Update (10.12.2012): Heute hat ein Sprecher des Koreanischen Komitees für Raumfahrttechnologie bekanntgegeben, dass das Startfenster für den Satelliten, das heute beginnt, um eine Woche bis zum 29.12. verlängert wird. Als Ursache wurden technische Schwierigkeiten mit einem Steuermodul der ersten Raketenstufe genannt. Scheinbar ist man aber zuversichtlich diese Probleme in maximal einer Woche beheben zu können. Das ganze sieht mir nach einer Art Spagat aus. Man will zwar, dass der Satellitenstart ein Erfolg wird, man kann aber nicht hinter die Ankündigung, den Start durchführen zu wollen zurück und nimmt sich deshalb einfach ein bisschen mehr Zeit.
Einen anderen Hintergrund halte ich ebenfalls nach wie vor für möglich. Das Startfenster deckt nun auch fein die Weihnachtszeit mit ab und vielleicht ist der vorgebliche „Satellitenstart“ nur ein Versuch, den Weihnachtsmann vom Himmel zu holen. Damit würde Pjöngjang vor allem die USA hart treffen, da in den meisten anderen Teilen der Welt die Geschenke von anderen Kreaturen (meine kommen vom Christkind) gebracht werden, die nicht von fliegenden Schlitten abhängig sind und daher in ihrer Pflichterfüllung nicht von Raketen bedroht werden…
Ursprünglicher Beitrag (09.12.2012): Ich hatte ja versprochen, nochmal was zu schreiben, sobald sich bei den Vorbereitungen zu Nordkoreas Raketentest irgendwas ungewöhnliches ergäbe, das vom erwartbaren Plot abweiche. Das ist gestern Abend geschehen und dementsprechend setze ich mich jetzt mal an den PC. Gestern gab KCNA folgende kurze, aber trotzdem wichtige Meldung heraus:
KCST Spokesman on Launching Time of Satellite
Pyongyang, December 8 (KCNA) — The spokesman for the Korean Committee of Space Technology Saturday gave the following answer to the question raised by KCNA as regards the launch of the second version of Kwangmyongsong-3 satellite:
As announced, we are making preparations for the launch of the second version of Kwangmyongsong-3, a scientific and technological satellite, at the final stage.
Our scientists and technicians, however, are now seriously examining the issue of readjusting the launching time of the satellite for some reasons.
[KCST Sprecher zur Startzeit des Satelliten
Pjöngjang, 8. Dezember (KCNA) — Der Sprecher des Koreanischen Komitees für Raumfahrttechnologie gab am Samstag die folgende Antwort auf eine Frage von KCNA, die den Start der 2. Version des Kwangmyongsong-3 Satelliten betrifft:
Wie angekündigt sind wir in der finalen Phase der Vorbereitungen für den Start der Version von Kwangmyongsong-3, einem wissenschaftlichen und Technologiesatelliten.
Trotzdem sind unsere Wissenschaftler und Techniker nun die Frage der Neujustierung der Startzeit des Satelliten aus einigen Gründen ernsthaft am prüfen.]
Das alles bedeutet zwar keine Absage des Startversuchs, aber schon eine Verschiebung der angegebenen Zeit stellt ein deutliches Abweichung vom gewöhnlichen Muster dar. Bisher hat nichts die Vorbereitungen für einen Satellitenstart oder Raketentest gestoppt, wenn sie erstmal angelaufen waren. Allerdings wurde in der Vergangenheit auch nicht immer so „transparent“ dazu informiert wie aktuell. In einem Land, in dem es dazu gehört, Plansolle überzuerfüllen und also Aufgaben vor der gesetzten Deadline zu erledigen, war es nur schwer vorstellbar, dass eine Regierung ihre eigenen gesteckten Ziele nicht erreichte (Start zwischen dem 10. und 22. Dezember) und vor den Umständen (oder wovor auch immer) kapitulierte (Terminverschiebung).
Mit der aktuellen Meldung scheint dies in den Bereich des Denkbaren gerückt zu sein. Allerdings lässt sich das alles nur schwer interpretieren, wenn die Hintergründe zu der „ernsthaften Überprüfung“ nicht bekannt sind. Und naja, „einige Gründe“ kann nunmal ganzschön viel bedeuten… Die groben Linien des Möglichen, das dahinter stehen kann, lassen sich aber trotzdem zeichnen.
- Experten halten es für sehr wahrscheinlich, dass technische Schwierigkeiten für die Ankündigung gesorgt haben. Dabei könnte es sich einerseits um direkte Probleme an der Rakete selbst handeln, andererseits aber auch um die Wetterbedingungen, denn in den vergangenen Tagen hatte es am Startort geschneit. Wenn das tatsächlich die Gründe für die Verzögerung wären, dann wäre das durchaus bemerkenswert, denn die Führung würde damit den propagandistisch und systemisch geforderten Leistungszielen das Nachsehen gegenüber der technischen Pragmatik geben („Es ist uns wichtiger, dass der Start erfolgreich wird, als dass er zur angekündigten Zeit stattfindet. Wenn dazu eine Verschiebung nötig ist, dann ist das eben so.“)
- Experten halten es für weniger wahrscheinlich, dass der Druck aus dem Ausland dafür gesorgt haben könnte, dass die Führung den Start nochmal überdenkt. Das scheint auf den ersten Blick plausibel, denn die Unabhängigkeit gegenüber äußeren Einflüssen gehört zur nordkoreanischen Staatsraison. Andererseits möchte ich aber einige Punkte zu bedenken geben:
- Die Ankündigung des Starts war eine Überraschung für die meisten Beobachter. Auch aus technischer Sicht ist fraglich, ob das Sinn macht. Vielleicht handelte es sich dabei nur um eine kleine Farce, um den potentiellen Verhandlungspartnern die Notwendigkeit von Verhandlungen zu signalisieren. Eine Verschiebung würde dann Zeit schaffen, um in möglichen Gesprächen eine Absage auszuhandeln und schnell an den Gesprächstisch zurückzukehren.
- China hat sich im Vorfeld etwas deutlicher als zuvor gegen einen Satellitenstart Nordkoreas gestellt und Russland reagierte sogar annähernd harsch. Denkbar, dass die neue Führung in Pjöngjang aus Peking gesteckt bekam, dass es bei einem Start verschärfte UN-Sanktionen geben würde. Möglich, dass das bei der neuen, und intern wohl noch nicht absolut gefestigten Führung zu Sorgen um die Zukunft geführt hat.
- Wie gerade bereits angesprochen, sind innerhalb der nordkoreanischen Führung scheinbar noch nicht alle Sträuße ausgefochten. Der Satellitenstart im April dieses Jahres und seine Ankündigung hatten ein erst kurz zuvor ausgehandeltes Abkommen Nordkoreas mit den USA torpediert. Das mutete zumindest seltsam an und warf die Frage auf, ob das Vorgehen des Regimes strategisch koordiniert war, oder das Ergebnis unterschiedlicher Politiken verschiedener Entitäten innerhalb des Regimes. Wäre dem so gewesen (aber auch möglicherweise wenn dem nicht so war), dann könnte die mögliche Verschiebung des Startfensters auch auf eine Richtungskonflikt im Inneren des Regimes hindeuten. Vor allen Dingen wenn man in Betracht zieht, dass Kim Jong Un gerade in der militärischen Führung in der jüngeren Vergangenheit einige Veränderungen umgesetzt hat und gleichzeitig Hinweise darauf bestehen, dass Pjöngjang gegen angeblich feindliche Elemente im Inneren vorgeht.
Was konkret zu dem möglichen Aufschub führte, das lässt sich wie gesagt aktuell nicht klären, allerdings gibt es eine gute Chance, dass weitere Entwicklungen darauf Hinweise geben können. Wird der Start aufgeschoben und findet dann statt, dann war wohl die technische Erklärung die Beste. Kommt es in Kürze zu diplomatischen Initiativen, dann kann man wohl auch die außenpolitische Option als gute Erklärung sehen. Und wenn es in näherer Zukunft weitere Hinweise auf interne Verwerfungen gibt (Führungspersonal wird abgelöst, verschwindet etc.), dann könnte man auch mal über eine Verbindung dazu nachdenken. Wir werden sehen. Bis dahin wünsche ich euch fröhliche Schneestöberei…
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Neuer Starttermin dann am 8.1. ?