Update (20.11.2011): Eben habe ich noch einen sehr interessanten Artikel zu dem Personalwechsel und der Möglichkeit der Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche in der New York Times gelesen. Zwei interessante Aussagen:
1. Der Personalwechsel sollte nicht überbewertet werden. Aber irgendwas sagt er wohl aus. Interessant zum, Beispiel auch der Unterschied, dass nun ein „Vollzeitmitarbeiter“ aktiv ist und nicht jemand, der eigentlich schon einen Job hat. Man wird wohl mehr investieren wollen…
2. China und Russland setzen die USA und Freunde unter Druck die Gespräche fortzusetzen. Das heißt dann wohl, dass nach dieser Einschätzung Nordkorea mal wieder erfolgreich war, einen Keil zwischen die fünf anderen Gesprächsteilnehmer zu treiben (wobei vor allem die USA da ungewollt wohl mitgetrieben haben).
Ursprünglicher Beitrag (20.10.2011): Nachdem in den letzten Monaten schon in Südkorea das Nordkorea-Personal kräftig aufgefrischt wurde, ziehen jetzt wohl auch die USA nach. Gestern Abend hat das US State Department bekanntgeben, dass es in der kommenden Woche in Genf zu den seit längerem erwarteten bilateralen Gesprächen mit nordkoreanischen Vertretern kommen wird. Dabei wird Stephen Bosworth der nordkoreanischen Delegation unter Vizeaußenminister Kim Kye-gwan, seinen Nachfolger Glyn Davies vorstellen. Außerdem wurde bekanntgegeben, dass auch der alte Chefunterhändler der USA bei den Sechs-Parteien-Gesprächen, Sung Kim durch Clifford Hart ersetzt werden wird. Dies alles sei aber nicht als Hinweis auf einen Politikwechsel zu werten.
Glückloser Bosworth
Bosworth war 2009 von Barack Obama ernannt worden, hatte aber nur wenig Gelegenheit, die in ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen, denn nach seinem Besuch in Pjöngjang im Dezember 2009 war es nicht zu weiteren Gesprächen gekommen, nicht zuletzt aufgrund des Untergangs der Cheonan im März 2010 und dem Beschuss der südkoreanischen Insel Yonpyong durch das nordkoreanische Militär im September desselben Jahres. Daher konnte er kaum das tun, was man von einem Gesandten für Nordkorea erwartet, nämlich Gespräche mit Nordkorea führen. Stattdessen äußerte er sich weit häufiger über Nordkorea. Da er mit diesem Job natürlich nicht so richtig ausgelastet war, konnte er auch ohne weiteres seiner akademischen Tätigkeit als Dekan an der Fletcher School of Law and Diplomacy der Tufts Universität beibehalten. Dem State Department zufolge habe sich Bosworth entschieden, sein Amt niederzulegen. Gründe wurden nicht genannt. Ich könnte mir einerseits vorstellen, dass er mit der Linie der USA nicht ganz glücklich ist, es kann aber auch sein, dass er in dieser Zeit, in der sich neue Möglichkeiten zu bieten scheinen, einfach Platz für frisches Blut machen wollte.
Interessanter Davies
Mit Glyn Davies wurde ein recht interessanter Kandidat ausgewählt. Anders als Bosworth, der auf eine wirklich umfangreiche und prominente Erfahrung mit der Situation auf der Koreanischen Halbinsel zurückblicken konnte (von 1995 bis 1997 war er Direktor der KEDO, die damals die im Genfer Rahmenabkomme (dem ersten Nukleardeal zwischen den USA und Nordkorea) getroffenen Abmachungen umsetzen sollte (u.a. sollten zwei Leichtwasserreaktoren gebaut werden) und von 1997 bis 2001 war er als US-Botschafter in Seoul tätig), hat Davies keine spezifischen Koreaerfahrungen zu bieten. Allerdings kennt sich der Karrierediplomat mit der Region aus seiner früheren Tätigkeit als stellvertretender Staatssekretär im Ostasienbüro des State Department (von 2007 bis 2009) aus. Vor allem über das Thema, das bei den Gesprächen der USA mit Nordkorea zentral sein dürfte, weiß er wohl durch seinen aktuellen Job bestens Bescheid. Er ist nämlich momentan US-Repräsentant bei der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEO) in Wien und die Frage der Denuklearisierung Nordkoreas ist ja vor Allem auf Seiten der USA das Thema schlechthin.
Warum Davies?
Der Nominierung von Davies kann man damit eine zweifache Signalwirkung zuschreiben. Einerseits ist der Davies zwar Diplomat, aber eben kein Veteran der Koreapolitik wie Bosworth, sondern kennt sich stattdessen sehr gut mit dem Nuklearthema aus. Der Schluss liegt also nicht fern, dass man Pjöngjang durch diese Wahl ein weiteres Mal deutlich machen will, dass eine zielgerichtete Arbeit an der Denuklearisierung Nordkoreas das Vorrangige Ziel ist und dass man nicht gewillt ist, nur ein bisschen diplomatisches Schönwettergerede zu diesem und jenem Thema zu veranstalten. Gleichzeitig kann man darin aber auch den eindeutigen Willen der USA vermuten, die Sechs-Parteien-Gespräche um die Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel endlich wieder ins Rollen zu bringen. Die Chancen dafür stehen aktuell vermutlich so gut, wie seit mindestens zwei Jahren nicht mehr und Davies kann bald einen entscheidenden Teil dazu beitragen.
Davies kennt den Sprechzettel des State Department
Davies dürfte kein Innovator sein, der der Nordkoreapolitik der USA eine völlig neue Richtung gibt. Dazu hat er erstens nicht die Kompetenz und zweitens deutet folgendes Statement, das er anlässlich der Besprechung des jüngsten IAEO-Berichts zu Nordkoreas Nuklearprogramm (hier zu finden) abgab, darauf hin, dass er den Sprechzettel, den das State Department wohl jedem Diplomaten an die Hand gibt, der was über Nordkorea sagt, genau studiert hat:
The United States believes that a dual track approach offers the best prospects for achieving denuclearization. We continue full implementation of national and multilateral sanctions. At the same time, we remain open to dialogue with North Korea, but we are not interested in negotiations for the sake of simply talking. The U.S.-DPRK bilateral talks held in New York in July were intended to explore North Korea’s willingness to take concrete and irreversible steps toward denuclearization. Our message to North Korea has been consistent and it has been clear: the DPRK must abide by its commitments under the Joint Statement, cease all nuclear activities, including enrichment, and demonstrate its seriousness on denuclearization, through substantive actions prior to the resumption of Six-Party Talks.
[Die USA glauben, dass ein zweigleisiger Ansatz die besten Möglichkeiten bietet, eine Denuklearisierung zu erreichen. Wir setzen die vollständige Umsetzung nationaler und multilateraler Sanktionen fort. Gleichzeitig bleiben wir offen für einen Dialog mit Nordkorea, aber wir sind nicht daran interessiert zu verhandeln, nur um zu sprechen. Die US-Nordkorea Gespräche in New York im Juli sollten Nordkoreas Bereitschaft erforschen, konkrete und nicht rückgängig zu machende Schritte zur Denuklearisierung zu unternehmen. Unsere Botschaft an Nordkorea ist konsistent und klar: Nordkorea muss seine Verpflichtungen des Joint Statement erfüllen, alle nuklearen Aktivitäten, einschließlich der Anreicherung beenden und seine Ernsthaftigkeit bezüglich der Denuklearisierung demonstrieren, indem es im Vorfeld der Sechs-Parteien-Gespräche substantielle Schritte ergreift.]
Wie man sieht, kennt auch Davies die Phrasen und ob die dahinter stehenden Richtlinien ihm Raum lassen, das wird sich wohl bald zeigen.
Wille zur Änderung
Immerhin ist endlich wieder der Wille aller Parteien erkennbar, die Situation etwas freundlicher zu gestalten. Wie weit dieser Wille geht und welches die tatsächliche Agenda der Parteien ist, das ist allerdings noch lange nicht gesagt und damit werden wir wie üblich erst abwarten müssen, ob und worauf sich die Parteien einigen können. Die Tatsache, dass Südkorea und die USA in den letzten Monaten ihr Kernpersonal zu Nordkorea ausgetauscht haben, kann aber kein Zufall sein. Irgendetwas hat man sich dabei gedacht und das ist schonmal gut.
Filed under: Die USA und Nordkorea, Die Welt und Nordkorea, Personalia, Sechs-Parteien-Gespräche, Sondergesandter Bosworth, USA | Tagged: Glyn Davies, Nordkorea, Sechs-Parteien-Gespräche, Stephen Bosworth, USA |
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