Saure-Gurken-Zeit eröffnet: Von fashion victims, externen Explosionen und nuklearen Koopertionen

Leider war ich ein bisschen beschäftigt die letzten Tage (und wahrscheinlich auch die nächsten) und kam daher nicht wirklich zum schreiben. Zum Glück ist aber auch eigentlich nichts Wichtiges oder Interessantes passiert. Dementsprechend haben sich die Medien, die regelmäßig zu Nordkorea berichten darauf verlegt, im Obskuritäten- und Spekulationsgewerbe tätig zu werden.

Wenn einem sonst nichts mehr einfällt

Die „Topmeldung“ war wohl die über einen Bericht in der Rodong Sinmun, dass Kim Jong Ils Kleidungsstil weltweit Nachahmer finde und en vogue sei (die zugegebenerweise sogar für nordkoreanische Verhältnisse recht abstrus ist). Zwar ist die „Nachricht“ auch schon über eine Woche alt, allerdings hat das Ganze für ein Medienecho gesorgt, das knapp unter der „Nukleartestschwelle“ geblieben ist (ganz schön früh die Saure-Gurken-Zeit dieses Jahr).

Alt mal Alt ungleich Neu

Eine zweites Thema, dass zwar wesentlich ernster ist, war der Untergang der Cheonan. Hier ist ein öffentliches Interesse zwar eher zu erkennen, allerdings beschränkte sich die Berichterstattung darüber wegen nicht vorhandener Neuigkeiten zu diesem Thema auf „Spekulieren auf hohem Niveau“. Zwar hats mächtig gerauscht im Blätterwald, aber auch wenn man jeden Tag dreimal die gleichen Kommentare wiederkäut und anders zusammensetzt werden die Meldungen nicht neuer. Aber hier wirds vermutlich in den nächsten Tagen – zumindest teilweise – Aufklärung geben, da das Wrack mittlerweile gehoben ist. Weiterhin ist zu hören, dass die Katastrophe von einer Explosion außerhalb des Schiffes ausgelöst worden sei. Aber wie gesagt, man wird sehen was sich daraus ergibt und jedes weitere Wort ist momentan Zeitverschwendung.

Kim Il Sungs Geburtstag und keiner hat dran gedacht

Von diesen ganzen Nicht-Meldungen wurde eine weitere Meldung von vor 98 Jahren ganschön in den Schatten gestellt. Kim Il Sung hat seinen 98ten gefeiert. Mit den üblichen Feuerwerken und Blumenbouquets. In diesem Zusammenhang gabs auch die vermutlich einzig interessante Nachricht der letzten Tage. Anlässlich Kim Il Sungs Geburtstag, oder dem „Tag der Sonne“ wie man in Nordkorea sagen würde, beförderte Kim Jong Il eine Gruppe von hundert Militärs zu Generälen. Das war die zweitgrößte Aktion dieser Art. Nur 1997 waren es mehr (127). Dies kann man sowohl im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten rund um die Währungsreform sehen, da sich Kim  Jong Il so der Loyalität der Truppen versichern könnte, als auch bezüglich einer möglichen Nachfolge Kim Jong Uns. Aber wie gesagt, diese Meldung fand kaum ein Echo im Gegensatz zu den Spektakulären News für fashion victims.

Wenn Kalter Kaffee noch kälter wird

Und dann hab ich gestern noch was in den Gulf News gelesen. Diese Zeitung mag ich eigentlich ganz gern, aber der Beitrag „North Korea and Iran are nuclear allies“ (das er als Kommentar/Kolumne gekennzeichnet ist mach es etwas besser, aber nicht viel) ist ne unrühmliche Ausnahme der sonst recht sachlichen Berichterstattung (Ich verwende ja mitunter den Begriff „Kalter Kaffee“. Aufgrund einer längeren Versuchsphase konnte ich allerdings feststellen, dass Kaffee – lässt man ihn  nur lange genug stehen – seine Konsistenz erheblich ändern kann, also eigentlich nichts mehr mit Kaffee zu tun hat. Der Artikel stellt ein Schrift gewordenes Beispiel eines solchen Stoffes, für den ich leider keinen Namen kenne, dar). Außer der Überschrift deutet eigentlich nichts in dem Artikel auf eine nukleare Zusammenarbeit zwischen Nordkorea und dem Iran hin. Das über 6.000 nordkoreanische Arbeiter im Mittleren Osten arbeiten mag interessant sein, hat aber, wie der Autor dann selbst zugibt, nichts mit irgendeiner nordkoreanisch-iranischen Kooperation zu tun, da die Meisten auf Baustellen in den Vereinigten Arabischen Emiraten schuften (Aber das sollten die Macher der Gulf News ja selbst am besten wissen.). Das „in 2002, it was estimated that more than 120 North Korean nationals were working at more than 10 locations across Iran that were relevant to missile or nuclear development.“ ist zwar interessant, aber nicht gerade neu, vor allem weil in dieser Zeit das iranische Nuklearprogramm noch nicht besonders weit gediehen war und die Spezialisten sich daher wohl eher mit Raketen beschäftigt haben. Ganz vergessen zu sagen hat der Autor, dass das bekannte nordkoreanische Nuklearprogramm und das iranische auf völlig unterschiedlichen Wegen der Gewinnung nuklearwaffentauglichen Materials beruhen, was eine Kooperation nochmal unwahrscheinlicher macht. Was bleibt ist ein bisschen Geschreibe über Vorgänge in der nordkoreanischen Geldbeschaffungsverwaltung, die auf geheimen Dokumenten beruht, die Informanten (Immer wieder schön aus Dokumenten zu zitieren die sonst niemand kennt) nach Japan gebracht haben sollen. Und da sind wir schon beim Punkt. Zuerst habe ich mich gewundert, dass die Gulf News den Kram, der absolut nichts neues bringt und hauptsächlich auf dem Zusammenfügen von Fakten und Gerüchten, die nicht besonders viel miteinander zu tun haben, beruht, überhaupt veröffentlicht. Aber als ich den Namen der Autorin gelesen habe wurde mir einiges klarer, der kommt nämlich aus dem Land, in dem schon seit Jahren das Spekulieren auf hohem Niveau bezüglich Nordkorea, eine Art eigene Kunstform geworden ist (Übrigens auch ein Grund, weshalb ich japanische Zeitungen als Quellen nicht besonders nützlich finde. Was Nordkorea angeht ist sogar die BILD ein Hort seriöser Berichterstattung dagegen). Nicht besser wird das Ganze, wenn man bedenkt, dass die Autorin ne waschechte japanische ex-Außenministerin ist. Hm, wahrscheinlich ihr Beitrag dazu, n bisschen Druck auf Nordkorea zu machen. Aber auf die Art macht das nicht viel Sinn, sondern kommt eher wirr rüber. Aber die Headline ist natürlich n eyecatcher, den Rest liest dann eh niemand mehr.

Tja, und was lernen wir aus alldem? Ne recht ereignislose Woche geht zu Ende und die Medien haben mal wieder ihr Bestes getan, dass Ganze doch noch irgendwie interessant zu machen, über den Erfolg lässt sich allerdings streiten…

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