„Rebellische Kräfte im Inneren verfolgen“: Was Kim Jong Uns markige Ansage bedeuten könnte

Lange habe ich heute nicht Zeit, aber kurz möchte ich dochnoch auf eine kleine Meldung bei Yonhap hinweisen, die ich sehr interessant finde (und damit bin ich wohl nicht allein, Danke für den Hinweis C.R.).

Markige Worte des jungen Kim

Danach hat Kim Jong Un bei seiner Geburtstagsvisite beim Ministerium für Staatssicherheit einige markige Worte fallen lassen:

Kim Jong-un has urged stepped-up efforts to identify and crack down on what he called rebellious elements of society, the North’s state media reported Saturday.

Kim Jong Un hatte auf eine Steigerung der Bemühungen gedrängt, rebellische Element der Gesellschaft zu identifizieren und gegen sie vorzugehen, berichteten die Staatsmedien des Nordens am Samstag.

Allerdings gab es diese Informationen nur in koreanischer Sprache. Die englische Version von KCNA bzw. der Rodong Sinmun sprechen nur davon, die Versuche von Feinden gnadenlos zu bekämpfen, die alle Arten von Maßnahmen unternähmen, die das siegreiche Fortschreiten der Revolution verhindern würde. Von rebellischen Kräften im Inland ist da nicht die Rede.

Die Tatsache, dass die Übersetzung etwas weniger scharf klingt, deutet darauf hin, dass diese Kommentare Kims exklusiv für die interne Verwendung gedacht waren. Während er nach außen als jugendlicher Erneuerer etc. gesehen werden soll, muss er nach innen auch schonmal den harten Hund raushängen lassen.

In seiner Funktion stellt das Ministerium für Staatssicherheit (erwähnte ich eigentlich schonmal, wie froh ich bin, dass Blogs wie NK Leadership Watch so tolle Arbeit leisten (in diesem Fall bei der Erklärung der Führungsstrukturen Nodkoreas) und mir damit das Leben extrem erleichtern?) zumindest in Teilen eine Art Inlandsgeheimdienst dar, der die Stützung des ideologischen Systems zum Ziel hat. Dabei ist das Ministerium unter anderem für die Verfolgung politischer und einiger wirtschaftlicher Verbrechen zuständig. Naja und wenn Kim Jong Un vor einem solchen Dienst zur Identifizierung und Verfolgung interner Feinde aufruft, dann hat das durchaus weiterreichende Implikationen.

Mögliche Hintergründe des Aufrufs

Was genau die Hintergründe sind, lässt sich allerdings nicht festmachen. Ein naheliegendes Erklärungsmuster wäre, dass Kim Jong Un tatsächlich Kräfte im Land vermutet, die gewillt sind ihm Widerstand zu leisten. Damit wäre der (öffentliche) Aufruf als eine Art präventive Maßnahme zu sehen, die einerseits Widerstand im Keim ersticken will und andererseits eine Warnung an diejenige aussenden  soll, die potentiell widerständig werden könnten.

Eine weitere Möglichkeit wäre, dass Kim zwar kein akutes Risiko durch Gegner im eigenen Land sieht, aber bis zur weiteren Konsolidierung seiner Macht die Zügel straff halten will, damit das auch so bleibt.

Es wäre aber auch möglich, dass es der junge Kim für nötig erachtet, so etwas wie eine Phase des stalinistischen Terrors vom Zaun zu brechen. Auch solche Maßnahmen wurden immer wieder mit Feinden im Inneren erklärt.

Vielleicht gehören solche Aussagen aber auch nur zur Standardrhetorik und ich bin einfach nur ein bisschen überaufmerksam, weil jetzt ein neuer Führer im Sattel sitzt. Dann wären das dieselben Aussagen, die auch Kims Vater machte, um den Zusammenhalt des Ministeriums zu stärken und seine Mitarbeiter hinter ihm zu scharen. Denn ohne Feind sind Sicherheitsbehörden ja irgendwie sinnlos und die Motivation der Mitarbeiter geht flöten. Wenn es dagegen vor rebellischen Elementen nur so wimmelt, dann haben die Leute im Ministerium viel zu tun und kommen auch nicht auf die Idee, vor lauter Langeweile selbst rebellisch zu werden. Nichtsdestotrotz hat auch dieser Erklärungsansatz schwierige Implikationen, denn wenn es vor Feinden im Inneren nur so wimmelt, dann muss man auch ab und zu einen fangen, sonst macht man als Sicherheitsbehörde ne schlechte Figur. Und wenn die Feinde objektiv nicht da sind, dann muss halt öfter mal einer dran glauben, der eigentlich garnicht so richtig was falsch gemacht hat.

Bei allen Optionen ist es verständlich, dass sie eigentlich nur für die interne Verwendung gedacht sind und nicht unbedingt an  die Außenwelt gerichtet. Die nordkoreanische Propaganda hatte einigen Erfolg damit, Kim Jong Un als neuen und teils unkonventionellen Führer zu inszenieren, dem evtl. auch die westlichen Staaten erstmal eine neue Chance  geben sollten. In diesem Narrativ passt das Bild eines Despoten, der zur Hexenjagd im eigenen Land aufruft nur bedingt.

Widersprüchliche Aussagen: Menschenrechte und Interessen der Bevölkerung schützen

Etwas besser passt in diese Darstellung eine Meldung von KBS. Diese zitiert nordkoreanische Medien mit der Aussage:

Machthaber Kim Jong-il [sic!] habe in einer Glückwunschadresse an die Dienststellenleiter der Polizei betont, dass die Gesetzeshüter die Menschenrechte und Interessen des Volkes nicht verletzen sollten.

Mal abgesehen davon, dass die Leute von KBS bei der Übersetzung Mist gebaut haben (in der englische Version steht da „Kim Jong-un“) hört sich das doch gleich viel positiver an. Menschenrechte achten und die Interessen des Volkes im Auge haben. Im Zusammenhang damit berichtet KBS auch von Versammlungen der Polizei- und Justizbehörden, deren Sinn im Süden bisher noch nicht geklärt sei. Im Kontext mit der Meldung von Yonhap kann das wiederum viel bedeuten. Kann sein, dass den Polizeibehörden ähnliche Aufträge gegeben werden (Feinde im inneren identifizieren und verfolgen), kann aber auch sein, dass sie einen irgendwie gegensätzlichen Auftrag bekommen (Freund und Helfer werden). Grundsätzlich schließt es sich natürlich auch nicht aus, einerseits Menschenrechte zu achten und andererseits Rebellen zu jagen. Allerdings dürfte der Führung sehr bewusst sein, dass diese grundsätzliche Erwägung in der Praxis nur einen geringen Wert hat (vor allem wenn sich tatsächlich eine Hexenjagd entwickelt).

Keine Ahnung, aber diese beiden Meldungen deuten darauf hin, dass sich im Bereich der inneren Sicherheit gerade etwas tut. Deshalb kann es schonmal nichts schaden, wenn man versucht, das genau im Auge zu behalten.

7 Antworten

  1. Hat Kim Jong Un den angeblichen Satz mit den „rebellischen Elementen innerhalb der Gesellschaft“ beim Besuch des Staatssicherheitsministeriums oder beim Besuch des Ministeriums für öffentliche Sicherheit (das sind in Nordkorea zwei verschiedene Verwaltungsinstitutionen) von sich gegeben?

    Das Ministerium für öffentliche Sicherheit benennen die nordkoreanischen Medien auf Englisch abwechselnd mit ministry of „people’s security“ oder „public security“ oder „social(?) security“, das Staatssicherheitsministerium meist „Miinistry of state security“

    Verwaltungstechnisch dürften beide nicht zum Kabinett unter Choe Yong-Rim, sondern zum Militär gehören, welches nicht dem Kabinett untersteht?!

    Wenn ich die koreanischen Texte der kcna richtig verstanden habe, werden diese beiden Sicherheitsministerien neuerdings mit dem Begriff „Choson-Nae-Mugun“ zusammengefasst, also direkt übersetzt etwa : „Korea-Inneres-Nicht-Militärisch“!, (die frühere Bezeichnung war vermutlich „Choson-Kyongbidae“ (also in etwa: „Koreanische Wach-Garden“)
    Kann das jemand alles bestätigen (oder korrigieren)?

    • Danke für den sehr berechtigten Hinweis Werner. Ich bin da irgendwioe mit dem Besuch Kim Jong Uns im Ministry of State Security ins Gehedder gekommen. Aber der fand ja schon am 20. also drei Tage früher statt, als die Aussage Kim Jong Uns getroffen wurde.

      Ich habe dann nochmal nachgeguckt und zugegen bei seiner Rede war tatsächlich Ri Myong-su, der als Minister für People’s Security geführt wird, wenn ich da richtig informiert bin.

      Interessant finde ich das Ganze auch, weil zwischen den beiden Sicherheitsministeriem ja angeblich eine gewisse Konkurenz bestehen soll. https://nordkoreainfo.wordpress.com/2011/03/16/minister-fur-volkssicherheit-entlassen-ein-uberraschender-krankheitsfall/ Im Zusammenhang damit ist weiterhin spannend, dass das Ministry of State Security scheinbar erst seit diesem Jahr einen Minister hat hat, Kim Won-hong. Das ist eine administrative Aufwertung. Vielleicht spielt Kim Jong Un einfach ein bisschen „Teile und Herrsche“ und hetzt seine Bluthunde aufeinander, damit sich die gefährlichsten geegnseitig zerfleischen?

      • Vor Kim Won-Hong leitete U Tong-Chuk für ein paar Monate als Minister das State Security Department, wird bei wikipedia behauptet:

        „In November 2011, it was reported that General U Tong-chuk had been appointed permanent minister of State Security[5], the first of this kind since 1987, filling a post left unoccupied for 24 years. This was almost concurrent with General Ri Myong-su’s appointment as minister of People’s Security. Other sources also claimed that Kim Jong-un worked at the State Security Department before and/or after his anointment as heir apparent in September 2010[6]. U Tong-chuk was replaced by Kim Won-hong in April 2012.“

        • Und wieder danke!
          Konnte zwar bei KCNA keine direkte nennung als Minister finden, aber er wurde allgemein so geführt.
          Ach und er ist seit März nicht mehr erwähnt worden. Gehört er vielleicht zu den Offiziellen, die Kim Jong Un zermörsert haben soll? Würde ja fast passen. Auf jeden Fall ist bei den Sicherheitsorganen einiges passsiert. Ich sollte mich nochmal damit befassen.

      • Ursprünglich hatte Kim Jong Uns Aussage über „unreine feindliche Elemente“ vermutlich schon mit dem Staatssicherheitsministerium zu tun.

        Am 7. Okt. 2012 besuchte Kim Jong Un die Statue seines Vaters im Hofe des Staatssicherheitsministerium und hielt dort vor Sicherheitsbeamten ein Rede, von der Ausschnitte in der koreansich-sprachigen Ausgabe der Rodong Sinmun abgedruckt wurden:
        http://www.rodong.rep.kp/InterKo/index.php?strPageID=SF01_02_01&newsID=2012-10-07-0001

        Im viertletzen Absatz diesse Artikels steht da auf koreanischh:

        국가안전보위부는 위대한 대원수님들의 품속에서 자라나 당을 믿고 당에 자기의 운명을 전적으로 의탁하고있는 귀중한 우리 인민들이 적들의 마수에 걸려들지 않도록 지켜주고 보호해주며 어리석게도 딴꿈을 꾸는 불순적대분자들은 단호하고도 무자비하게 짓뭉개버려야 한다고 말씀하시였다.

        Vielleicht kann jemand zumindest die letzten 2 Zeilen übersetzen?

    • Hallo Werner,
      ich dachte doch, dass ich die beiden Begriffe irgendwo schonmal gelesen habe. Da ich gerade nochmal was zu dem Thema am schreiben bin, bin ich wieder drauf gestoßen. Du hast recht: Beide Begriffe bezeichnen das Gleiche und “Choson-Nae-Mugun” ist der neue Begriff.
      Allerdings meinen die Bezeichnungen eine Untereinheit des Ministeriums für Volkssicherheit und sind kein übergreifender Begriff für die Sicherheitsbehörden (jedenfalls wenn man Ken Gause glauben kann). Die Einheit, die Gause Korean People’s Interior Security Force (KPISF) nennt (und KCNA auch) ist eine Gruppierung zur Aufstandsbekämpfung, die Gause mit der amerikanischen Nationalgarde vergleicht.
      Guckst du hier: http://hrnk.org/uploads/pdfs/HRNK_Ken-Gause_Web.pdf S. 31 Fußnote 31.

      • Welche Einheit nun „Nae-Mu-Gun“ bezeichnet? In den letzen kcna-Artikelm wurde das „nae-mu-gun“ meist mit „chang-byon“ kombiniert und „chang-byon“ bedeutet eigentlich Militärpersonal; also ich weiß nicht …
        jedenfalls macht ich eine Denkfehler bei der Bedeutung des Begriffes „nae-mu-gun“, denn es kann theoretisch als „nae-mugun“ oder als „naemu-gun“ gelesen werden, dadurch ändert sich die Bedeutung. Das „nae“ und „gun“ hat in beiden Fällen das gleiche chinesische Zeichen, das „mu“ hat jedoch ein veschiedenes.Man muss die Einheit wohl richtig als „naemu-gun“ lesen, also: 內務-軍!
        內務 bedeutet „Internal affairs“ und gun (軍) bedeutet „Armee“.
        Also viel Rätselraten meinerseits.

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