Man versteht sich gut: Russland und Nordkorea rücken enger zusammen

Die Beziehungen zwischen Nordkorea und Russland vertiefen sich in jüngster Zeit rapide. Das ist kein Geheimnis und wenn dies hier und da „kleingeschrieben“ wird, dann hat das wohl eher damit zu tun, dass es dem Einen oder Anderen nicht in den Kram passt, oder dass es seinem Bild, das er sich gemacht hat zuwiderläuft. In der letzten Woche gab es wieder drei Belege für diese Vertiefung. Die renovierte Eisenbahnverbindung zwischen Rason und Khasan wurde von einem Probezug befahren, der Besuch des Kommandanten der nordkoreanischen Ostmeerflotte in Russland wurde angekündigt und vor allen Dingen besuchte eine Delegation der russischen Amur-Region Nordkorea, unterzeichnete Abkommen und wurde von Kim Jong Il empfangen.

Russland erneuert Transportinfrastruktur und hat große Pläne

Über die Entwicklungen rund um Rason gab es in letzter Zeit ja bereits viel zu lesen und die Wiederherstellung der Schienenverbindung zwischen Khasan und Rajin gehört sicherlich in diese Kategorie. Den Berichten zufolge wurde die Strecke sowohl mit einem Schienenstrang in der nordkoreanischen Spurweite von 1435 mm ausgebaut, als auch in der in Russland genutzten 1520 mm breiten Spur. Allerdings scheinen noch nicht alle Arbeiten an der Strecke abgeschlossen zu sein. Die nächste Ausbaustufe sieht vor in Rajin ein modernes Frachtterminal zu bauen. Außerdem soll eine Machbarkeitsstudie zum Transport und zur Verschiffung von Containerfracht (was ziemlich wichtig ist, wenn Rason tatsächlich ein Logistikknoten werden soll) durchgeführt werden. Die aktuelle Infrastruktur soll vorerst vor allem zum Transport russischer Kohle genutzt werden und ist auf die Menge von 5 Millionen Tonnen Kohle im Jahr ausgelegt. Ins Auge gefasst wird für die Zukunft eine Menge von 17 Millionen Tonnen, wofür aber auch auf russischer Seite noch Ausbaumaßnahmen notwendig sein werden. Ob diese Ziele erreicht werden bleibt natürlich vorerst offen, aber man scheint auch auf russischer Seite gewillt, das Projekt zum Erfolg zu führen und ist mit dem Ausbau der Strecke bereits in Vorleistung getreten.

Die Seeleute verstehen sich prächtig

Auch im Militärischen Bereich geht die Annäherung nach dem Besuch von Vertretern der russischen Marine und der Vereinbarung einer gemeinsamen Übung (zur Seenotrettung) weiter. Der nordkoreanische Kommandant der Ostmeerflotte, Kim Min-Sik, wird in der kommenden Woche Russland besuchen und dort unter anderem ein russisches Kriegsschiff und ein U-Boote besichtigen und mit Vertretern der russischen Marine zusammentreffen.

Nicht nur ein Höflichkeitsbesuch: Gouverneur der Amur-Region war in Pjöngjang

Vor allen Dingen war aber der Besuch einer Delegation der Amur-Region Russlands unter dem dortigen Gouverneur Oleg Kozhemyako ein deutliches Zeichen für die Annäherung beider Staaten. Die nordkoreanische Seite gab sich offensichtlich alle Mühe einen herzlichen Empfang hinzukriegen, denn neben einem Treffen mit Premier Choe Yong-rim gab es für Kozhemyako auch ein Zusammentreffen mit Kim Jong Il. Dass sich Kim mit Offiziellen im Rang Kozhemyako trifft kann ist nicht unbedingt selbstverständlich, denn protokollarisch war das wohl nicht notwendig.

Selbstverständlich ist es nicht, dass sich Kim Jong Il die Zeit für Gespräche mit Oleg Kozhemyako genommen hat.

Daher kann man wohl davon ausgehen, dass der Besuch für Pjöngjang auf Arbeitsebene wichtig war. Hier gab es unter anderem Gespräche zwischen den russischen Besuchern und Nordkoreas Minister für Außenhandel Ri Ryong-nam, der vom stellvertretenden Minister für Stromerzeugungsindustrie (wie auch immer) Kim Man-su begleitet wurde. Insgesamt scheint das Stromthema eine bedeutende Rolle gespielt zu haben, denn in ungefähr jedem KCNA-Artikel zu dem Thema wird berichtet, dass sich die beiden Seiten versicherten, wie „bewegt“ sie waren, wechselseitig im Bau befindliche Anlagen zur Stromerzeugung besichtigt zu haben (Kim und Anhang besichtigten auf Kims jüngster Russlandreise eine Kraftwerksbaustelle in Bureya, Kozhemyako besuchte im Rahmen seines Aufenthalts die Baustelle des Huichon Kraftwerks). Daher ist es auch nicht überraschend (aber auch nicht unwichtig), dass Kozhemyako zwei konkrete Möglichkeiten der Kooperation im Energiesektor ansprach:

In Kozhemyako’s opinion, bilateral energy cooperation may be developed through both construction of the Nizhnyaya Bureya HPP and through export of electricity to North Korea via China.

[Nach Kozhemyako’s Meinung könnte bilaterale Energiekooperation sowohl durch den Bau des Nizhnyaya Bureya Kraftwerks, als auch durch den Export russischen Stroms über China stattfinden.]

Was die Baustelle in Russland angeht, könnte es sich vielleicht um technische Unterstützung und „Manpower“ aus Nordkorea handeln. Die Lieferung von Strom aus Russland dürfte vor allem für Rason, aber auch für die gesamte nordkoreanische Wirtschaft (und Bevölkerung) sehr bedeutend sein, denn bekanntlich herrscht in ganz Nordkorea eine chronische Stromknappheit.

Es gab wohl einiges zu Besprechen. Auch Premier Choe Yong-rim traf sich zu Gesprächen mit Kozhemyako.

Ob das Elektrizitätsthema auch Teil eines der beiden Abkommen ist, die im Rahmen des Besuchs unterzeichnet wurden, weiß man nicht, aber es ist nicht unwahrscheinlich, dass in den Papieren über die Zusammenarbeit in Handel und Wirtschaft auch ein Abschnitt zu Energie enthalten ist. Das zweite Abkommen betrifft die Zusammenarbeit zwischen der Amur-Region und der Süd-Phyongan Provinz Nordkoreas in technischen, wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Fragen. Naja, jedenfalls war die Reise der Russen mehr als nur ein Höflichkeitsbesuch und signalisiert, dass momentan auf beiden Seiten der Wille zu einer vertieften Zusammenarbeit groß ist. Ob die Ergebnisse dann im Endeffekt so weitreichend sind, wie es in Nordkorea sicherlich gehofft wird, werden wir in den nächsten Jahren erfahren.

Beziehungen so gut wie seit Jahren nicht mehr

Offensichtlich ist jedenfalls: Die Intensität der Beziehungen beider Länder nimmt momentan stetig zu und könnte für Pjöngjang ein wichtiger Anker bei der wirtschaftlichen Entwicklung werden. Mittlerweile dürften die Beziehungen den besten Stand erreicht haben, seit die Sowjetunion in sich zusammenfiel (auch besser als während des kurzen Intermezzos zwischen beiden Ländern (Die „Männerfreundschaft“ Putin-Kim kann man dann ja wiederbeleben, wenn Putin wieder Präsident) um die Jahrtausendwende).

Ich kann mir vorstellen, dass dies in einigen Hauptstädten, in denen man sich mit Pjöngjang befasst bzw. befassen muss, zumindest mit gesteigertem Interesse beobachtet wird. Inwiefern die Vertiefung der Beziehungen auf eine mit China koordinierte Strategie zurückgeht ist schwer zu sagen, aber da die Kommentare aus China bisher wohlwollend bis desinteressiert ausfielen, scheint es eine Absprache zu geben. In Washington und Seoul dagegen dürfte man unruhig werden, denn wenn sich Pjöngjang mit Russland eine neue Geldquelle (und diplomatische Unterstützung) erschließt, dann werden die Peitschen, mit denen Südkorea und die USA ohnehin schon recht erfolglos zu drohen versuchen, in Pjöngjang bald wirklich niemanden mehr hinter dem Ofen vorlocken. Vielleicht hat die jüngste Zunahme an Interaktionsbereitschaft aus Seoul und Washington auch damit zu tun, dass man aktuell schwindende Chancen der Einflussnahme befürchtet und versucht zu retten, was zu retten ist… Ganz so dramatisch wie es klingt, wird es nicht sein, aber nachdenklich dürfte die „neuentfachte Flamme der Freundschaft“ (ha! Ich sollte nicht soviel KCNA lesen. Der Pathos frisst sich in mein Hirn!) schon machen…

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