Genf: Gespräche zwischen den USA und Nordkorea — Gute Rahmenbedingungen


Heute beginnt in Genf eine neue Runde der Gespräche zwischen den USA und Nordkorea über eine mögliche Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche um die Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel. Stephen Bosworth wird dabei zum letzten Mal als Sondergesandter der USA für Nordkorea die US-Delegation anführen. Teil seiner Delegation sind außerdem sein Nachfolger Glyn Davies und Cliffort Hart, der neue Chefunterhändler der USA bei den Sechs-Parteien-Gesprächen. Die nordkoreanische Delegation wird geführt von Vizeaußenminister Kim Kye-gwan, dem Chefstrategen in Verhandlungen zur Nuklearfrage (bis zu seinem Aufstieg im nordkoreanischen Außenministerium fungierte er als Nordkoreas Chefunterhändler bei den Sechsergesprächen). Vermutlich auch mit dabei ist sein Nachfolger am Sechsertisch, Ri Yong-ho (zu Unterscheiden vom gleichnamigen Generalstabschef), der sein potentielles Gegenüber aus den USA bestimmt gerne kennenlernen möchte.

Kim Jong Il: „Wollen Sechsergespräche“

Im Vorfeld des Treffens, das heute und morgen hinter verschlossenen Türen stattfinden wird, gab es einige Zeichen, dass Nordkorea diesem große Bedeutung beimisst und sich eine Wiederaufnahme der Sechsergespräche wünscht. So war am vergangenen Donnerstag bei KCNA eine Verlautbarung Kim Jong Ils zu lesen (es ist relativ selten, dass sich Kim in den Medien zu außenpolitischen Themen äußert) in dem er unter anderem den Willen Nordkoreas zur Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche ohne Vorbedingungen (wobei diese entscheidende „Klausel“ nicht als Angebot, sondern als Forderung an die USA und Südkorea zu verstehen ist, nichts von Nordkorea zu verlangen, bevor die Gespräche anfangen können) unterstrich:

To bring the process for the denuclearization of the peninsula back to its track, it is necessary to pay primary attention to building trust between the DPRK and the U.S., parties directly responsible for the nuclear issue, and resume the six-party talks without preconditions at an early date.

Consistent is the stand of the DPRK to attain the goal of denuclearizing the peninsula through the six-party talks.

[Um den Prozess der Denuklearisierung er Halbinsel voranzubringen ist es notwendig, der Vertrauensbildung zwischen den USA und Nordkorea eine vorrangige Bedeutung beizumessen, da diese Parteien direkt für die Nuklearfrage verantwortlich sind. Außerdem ist es wichtig, die Sechs-Parteien-Gespräche so früh wie möglich ohne Vorbedingungen fortzusetzen.

Weiterhin ist es die Position Nordkoreas, das Ziel der Denuklearisierung der Halbinsel durch die Sechs-Parteien-Gespräche zu erreichen.]

Diese Aussage Kims belegt zwei Dinge. Einerseits scheint man der Wiederaufnahme der Gespräche einige Bedeutung beizumessen, sonst hätte es die Aussage nicht durch ihn persönlich gegeben. Andererseits schein Pjöngjang mit einer unveränderten Verhandlungsposition in die Genfer Verhandlungen zu gehen. Man will die Forderung der USA und Südkoreas, erstmal Taten sprechen zu lassen und dadurch Ernsthaftigkeit zu beweisen, nicht erfüllen. Natürlich kann es sein, dass Kim Kye-gwan Handlungsspielraum bekommt, aber anfangen wird er den Handel mit genau dieser Position.

Nordkoreanische Gesten bei „weichen“ Themen

Vielleicht um — trotz der unveränderten Haltung im Kern der Sache — guten Willen zu beweisen, lassen sich in anderen Feldern jüngst Gesten der Annäherung durch Nordkorea erkennen. So einigte man sich in der letzten Woche mit den USA auf eine Fortsetzung der Suche nach gefallenen US-Soldaten des Koreakriegs auf nordkoreanischem Territorium. Die Arbeiten waren 2005 ausgesetzt worden. Von 1996 bis 2005 waren die Überreste von 225 Vermissten geborgen worden. Es wird vermutet, dass noch die Gebeine von 5.500 US-Soldaten in Nordkorea liegen. Die Einigung kann man für Barack Obama als nicht unbedeutenden symbolischen Erfolg werten. Auch wenn man auf den ersten Blick denken sollte, dass es für Pjöngjang keinen großen Schritt bedeute, mit Amerikanern zusammen nach den Überresten gefallener zu suchen, so muss man doch bedenken, dass in diesem Land hinter den meisten Ecken ein Staatsgeheimnis lauert (oder etwas das so behandelt wird). Daher ist es von nordkoreanischer Seite durchaus eine Geste.

Auch gegenüber Südkorea zeigte man eine gewisse Bereitschaft zur Annäherung in „weichen“ Bereichen. So werden auf Anfrage Nordkoreas in dieser Woche Gespräche über die Fortsetzung der gemeinsamen Ausgrabung eines historischen Königspalastes in Kaesong stattfinden. Die Suche nach dem gemeinsamen kulturellen Erbe ist von ihrer Symbolik her natürlich nicht zu unterschätzen. Allerdings ist hier zu vermerken, dass es nicht nur einen Schritt Nordkoreas bedeutete (die Anfrage zu stellen), sondern auch von Seiten Südkoreas eine Änderung der Haltung darstellt. Denn Seoul musste der Anfrage erstmal zustimmen und zeigt damit erste Anzeichen der angekündigten Flexibilität. Sollten die Gespräche in Genf gut laufen, könnte ich mir vorstellen, dass bald auch wieder über Familienzusammenführungen diskutiert wird (die verkauft Pjöngjang ja immer als besondere Geste (und sie werden in Südkoreas Bevölkerung auch als wichtig empfunden).

China macht (sanft) Druck

Gleichzeitig macht die chinesische Regierung deutlich, was sie gerne von beiden Seiten sehen würde. Auf seinem Besuch in Pjöngjang ließ Chinas Vizepremier (der als designierter Premier nach Wen Jiabao gehandelt wird) Li Keqiang verlauten:

that it is in the interests of various parties concerned to improve the DPRK’s ties with South Korea and the United States, enhance dialogues and contacts, and safeguard peace and stability on the Korean Peninsula.

China supports the DPRK in its efforts to take the right direction for engagement and dialogues, resume the six-party talks at an early date, promote denuclearization on the peninsular, further ease tension there, and safeguard regional peace, stability and development, he said.

[dass es im Interesse verschiedener beteiligter Parteien ist, die Beziehungen Nordkoreas mit Südkorea und den USA zu verbessern, Dialog und Kontakte auszuweiten und Frieden und Stabilität auf der Koreanischen Halbinsel zu sichern.

China unterstützt Nordkorea in seinen Bemühungen, den Richtigen Weg zu Kontakten und Dialog zu nehmen, die Sechs-Parteien-Gespräche so bald wie möglich fortzusetzen, Denuklearisierung auf der Halbinsel zu fördern, die Situation zu entspannen und regionalen Frieden, Stabilität und Entwicklung zu sichern, sagt er.]

Hier wird eine klare Erwartungshaltung deutlich und das „unterstützt“ aus dem Zitat kann man wohl durch ein „drängt“ ersetzen. Da hat China während der Gespräche in Genf ja einen hochrangigen Mann in Pjöngjang, der vermutlich auch im Auftrag Pekings Druck machen wird. Aber sein erster (hier zitierter) Satz enthält auch eine klare Aufforderung an die USA und Südkorea, sich Mühe zu geben.

Fortschritte wären wichtig

Aber im Endeffekt ist alles drumherum nur Beiwerk worauf es mal wieder ankommt, dass sind einige Leute, die vermutlich in diesem Moment in Genf am sprechen sind, und die Aufträge, die ihnen ihre Vorgesetzten mit auf den Weg gegeben haben. Ich bleibe dabei, dass die Rahmenbedingungen so gut sind wie lange nicht und dass von allen beteiligten Seiten ein gewisser Wille und eine positivere Haltung gegenüber einer möglichen Einigung zu erkennen sind. Daher könnten wir noch in diesem Jahr eine bedeutende Bewegung in eine positive Richtung sehen, was natürlich nur soweit geht, dass sich Sechs-Parteien an einen Tisch setzen. Was Nordkoreas Denuklearisierung (also das Ziel der Sechsergespräche) angeht, bin ich nach wie vor eher pessimistisch. Wenn die Positionen beider Seiten aber weiter unvereinbar bleiben und man in der aktuellen Phase stecken bleibt, dann muss man sich wohl oder übel auf einen neuen Zyklus der Spannungen und Provokationen aus Pjöngjang gefasst machen.

Blutauffrischung auch in den USA: Bosworth Nachfolger Davies reist mit zu Nukleargesprächen nach Genf


Update (20.11.2011): Eben habe ich noch einen sehr interessanten Artikel zu dem Personalwechsel und der Möglichkeit der Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche in der New York Times gelesen. Zwei interessante Aussagen:

1. Der Personalwechsel sollte nicht überbewertet werden. Aber irgendwas sagt er wohl aus. Interessant zum, Beispiel auch der Unterschied, dass nun ein „Vollzeitmitarbeiter“ aktiv ist und nicht jemand, der eigentlich schon einen Job hat. Man wird wohl mehr investieren wollen…

2. China und Russland setzen die USA und Freunde unter Druck die Gespräche fortzusetzen. Das heißt dann wohl, dass nach dieser Einschätzung Nordkorea mal wieder erfolgreich war, einen Keil zwischen die fünf anderen Gesprächsteilnehmer zu treiben (wobei vor allem die USA da ungewollt wohl mitgetrieben haben).

Ursprünglicher Beitrag (20.10.2011): Nachdem in den letzten Monaten schon in Südkorea das Nordkorea-Personal kräftig aufgefrischt wurde, ziehen jetzt wohl auch die USA nach. Gestern Abend hat das US State Department bekanntgeben, dass es in der kommenden Woche in Genf zu den seit längerem erwarteten bilateralen Gesprächen mit nordkoreanischen Vertretern kommen wird. Dabei wird Stephen Bosworth der nordkoreanischen Delegation unter Vizeaußenminister Kim Kye-gwan, seinen Nachfolger Glyn Davies vorstellen. Außerdem wurde bekanntgegeben, dass auch der alte Chefunterhändler der USA bei den Sechs-Parteien-Gesprächen, Sung Kim durch Clifford Hart ersetzt werden wird. Dies alles sei aber nicht als Hinweis auf einen Politikwechsel zu werten.

Glückloser Bosworth

Bosworth war 2009 von Barack Obama ernannt worden, hatte aber nur wenig Gelegenheit, die in ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen, denn nach seinem Besuch in Pjöngjang im Dezember 2009 war es nicht zu weiteren Gesprächen gekommen, nicht zuletzt aufgrund des Untergangs der Cheonan im März 2010 und dem Beschuss der südkoreanischen Insel Yonpyong durch das nordkoreanische Militär im September desselben Jahres. Daher konnte er kaum das tun, was man von einem Gesandten für Nordkorea erwartet, nämlich Gespräche mit Nordkorea führen. Stattdessen äußerte er sich weit häufiger über Nordkorea. Da er mit diesem Job natürlich nicht so richtig ausgelastet war, konnte er auch ohne weiteres seiner akademischen Tätigkeit als Dekan an der Fletcher School of Law and Diplomacy der Tufts Universität beibehalten. Dem State Department zufolge habe sich Bosworth entschieden, sein Amt niederzulegen. Gründe wurden nicht genannt. Ich könnte mir einerseits vorstellen, dass er mit der Linie der USA nicht ganz glücklich ist, es kann aber auch sein, dass er in dieser Zeit, in der sich neue Möglichkeiten zu bieten scheinen, einfach Platz für frisches Blut machen wollte.

Interessanter Davies

Mit Glyn Davies wurde ein recht interessanter Kandidat ausgewählt. Anders als Bosworth, der auf eine wirklich umfangreiche und prominente Erfahrung mit der Situation auf der Koreanischen Halbinsel zurückblicken konnte (von 1995 bis 1997 war er Direktor der KEDO, die damals die im Genfer Rahmenabkomme (dem ersten Nukleardeal zwischen den USA und Nordkorea) getroffenen Abmachungen umsetzen sollte (u.a. sollten zwei Leichtwasserreaktoren gebaut werden) und von 1997 bis 2001 war er als US-Botschafter in Seoul tätig), hat Davies keine spezifischen Koreaerfahrungen zu bieten. Allerdings kennt sich der Karrierediplomat mit der Region aus seiner früheren Tätigkeit als stellvertretender Staatssekretär im Ostasienbüro des State Department (von 2007 bis 2009) aus. Vor allem über das Thema, das bei den Gesprächen der USA mit Nordkorea zentral sein dürfte, weiß er wohl durch seinen aktuellen Job bestens Bescheid. Er ist nämlich momentan US-Repräsentant bei der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEO) in Wien und die Frage der Denuklearisierung Nordkoreas ist ja vor Allem auf Seiten der USA das Thema schlechthin.

Warum Davies?

Der Nominierung von Davies kann man damit eine zweifache Signalwirkung zuschreiben. Einerseits ist der Davies zwar Diplomat, aber eben kein Veteran der Koreapolitik wie Bosworth, sondern kennt sich stattdessen sehr gut mit dem Nuklearthema aus. Der Schluss liegt also nicht fern, dass man Pjöngjang durch diese Wahl ein weiteres Mal deutlich machen will, dass eine zielgerichtete Arbeit an der Denuklearisierung Nordkoreas das Vorrangige Ziel ist und dass man nicht gewillt ist, nur ein bisschen diplomatisches Schönwettergerede zu diesem und jenem Thema zu veranstalten. Gleichzeitig kann man darin aber auch den eindeutigen Willen der USA vermuten, die Sechs-Parteien-Gespräche um die Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel endlich wieder ins Rollen zu bringen. Die Chancen dafür stehen aktuell vermutlich so gut, wie seit mindestens zwei Jahren nicht mehr und Davies kann bald einen entscheidenden Teil dazu beitragen.

Davies kennt den Sprechzettel des State Department

Davies dürfte kein Innovator sein, der der Nordkoreapolitik der USA eine völlig neue Richtung gibt. Dazu hat er erstens nicht die Kompetenz und zweitens deutet folgendes Statement, das er anlässlich der Besprechung des jüngsten IAEO-Berichts zu Nordkoreas Nuklearprogramm (hier zu finden) abgab, darauf hin, dass er den Sprechzettel, den das State Department wohl jedem Diplomaten an die Hand gibt, der was über Nordkorea sagt, genau studiert hat:

The United States believes that a dual track approach offers the best prospects for achieving denuclearization. We continue full implementation of national and multilateral sanctions. At the same time, we remain open to dialogue with North Korea, but we are not interested in negotiations for the sake of simply talking. The U.S.-DPRK bilateral talks held in New York in July were intended to explore North Korea’s willingness to take concrete and irreversible steps toward denuclearization. Our message to North Korea has been consistent and it has been clear:  the DPRK must abide by its commitments under the Joint Statement, cease all nuclear activities, including enrichment, and demonstrate its seriousness on denuclearization, through substantive actions prior to the resumption of Six-Party Talks.

[Die USA glauben, dass ein zweigleisiger Ansatz die besten Möglichkeiten bietet, eine Denuklearisierung zu erreichen. Wir setzen die vollständige Umsetzung nationaler und multilateraler Sanktionen fort. Gleichzeitig bleiben wir offen für einen Dialog mit Nordkorea, aber wir sind nicht daran interessiert zu verhandeln, nur um zu sprechen. Die US-Nordkorea Gespräche in New York im Juli sollten Nordkoreas Bereitschaft erforschen, konkrete und nicht rückgängig zu machende Schritte zur Denuklearisierung zu unternehmen. Unsere Botschaft an Nordkorea ist konsistent und klar: Nordkorea muss seine Verpflichtungen des Joint Statement erfüllen, alle nuklearen Aktivitäten, einschließlich der Anreicherung beenden und seine Ernsthaftigkeit bezüglich der Denuklearisierung demonstrieren, indem es im Vorfeld der Sechs-Parteien-Gespräche substantielle Schritte ergreift.]

Wie man sieht, kennt auch Davies die Phrasen und ob die dahinter stehenden Richtlinien ihm Raum lassen, das wird sich wohl bald zeigen.

Wille zur Änderung

Immerhin ist endlich wieder der Wille aller Parteien erkennbar, die Situation etwas freundlicher zu gestalten. Wie weit dieser Wille geht und welches die tatsächliche Agenda der Parteien ist, das ist allerdings noch lange nicht gesagt und damit werden wir wie üblich erst abwarten müssen, ob und worauf sich die Parteien einigen können. Die Tatsache, dass Südkorea und die USA in den letzten Monaten ihr Kernpersonal zu Nordkorea ausgetauscht haben, kann aber kein Zufall sein. Irgendetwas hat man sich dabei gedacht und das ist schonmal gut.

UPDATE: Die komplexe Gemengelage um Nordkorea: Es bewegt sich was. Nur wohin?


Update: (28.07.2011): Immerhin nehmen sich die USA genügend Zeit für die Gespräche: Laut dem State Department sind der heutige und der morgige Tag für das Zusammentreffen der nordkoreanischen Delegation unter Kim Kye-gwan mit der US-Gruppe unter Bosworth (zu den anderen Teilnehmern wollte sich der Sprecher des Außenamts nicht äußern) vorgesehen. Vielleicht will man ja doch Ergebnisse?

Zeitgleich halten sich hartnäckig Gerüchte, dass auch Japans Regierung Gespräche mit Nordkorea anstrebe (über die entführten japanischen Bürger) und dazu bereits vorgefühlt habe. Allerdings wurde dies bisher von der Regierungsseite dementiert.

Ursprünglicher Beitrag (26.07.2011): Es ist etwas in Bewegung gekommen in den diplomatischen Bemühungen um eine Besserung der Situation auf der Koreanischen Halbinsel. Soviel ist klar. Wie weit diese Bewegung allerdings reichen wird, dass steht noch in den Sternen. Wie so oft sind die Signale aus Pjöngjang vielschichtig und die Reise von Nordkoreas erstem Vize-Außenministr Kim Kye-gwan nach New York ist nur ein Zeichen, das momentan zu empfangen ist.

Ein gutes Zeichen: Gespräche zwischen USA und Nordkorea

Kim ist heute zu der Reise aufgebrochen, die ihn vermutlich nicht nach Washington führen wird (das wäre aus Sicht der USA wohl ein zu positives Signal). Dort soll er Ende der Woche mit einer Delegation der US-Regierung zusammentreffen, um über eine mögliche Fortsetzung der Sechs-Parteien-Gespräche über die Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel zu sprechen und die Atmosphäre zwischen beiden Staaten zu verbessern. Die US-Delegation zu der wohl der Sondergesandte Stephen Bosworth gehören wird, soll abklopfen, ob Nordkorea bereit ist seinen internationalen Verantwortungen nachzukommen und konkrete und nicht-rückgängig zu machende Schritte zur Denuklearisierung vorzunehmen (das altbekannte Mantra der US-Regierung). Ob da konkret was bei rumkommt, steht also noch in den Sternen.

Atmosphäre für einen Erfolg schaffen

Zeitgleich hat sich US-Außenministerin Clinton mit Dai Bingguo, einem hochrangigen (höher als Minister) Diplomaten, der auch einen guten Draht nach Nordkorea hat, nicht zuletzt über die Rolle Chinas in den Bemühungen um eine Verbesserung der Situation unterhalten. Dabei dürfte nicht zuletzt die Aufforderung an China eine Rolle gespielt haben, aktiv Einfluss auf Pjöngjang zu nehmen. Man versucht also aktiv eine Atmosphäre zu schaffen, in denen Verhandlungen Erfolg haben werden. Allerdings dürfte dabei die eigene Position von weitaus größerer Bedeutung sein, als die Haltung Chinas, das Pjöngjang auch nicht zu etwas überreden kann, was es nicht möchte.

Viel Symbolik: China stärkt Nordkorea den Rücken

Allerdings kommen aus China auch andere Signale. Xinhua berichtet, dass das Übungsschiff Zheng He (interessanterweise ist das Schiff nach dem Kommandanten der letzten großen chinesischen Flotte benannt, der im 14. Jhd. die große Expeditionen in den Pazifik und den Indischen Ozean befehligt. Diese Reise stellt gleichzeitig die letzte weitreichende Machtprojektion des Reichs der Mitte über Südost- und Ostasien hinweg dar. Der Name des Übungsschiffs ist wohl kein Zufall) und die Fregatte Luoyang von Dalian aus aufgebrochen seien, um Häfen in Nordkorea und Russland zu besuchen. Ich weiß es nicht genau, aber wenn ich mich nicht täusche waren solche Besuche chinesischer Kriegsschiffe in nordkoreanischen Häfen sehr selten (ich habe auf die Schnelle keinen anderen Hinweis darauf gefunden). Das Anlaufen von Kriegsschiffen befreundeter Häfen ist eine hochsymbolische Geste, die — wenn auch ohne direkten Effekt — nicht zu unterschätzen ist. Damit zeigt sich einerseits ein weiteres Mal, dass die Beziehungen zwischen Nordkorea und China momentan sehr gut sind und das China gewillt ist, Pjöngjang den Rücken zu stärken. Andererseits markiert man damit aber auch sein Revier. Vielleicht könnte man den Besuch auch als Reaktion an einen Besuch des amerikanischen Atom-U-Boots USS Texas im südkoreanischen Busan sehen, der gerade mal zwei Wochen zurückliegt (aber das ist nur eine Idee die mir eben kam).

Ein Zeichen: Pjöngjang lässt die Muskeln spielen

Interessant wäre es noch zu wissen, welchen Hafen die chinesische Mini-Flotte anlaufen will, denn im nordkoreanischen Namp’o scheint man sich gerade auf ein recht groß angelegtes Manöver vorzubereiten, bei dem wohl Luftwaffe, Marine und Heer zusammen üben sollen (was relativ selten vorkommt). Vielleicht wollen die chinesischen Gäste ja da zuschauen, läge ja fast auf dem Weg. Aber vermutlich werden die Schiffe wohl um die Koreanische Halbinsel rumfahren und auf der Ostseite einen Hafen anlaufen.

Komplexe Gemengelage

An der Übung der nordkoreanischen Truppen ist aber noch etwas Weiteres interessant. Nämlich das Timing. Das Manöver wird nicht irgendwann vorbereitet, sondern just zu dem Zeitpunkt, zu dem man seit langem endlich mit den USA sprechen kann. Es sind zwar ganz sicher auch andere Gründe für das Manöver vorhanden, aber eine solche Machtdemonstration hat auch eine symbolische Wirkung um die man in Pjöngjang ganz genau weiß. Es könnte zum Beispiel die Botschaft an Washington senden: „Gespräche oder Spannungen, wir können mit beidem dienen.“ Dass sich Washington davon beeindrucken lassen wird ist wohl kaum zu erwarten, aber das Licht, das damit auf das Treffen in New York fällt ist nicht unbedingt das Beste: Die US-Regierung hält grundsätzlich an ihren bisherigen Forderungen fest und Pjöngjang erweckt zumindest nicht den Anschein von Kompromissbereitschaft. Das kann natürlich auch ein strategisches Manöver sein um die Verhandlungspartner im Vorfeld etwas weichzukochen und nicht zu viele Zugeständnisse machen zu müssen, aber darauf wetten würde ich nicht. Vor allem da Kims Regime auch noch die  Unterstützung Chinas — handfest demonstriert durch den „Flottenbesuch“ — im Rücke spürt.

UPDATE II: ARF: Gespräche zwischen Diplomaten Süd- und Nordkoreas — Sechs-Parteien-Gespräche sollen fortgesetzt werden


Update II (25.07.2011): Die Bewertung des ARF von Seiten Südkoreas und der USA fällt durchwachsen aus. Es gab Gespräche zwischen den Außenministern Süd- und Nordkoreas aber in den USA sieht man keine rapiden Fortschritte auf dem Weg zu neuen Sechs-Parteien-Gesprächen. Allem Anschein nach, waren die südkoreanischen Diplomaten nicht zufrieden, mit dem was Nordkoreas Außenminister Pak Ui-chun an Zugeständnissen zu machen hatte. Unter anderem dürfte dabei wieder eine Entschuldigung für die Versenkung der Cheonan und den Beschuss der Insel Yonpyong im Zentrum gestanden haben. Diese Bedingung scheint ein weiteres Mal nicht erfüllt worden zu sein. Insofern hat sich nicht wirklich etwas geändert, außer dass altbekannte Positionen auf höherer Ebene wiedergekäut wurden. Die Unbeweglichkeit beider Seiten scheint weiteren Fortschritten noch immer im Weg zu stehen.

Allerdings gibt es auch durch eine Einladung Hillary Clintons an Nordkoreas Vize-Außenminister Kim Kye-gwan etwas Anlass zur Hoffnung. Kim soll noch in diesem Monat nach New York fliegen und sich dort möglicherweise mit dem US-Sondergesandten für Nordkorea, Steven Bosworth treffen. Allerdings möchte Frau Clinton die Erwartungen an diese Reise nicht zu hoch hängen, wie sich aus weiteren Äußerungen schließen lässt:

We will not give them anything new for actions they have already agreed to take. And we have no appetite for pursuing protracted negotiations that will only lead us right back to where we have already been.

Unbestritten ist, dass sich die Situation im Gefolge des ARF eindeutig verbessert hat. Die Frage bleibt allerdings, wie nachhaltig diese Besserung sein kann. Aus keinem der Lager scheint echte Kompromissbereitschaft zu kommen, nimmt man mal die Tatsache aus, dass man nun bereit ist, direkt zu sprechen. Dieses Beharren der Seiten auf ihren bekannten Positionen kann kaum zu einer wirklichen Besserung der Lage führen. Für mich ist die Vorstellung nicht ganz abwegig, dass sich keine der Seiten mit dem Ausmaß der Spannungen, die in der letzten Zeit herrschten wohlfühlten, aber auch keine der Seiten eine wirkliche Besserung will. Daher könnte es zu einer Art stillschweigendem Übereinkommen gekommen sein, die explosive Stimmung etwas abzukühlen, ohne jedoch wirklich voranzuschreiten, um die Gefahr einer ungewollten Eskalation zu senken. Ich fürchte, wenn in den Medien über ein „momentum“ zum Neustart der Sechs-Parteien-Gespräche geschrieben wird, ist das noch etwas zu früh. Ich hoffe aber mal, dass ich mich täusche und das sich in New York oder durch andere Initiativen noch etwas mehr ergibt.

Update (23.07.2011): Gestern sind auch die Außenminister beider Koreas zusammengetroffen, wie Yonhap berichtet. Gebremst wird die „Euphorie“ nur von den USA, die vor der Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche weitere Signale Nordkoreas fordern.

Ursprünglicher Beitrag (22.07.2011): Auf jeden Fall bewegt sich etwas auf dem diesjährigen ARF. Früher am heutigen Tag trafen sich auf der Insel Bali Südkoreas Chefunterhändler bei den Sechs-Parteien-Gesprächen um die Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel und sein neu im Amt befindlicher (aber dazu gleich noch ein bisschen mehr) Kollege Ri Yong-ho. Die Gespräche, über die wenig nach außen drang, bei denen sich aber den wenigen Berichten zufolge beide Seiten Mühe gaben, nett zueinander zu sein (Ri und Wi kennen sich etwas), könnten als Vorbereitung für ein Treffen der Außenminister beider Länder dienen, wenn das Besprochene den Vorstellungen Südkoreas entsprach. Scheinbar ist es auch nicht so schlecht gelaufen, denn immerhin vereinbarte man, die Sechs-Parteien-Gespräche so bald wie möglich fortzusetzen. Und wer weiß, vielleicht könnte es dann doch noch zu einem Treffen zwischen Nordkoreas Pak Ui-chun und seiner US Kollegin Clinton kommen. Die Amerikaner scheinen der Annäherung bisher sehr misstrauisch gegenüberzustehen.

Begründetes Mistrauen?

Dieses Misstrauen ist wohl auch nicht ganz unberechtigt, denn irgendwie liegt die Idee ja schon nahe, dass Pjöngjang nur versucht sich gut Wetter zu machen, um den Entscheidungsprozess in den USA über Lebensmittelhilfen etwas zu beschleunigen (ich kann mir jedenfalls gut vorstellen, dass sich der Prozess beschleunigen würde, wenn es zu einer echten Annäherung im Rahmen des ARF käme). Aber immerhin bekunden erstmals seit Langem beide Koreas echten Willen miteinander zu sprechen. Zwar kann man hier wie dort über die Motive diskutieren, aber wenn am Ende eine Annäherung und damit eine Besserung der Situation dabei herauskommt, dann dürften die Gründe vorerst herzlich egal sein.

Nordkorea mit neuem Chefunterhändler

Nun noch kurz zu der neuen Personalie im diplomatischen Corps Nordkoreas. Dass Ri Yong-ho (ACHTUNG! Das ist nicht der, der Generalstabschef und Mitglied des Sekretariats des Politbüros ist, sondern ein weniger mächtiger Namensvetter. Nicht verwechseln!) der neue Verhandlungsführer bei den Sechs-Parteien-Gesprächen ist, ist keine große Überraschung. Ri nahm schon seit Langem an den Sechs-Parteien-Gesprächen teil. Im September letzten Jahres stieg er zusammen mit Kim Kye-gwan, der bis jetzt als Chefunterhändler bei den Gesprächen fungierte, auf und füllt dessen Position im Außenministerium aus. Da es seitdem keine offiziellen Treffen im Rahmen der Gespräche gab, kann es sein, dass Ri formal schon seit seinem Aufstieg diese Position innehatte, nur hat es keiner gemerkt (bzw. konnte es niemand verifizieren), weil er nie auf einer Namensliste als Delegationsleiter auftauchen konnte. Generell dürfte sich aber durch diesen Personalwechsel nicht wirklich etwas in der Art der Verhandlungsführung oder der Linie bei den Sechs-Parteien-Gesprächen ändern (wobei natürlich auch die Frage ist, inwiefern die Delegation überhaupt Spielraum bei der Verhandlungsführung hat).

Bisher erfolgreich

Generell hat das ARF dieses Jahr hinsichtlich der Koreanischen Halbinsel aber schon jetzt mehr eingebracht, als alle Initiativen und Bemühungen des letzten Jahren einschließlich dem letzten ARF.

Bilaterale Gespräche mit Nordkorea erwünscht. Schert Japan aus der Dreierachse aus?


Hallo erstmal und einen guten Start ins neue Jahr euch allen. Eigentlich wollte ich mich ja noch „offiziell“ in meinen Weihnachtsurlaub verabschieden, musste aber dann Prioritäten setzen und dachte, dass es wichtiger wäre Geschenke zu besorgen etc. Ich hoffe ihr seid gut über die Tage gekommen und friedlich gerutscht und wünsche euch, dass ihr ein gutes Jahr 2011 haben werdet.

Während ich mich mit allerlei Leckereien vollgestopft habe, mit leuchtenden Augen unter dem Weihnachtsbaum saß und den PC kaum mal zum E-mails checken hochgefahren habe, hat sich die Welt erstaunlicherweise weitergedreht. Allerdings kann ich guten Gewissens sagen schreiben, dass mir bezüglich Nordkorea nichts wirklich Wichtiges durch die Lappen gegangen ist. Alle Seiten haben irgendwas gesagt, kaum was getan und irgendwie hat sich in den gut zwei Wochen kaum was geändert.

Bleibt alles beim Alten…

Schaut man von heute aus etwa ein Jahr zurück, kann man annähernd das Selbe sagen. Die Ausgangskonstellation heute ist der am Anfang 2010 doch sehr ähnlich. Irgendwie wollen alle Reden, aber über die Grundvoraussetzungen herrscht weiter tiefe Uneinigkeit. Es gibt eine Vielzahl diplomatischer Gespräche und auch Stephen Bosworth tourt wieder durch die Region. Allerdings ist im vergangenen Jahr trotzdem vieles passiert. Die Cheonan wurde versenkt und Yonpyong bombardiert. Nordkorea hat seine Fähigkeit zur Urananreicherung bewiesen und China sein Festhalten am Verbündeten. Das Phantom Kim Jong Un hat ein Gesicht bekommen und übt sich nun im Diktator werden. In Nordkorea gab es Überschwemmungen und die Nahrungsmittelknappheit hat sich verschärft. Aber es sieht so aus, als hätten all diese Entwicklungen nicht dazu geführt, dass sich grundlegendes ändert. Das Regime sitzt weiter fest im Sattel und auch wenn die Regierungschefs der USA, Südkoreas und Japans gemeinsam all ihre Wunschpower zum Einsatz bringen (damit wären die Aktivitäten der drei Staaten (oder vielmehr ihrer Außenpolitiker) im vergangenen Jahr bezüglich Nordkorea auch schon hinreichend beschrieben), wird sich daran wohl so schnell nichts ändern.

…oder doch nicht?

Aber wer weiß, vielleicht haben die Regierungen in Seoul, Washington und Tokio das ja so langsam auch mal begriffen und haben zum neuen Jahr den Vorsatz gefasst, sich mal etwas zu überlegen, das über das wiederholen der immergleichen diplomatischen Phrasen hinausgeht. Bei Südkoreas Lee Myung-bak bin ich mir da nicht so sicher. Das was in den Medien als versöhnlicher Tonfall und offene Tür zu den Sechs-Parteien-Gesprächen beschrieben wird, ist doch eigentlich nur die gleiche Litanei, die schon seit Monaten immer mal wieder in Seoul und Washington gebetet wird (Ernsthaftigkeit beweisen …blablabla…konkrete Ergebnisse..blablabla…nicht Reden um des Reden willens…blablabla…). Ein bisschen optimistischer macht da schon Stephen Bosworths Neujahrstour durch Ostasien. Zwar gab er sich recht Wortkarg, was seine Gespräche mit Wi Sung-lac, Südkoreas Chefunterhändler bei den Sechs-Parteien-Gespräche, angeht (scheinbar war sein einziges Statement die Antwort „Never.“ Auf die Frage, ob die USA Südkorea zur Wiederaufnahme der Gespräche gedrängt hätten. Bedenklicherweise glaube ich ihm jedes das Wort). Zuvor hatte er allerdings geäußert, dass den USA an der Wiederaufnahme der Gespräche gelegen wäre. Das wichtigste Zeichen dürfte aber sein, dass er die Region überhaupt bereist, denn dies ist ein deutliches Zeichen, dass die USA mehr entsenden können als nur Flugzeugträger und vielleicht auch einen anderen Weg als permanentes Manövern und Drohen wählen wollen. Am interessantesten ist jedoch, was aus Japan zu hören war. Seiji Maehara, Japans Außenminister, äußerte sich nämlich eindeutig (und für mich überraschend) dahingehend, dass Japan in diesem Jahr anstrebe bilaterale Gespräche mit Pjöngjang über die Entführtenfrage und die Denuklearisierung des Landes in Gang zu bringen. Ich wundere mich, dass das bisher wenig kommentiert wurde, denn für mich klingt das ganz so, als schere Japan frustriert aus der Einheitsachse Seoul – Washington – Tokio aus. Zwar unterstützt man weiterhin auch die Sechs-Parteien-Gespräche, aber scheinbar hat man den Glauben daran verloren, dass diese zur Lösung der Entführtenfrage führen werden (hier wundert mich nur, dass man nicht früher dahinter gekommen ist).

Japan schert aus

Sollte sich Japan nun wirklich um direkte Gespräche mit Pjöngjang bemühen, so könnte dies die gesamte Konstellation um Nordkorea verändern. Die Achse hielte nicht mehr und es bliebe zu beobachten, ob die USA und Südkorea weiter in ihrer starre verharren. Pjöngjang bekäme neuen Spielraum um zwischen verschiedenen Polen zu agieren und würde sicherlich versuchen, auch die USA und Südkorea auseinanderzudividieren. Andererseits wäre ein „werben“ Tokios für Pjöngjang aber auch (ein weiteres Mal) das fatale Signal, dass sich Aggression eben doch auszahlt. Für lange Zeit hat das Regime den japanischen Regierungen die Kalte Schulter gezeigt, was die Entführtenfrage angeht. Ob das unter den Gegenwärtigen Umständen aber auch so bleiben würde, das ist fraglich, denn eine Annäherung mit Japan würde den eigenen Handlungsspielraum, gegenüber allen Seiten, also auch China, erweitern. Aber das ist natürlich noch Zukunftsmusik und es bleibt erstmal zu beobachten, welche konkreten Formen der Wille Tokios zu bilateralen Verhandlungen annimmt. Der Vorstoß zeigt aber schon jetzt, dass zumindest Japan mit dem Vorgehen der letzten Zeit alles andere als zufrieden ist. Das ist – wie gesagt – mehr als Verständlich. Japan hat eigentlich garnichts von der harten Politik. Bisher hat sich die Sicherheitslage in der Region nur immer weiter verschärft, ohne dass etwas positives dabei herausgekommen wäre. Aber selbst wenn es gelänge, Pjöngjang an den Sechs-Parteien-Tisch zurückzuzwingen, hätten die Japaner vermutlich am wenigsten davon. Denn ihr Hauptinteresse, die Entführtenfrage, wurde dort bisher kaum adressiert und auch von den Verbündeten als eher störend empfunden. Daher wäre es nicht überraschend, wenn Tokio einen Alleingang versuchte. Es wäre aber auch möglich, dass die Dreierachse weiter hält und man Japan nur als weniger „verbrauchten“ Gesprächspartner (oder sogar nur als Versuchsballon, um Pjöngjangs Reaktion zu testen) vorschickt, um irgendeine Art von Dialog und Vertrauensbildung in Gang zu bringen, ohne dass die Regierungen in Washington und Seoul ihr diplomatisches Gesicht verlieren müssten, indem sie vor den Drohungen Pjöngjangs klein beigäben.

Für mich klingt beides plausibel und ich bin sehr gespannt, ob sich aus dem Vorstoß Japans noch mehr ergibt. Immerhin ist dieser die erst überraschende Initiative eines der drei Staaten seit einem Jahr.

Von ersten Schritten, rhetorischer Abrüstung und langen Wegen: Die Atmosphäre auf der Koreanischen Halbinsel verbessert sich


Während das gespannte Warten auf die angekündigte Konferenz der PdAK weitergeht, beginnen die Fronten auf der internationalen Ebene scheinbar weicher zu werden. Allenthalben wird verbal abgerüstet und statt von Manövern, Flammenmeeren und heiligen Kriegen spricht man von Nothilfen, Familienzusammenführungen und sogar die Sechs-Parteien-Gespräche werden wieder erwähnt. Kann man darin den Anfang einer neuen Phase der Annäherungen sehen, oder fällt den Akteuren einfach nichts mehr ein, mit dem man die Spannungen verbal noch weiter erhöhen könnte und versucht man es deshalb nun mal andersrum? Dazu später mehr. Erstmal sollte man sich anschauen, was in der vergangenen Woche so alles passiert ist, das die Wahrnehmung verbesserter Beziehungen rechtfertigt.

Nothilfen für Nordkorea: Trägt Südkorea seinen Reisberg ab?

Nachdem Sinuiju von einer schweren Flutwelle des Yalu getroffen wurde und die Bevölkerung vor Ort scheinbar noch immer mit schwierigen Bedingungen zu kämpfen hat, hat sich Nordkorea entschlossen um südkoreanische Hilfen zu bitten. Diesem Ersuchen scheint Seoul nach der Freilassung der Besatzung eines südkoreanischen Fischerbootes nachkommen zu wollen. Berichten zufolge soll eine Liste mit Vorschlägen für Hilfsgüter wie Reis und Zement (die Lieferung von schwerem Gerät wurde ausgeschlossen, da befürchtet wird, Nordkorea könnte dieses zu militärischen Zwecken missbrauche) an Nordkorea übermittelt werden und die Lieferungen sollen aufgenommen werden, wenn Nordkorea sich mit der Liste einverstanden erklärt.

Gerade um die Lieferung von Reis nach Nordkorea hatte es in den vergangenen Wochen Kontroversen gegeben. Bis zum Amtsantritt Lee Myung-baks hatte Südkorea jährlich etwa 400.000 Tonnen Reis an den Norden geliefert, unter der neuen Regierung waren diese Hilfen aber dann vollständig eingestellt worden. Allerdings waren die Hilfen offensichtlich nicht so selbstlos wie dies auf den ersten Blick schien. Denn damit konnte der Staat künstlich das Angebot an Reis verknappen und so die Preise stabil halten. Seit Lees Amtsantritt füllen sich nun die Lager und das Land hat mit einem veritablen „Reisberg“ zu kämpfen (Bis vor einem guten Jahrzehnt führten in der EU Agrarsubventionen ja auch zu unterschiedlichen Bergen und Seen, die allerdings nicht durch mildtätige Spenden sondern durch eine veränderte Agrarpolitik abgebaut wurden). Daher kämpfen die Reisbauern Südkoreas schon seit 2009 für eine Wiederaufnahme der Reislieferungen nach Nordkorea. Da nun das jährliche Reisaufkaufprogramm des Staates ansteht, die Lager aber alles andere als leer sind, steckt die Regierung in einer Zwickmühle. Dies führte nun zu neuerlichen Demonstrationen der Reisbauern, die (ganz selbstlos) Hilfen für Nordkorea forderten (erstaunlich bis bedenklich finde ich, dass beispielsweise Yonhap nicht über diese Proteste berichtet, sondern dass man nur in ausländischen Medien etwas darüber lesen kann (Warum? Keine Ahnung, waren zwar keine riesigen Proteste (3.000 Bauern), aber eine Notiz sollte das wohl wert sein)).

Familienzusammenführungen: Ein „weiches“ Zeichen der Annäherung

Ein anderes Zeichen der Annäherung war der Vorschlag Nordkoreas, die seit einem Jahr ausgesetzten Familienzusammenführung getrennter Familien in Süd- und Nordkorea wieder aufzunehmen. Auch dieser Vorschlag wird in Südkorea scheinbar mit Wohlwollen behandelt. Bei seiner Umsetzung wäre der recht kurzfristige Vorschlag, der vorgestern gemacht wurde und für den 22. September gilt, ein eindeutiges Zeichen der Entspannung, auch wenn er darüber hinaus wohl kaum als wegweisend gelten kann, da es einerseits nicht um die generelle Wiederaufnahme der Zusammenführungen geht und selbst eine grundsätzliche Wiederaufnahme der Zusammenführungen bei Bedarf schnell wieder rückgängig gemacht werden kann.

Lee lockt mit wirtschaftlichen Kooperationsangeboten

Aber auch aus Südkorea kamen Vorschläge, die eher in Richtung einer Annäherung deuten. Präsident Lee Myung-bak machte während einem Besuch in Russland die interessante Anmerkung, es sei vorstellbar ein zweites Kooperationsprojekt nach dem Vorbild des Industrieparks in Kaesong aufzubauen. Allerdings müsse Nordkorea dazu erst eine Atmosphäre schaffen, die ein solches Projekt ermögliche, unter anderem müssten sich die Investoren aus Südkorea ihres Besitzes sicher sein können. Grundsätzlich ist dies ein spannender und unerwarteter Vorschlag Lees, der wohl auch in Pjöngjang, das momentan ja großen Wert auf wirtschaftliche Entwicklung legt, auf Interesse stoßen dürfte. Allerdings ist fraglich, wieviel Substanz darin steckt, denn einerseits könnten die genannten (recht schwammig formulierten) Vorbedingungen Lees Forderungen enthalten, die das Regime in Pjöngjang nicht zu erfüllen bereit sein wird, andererseits stellt sich die Frage, ob sich zwischen den Regierungen zurzeit überhaupt genug Vertrauen entwickeln kann, um so ein Projekt ernsthaft anzugehen. Da muss man beobachten, ob von dieser Idee auch künftig noch die Rede sein wird.

Verlassen die USA die „Strategic-patience-Schmollecke“?

Auch die USA scheinen gewillt zu sein, der Diplomatie wieder mehr Chancen zu geben. Stephen Bosworth, der US-Sondergesandte für Nordkorea (von dem man, wäre er Nordkoreaner vermutlich gedacht hätte er säße in einem Arbeitslager, so wenig hatte man in den letzten Monaten von ihm gehört), ist heute in Seoul zu Konsultationen über die Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche angekommen. Unter anderem soll er sich mit Südkoreas Chefunterhändler bei den Gesprächen, Wi Sung-lac, treffen. Gleichzeitig war vom US-Vizeaußenminister Jim Steinberg zu hören, dass die USA eine Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche unter bestimmten Vorbedingungen begrüßen würden. Von Nordkorea forderte er:

We need to have concrete indications that North Korea is prepared, and wants, to return to the talks to seriously implement its commitments in the September 2005 joint statement.

Das kann zwar vieles heißen, allerdings klingt die Forderung nach konkreten Hinweisen, dass Nordkorea bereit ist zu den Gesprächen zurückzukehren um seine Zugeständnisse, die im Rahmen des Joint Statement von 2005 gemacht wurden, zu erfüllen, nicht besonders stark. Natürlich kann man die Aussage so oder so interpretieren, aber wenn man Steinberg beim Wort nähme, müsste Nordkorea nur ernsthaften Willen beweisen, aber noch keine weitreichenden konkreten Schritte machen. Für mich könnten diese Aussage und die Reise Bosworth (endlich!) eine Veränderte Haltung der USA signalisieren.

Annäherung? Bisher nur Gerede, aber der Test kommt bald!

Nimmt man das alles zusammen, gab es in dieser Woche wohl mehr positive Signale zwischen den verfeindeten Parteien, als in den letzten Fünf Monaten zusammen. Ob sich daraus allerdings eine nachhaltige Annäherung ergeben wird ist bisher nicht sicher. Rechnet man aus dem oben Beschriebenen die Rhetorik heraus und sieht sich die harten Fakten an, so ergibt das bisher ziemlich genau Null. Das soll aber nicht heißen, dass sich das nicht in Kürze ändern kann, denn zumindest die Nothilfen und die Familienzusammenführungen werden schon bald abgewickelt werden – oder eben nicht. Daraus könnte man dann auch etwas genauer ablesen, ob es sich hier tatsächlich um einen Trend handelt. Gleichzeitig könnten einige Punkte, wie die für nächste Woche angekündigte Veröffentlichung des südkoreanischen Untersuchungsberichts zum Untergang der Cheonan, aber vielleicht auch die südkoreanische Reaktion auf die erwartete Parteikonferenz in Nordkorea, diese zarte Annäherung schnell wieder abwürgen.

Nichtsdestotrotz ist das Umschalten der Rhetorik von Konfrontation auf Kooperation ein erster Schritt hin zu einer verbesserten Situation auf der koreanischen Halbinsel. Und um nochmal eine gute alte Phrase in den Raum zu stellen, die glaub ich auch aus der Nachbarschaft Koreas kommt: Auch der längste Weg beginnt mit einem ersten Schritt…

Stephen Bos-wer? Der Sondergesandte als Symbol für das Scheitern der Nordkoreapolitik der USA (Meine Meinung!)


The U.S. continues to wish that North Korea would disappear. That really is our policy. So we had four years of no policy for North Korea other than waiting for them to collapse, and we’ve now had six years of that same policy, waiting for them to collapse. And you can say a lot of things about North Korea, most of them bad, but one reality is they will not go gently into that dark night.

Dieses schöne Zitat stammt von Stephen Bosworth, um genauer zu sein aus einer Rede, die die er im Jahr 2006 vor dem U.S.-Korea Institute hielt. Würde man die „six“ durch eine „ten“ ersetzen, hätte man eine recht zutreffende Charaktersierung der Politik, die die USA in der letzten Jahren gegenüber Nordkorea betrieben haben. Nur hat sich seit 2006 einiges geändert, auch in der Biographie Bosworths. Er hat seine akademische Karriere wieder gegen den diplomatischen Dienst getauscht und hatte die Möglichkeit etwas an der von ihm kritisierten Politik zu ändern.

Nur…hat er diese Chance genutzt? Dazu eine kleine Geschichte: Kürzlich habe ich mir die Kategorien meines Blogs nochmal angeguckt und mir ist besonders diese Eine negativ aufgefallen, in der ich seit Monaten keinen Eintrag mehr hinzufügen konnte. Ihr wisst schon welche ich meine „Sondergesandter Bosworth“! Natürlich liegt jetzt der Schluss nahe, dass ich diesen Beitrag nur schreibe, um die Existenz dieser Kategorie vor mir selbst rechtfertigen zu können und vielleicht liegt man mit diesem Schluss noch nicht einmal so falsch. Aber als ich mich so über diesen Umstand am Ärgern war, dachte ich: „Was soll er denn machen der arme Bosworth? Wie soll er denn unter den herrschenden Umständen die Erwartungen erfüllen, die ich in ihn gesetzt habe, als ich ihm eine eigene Kategorie gab? War es nicht mein Fehler, dass ich seinem Vorgesetzten das Gerede von einer neuen Politik gegenüber den „rogue states“ glaubte?“ Eigentlich ist Bosworth ja nur ein Rädchen im Getriebe und hat sich vor allen Dingen mal an die Vorgaben zu halten, die er von seinen Vorgesetzten bekommt. Von daher wäre es vielleicht sinnvoller gewesen, betreffende Kategorie „Die neue Nordkorea-Politik Obamas“ oder so ähnlich, zu nennen. Aber hätte das etwas an meiner Misere geändert, dass ich kaum etwas unter diese Kategorie hätte fassen können? Wohl kaum! Und da, genau da liegt der Hase im Pfeffer. Nicht Bosworth hat versagt sondern Obama, jedenfalls wenn man (heißt hier ich)  ihn an dem misst, das man (vielleicht (um das zu seiner Ehrrettung hinzuzufügen) unrealistischerweise) von ihm und seiner Außenpolitik erwartet hat.

Aber nun mal ganz im Ernst. Natürlich haben es die Nordkoreaner Obama nicht leicht gemacht, als sie kurz nach seinem Amtsantritt eine Atombombe testeten. Aber wer hätte erwartet, dass dies bei Obama scheinbar zu einer Art Schock führte, von der sich seine Politik gegenüber Nordkorea bisher nicht mehr erholen konnte. Natürlich ließ er Bill Clinton nach Pjöngjang fliegen um die Damen Ling und Lee Medienwirksam vor dem nordkoreanischen Gulag zu retten, aber das war wohl nicht mehr als Symbolik, diejenige Spielart der Politik, auf die sich der junge Präsident so hervorragend versteht. Und natürlich flog auch Stephen Bosworth nach Pjöngjang. Jedoch hatte er scheinbar nicht mehr im Gepäck, als ultimative Forderungen der USA, wie sich Pjöngjang zu verhalten habe, damit es eine Chance auf Verhandlungen mit den USA bekäme (also nicht wesentlich mehr als nichts). Und dann? Dann ist die Politik der USA gegenüber Nordkorea einfach stehen geblieben. Nichts hat sich mehr seit jenem Besuch Bosworth bewegt. Nach Bosworth Reise diskutierte man noch ein Zeitchen ob es weitere Gespräche mit Nordkorea geben sollte, man hörte sich an was die Vorschläge/Forderungen Nordkoreas waren und dann tat man…nichts. Die Politik die von den USA in den vergangenen Monaten kam, war keine Nordkoreapolitik, sondern eine Politik gegenüber den Bündnispartnern. Mangels eigener Idee schloss man sich Südkorea und Japan an, nannte das ganze „strategic patience“ und musste sich ab da keine Gedanken mehr um Nordkorea machen. Das machten ja die Anderen.

Und dementsprechend ward Bosworth seit Februar diesen Jahres eigentlich nicht mehr gesehen. Im Februar tourte er nochmal durch die Partnerländer bei den Sechs-Parteien-Gesprächen und im Mai hatte er die Ehre von Außenministerin Clinton besucht zu werden, nachdem die Versenkung der Cheonan offiziell Nordkorea zugeschrieben wurde. Und was hat die ganze Übung („strategic patience“ ein unglaublich doofer Euphemismus!) gebracht? Genau, Nichts! Aber das ist eine Wahrheit, die mir nicht unbedingt neu ist. Die Dinge werden selten besser, wenn man nichts tut. Und zu warten dass Kim stirbt und sich das Regime wahlweisen: – selbst zerfleischt oder – super friedlich und offen wird, ist zwar eine Art Plan, aber es ist kein viel Besserer als seine Karriereplanung auf Lottoscheine aufzubauen. Wahrscheinlich wird die Welt nicht untergehen, wenn Obama seine „strategic patience“ in den nächsten zweieinhalb Jahren weiter durchzieht, aber er wird seinem Nachfolger (oder sich selbst) definitiv einen schwierigeren Fall überlassen, als er selbst bei seinem Antritt vor der Brust hatte. Er hat doch mit Bosworth einen erfahrenen Diplomaten zur Verfügung, der sich nun schon seit über einem Jahr mit Nordkorea beschäftigt. Warum gibt er ihm nicht etwas Freiraum? Warum versucht Obama nicht endlich einen Prozess in Gang zu setzen, der langfristig die Situation auf der Koreanischen Halbinsel bessern wird.

Nordkorea will seine Wirtschaft aufbauen und will dazu eine geeignete Atmosphäre schaffen, noch wäre Zeit für eine Initiative der USA. Sich nach seinen Bündnispartnern zu richten ist dagegen nicht eben hilfreich. Die wissen auch nicht was sie tun sollen. Die einen wechseln im Jahrestakt ihre Regierungschefs und die anderen stehen gerade fassungslos vor dem Ergebnis ihrer harten Politik gegenüber Nordkorea. Alle wissen: es bringt nichts. Für die Südkoreaner hieße eine Änderung ihrer Politik über den eigenen Schatten springen, was für Ostasiaten oftmals eine schwierige Übung ist. Aber für Obama? Nicht mehr als eigene Versprechen einzulösen. Und das sollte selbstverständlich sein! Also los jetzt! Dann kann ich auch mal was über in der Kategorie „sondergesandter Bosworth“ einordnen.

Bosworths Pjöngjang-Reise, oder: Wie die Medien einen langweiligen Besuch aufwerten


Hab mir eben mal kurz angeschaut wie die Medien den Besuch von Stephen Bosworth so bewerten und fand das Ergebnis so interessant, dass ich spontan entschieden hab, dass ich dazu was kurzes schreiben muss. Warum das einen Beitrag wert ist? Weil die armen Medienvertreter so gar nicht wissen, wie sie den Ertrag von Bosworths Reise zu bewerten haben. Die Schlagzeilen zu dem Thema reichen von: „Ein Amerikaner bewegt Nordkorea zu Atomgesprächen„, oder „Nordkorea will zurück an den Verhandlungstisch„, „Pjöngjang will Atomgespräche wieder aufnehmen„, über „Nordkorea zu Verhandlungen bereit„, „Nordkorea grundsätzlich für Wiederaufnahme der Atomgespräche„, bis zu „Zeitpunkt für Atomgespräche mit Nordkorea ungewiss„, „US-Gesandter ohne Zusagen aus Nordkorea abgereist„, oder „Nordkorea verweigert Zugeständnisse„.

Ein Strauß voll Buntes sozusagen. Für jeden was dabei. Wenn man grundsätzlich positiv drauf ist und immer ans Gute im Menschen glaubt, dann kann man sich ja für eine der ersten Schlagzeilen entscheiden. Rechnet man permanent mit dem Ende der Welt und ist die einzige Frage, wie das kommen wird, dann ist man wohl eher am Ende der Liste gut aufgehoben. Herrlich! Ist ja auch langweilig wenn immer das Gleiche in allen Zeitungen steht. Ich meine, klar, in den Kommentaren und auf den Meinungsseiten gibt’s öftermal deutliche Unterschiede. Aber wenn man einfach nur aufgrund von Fakten über ein Ereignis berichtet, find ichs schon erstaunlich, dass es sich in der einen Schlagzeile so anhört, als würde Nordkorea morgen sein komplettes Nuklearprogramm einschrotten und übermorgen der Weltfrieden ausbrechen, während die andere so klingt, als sei man in Pjöngjang weiterhin voll auf stress gebürstet und würde weiterhin einen Konfrontationskurs fahren. Aber ist ja auch nicht einfach für die, die die Artikel verfassen müssen.Und wie kommt das Ganze im Endeffekt zu Stande? Ich habe ja gestern bereits gesagt, dass es nicht viel ist, was Bosworth aus Pjöngjang mitgebracht hat. Da man aber nicht aus Nordkorea heimkehren und dann überhaupt nichts sagen kann, hat er n paar Allgemeinplätze und diplomatische Plattitüden zum Besten gegeben. Das Problem der Medien ist  nun, dass das Thema Nordkorea zwar einen gewissen Nachrichtenwert hat, man also berichten muss. Dass man aber schlecht berichten kann, dass es nichts zu berichten gibt. Was also tun? Genau! Man interpretiert die Aussagen die man hat möglichst so, dass es nach ner interessanten Nachricht klingt und Leser findet. Am besten sind dazu natürlich eindeutig negative oder eindeutig positive Nachrichten. Der Leser interessiert sich schließlich nicht für „mittelmäßige“ Schlagzeilen. Dementsprechend sind es mit dem dradio und der Deutschen Welle auch zwei öffentlich rechtliche Medien, die sich mit mittelmäßigen Schlagzeilen begnügen, die sind schließlich nicht so sehr wie die privaten auf Leser angewiesen (Meiner Meinung ein (kleiner) Beleg für den Wert öffentlich rechtlicher Medien!). Unsere Leitmedien (Natürlich vor allen Dingen der Spiegel, aber ich nehm auch mal den Focus dazu) sehen die Sache eher positiv, ohne jedoch (sicherlich, um nicht am Ende falsch zu liegen) überschwänglich zu werden. Ein Großteil der (Gesamt-)Nachrichten ist weiterhin eher dem positiven Lager zuzuordnen (Ich stütze mich dabei auf die nichtwissenschaftliche Methode einer Google-Analyse). Vermutlich weil es für ne richtige Weltuntergangsnachricht nicht reicht und man von Seiten Nordkoreas sonst besser verwertbare Weltunteragangsnachrichtenvorlagen (herrliches Wort) kennt (Nicht einmal ne klitzekleine Drohung gab es!).Ich frag mich ob irgendwer die Verzweiflung der Berichterstatter hinsichtlich der „richtigen“ Interpretation der Ergebnisse von Bosworths Reise genauso witzig/kurios findet wie ich, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass es nicht so ist. Seis drum..

Bosworths Pjöngjang Besuch: Erste Nachlese


Er ist scheinbar mit recht leeren Händen hingefahren und kam heute dann wohl genauso wieder zurück. Stephen Bosworth hatte sich aufgemacht, die störrische nordkoreanische Seite an den Verhandlungstisch der Sechs-Parteien-Gespräche zurückzuführen. Im Gepäck hatte er scheinbar nicht viel mehr, als die Forderung Präsident Obamas nach der Fortsetzung der Gespräche und einer vagen Perspektive einer „anderen Zukunft“ Nordkoreas, sollte das Nuklearprogramm unwiederbringlich beendet werden.

 Nicht besonders viel, jedenfalls nicht genug, um einen konkreten Termin für die Wideraufnahme der Gespräche von der nordkoreanischen Seite zu bekommen. Auch ansonsten scheinen die Gespräche keine handfesten Ergebnisse gebracht zu haben. Der Geliebte Führer Himself besichtigte lieber einen Viehzuchtbetrieb und eine Traktorenfabrik und aus den beiden Gesprächspartner mit denen Bosworth seine „nützlichen“ Konsultationen hatte, Vizeaußenminister Kang Sok-ju und der nordkoreanische Chefunterhändler bei den Sechs-Parteien-Gesprächen Kim Kye-gwan, war scheinbar auch nicht viel mehr herauszubekommen als die Tatsache, dass es „common understandings on the need for and a role of six-party talks and the importance of implementation of the 2005 joint statement” gäbe. Ansonsten nannte Bosworth den Trip „exploratory“. Bezüglich eines Termins gab es nur zu hören: „It remains to be seen when and how the DPRK (North Korea) will return to the six-party talks“.

Ok, eine explorative Reise die zeigte, dass es immerhin ein Einverständnis darüber gibt, dass die Sechs-Parteien-Gespräche eine Rolle spielen sollen und dass das Joint Statement von 2005 umgesetzt werden soll. Ansonsten nur die Erkenntnis dass sich später zeigen wird, wann und wie Nordkorea zu den Gesprächen zurückkehrt. Für mich klingt das nach einem relativ schwachen Ergebnis (noch nicht einmal ein Foto mit Kim Jong Il vor seiner tollen naturalistischen Wand. Aber dazu brauch es wohl wichtigere Gäste…) in Anbetracht der Tatsache, dass sich die USA überwunden und ihren Sondergesandten geschickt haben (Da hab ich mich wohl auch verschätzt, als ich davon ausging, dass die Reise Bosworths ausreichen würde, Nordkorea an den Verhandlungstisch zurückzuholen). Aber vermutlich wurde in den drei Tagen schon etwas mehr gesprochen, als das, was in den mageren Kommentaren bis jetzt verlautete. Wahrscheinlich hat Bosworth nämlich doch noch was mehr im Gepäck. Konkrete Forderungen zum Beispiel. Bis wir das allerdings erfahren wird wohl noch n bisschen dauern, denn Bosworth muss sich ja erstmal mit seinen Kollegen aus Südkorea, China, Japan und Russland austauschen. Vielleicht einigt man sich da ja dann auf ein weiteres Vorgehen und dann gibts später mehr zu hören.

Immerhin, man spricht wieder: US Sondergesandter Bosworth reist nach Nordkorea


In der Vergangenheit habe ich mich ja schon wiederholt mit den delikaten Beziehungen zwischen den USA und Nordkorea beschäftigt, die für beide Seiten voller Fallstricke waren und sind. Nun machen die USA einen neuen Anlauf Kim Jong Il und sein Regime zu besänftigen und vor allen Dingen zur Rückkehr an den multilateralen Verhandlungstisch zu  bringen. Zu diesem Zweck ist Stephen W. Bosworth, der Sondergesandte der US-Regierung für Nordkorea am vergangenen Samstag in die Region gereist und wird heute nach einem Austausch mit südkoreanischen Politikern nach Pjöngjang weiterreisen. Dort ist ein Aufenthalt bis zum kommenden Donnerstag geplant.

Die Positionen der USA und Nordkoreas

Seitens der USA wird dabei immer wieder darauf verwiesen, dass die bilateralen Gespräche (die ersten unter Barack Obama und insgesamt eine recht seltene Angelegenheit) einzig dem Zweck dienen sollen, Nordkorea zur Rückkehr zu den nunmehr seit über einem Jahr ruhenden Sechs-Parteien-Gesprächen zu bewegen. In Pjöngjang wünscht man sich dagegen naturgemäß eine etwas andere Agenda. Am liebsten wäre es dem Regime wohl, wenn es zu einem Friedensvertrag zwischen Nordkorea und den USA käme, was unter den gegebenen Umständen allerdings wohl jenseits jeglicher realistischer Einschätzungen liegt (aber das weiß man wohl auch in Pjöngjang. Aber da man dort eine gewisse Meisterschaft im feilschen besitzt, weiß man auch, dass man in Verhandlungen nicht mit niedrigen Anfangsgeboten geht!). Allerdings dürfte zwischen beiden Seiten zumindest eine grundlegende Einigkeit über die Agenda der Gespräche bestehen, da es im Vorfeld der Gespräche bereits vorbereitende Konsultationen über die nordkoreanische Botschaft bei den Vereinten Nationen in New York gegeben haben soll.

Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte

Was jedoch konkret bei den Gesprächen herauskommen wird, dass ist schwer abzuschätzen. Wahrscheinlich wird das Ergebnis wie so oft irgendwo in der Mitte liegen zwischen der minimalistischen Forderung der USA, Nordkorea möge ohne Vorbedingungen zu den Sechs-Parteien-Gesprächen zurückehren und der Maximalforderung Nordkoreas nach Gesprächen über einen Friedensvertrag. Dabei dürfen wir uns allerdings leider nicht erhoffen, dass aller Ergebnisse der Gespräche in naher Zukunft publik werden. Während das Resultat der Minimalforderung, nämlich ob Nordkorea zu den Sechs-Parteien-Gesprächen zurückkehrt oder nicht, klar messbar ist (Ich wäre überrascht, wenn es nicht zu einer Rückkehr Nordkoreas käme), unterliegt alles Andere (also mögliche Zugeständnisse der USA) einer für Beobachter oft unbefriedigenden Geheimniskrämerei. Aber entscheidend ist natürlich, mit welchem Verhandlungsmandat Bosworth ausgestattet ist und was das Minimalziel des Regimes in Pjöngjang ist. Beides werden wir wohl kaum in Erfahrung bringen, sondern höchstens aus den Ergebnissen der Gespräche ablesen können.

Zum Erfolg verdammt?

Allerdings gibt es einige Anhaltspunkte, die über die altbekannten Ziele beider Seiten hinaus auf die Positionen der Akteure schließen lassen. Auf Seiten Nordkoreas währe da die jüngste Währungsreform zu nennen. Diese hat im Volk, oder zumindest in einigen Teilen Unzufriedenheit ausgelöst. Daher dürfte Kim Jong Il unter Druck stehen, durch die Gespräche greifbare Ergebnisse zu erzielen um die Legitimation des Regimes zu stärken. Sicherlich ist allein das Zustandekommen bilateraler Gespräche mit einem Vertreter der USA bereits ein propagandistisch gut nutzbarer Erfolg, allerdings dürfte es dem geliebten Führer nach der Währungsreform und den immer wieder aufkeimenden Gerüchten über sein Ableben und seine Nachfolge wichtig sein, sowohl nach außen wie nach innen zu demonstrieren, dass er die Fäden weiterhin fest in der Hand hält und erfolgreich auf internationalem Parkett agieren kann. Jedoch dürfte die nordkoreanische Seite mit diesem Erfolgsdruck nicht allein dastehen. Nachdem Barack Obamas außenpolitisches Engagement in aller Welt, vor allem aber in den USA, zunehmend kritisch betrachtet wird (hier ist zum Beispiel die Asienreise Obamas zu nennen, die von Beobachtern meist irgendwo zwischen ertraglos und totalem Desaster bewertet wurde, zu nennen), wäre der Konflikt mit Nordkorea eine ideale Möglichkeit zu belegen, dass sein neuer außenpolitischer Stil doch erfolgsträchtig sein kann und auch konkrete Ergebnisse liefert. Würden die Verhandlungen in Pjöngjang eine Perspektive für den Abrüstungs- und Friedensprozess auf der koreanischen Halbinsel aufzeigen, könnte Obama erstmals seit langem (eigentlich seit er den Friedensnobelpreis bekam), Erfolge auf internationaler Ebene verbuchen. Aus diesen Gründen gehe ich davon aus, dass beide Seiten gewillt sind, die Gespräche zu einem erfolgreichen Ergebnis zu führen und wir uns Anfang des kommenden Jahres über eine Wideraufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche freuen können, die den Stillstand (bzw. die Verschlechterung) der Situation im vergangenen Jahr aufbrechen können. Ob diese Gespräche dann jedoch wirklich nachhaltige Ergebnisse liefern werden, dass steht auf einem völlig anderem Blatt.

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