik Kim Dae-jungs gelten. Der schwierige Auftrag wurde dem Unternehmen vom Gründer der Hyundai Gruppe, Chung Ju-yung, ins Stammbuch geschrieben. Dieser war auf dem Gebiet Nordkoreas geboren worden und verspürte dementsprechend eine Verantwortung für das Wohlergehen dem Menschen in Nordkorea und für die Verbesserung der Situation auf der Koreanischen Halbinsel. Im Jahr 1998, dem Jahr der Amtsübernahme Kim Dae-jungs nahm er Kontakte mit der nordkoreanischen Führung auf und erreichte einen Kontrakt über den Start des Touristenressorts am Kumgangsan (Hierbei soll auch eine symbolische Geste eine Rolle gespielt haben, in deren Rahmen Chung 500 Rinder über die Grenze zu Nordkorea getrieben hat (Was aber nicht der größte Wert gewesen sein dürfte, der für die Aufnahme der Kooperationen an Nordkorea „gezahlt“ werden musste)). Im Jahr 2000, zufällig das Jahr, in dem mit Kim Dae-jung erstmals ein südkoreanischer Präsident nach Pjöngjang reiste, wurde dann ein Vertrag über die Eröffnung des Kaesong Industrieparks, dem zweiten Vorzeigeprojekt zwischen Süd- und Nordkorea, geschlossen. Die Entwicklung beider Projekte verlief zu Beginn aus verschiedenen Gründen schleppend und war mit vielen Fragezeichen versehen (So war zum Beispiel am Anfang nur eine Anreise per Schiff ins Kumgangsan möglich, was die Kosten erhöhte und die Besucherzahlen begrenzte), jedoch werden (oder wurden bis vor zwei Jahren) sie mittlerweile von Beobachtern als Erfolge gewertet. Im Jahr 2003 wurde allerdings in der Öffentlichkeit bekannt, dass für den Besuch Kim Dae-jungs in Pjöngjang eine Aufwandsentschädigung von 500 Millionen US Dollar von Hyundai nach Pjöngjang geflossen war. Dies brachte einerseits Kim Dae-jungs Sonnenscheinpolitik in Misskredit. Andererseits führte dies dazu (ich habe ja gestern schonmal was über rollende Köpfe und so geschrieben, das gilt wohl auch hier), dass sich der Vorstandsvorsitzende des Hyundai Konzerns, Chung Mong-hun, der Sohn des Unternehmensgründer, von einem zwölfstöckigen Hochhaus in den Tod stürzte. Daraufhin übernahm seine Frau, Hyun Jong-eun, die das Unternehmen bis heute führt, den Vorsitz. In den darauf folgenden Jahren entwickelten sich Geschäfte und Unternehmen etwas ruhiger und warfen in den Jahren 2006 und 2007 sogar Gewinne ab (allerdings ist zu bedenken, dass das Unternehmen auf direktem und indirektem Wege durch den südkoreanischen Staat subventioniert wird). Das änderte sich jedoch mit der Verschärfung der politischen Situation, die nicht zuletzt der härteren Gangart des jetzigen Präsidenten Lee Myung-bak geschuldet ist. Nachdem Mitte 2008 eine südkoreanische Touristin (Park Wang-ja) von einem nordkoreanische Soldaten nahe dem Kumgangsan-Ressort unter bisher noch immer nicht vollständig geklärten Umständen erschossen worden war, wurden die Touren ins Kumgangsan eingestellt und auch andere inzwischen entstandenen Tourismusprojekte, wie Besichtigungstouren in die grenznahe Altstadt von Kaesong wurden beendet. Zwar wurden mittlerweile Verhandlungen um die Wiederaufnahme der Touren abgehalten, jedoch gab es bisher keine konkreten Ergebnisse. Auch bei der Weiterentwicklung des Industrieparks in Kaesong gab es in der jüngsten Vergangenheit wiederholt kleinere Streitigkeiten um Gehälter und den Zugang südkoreanischer Angestellter. Und nun scheinen sich die Umstände weiter in Richtung eines (Super-)Gaus für die unter wirtschaftlichem Druck stehenden Hyundai Asan zu entwickeln. (Mehr zu den beiden Projekten könnt ihr auch auf der Seite des südkoreanischen Ministry of Unification lesen.)
Die erste Meldung betrifft den Rücktritt des Vorstandschefs von Hyundai Asan, Cho Kun-shik. Dieser sagte er wolle die Konsequenzen daraus ziehen, dass es ihm nicht gelungen sei die 2008 beendeten Touren ins Kumgang Gebirge wiederzubeleben. Dem Unternehmen sollen dadurch Einnahmen von etwa 225 Millionen US Dollar entgangen sein. Gleichzeitig wurde die Zahl der Angestellten im Tourismusprogramm um 2/3 reduziert und ihre Löhne um etwa 30 % gekürzt. Der Vorstandschef hatte im vergangenen Juli erklärt, aufgrund einer Kapitalerhöhung von 20 Milliarden Won sei Hyundai Asan in der Lage, eine weitere Durststrecke von etwa zehn Monaten zu überstehen, ohne das die Touren wieder aufgenommen werden würden. (Hm, rechnet man das mal genau durch, sieht Chos Aktion weniger nach Verantwortung übernehmen aus, als nach Ratten und sinkenden Schiffen) In dieser schwierigen Phase muss sich das Unternehmen jedenfalls eine neue Führung suchen, die mit den alten Problemen zu kämpfen hat.
Aber als wären die alten noch nicht genug, scheinen sich ihnen neue Probleme hinzuzugesellen. Nordkorea hat allen Anteilseignern des Kumgangsan Ressorts eine Frist bis zum 25. März gesetzt, in der sie zum Ressort kommen sollten. Die Anteile der Eigner, die die Frist nicht einhielten würden konfisziert. Während die Regierung Südkoreas das Ansinnen des Nordens kategorisch ablehnt, scheint Hyundai Asan noch unentschlossen über das weitere Vorgehen zu sein, ist doch das Kumgangsan ein bedeutendes Besitztum der Firma, dessen Enteignung in diesen finanziell angespannten Zeiten ein weiterer harter Schlag wäre. Wer da wohl nach Nordkorea fahren soll, wenn der Vorstandsvorsitzende von Hyundai Asan nächsten Mittwoch abtritt? Generell zeigt das Vorgehen Nordkoreas aber, dass man in Pjöngjang zunehmend ungeduldig wird und eine Wiederaufnahme der Touren erzwingen will. Ob dies allerdings auf diesem Wege gelingen kann dürfte fraglich sein. Denn was will man mit einem Luxusressort ohne Touristen (Kim und seine Günstlinge dürften davon ja ohnehin genug haben)?
Generell ist Hyundai Asan schon seit seiner Gründung und gerade durch den Erfolg seiner Projekte mehr und mehr zu einer virtuellen Geisel Nordkoreas geworden. Zwar dürfte ein Misserfolg der Projekte Nordkorea nachhaltigen Schaden zufügen. Allerdings beruht das, zumindest was Hyundai Asan angeht auf Gegenseitigkeit. Tja und Hyundai Asan ist eine Tochter eines nicht gerade unbedeutenden Konzerns. Vielleicht glaubt man in Pjöngjang so ein gewisses Druckmittel in der Hand zu haben. Vermutlich wird der Konzern auch aus dieser Krise irgendwie rauskommen, allerdings zeigt dieses Vorgehen Nordkoreas, dass es nicht ohne Risiken ist, in diesem Land Geschäfte zu machen. Daher konterkarieren die Drohungen die Bemühungen, in anderen Teilen des Landes Investoren zu gewinnen.
Ganz ehrlich gesagt, ist es vor allem im wirtschaftlichen Bereich äußerst schwer schlau aus dem Vorgehen Pjöngjangs zu werden. Während in anderen Bereichen klare Linien zu erkennen sind. Herrscht hier oft gegensätzliche und unklare Politik vor. Ich glaube nicht, dass dies von einem grundsätzlichen nicht-Verstehen (markt-)wirtschaftlicher Zusammenhänge durch Nordkorea herrührt. Was ich mir vorstellen könnte ist, dass es im wirtschaftlichen Bereich Individualinteressen gelungen ist, Einfluss zu gewinnen. Während andere Politikbereiche (alles was mit Außenn- und Sicherheitspolitik zu tun hat) weiterhin fest in der Hand Pjöngjangs liegen, könnte das in diesem Bereich möglicherweise nicht mehr vollständig der Fall sein. Aber wer weiß es schon?
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