Eben habe ich einen interessanten Artikel bei der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA gelesen und dazu schreibe ich trotz knapper Zeit noch schnell was. Darin wird eine Vor-Ort-Anleitung des neuen Sterns in Pjöngjang, Choe Ryong-hae, beschrieben. Choe besuchte ein Bauprojekt, das vom Militär durchgeführt wird (Link folgt morgen, aber ihr findet den Bericht bei den heuutigen Meldungen).
Erwähnenswert finde ich das, weil bis vor einem guten Jahr das Monopol für Vor-Ort-Anleitungen, oder zumindest für Berichte darüber, bei den Kims lag. Dann kam als “reisender Problemlösungskummerkasten” Choe Yong-rim hinzu. Dieser besucht seitdem zivile Bau-, Industrie- und Agraranlagen und scheint dort auch Maßnahmen anzuordnen, die die Arbeit der Anlagen verbessern sollen.
Choes Besuch (oder vielmehr der Bericht darüber, denn es ist ja nicht abwegig, dass er solche Besuche auch schon zuvor alleine durchführen durfte) bei einem vom Militär geführten Bauprojekt könnte darauf hindeuten, dass man in Pjöngjang zu einer weitergehenden Arbeitsteilung, auch nach außen sichtbar, greift. Denkbar wäre es, dass Choe Yong-rim sich weiterhin dem zivilen Sektor widmet, während Choe Ryong-hae den militärisch-wirtschaftlichen Komplex (damit meine ich, wenn das Militär Aufgaben für die Gesellschaft erfüllt, die nicht im engeren Sinne etwas mit Landesverteidigung zu tun haben), der in Nordkorea ja beachtlich ist, bedient. Und Kim Jong Un? Der nimmt das was übrig bleibt und was die meiste faktische Macht symbolisiert. Er besucht weiter militärische Einrichtungen und Einheiten und arbeitet so daran, die Loyalität der Truppe zu sichern bzw. zu erlangen. Außerdem lässt er sich natürlich auf repräsentativen Events sehen.
Interessant finde ich das allemal, denn dadurch, dass anderen Personen das „Recht“ zugestanden wird, Vor-Ort-Anleitungen durchzuführen, symbolisiert man ja irgendwie, dass die Hierarchien in Pjöngjang flacher werden, denn was die Leute auf ihren Besuchen so sagen oder anordnen, kommt ja offensichtlich nicht von ganz oben, sondern aus ihrer eigenen Autorität. Das heißt, faktisch wird die Macht im Regime etwas mehr aufgeteilt. Das finde ich bemerkenswert, aber gleichzeitig zeigt es auch, wer das absolute Vertrauen der Führung besitzt. Alternativ könnte es auch signalisieren, wer soviel Macht besitzt, dass man ihnen eine solche Autorität nicht vorenthalten kann.
Mir ist aufgefallen, dass Choe Ryong-hae bei seinem Besuch anders als es Choe Yong-rim für gewöhnlich tut, scheinbar nicht „problemlösend“ tätig wurde. Er hat kein Treffen oder so einberufen, sondern nur Phrasen gedroschen (jedenfalls wenn man dem folgt, was KCNA berichtet). Allerdings scheint dem, was er zu sagen hat ebenfalls einige Bedeutung beigemessen zu werden, denn genau wie bei den Vor-Ort-Anleitungen der Kims sieht man auch hier einige Leute mit Kladden, die scheinbar allzeit bereit sind, mitzunotieren.

Choe Ryong-haes Begleiter sind allzeit bereit zum Mitschreiben.
Ich werde das Thema in nächster Zeit im Auge behalten, denn ich denke, hier werden strukturelle Veränderungen sichtbar, die mit dem neuen Regime um Kim Jong Un in direkter Verbindung stehen.
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Es könnte natürlich auch eine einfache Erklärung geben.
Der junge Jong Un hat erkannt, dass er außer Allgemeinplätzen den alten Hasen vor Ort eh nichts Vernünftiges erzählen kann und macht das, was viele junge Menschen gern machen, das Leben genießen, jetzt wo er der Chef im Hause ist, wenn er es ist!