Dr. StangeKim. Oder wie Kim lernte den Markt zu lieben.


Dass ein Doktortitel eine reizvolle Angelegenheit ist und gerade Politiker so einiges tun, um den zu ergattern, das dürfte gerade uns Deutschen uns in den letzten Jahren eindeutig bewusst geworden sein. Allerdings gibt es neben den Selbsterworbenen (zwinker zwinker!) Doktortiteln, die man durch die eigenständige (zwinker zwinker zwinker!) Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit erwirbt, auch noch einen zweiten Weg, an den begehrten Namenszusatz ranzukommen. Gerade bei Politikern ist das Sammeln von Dr. h.c. (praktischerweise kann man mehrere Dr. h.c. zu einem Dr. h.c. mult. Zusammenfassen) Ehren durchaus beliebt. Da ist es doch nur gerecht, wenn auch Staatsleute kleiner aber ambitionierter Länder sich nach solchen Ehrendoktor strecken.

Kim Jong Uns erster Dr.

Dementsprechend kann ich garnicht so richtig die Verwunderung nachvollziehen, in der manche Medien sich ergehen, nur weil Kim Jong Un jetzt auch zum erlauchten Kreis der Ehrendoktortitelträger gehört. Dazu kam er wohl durch eine malaysische Privatuniversität, die ihn für seine „unermüdlichen Bemühungen um die Bildung des Landes und das Wohlergehen seines Volkes“ auszeichnete. Leider hatte Kim keine Zeit (als respektierter Führer hat man eben viel zu tun, gerade wenn das Land in dem man sich um das Wohlergehen des Volkes kümmern muss „Nordkorea“ heißt) und übertrug die Aufgabe der Entgegennahme seines Titels dem nordkoreanischen Botschafter in Kuala Lumpur. Einige Tage später berichtete dann die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA von der Verleihung der Ehrendoktorwürde und so haben das dann wohl auch unsere Medien spitz gekriegt und sich des Themas in der ihnen üblichen thematischen Rahmung angenommen. Das hat wiederum den Präsidenten der verleihenden HELP Universität auf den Plan gerufen, der sich auf der Website der Institution rechtfertigte. Der Titel sei als Brückenschlag zur Öffnung des Landes zu sehen, aber so richtig ist das nicht angekommen, jedenfalls wenn man sich die Facebookseite der Uni und das was die Leute da an die Pinnwand posten anschaut.

Hat Kim Jong Un einen Ehrendoktor verdient?

Eigentlich gehört das alles ja mal wieder in die Kategorie Boulevard, aber eigentlich sagt es auch wieder einiges aus über uns und unsere und auch über Kims Weltsicht. Da ist zum Einen die Aufregung über die Tatsache, dass der junge Kim einen Ehrendoktor bekommt. Ich meine, was hat er sich denn für akademische Großtaten ans Revers zu heften, die die Verleihung des Titels rechtfertigen? Ja keine, vermute ich. Aber andererseits: Was hatte denn ein — sicherlich nicht verdienstloser — Altkanzler für akademische Großtaten vorzuweisen, die die Verleihung von weit über zwanzig Ehrendoktortiteln rechtfertigen würden. Vermutlich keine, aber darum geht es ja auch nicht unbedingt wirklich bei Ehrendoktorwürden, auch wenn in Deutschland die Vergabe an wissenschaftliche Verdienste geknüpft ist. Aber die findet man bei Bedarf ja immer schnell.
Also vielleicht andere Großtaten? Naja, auch da werden relativ schnell Zweifel offensichtlich, denn weder hat sich was an der Menschenrechtslage gebessert, noch an der desolaten wirtschaftlichen Situation oder am Umgang Nordkoreas mit der Staatenumwelt. Aber im Sinne des Uni-Präsidenten lässt sich das irgendwie ja schon verargumentieren. Denn es hat sich ja gezeigt, wie gut die Vorab-Verleihung von Auszeichnung im Vorfeld der tatsächlichen Großtaten Individuen motiviert, sich di Vorschusslorbeeren zu verdienen. Man denke nur an einen prominenten Friedensnobelpreisträger. Also wenn sich mal einer um den Frieden verdient gemacht hat, dann sicher der Mann, der alle Terroristen, sowie Verwandten, Bekannten und Unbekannten von solchen vom Antlitz der Erde bomben will; Ganz ohne Kriegserklärung und Gerichtsurteil. Der Mann, der Guantanamo nicht annähernd schließt und damit die Welt vor weiteren Friedensstörern schützt und dessen Sorge vor Terroristen soweit geht, dass er sogar unsere Kanzlerin einer ordentlichen Prüfung unterzieht. Also dieser Mann hat jedenfalls seinen Preis mindestens so sehr verdient, wie Kim Jong Un seinen Ehrendoktortitel.

Die Segnungen des Marktes

Und damit mal ein kurzes Wort zur Institution des „Ehrendoktors“ denn warum sollte man so tun, als würde der Titel irgendwas bedeuten? Das ist in den meisten Fällen nur entweder eine politische Schleimerei oder jemand nimmt ein bisschen oder ein bisschen mehr Geld in die Hand und besorgt sich so ein Ding. Vermutlich ist das im Gegensatz zu ähnlichen Verfahrensweisen bei „richtigen“ Doktortiteln nicht mal illegal.
Und naja, damit komme ich ein bisschen spekulativ wieder zurück zu Kim Jong Un und seinem Titel. Uns allen dürfte bekannt sein, dass die Planwirtschaftler in Nordkorea sich sehr wohl den Regeln des Marktes bewusst sind, die fast die ganze Welt um das Land herum und wohl auch einen ordentlichen Teil des Landes selbst beherrschen. Im Ausland kauft man sich schließlich ganz ungeniert allerlei Luxusgüter zusammen und alles, was man so zum Bau von Nuklearwaffen braucht. Auch im Erwerb immaterieller Güter ist man garnicht mal so schlecht. So ist bekannt, dass sich die nordkoreanische Propaganda immer mal gerne positive „Berichterstattung“ im Ausland einkauft, um dann selbst begeistert darüber zu schreiben, was dieses und jenes Blatt in Bangladesch oder so gerade wieder nettes über den Führer geschrieben hat.
Und da finde ich es garnicht so abwegig, dass man dann eben auch mal auf die Idee kam, irgendwo einen adäquaten Titel für Kim  Jong Un einzukaufen. Keine Ahnung wie die Preise in Malaysia liegen, aber vermutlich irgendwo zwischen den 25.000 €, die man in Kirgistan hinlegen muss und den 130.000, für einen richtigen Ehrendoktor aus der Schweiz. Jedenfalls liegt das mindestens genau so nahe, wie ein malaysischer Uni-Präsident, der plötzlich den Drang verspürt, über Ehrendoktortitel brücken nach Nordkorea zu bauen und gleichzeitig das Image seiner Uni zu ramponieren.

Wie Kim Jong Un lernen könnte den Markt zu lieben

Und wer weiß, vielleicht hat der Uni-Präsident so ganz ohne es bedacht zu haben oder explizit zu wollen, doch ein Stück zur Veränderung in Nordkorea beigetragen. Denn er hat Kim Jong Un ein weiteres Mal vor Augen geführt, wie toll der freie Markt doch ist. Man kann sich mit genug Mitteln einfach alles kaufen und damit die Regeln aller anderen Sphären des Zusammenlebens außer Kraft setzen. Und wer weiß, vielleicht kommt Kim zu der Erkenntnis, dass sein Volk ihn noch reicher machen könnte, wenn er nur diese Idee in die Köpfe der Menschen pflanzt und ihnen suggeriert, dass sie sich auch vieles kaufen können, wenn sie nur genug Initiative an den Tag legen, Mittel zu erwerben. Am Ende haben alle gewonnen und wer weiß, vielleicht hört Kim Jong Un, genau wie ein ehrbarer deutscher Altkanzler, bei seinem zwanzigsten Ehrendoktortitel mit dem Zählen auf…

Friends will be Friends — USA sanktionieren myanmarischer General wegen Waffengeschäften mit Nordkorea


Anfang der Woche gab das US-amerikanische Finanzministerium bekannt, dass der myanmarische General Thein Htay mit Sanktionen belegt werde, da er weiterhin Waffengeschäfte mit Nordkorea betreibe. Diese Geschichte wirft ein interessantes Schlaglicht auf die gleichermaßen spannenden wie wechselhaften Beziehungen Myanmars und Nordkoreas. Daher will ich euch kurz über die Hintergründe der Geschichte aufklären.

Nordkorea und Myanmar: Wechselhafte Beziehungen

Die außenpolitische Verbindung zwischen Myanmar und Nordkorea, ist von ihrer wechselhaften Geschichte her durchaus interessant ist (hier habe ich vor Ewigkeiten mal versucht, die Historie etwas näher auszuleuchten). In der letzten Zeit lag der Fokus dabei vor allem auf der Abkühlung dieser Beziehungen, die aktiv und intensiv von den USA vorangetrieben wurde. Dieser Sachverhalt ist mit der geänderten außenpolitischen Haltung Myanmars zu erklären, das seine Existenz als „rogue State“ beenden will, wozu es von den westlichen Staaten — allen voran den USA — mit Zuckerbrot und Peitsche „motiviert“ wurde. Eine der zentralen Forderungen der USA für eine Wiederaufnahme Myanmars auf der Seite der Guten war es, dass Myanmar seine diplomatischen Kanäle nach Nordkorea kappen würde.

Militärkooperation: Da war doch was

Dass es da etwas zu kappen gab steht dabei außer Zweifel, was jedoch genau, dass konnte und kann niemand so genau sagen. Es ist sicher, dass Nordkorea in der Vergangenheit konventionelle Waffen nach Myanmar geliefert hat, außerdem Know-how und Unterstützung beim errichten umfänglicher Bunkeranlagen gewährte und ziemlich sicher wurde auch ein Kontrakt über eine Zusammenarbeit im Bereich ballistischer Raketen (SCUD-?) vereinbart, allerdings weiß man hier wenig über die konkrete Ausformulierung. Die Geschichten über eine nukleare Kooperation sind dagegen alles andere als stichhaltig. Im Jahr 2010 war ein geheimer Besuch hochrangiger myanmarischer Generäle in Nordkorea aus dem Vorjahr publik geworden, die sich die dortigen Fertigungsanlagen für Raketen genauer anschauten und das oben beschriebene Kooperationsabkommen unterzeichneten. Immer mal wieder (Ok, das ist übertrieben. Zweimal.) machten aus Nordkorea kommende Schiffe mit mutmaßlichem Ziel Myanmar auf hoher See kehrt, wenn sie von der amerikanischen Marine entdeckt und um Erlaubnis zur Inspektion gebeten wurden. Jedenfalls deutet einiges, einschließlich der Besorgnis der USA bezüglich dieser Beziehungen, darauf hin, dass eine ziemlich umfangreiche Beziehung bestand.

Thein Htay böse – Myanmars Regierung gut

Diese zu beenden hatten sich die USA zum Ziel gesetzt und es schien auch, als laufe das alles recht gut. Allerdings war schon auffällig, dass Vertreter der USA das Thema immer wieder prominent fallen ließen, was darauf hindeutete, dass wohl noch etwas zu tun war. Das belegt jetzt eindrucksvoll die Sanktionierung von Thein Htay. Dabei ist zu bemerken, dass sich das US-Finanzministerium große Mühe gab, diese Deklarierung als individuelle Geschichte darzustellen und nicht die Regierung Myanmars insgesamt anzuprangern. Dieser wurde vielmehr bescheinigt, dass sie weiterhin „ihre Bemühungen um positive Maßnahmen fortgesetzt hätte, um die Militärbeziehungen zu Nordkorea zu beenden.“ Diese Vorlage nahm die Regierung scheinbar dankbar auf, als sie verkündete, sich einerseits an die Sanktionen der Vereinten Nationen gegen Nordkorea zu halten, andererseits nichts über die Maßnahmen des US-Finanzministeriums zu wissen, dass dies aber alles eh nicht so wichtig sei, schließlich sei Thein Htay nicht Teil der Regierung, sondern des Militärs.

Thein Htay: Der umtriebige Karrierist

Schaut man sich das Sanktionierte Individuum etwas genauer an, dann ist diese Lesart bestenfalls halbwahr. Thein Htay wird als zielstrebiger Karrieremilitär beschrieben, der einen rapiden Aufstieg in der Nomenklatura Myanmars hinter sich gebracht hat. Außerdem schreibt man ihm zu, einer der, wenn nicht der, führenden Köpfe bei der Modernisierung des Militärs Myanmars gewesen zu sein. Diese Modernisierung trieb er mit Rückendeckung von ganz oben von seiner führenden Position im militärisch-wirtschaftlichen Komplex des Landes voran und natürlich war er auch 2009 beim Nordkoreatrip der myanmarischen Generäle mit dabei.
Allerdings gab er seinen Militärjob (aber nicht seine Uniform) 2011 für einen Ministerjob in der Regierung U Thein Sein an, die den aktuellen außenpolitischen Schwenk vollführt hat (guckt mal, wen er 2012 auch treffen musste durfte. Unseren Außenwirtschaftsminister nein, so heißt das nicht. Obereteppichändler, nein das war‘s auch nicht. Achnein, der nennt sich doch allen Ernstes „Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ (egal wer die Wahlen im September gewinnt: Wenn der nicht ausgetauscht wird, dann kann man beim Namen seines Ministeriums in vier Jahren das mit „Zusammenarbeit“ und „Entwicklung“ streichen und die GIZ gleich mit den AHKs fusionieren). Was der in Myanmar gemacht hat? Vielleicht hat er Thein Htay ja vorgeschlagen, dass Deutschland die Exportlücke füllen kann, die Nordkorea hinterlassen hat. Immerhin gehört Myanmar ja jetzt zu den Guten.). Dort arbeitete er als Minister für Grenzangelegenheiten und machte seinen Job, zumindest aus Sicht der Führung auch gut, denn ihm wurde keine Schuld für die Eskalation der ethnischen Unruhen im vergangen Jahr zugeschrieben.
Trotzdem wurde er im Februar dieses Jahres aus seinem Ministerposten entlassen und in sein altes Tätigkeitsfeld zurückversetzt. Gründe dafür wurden  nicht genannt und so wirklich einen Reim konnte sich auch niemand darauf machen. Jedenfalls ist Thein noch nicht besonders lange aus der Regierung ausgeschieden und scheint weiterhin gute Kontakte zu haben. Außerdem wurde richtig angemerkt, dass er Waffengeschäfte mit Nordkorea wohl kaum ohne Billigung zumindest des Verteidigungsministers hätte durchführen können. Naja und mal ganz abgesehen davon stelle ich mir die Frage, inwiefern man in Myanmar heute die Regierung so scharf vom Militär trennen kann.

Myanmar und Nordkorea: Friends will be Friends

Und dieser Mann wurde jetzt von den USA sanktioniert. Erstens könnte man sich da fragen, ob nicht das Ende seiner Ministeriumskarriere schon etwas mit seinen nordkoreanischen Nebengeschäften zu tun hat. Zweitens bleibt aber auch zu bemerken, dass es offensichtlich gar nicht so einfach ist, einmal geschlossene Beziehungen wie die zwischen Nordkorea und Myanmar zu zerschlagen. Ist ja auch kein Wunder. Nur weil man unglaublichen Druck auf ein Land ausübt, bis es einknickt und seine Außenpolitik in die gewünschte Richtung ändert, heißt das noch lange nicht, dass man damit die Überzeugungen der dortigen politischen Akteure geändert hat. Vor allem wenn man wie die USA in der jüngeren Vergangenheit bewiesen hat, was für ein unzuverlässiger neuer Freund man ist. Da kann ich mir durchaus vorstellen, dass einige Militärs der Waffe in der eigenen Hand mehr trauen, als dem Zuckerbrot (und der Peitsch) in Händen der Amerikaner. Sieht jedenfalls so aus, als würden die Beziehungen zwischen Nordkorea und Myanmar auch zukünftig mehr Aufmerksamkeit verdienen, als ich das in der jüngeren Vergangenheit vermutet habe.

Nordkorea und Südostasien: Ein besonderes Verhältnis? (VII): Die Flüchtlingsfrage


Die Staaten Südostasiens scheinen in der strategischen Planung Pjöngjangs eine besondere Rolle zu spielen, die sich vor allem an einem besonderen Engagement Nordkoreas und einem verstärkten Interesse anderer Mächte zeigt.

Doch was könnten Gründe für eine Sonderstellung Südostasiens in den Überlegungen Pjöngjangs sein und trifft die Annahme einer Sonderstellung überhaupt zu? In dieser Serie werde ich mich regelmäßig diesen Fragen widmen und mich dem Thema auf der Suche  nach möglichen Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln nähern…

Klicke auf das Bild und finde die anderen Artikel der Serie...

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Wie ich gerade festgestellt habe, ist es schon über ein Jahr her, dass ich mit dieser Serie begonnen habe. Einerseits ist das natürlich ganzschön lange und vielleicht sind die Abstände zwischen den einzelnen Beiträgen auch etwas groß, andererseits zeigt es aber auch, dass es Sinnvoll ist, Artikel in diesem Format zusammenzubinden, denn irgendwie finde ich, dass sich das wohltuend von meiner sonstigen Praxis abhebt, in der die Artikel zwar oft irgendwie zusammenhängen, aber eben keinem roten Faden folgen. Und naja, in meiner Idealvorstellung kann man am Ende dieser Serie ihren Inhalt von vorne bis hinten durchlesen und nimmt das alles dann als ein Ganzes wahr, das optimalerweise auch noch sinnvoll strukturiert ist. Aber das sind nur ein paar Grundsatzüberlegungen am Rande.

Aktuelle Relevanz: Laos schickt nordkoreanische Flüchtlinge zurück

Dass ich gerade heute an der Serie weiterschreibe ist kein Zufall, sondern — neben meinem Wissen, dass es langsam mal wieder an der Zeit ist — der Tatsache geschuldet, dass aktuelle Ereignisse mein Thema eingeholt und auf die Agenda gesetzt haben, so dass es sich jetzt einfach anbietet, mal weiterzumachen. Ich hatte nämlich in meinem „mentalen Publikationsplan“ als nächstes Thema die Flüchtlingsfrage vorgemerkt, die erstmal nicht besonders relevant scheint, die aber ein bestimmendes Element nordkoreanischer Außenpolitik gegenüber den Staaten Südostasiens, vor allem den Festlandstaaten darstellt. Wie das kommt und wie sich das auswirkt, dazu später mehr. Erstmal kurz die aktuelle Geschichte und ihre Hintergründe.

Anfang Mai sind in Laos neun junge nordkoreanische Flüchtlinge festgenommen worden. Zuvor waren sie über China dorthin geflohen. Nach der Festnahme versuchte Südkorea erfolglos auf diplomatischem Wege dafür zu sorgen, dass die Neun Personen im Alter zwischen 15 und 23 Jahren nach Südkorea ausreisen dürften. Stattdessen hat die laotische Regierung die neun jedoch nach China zurückgeschickt. Von dort aus scheinen sie mittlerweile nach Nordkorea ausgeflogen worden zu sein. Dort droht Flüchtlingen, vor allem wenn der Verdacht besteht, dass sie mit Südkoreanern in Kontakt kamen, eine schwere Strafe. Diese Geschichte steht zum Glück nur in Teilen sinnbildlich für das Schicksal vieler nordkoreanischer Flüchtlinge. Denn während die Route für den Großteil der Flüchtlinge, die am Ende in Südkorea oder den USA ankommen „normal“ ist, gelingt den Meisten die Ausreise und es scheint recht selten, dass Personen gefangen genommen und nach Nordkorea deportiert werden.

Das Zugrunde liegende Problem: Warum die „Underground Railroad“ durch Südostasien führt

Um zu verstehen, warum die nordkoreanischen Flüchtlinge eine solch beschwerliche Reise auf sich nehmen müssen, um am Ende nach Südkorea zu gelangen, hilft ein Blick in die Karte:

Fluchtwege

Es gibt nur den Weg Richtung Norden, aber auch von dort aus, gelangen die Flüchtlinge nicht an ihr Ziel.

Der naheliegende direkte Weg Richtung Süden ist annähernd hermetisch abgeriegelt. Die Grenzkontrollen, die hohe Militärpräsenz im Grenzgebiet und andere Gefahren wie Minenfelder, machen eine Flucht über die Landgrenze nach Südkorea nahezu unmöglich. Auch der Seeweg ist weitgehend verschlossen. Auch wenn in der jüngeren Vergangenheit einzelne Bootsfluchten gelangen, so ist dieser Weg trotzdem von nordkoreanischer Seite stark überwacht und für die Flüchtenden, wegen der Risiken des Meeres und der Schwierigkeiten an ein Boot zu gelangen, häufig nicht ungefährlich. Relativ leicht ist dagegen eine Ausreise nach China möglich. Die Grenze ist porös, die Grenzbeamten häufig korrupt und ein kleiner Grenzverkehr zum Handel treiben nichts Ungewöhnliches. Während der Weg nach Russland wegen der geographischen Abgelegenheit des Grenzgebietes eher beschwerlich ist, ist der Übergang nach China im Grunde genommen sehr einfach.

Allerdings ist die Flucht, dort einmal angekommen bei weitem noch nicht beendet. Denn China erkennt nordkoreanische Flüchtlinge nicht als solche an, sondern schreibt ihnen den Status von Wirtschaftsmigranten zu (also der selbe Trick, mit dem auch die EU im Mittelmeerraum mit sehr zweifelhaften Methoden den Flüchtlingsstrom abwürgen will, was ebenfalls zu einer Art humanitärer Katastrophe führt, aber das ist ein unangenehmes Thema und deshalb spricht man lieber über die Flüchtlinge der Anderen.). Das sorgt dafür, dass sie völkerrechtlich einen anderen Status haben und keinen besonderen Schutz genießen. Kurz: Sie können abgeschoben werden, sind illegal und haben auch nicht die Möglichkeit oder das Recht, Ausreisepapiere zu bekommen. Mehr zu dieser rechtlichen Frage könnt ihr zum Beispiel im Bericht des Sonderberichterstatters des UN-Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen zur Situation der Menschenrechte in Nordkorea aus dem Jahr 2011 nachlesen. Hier habe ich mich auch schonmal kurz damit befasst und den Bericht verlinkt.

Dieser Sachverhalt führt auch dazu, dass es immer mal wieder zu Konflikten um die Deportation nordkoreanischer Flüchtlinge aus China kommt. Generell scheint China jedoch dieses Thema möglichst klein halten zu wollen. Das heißt man sieht bei den Aktivitäten der Flüchtlinge weg, unterstützt Nordkoreas Position aber so weit, dass man die Flucht nicht legalisiert. Das heißt jedoch für die Flüchtenden, dass sie aus China weiter in andere Länder flüchten müssen, die eine Ausreise nach Südkorea möglich machen. Und das ist der Punkt, an dem die Staaten Südostasiens ins Spiel kommen und sich wiederum ein Blick in die Karte lohnt:

Der Weg ist weit, doch das Ziel lohnend. Die Flüchtlinge legen unter der ständigen Gefahr entdeckt zu werden einen Weg von mehreren Tausend Kilometern auf sich.

Der Weg ist weit, doch das Ziel lohnend. Die Flüchtlinge legen unter der ständigen Gefahr entdeckt zu werden einen Weg von mehreren Tausend Kilometern auf sich.

Denn die gängigste Route der Flüchtlinge führt sie wohl geradewegs nach Südostasien. Ein Teil scheint zwar auch über die Mongolei auszureisen, aber in den Depeschen des US-Außenministeriums, die von Wikileaks im Jahr 2010 veröffentlicht wurden und die zu diesem Thema eine einzigartig gute Quellensammlung darstellen (weshalb ich mich von hier an hauptsächlich darauf stütze und die meisten Links zu den Cablegate-Depeschen führen), klingt durch, dass die mongolische Regierung zwar keine nordkoreanische Flüchtlinge zurückschickt, aber sie auch nicht als Flüchtlinge anerkennt, was wohl soviel heißt, dass die Sache der Führung in Ulan Bator unangenehm ist, dass man drüber nicht viel Geräusch will und dass die Flüchtlinge nicht wirklich willkommen sind und ihr Status unsicher bleibt.

Der Umgang der Staaten Südostasiens mit nordkoreanischen Flüchtlingen: Ein sensibles Thema

Jedoch sind die Flüchtlinge, wie die einleitende Geschichte verdeutlicht, selbst dann noch nicht gerettet, wenn sie in Südostasien eintreffen. Zwischen Thailand und Südkorea besteht ein relativ eingespieltes System, das die Ausreise der Flüchtlinge garantiert und ihnen Sicherheit bietet. Allerdings gibt es keine direkte Grenze zwischen China und Thailand. Das heißt, die Flüchtlinge müssen zuerst entweder durch Laos oder durch Myanmar. Beide dulden diesen Transitverkehr offenbar nur ähnlich widerwillig wie China. Die Beziehungen zwischen der laotischen Führung und den Herrschenden in Pjöngjang kann als sehr gut beschrieben werden, während die Kontakte zwischen Myanmar und Nordkorea sich auf Betreiben der USA in letzter Zeit abgekühlt haben dürften. Ein Teil dieser Beziehungen dürfte dabei sein, dass Pjöngjang von den Führungen in Rangun bzw. Naypidaw und Vientiane verlangt, rigide mit den Flüchtlingen umzugehen, während die USA und Südkorea versuchen sich für das Gegenteil einzusetzen.

Während Pjöngjang in Laos und Myanmar damit durchaus erfolgreich zu sein scheint, wurde Thailand offensichtlich zumindest bis 2007 von Seiten Nordkoreas nicht auf das Thema angesprochen und ist so dass Thailand die zentrale Anlaufstelle der „underground railroad“ der nordkoreanischen Flüchtlinge darstellt. Nichtsdestotrotz hat sich selbst Thailand in der Vergangenheit mitunter widerwillig gezeigt zu haben, was den Umgang mit Flüchtlingen betrifft, was allerdings auch mit den Lasten zusammenhängen könnte, die das Land zu tragen hat.

Neben der Ausreise über Thailand versucht auch ein Teil der Flüchtlinge über andere Staaten nach Südkorea zu kommen. Entweder Myanmar oder Laos, die ohnehin durchquert werden müssen, aber auch Kambodscha und Vietnam werden mitunter genutzt. In all diesen Staaten scheint die Ausreise jedoch wesentlich schwieriger zu sein. Häufig müssen die Flüchtlinge eine Botschaft oder ein Konsulat eines anderen Landes erreichen, um nach Südkorea oder in die USA zu gelangen.

Vietnam stellt einen interessanten Sonderfall dar, der auch gut belegt, wie sensibel das Thema in Pjöngjang gesehen wird. Bis zum Jahr 2004 war nämlich nicht Thailand, sondern Vietnam die Hauptanlaufstelle der nordkoreanischen Flüchtlinge. Von dort wurden sie offensichtlich diskret nach Südkorea geschickt. Das änderte sich allerdings, als über die südkoreanischen Medien bekannt wurde, dass 450 Flüchtlinge auf einen Schlag aus Vietnam nach Südkorea ausgereist waren. Vietnam war verärgert über die Indiskretion und es gab eine schwere Verstimmung zwischen Nordkorea und Vietnam, die dazu führte, dass Pjöngjang seinen Botschafter aus Hanoi zurückrief und die Beziehungen noch Jahre darunter litten. Nach diesem Vorfall änderte Vietnam die Praxis im Umgang mit den Flüchtlingen, agierte von nun an sehr restriktiv und verschärfte seine Grenzkontrollen, so dass es nur begrenzt als Anlaufstelle gesehen werden kann.

Die hier nicht genannten Staaten Südostasien, also Malaysia, Indonesien, die Philippinen und Brunei sind bezüglich dieses speziellen Themas nicht so interessant, da sie geographisch für die Flüchtlinge kaum erreichbar sind.

Warum ist die Flüchtlingsfrage der nordkoreanischen Regierung wichtig?

Kurz möchte ich noch die Frage anreißen, weshalb die nordkoreanische Führung sich überhaupt solche Mühe gibt, den Flüchtlingen den Weg in die Freiheit zu verbauen. Ganz kurz beantwortet kann man sagen, dass der Grund ein ganz ähnlicher ist, wie der, der den Bau des antiimperialistischen Schutzwalles der DDR motivierte, denn entgegen dem Namen war der Hauptzweck der Mauer, die Leute im Land zu halten und so ein Ausbluten der DDR zu verhindern. Die Führung in Pjöngjang dürfte Angst haben, dass es zu einer umfassenden Fluchtbewegung und damit einer Destabilisierung käme, wenn es „zu leicht“ wäre, das Land in Richtung Südkorea zu verlassen. Das zentrale Puzzelteil ist hier zwar China, aber auch die Staaten Südostasiens spielen eine gewisse Rolle und wie ja oben deutlich wurde, besteht für Fluchtwillige gleich eine mehrfache Barriere. Sie müssen erstens Nordkorea bis zur chinesischen Grenze durchqueren, dann zweitens die Grenze überqueren, drittens China bis nach Südostasien durchqueren, dann viertens über die Grenze nach Laos oder Myanmar um fünftens nach Durchquerung des jeweiligen Landes nach Thailand zu kommen. Die Hürden sind also hoch und wenn die nordkoreanische Führung einen der „Partner“ in diesem Spiel verliert, werden sie niedriger und so wird die Flucht leichter und die Motivation das auf sich zu nehmen höher.

Was unerwähnt blieb und doch wichtig ist

Nicht geschrieben habe ich in diesem Beitrag von den professionellen Schleppernetzwerken, die die Reise nicht nur aus reiner Nächstenliebe organisieren (auch wenn die mitunter an christliche Organisationen angedockt sind), sondern damit gutes Geld verdienen und die Flüchtlinge mitunter auch auf andere Arten ausbeuten. Das sind zwar ebenfalls sehr wichtige Themen, aber sie gehören nicht zu dem hier dargestellten Südostasien-Nordkorea-Komplex. Wenn ihr aber die verlinkten Depeschen aufmerksam lest, dann werden euch recht schnell Hinweise auf diese Geschäfte und Ausbeutung auffallen. Interessant finde ich auch hier nochmal den Bezug zur EU. Wenn wir von Schleppernetzwerken etc. hören, dann ist das ganz klar, das sind die Bösen. In Südostasien sind es die Guten. Warum? Weil ja schon Nordkorea den Job des Bösewichts hat und weil die Flüchtlinge am Ende nicht bei uns landen. Naja, aber das gehört auch nicht zum Thema.

Wichtiger Faktor in der Beziehung Nordkoreas zu den Staaten Festland-Südostasiens.

Ich weiß nicht genau, wie hoch die Bedeutung der Flüchtlingsfrage für die „Sonderbeziehungen“ zwischen den betreffenden Staaten und Nordkorea einzuschätzen sind, allerdings würde ich sie als relativ wichtig einordnen. Wenn man sieht, dass Nordkorea aufgrund dieser Frage bereit ist, seine guten Beziehungen zum ideologisch und historisch nahen Vietnam zu riskieren, dann heißt das schon was. Es erklärt sicherlich nicht die volle Bandbreite der besonderen Aufmerksamkeit, die die Region in der nordkoreanischen Außenpolitik genießt, aber sicherlich einen Teil davon.
Hm, so langsam neigt sich die Serie dem Ende zu. Wenn mir nicht noch was Spannendes einfällt, dann gibt es noch einen inhaltlichen Teil, der sich eher mit Nordkoreas schwieriger politischer Positionierung, Stichwort „Isolation“ auseinandersetzt und dann noch den zusammenfassenden und bewertenden Schluss. Aber bis dahin sind ja noch ein paar Monate hin.

Normale Beziehungen: Nordkoreanische Experten bilden vietnamesische Polizei aus


So langsam bin ich der ganzen Krisenberichterstattung von der Koreanischen Halbinsel überdrüssig und ich habe den starken Verdacht, dass ich da bei Weitem nicht der einzige bin. Irgendwie scheint es auch der Führung in Pjöngjang zu reichen und so kann man ganz guter Hoffnung sein, dass der ganze Spuk nach Kim Il Sungs Geburtstag morgen erstmal weitgehend zuende ist, zumindest was akute Maßnahmen und Drohungen angeht. Daher habe ich mir heute gedacht, schreibe ich doch mal was über ganz anderes. Das ist aber momentan garnicht so einfach, denn entweder passiert in und um Nordkorea nichts mehr, was nicht irgendwie mit Krise und so zu tun hat oder es wird nicht darüber berichtet.

Egal, denn zum Glück hatte ich in meiner Vormerkliste noch diesen schönen kleinen Artikel liegen, der vielleicht nicht ganz so große weltpolitische Tragweite hat, wie die Krise, der aber trotzdem alles andere als uninteressant ist. In diesem kleinen Infoartikel der vietnamesischen „People Police Academy“, einer Ausbildungsstätte der vietnamesischen Polizei, geht es nämlich um die Kooperation der Behörde mit der nordkoreanischen Polizei. Diese findet im Rahmen eines Kooperationsabkommens zwischen dem nordkoreanischen Ministerium für Volkssicherheit und dem vietnamesischen Ministerium für öffentliche Sicherheit statt.
Gerne hätte ich ein paar Links zu Artikeln gesetzt, die auf den Regen Austausch dieser beiden Ministerien hinweisen, aber weil ein paar Schlaumeier die in Japan gehostete Seit von KCNA außer Gefecht gesetzt haben, ist das zurzeit wenig sinnig. Daher hier der Link zur entsprechenden Google-Suche. Wenn die Seite wieder fuktioniert, kann man das selbst nachlesen.

Der Inhalt dieses Teils der Kooperation betraf die Ausbildung vietnamesischer Polizisten, zum Teil aus Sonderheiten, durch nordkoreanische Experten. Die Ausbildung der etwa 100 Polizisten bezog sich auf „militärische Kenntnisse“ und „Martial arts“. Worum genau es sich bei den militärischen Kenntnissen handelt, wird aus dem Artikel leider nicht deutlich, jedoch geben einige sehr interessant Fotos Auskunft über den „Martial arts“-Teil der Geschichte.
Bei diesem Bild bin ich mir allerdings nicht ganz sicher, wer jetzt genau die Ausbildung empfangen hat (ich glaube nordkoreanische Polizisten sind sowohl im „Mit-dem-Hammer-aufn-Kopf-schlagen“ als auch im „Hammerschläge-mit-dem-Schädel-abfangen“ hervorragend). Gut finde ich bei der Geschichte jedenfalls, dass die Polizisten so auch eine Perspektive für die Zeit nach ihrer Polizeikarriere bekommen. Mittelmäßige Zirkusse auf der ganzen Welt dürften diese Nagelbrettgeschichten durchaus interessant finden.

Aber Spaß beiseite, denn aus der ganzen Geschichte lassen sich durchaus ein paar kleinere Erkenntnisse gewinnen: So zeigt sich, dass die nordkoreanische Polizei scheinbar einige Kenntnisse hat, die man in Vietnam interessant findet. Diese scheinen vor allem auf die Aufstandsbekämpfung und eher im „paramilitärischen“ Bereich zu finden zu sein.
Gerade in der Region Südostasien ist Nordkorea bei weitem nicht so isoliert, wie es das öfter mal scheint. Neben den guten Beziehungen auf Regierungsebene werden auch auf der Arbeitsebene konkrete Kontakte aufrecht erhalten, die dem Land helfen, Isolation vorzubeugen. In der Region scheinen nordkoreanische Ministerien eigene Beiträge zur Außenpolitik des Landes zu leisten und diese Beziehungen damit auf breitere Füße zu stellen.
Insgesamt lässt sich damit konstatieren, dass die bilateralen Beziehungen Vietnams und Nordkoreas weniger als ungewöhnliche Beziehungen eines „normalen-“ mit einem „Schurkenstaat“ gesehen werden, sondern als ganz gewöhnliche Beziehungen, in denen solche Kooperationen eben normal sind (und in denen Nordkorea möglicherweise Know How bietet, dass westliche Partner nicht vermitteln können, oder vielmehr wollen).

Wie gesagt: Insgesamt keine großartig neuen Erkenntnisse, aber nochmal ein anderer Bick auf Nordkorea. Und wo ich das jetzt gerade schreibe, fällt mir ein, dass ich unbedingt mal meine Nordkorea und Südostasien Serie weiterführen muss. Wenn nichts dazwischen kommt in der nächsten Woche, hoffe ich.
Achso, wenn ihr im Gegensatz zu mir noch nicht genug Krise hattet, dann empfehle ich euch dieses Op-Ed in der New York Times, der macht nämlich einen glänzenden Vorschlag, wie man da dochnoch einen Krieg draus machen könnte.  Ich könnte da jetzt sehr viel zu schreiben, aber wenn ich anfangen würde, alles extrem Dumme, das in den letzten Wochen so gedruckt wurde zu kommentieren, würde ich ja nie fertig…

Nordkorea und Südostasien: Ein besonderes Verhältnis? (VI): Die Freiheit der Handelswege sichern.


Die Staaten Südostasiens scheinen in der strategischen Planung Pjöngjangs eine besondere Rolle zu spielen, die sich vor allem an einem besonderen Engagement Nordkoreas und einem verstärkten Interesse anderer Mächte zeigt.

Doch was könnten Gründe für eine Sonderstellung Südostasiens in den Überlegungen Pjöngjangs sein und trifft die Annahme einer Sonderstellung überhaupt zu? In dieser Serie werde ich mich regelmäßig diesen Fragen widmen und mich dem Thema auf der Suche  nach möglichen Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln nähern…

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Nachdem die internationalen Medien und Nordkorea-Watcher ja momentan das nordkoreanische Atomtestgelände in Punggye Ri unter verschärfte Beobachtung gestellt haben und dort vermutlich kein Stuhl mehr gerückt werden kann, ohne das in Südkorea und darüber hinaus Seismologen aufhorchen; Nachdem Kim Jong Un gleichzeitig gefühlt täglich irgendwelche Organe (egal ob formell oder informell, hauptsache er hält eine Rede…) zusammenruft um neblige Andeutungen in Richtung eines Nukleartests zu machen und nachdem Südkorea und die USA darauf mit ihrer gleichermaßen hilflosen wie dämlichen Standardmaßnahme reagieren, die in Nordkorea schon seit Jahren keinerlei Abschreckungswirkung mehr hat, habe ich beschlossen, dass ich dazu vorerst genug geschrieben habe. Wenn es erstmal einen großen Knall gibt, bleibt dafür noch genug Zeit.

Da widme ich mich doch lieber einem Thema, dass mich und euch jetzt schon seit einem guten halben Jahr begleitet und das euch noch ein Zeitchen erhalten bleiben wird. Um genau zu sein, habe ich mir gerade überlegt, dass wenn ich meinem Publikationsplan für die Serie folge und meine Taktung wie in der letzten Zeit beibehalte, eine echte Jahresserie daraus werden wird. Ob das gut ist oder schlecht, weiß ich nicht. Aber ich finde es irgendwie schön, das so regelmäßig hinzukriegen.

Die Freiheit der Handelswege: Der nordkoreanische Spezialfall

Aber jetzt zum eigentlichen Thema: Nachdem ich in den ersten vier Teilen der Serie nachgewiesen habe, dass Nordkorea besonderen Wert auf gute Beziehungen zu den Staaten Südostasiens legt, habe ich im fünften Teil begonnen, nach möglichen Erklärungen für diesen Sachverhalt zu suchen. Dabei standen in diesem Teil noch allgemeine politische Muster Nordkoreas im Vordergrund, die für die Staaten Südostasiens genauso gelten, wie für Staaten aus anderen Teilen der Welt. Ab heute werde ich mich jetzt aber mit Südostasien-spezifischen Aspekten befassen. Heute werde ich dabei meinen Fokus auf die Freiheit der Handelswege legen, die für jeden Staat wichtig ist, aber im Falle Nordkoreas eine besondere Note bekommt.

Warum das Regime in Pjöngjang Devisen braucht…

Es ist gemeinhin bekannt, dass Nordkoreas Wirtschaft nur wenige Exportfähige Güter produzieren kann. In sehr vielen Bereichen hat sich eine Mischung aus sozialistischer Misswirtschaft und internationalen Sanktionen (die ohne Zweifel ihre negative Wirkung auf Nordkoreas Wirtschaft entfalten, wenn auch noch nicht so lange wie sozialistische Misswirtschaft) dazu geführt, dass nordkoreanische Produkte am Weltmarkt nicht konkurrenzfähig sind. Da das Land allerdings nicht alle Güter selbst produzieren kann (auch wenn man das ideologisch bedingt gerne könnte), die für Bevölkerung, Führung, Militär und Wirtschaft benötigt werden (warum auch immer), ist man auf Importe angewiesen. Um aber Güter aus dem Ausland importieren zu können, braucht man Devisen (weil niemand auf eine Währung vertraut, die nach Belieben umgewertet und neugedruckt wird (wie das beim nordkoreanischen Won der Fall zu sein scheint) und an Devisen kommt man nur ran, wenn man Güter ins Ausland verkauft.

…und wie es sie bekommt.

Daher ist das Regime in Pjöngjang irgendwie gezwungen, die Güter ins Ausland zu verkaufen, die in Nordkorea produziert und am Weltmarkt nachgefragt werden. Während es um viele dieser Handelsgüter nur Spekulationen gibt, wie zum Beispiel um Drogen, Elfenbein und falsche hundert Dollar Scheine, gibt es für ein Gut, dass einen bedeutenden Teil der verborgenen Exportstatistik ausmachen dürfte, durchaus belege. Ich spreche hier vom Waffenhandel, worunter ich der Einfachheit halber sowohl Klein- und  Kriegswaffen als auch Raketen fasse. All das hat Nordkorea in der Vergangenheit verkauft und all das dürfte man auch heute noch absetzen, wenn sich die Möglichkeit dazu bietet.

Schwierige Rahmenbedingungen: Sanktionen der Vereinten Nationen

Allerdings darf Nordkorea anders als zum Beispiel Deutschland, keine Regierungen (hm, manchmal weiß ich garnicht, ab wann man „Regierungen“ jetzt „Regime“ nennt und umgekehrt…) mit Kriegsgerät versorgen. Das untersagen die Resolutionen 1718 und 1874 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Im Wortlaut klingt das in Resolution 1718 dann so:

8. beschließt,

a) dass alle Mitgliedstaaten die Lieferung, den Verkauf oder den Transfer der nachstehenden Gegenstände an die DRVK, auf direktem oder indirektem Weg, über ihr Hoheitsgebiet oder durch ihre Staatsangehörigen oder unter Benutzung von ihre Flagge führenden Schiffen oder Luftfahrzeugen, und gleichviel ob sie ihren Ursprung in ihrem Hoheitsgebiet haben oder nicht, verhindern werden:

i) alle Kampfpanzer, gepanzerten Kampffahrzeuge, großkalibrigen Artilleriesysteme, Kampfflugzeuge, Angriffshubschrauber, Kriegsschiffe, Flugkörper oder Flugkörpersysteme entsprechend der Definition für die Zwecke des Registers der Vereinten Nationen für konventionelle Waffen, oder sonstiges Wehrmaterial einschließlich Ersatzteilen, oder vom Sicherheitsrat oder von dem Ausschuss nach Ziffer 12 (Ausschuss) festgelegte Gegenstände; 

[…]

b) dass die DVRK die Ausfuhr aller unter den Buchstaben a) i) und a) ii) genannten Gegenstände einzustellen hat und dass alle Mitgliedstaaten die Beschaffung solcher Gegenstände von der DVRK durch ihre Staatsangehörigen oder unter Benutzung von ihre Flagge führenden Schiffen oder Luftfahrzeugen, und gleichviel ob sie ihren Ursprung in ihrem Hoheitsgebiet haben oder nicht, verbieten werden;

in Resolution 1874 wird dieser Absatz dann noch ergänzt:

9. beschließt, dass die Maßnahmen in Ziffer 8 b) der Resolution 1718 (2006) auch auf alle Rüstungsgüter und sonstiges Wehrmaterial sowie auf Finanztransaktionen, technische Ausbildung, Beratung, Dienste oder Hilfe Anwendung finden, die mit der Bereitstellung, Herstellung, Wartung oder dem Einsatz dieser Rüstungsgüter oder dieses Wehrmaterials zusammenhängen;

Zur Durchsetzung dieser Sanktionen fordert der Sicherheitsrat die Mitgliedsstaaten zu folgenden Maßnahmen auf:

11. fordert alle Staaten auf, nach Maßgabe ihrer nationalen Befugnisse und Rechtsvorschriften und im Einklang mit dem Völkerrecht in ihrem Hoheitsgebiet, einschließlich ihrer Seehäfen und Flughäfen, alle Ladungen auf dem Weg in die oder aus der DVRK zu überprüfen, falls der betreffende Staat über Informationen verfügt, die hinreichende Gründe für die Annahme liefern, dass die Ladung Gegenstände enthält, deren Lieferung, Verkauf, Weitergabe oder Ausfuhr nach den Ziffern 8 a), 8 b) oder 8 c) der Resolution 1718 (2006) oder nach Ziffer 9 oder 10 dieser Resolution verboten ist, zu dem Zweck, die strikte Einhaltung der genannten Bestimmungen zu gewährleisten;

12. fordert alle Mitgliedstaaten auf, mit Zustimmung des Flaggenstaats auf hoher See Schiffe zu überprüfen, falls sie über Informationen verfügen, die hinreichende Gründe für die Annahme liefern, dass die Ladung dieser Schiffe Gegenstände enthält, deren Lieferung, Verkauf, Weitergabe oder Ausfuhr nach den Ziffern 8 a), 8 b) oder 8 c) der Resolution 1718 (2006) oder nach Ziffer 9 oder 10 dieser Resolution verboten ist, zu dem Zweck, die strikte Einhaltung der genannten Bestimmungen zu gewährleisten;

13. fordert alle Staaten auf, bei den Überprüfungen nach den Ziffern 11 und 12 mitzuarbeiten, und beschließt, dass der Flaggenstaat, falls er der Überprüfung auf hoher See nicht zustimmt, das Schiff anweisen wird, einen geeigneten und leicht erreichbaren Hafen für die erforderliche Überprüfung durch die örtlichen Behörden nach Ziffer 11 anzulaufen;

Kurz gesagt heißt das, dass so ziemlich alle Staaten der Welt aufgefordert sind, aus Nordkorea kommende Schiffe in eigenen Häfen oder auch auf hoher See zu durchsuchen, sollte irgendwas an diesen Schiffen verdächtig erscheinen.

Die Konsequenzen…

Wenn man dann mal die praktischen Konsequenzen dieser Resolution betrachtet, dann kommt auch schon Südostasien ins Spiel. Denn schaut man sich an, wo die meisten Kunden Nordkoreas für solche Güter zu finden sind

Die nordkoreanischen Waffenlieferungen, die in den letzten Jahren bekannt wurden oder abgefangen wurden, waren häufig für Afrika oder den Mittleren Osten bestimmt

Die nordkoreanischen Waffenlieferungen, die in den letzten Jahren bekannt wurden oder abgefangen wurden, waren häufig für Afrika oder den Mittleren Osten bestimmt. (Quelle: Google Maps, eigene Hervorhebungen)

dann wird auch schnell deutlich, dass die Güter irgendwie von Nordkorea aus (auf der Karte ganz rechts oben (Nordosten würde ich sagen, wenn ich Geograph wäre)), in die Zielländer gebracht werden müssen.

…alle Wege führen nach Südostasien

Und schaut man sich die Strecke dann genauer an, dann sieht man, dass auf dem Weg vom Pazifischen in den Indischen Ozean eigentlich kein Weg an den Staaten Südostasiens vorbeiführt:

Irgendwie so müssen die nordkoreanischen Schiffe fahren. Besonders eng wird es in der Straße von Malakka, aber auch ansonsten ist man in vielbefahrenem Gebiet unterwegs.

Irgendwie so müssen die nordkoreanischen Schiffe fahren. Besonders eng wird es in der Straße von Malakka, aber auch ansonsten ist man in vielbefahrenem Gebiet unterwegs. (Quelle: Google Maps, eigene Hervorhebungen)

Egal, ob ein Schiff durch die Straße von Malakka fährt, oder einen anderen Weg nimmt, es muss durch ein Nadelöhr und wird nicht unbeobachtet bleiben. Wäre ein Staat auf der Suche nach nordkoreanischen Schiffen, um nach potentiellen Waffen etc. zu suchen, dann wäre dort ein Ort sich welche auszugucken.

Ist diese Route wirklich relevant? Hinweise aus der jüngeren Vergangenheit

Dass wirklich Transportwege für Waffen durch die Region führen, zeigen einige Zwischenfälle der jüngeren Vergangenheit:

Zwischenfälle mit nordkoreanischen Waffen.Zwei Zwischenfälle mit Schiffen und einen mit einem Flugzeug gab es in der Region in den letzten Jahren. (Quelle: Google Maps, eigene Hervorhebungen)

Zweimal machten nordkoreanische Schiffe mit unbestimmten Zielen (Myanmar war als Adressat hoch gehandelt) auf hoher See kehrt, nachdem amerikanische Kriegsschiffe gebeten hatten, zu Inspektionszwecken an Bord kommen zu dürfen und einmal wurde in Bangkok eine ganze Flugzeugladung mit Waffen — na klar, mit unbestimmtem Ziel — aus Nordkorea entdeckt. Außerdem sind in Afrika und dem Mittleren Osten mehrere Fälle bekannt geworden, in denen Waffen aus Nordkorea an unterschiedliche Staaten geliefert wurden. Mehrmals auf dem Seeweg.

Natürlich sind aus diesem Kalkül heraus nicht alle Staaten gleichermaßen bedeutend. Die erste Priorität dürfte hier auf Indonesien und Singapur liegen, weil diese sozusagen ein direktes Auge auf die Straße von Malakka haben und weil, wie im Falle Singapurs, große Häfen natürlich bestens geeignet sind, um Warenlieferungen im internationalen Warentransportnetz „verschwinden“ zu lassen und so für eventuelle Kontrolleure die Chancen etwas zu entdecken annähernd auf den Faktor „Zufall“ zurückstutzen zu können (eventuell gilt das auch für Luftfracht und damit für große Flughäfen, was Thailand und Malaysia in den Fokus rücken würde). Allerdings sind Malaysia, die Philippinen, Thailand und Vietnam hier ebenfalls nicht unwichtig. Nur bei Brunei (klein), Laos und Kambodscha (kein bedeutender Seezugang) und Myanmar (kann umgangen werden) ist die Bedeutung dieses Arguments eher begrenzt.

Das Kalkül: Die Staaten der Region sind wichtiger Partner…

Naja, was jedenfalls deutlich wird ist die Tatsache, dass Südostasien beim Seetransport kaum umgangen werden kann und dass scheinbar auch Lufttransporte durch diese Region abgewickelt werden. Da die Geschäfte die Pjöngjang da treibt der Natur der Sache entsprechend geheim gehalten werden, lassen sich keine Aussagen zu Umfang und Bedeutung der Geschäfte treffen, jedoch ist sicher, dass es ein Weg ist, der dem Regime hilft, an Devisen zu gelangen. Da die nordkoreanischen Waren irgendwie durch die Region müssen, dürfte es dem Regime daran gelegen sein, dass die Resolutionen  der UN, die ja weitreichende Handhabe ermöglichen, dort möglichst schwach umgesetzt werden. Zwar versucht man in Nordkorea Kontrollen durch Umdeklarierung und Umladen (mehr dazu in dem verlinkten Bericht) zu entgehen, aber auch dazu braucht man Hafenbehörden, die zumindest wohlwollend wegsehen oder jedenfalls nicht besonders energisch hinschauen.

…denn sie könnten ansonsten unbequem werden

Jedenfalls gehört nicht besonders viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass die Staaten der Region Nordkorea die Geschäfte ganz schön vermiesen könnten, wenn sie es richtig darauf anlegten. Vielleichte wäre es noch nicht einmal nötig, die ganzen nordkoreanischen Schiffe selbst zu kontrollieren. Vermutlich würde es schon reichen, den USA jeweils Informationen zuzustecken, wenn ein nordkoreanisches Schiff oder ein Schiff mit solcher Besatzung anlegt oder vorbeifährt. So etwas wäre für Pjöngjang ein schwerer Schlag: Einerseits weil man mit den Waffen zu Devisen kommt, andererseits aber auch, weil sich so potentielle Freunde warmhält. Wenn man denen nichts mehr bieten kann, sind die vermutlich auch nicht mehr bereit, diplomatische Kritik etc. hinzunehmen, um Pjöngjang die Treue zu halten. Um die Seewege freizuhalten führt für Nordkorea also kaum ein Weg daran vorbei, um die Staaten der Region zu werben, damit diese nicht irgendwann entscheiden, dass es in ihrem Interesse sei, Nordkoreas Geschäfte zu stoppen.

Künftige UN-Resolutionen: Regeländerungen zu Schiffsdurchsuchungen beachten

In diesem Zusammenhang sind auch Änderungen bezüglich der UN-Resolutionen immer aufmerksam zu verfolgen, denn wenn die Möglichkeit, Schiffe zu durchsuchen expliziert wird oder die Aufforderung dazu verstärkt, dann ist das natürlich besonders mit Blick auf die Region spannend. Daher fand ich es in Resolution 2087, die in Folge des jüngsten nordkoreanischen Raketentests beschlossen wurde (und die alles in allem recht unspektakulär ist) bemerkenswert, dass dort die Regeln für das Durchsuchen von Schiffen, wenn sie sich einer Überprüfung verweigern, ergänzt wurden:

7. weist den Ausschuss nach Resolution 1718 (2006) an, eine Mitteilung zur Unterstützung der Durchführung in Bezug auf Situationen herauszugeben, in denen ein Schiff sich geweigert hat, eine Überprüfung zuzulassen, nachdem diese vom Flaggenstaat des Schiffes genehmigt wurde, oder wenn ein die Flagge der Demokratischen Volksrepublik Korea führendes Schiff sich geweigert hat, sich einer Überprüfung gemäß Ziffer 12 der Resolution 1874 (2009) zu unterwerfen;

Dass dies geschah, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass auch die Vereinten Nationen erkannt haben, dass man durch das Abschneiden der Transportwege den nordkoreanischen Waffenhandel effektiv bekämpfen kann. Allerdings bleibt auch hier die Auslegung auf Ebene der jeweiligen Staaten entscheidet. Solange sich Nordkorea hier auf stillschweigende Kooperation verlassen kann, bleibt alles beim Alten.

To be continued…

Soweit meine Überlegungen zur Bedeutung der Region für die Freiheit der nordkoreanischen Handelswege. In den nächsten Teilen der Serie werde ich mich mit anderen Aspekten befassen, die sich ebenfalls teilweise aus der geographischen Lage der Region ergeben. Aber das wird noch ein paar Wochen dauern….

Nordkorea und Südostasien: Ein besonderes Verhältnis? (V): Nordkoreas „große außenpolitische Linien“


Die Staaten Südostasiens scheinen in der strategischen Planung Pjöngjangs eine besondere Rolle zu spielen, die sich vor allem an einem besonderen Engagement Nordkoreas und einem verstärkten Interesse anderer Mächte zeigt.

Doch was könnten Gründe für eine Sonderstellung Südostasiens in den Überlegungen Pjöngjangs sein und trifft die Annahme einer Sonderstellung überhaupt zu? In dieser Serie werde ich mich regelmäßig diesen Fragen widmen und mich dem Thema auf der Suche  nach möglichen Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln nähern…

Klicke auf das Bild und finde die anderen Artikel der Serie...

Klicke auf das Bild und finde die anderen Artikel der Serie…

Nach einer angemessenen Pause von ungefähr sechs Wochen möchte ich mich wieder mal einem Thema widmen, das mir echt Spaß macht. Den Beziehungen Nordkoreas zu  Südostasien. Die Stammleser kennen meine Serie dazu ja schon, in der ich in bisher vier Beiträgen analysiert habe, ob die Beziehungen zwischen den Staaten Südostasiens und Nordkorea tatsächlich etwas „besonderes“ haben, welche Differenzen zwischen den einzelnen Staaten bestehen und woran sich die genannte „Besonderheit“ festmachen lässt (einfach die Karte oben anklicken und ihr habt alle Artikel der Serie in einer Reihe…).

Nachdem ich mit der Wahrnehmung geschlossen habe, dass die Beziehungen durchaus einen besonderen Wert für Pjöngjang zu haben scheinen, da man relativ viel Kapital  investiert, aber auch von manchen Staaten aus der Region dafür Unterstützung zu erhalten scheint, möchte ich mich im zweiten großen Block meiner Serie damit auseinandersetzen, worin diese Besonderheit begründet liegen könnte. Da die Staaten Südostasiens sozusagen vor der Haustür Pjöngjangs liegen (zumindest mittelbar), werden dabei vor allem räumliche Aspekte eine große Rolle spielen. Beginnen möcht ich aber mit einem Blick auf die „großen außenpolitischen Linien“, die für das gesamte außenpolitische Agieren Pjöngjangs kennzeichnend sind.

Die „großen außenpolitischen Linien“

Als solche großen Linien habe ich drei Aspekte ausgemacht. Zum einen ist es die Konkurrenz mit Südkorea um Anerkennung, weiterhin die Tatsache, dass Staaten häufig die Nähe zu Partnern suchen, mit denen sie historische oder ideologische Gemeinsamkeiten sehen und zuletzt sieht sich Nordkorea traditionell als Verfechter von globaler Süd-Süd-Kooperation. Mit diesen Punkten will ich mich in der Folge etwas ausgiebiger befassen.

Konkurrenz mit Südkorea

Wenn sich Staaten vor dem Hintergrund des Kalten Krieges spalteten und in der Folge als ideologische Konkurrenten agierten, verfolgten sie immer auch das Ziel, die Überlegenheit des eigenen Modells gegenüber demjenigen des verfeindeten Bruders zu demonstrieren. Das kann man in nahezu allen Politikfelder ausmachen (zum Beispiel auch in der „Sportförderung“ aka Dopingentwicklung) und eben auch im Bereich der Diplomatie.

Die Schwierigkeit Freunde zu finden, wenn der eigene Block sich auflöst…

Solange es die Blockgegensätze gab, war das Bild einigermaßen einfach. Um die Staaten im eigenen Block hatte man es nicht nötig zu werben und bei denjenigen im verfeindeten Block hätte es wohl meistens eh nichts gebracht. Es blieben noch die Staaten, die keinem Block angehörten, aber dazu später mehr. Nachdem der Kalte Krieg mit dem Zusammenbruch der meisten Ostblockstaaten zuende ging, wurde das Bild dieser diplomatischen Konkurrenz auch ein Anderes. Die Grenzen waren nicht mehr so klar und man hatte im Falle Nordkoreas auch kein so übermäßig großes Potential „natürlicher Verbündeter“ mehr. Es wurde also schwieriger, die eigene Anerkennung sicherzustellen und damit einer diplomatischen Isolation (die ja heute schon oft genug konstatiert wird) vorzubeugen. Ähnlich aber doch ganz anders war die Lage eine Zeitlang (und ist es mit leicht entspannten Vorzeichen bis heute) mit China und Taiwan. Auch hier gab es einen, oft mit Geld ausgetragenen, Wettbewerb um Anerkennung, in dem allerdings der „westliche“ Vertreter den Kürzeren zieht. Noch heute kann man dort hin und wieder von einem Wechsel der staatlichen Anerkennung dieses und jenes Inselstaates gegenüber der VR China und der Republik China lesen.

Ungünstige Wettbewerbsbedingungen

Nordkorea dürfte sich gezwungen sehen, auf diplomatischer Ebene immer wieder den Wettbewerb mit Südkorea um die Anerkennung und Unterstützung anderer Staaten aufzunehmen (siehe hierzu auch den entsprechenden Teil des hervorragenden Artikels von Peter Hayes zu den Konstituenten der nationalen Macht („power“) in Süd- und Nordkorea, bei dem leider die zweite Hälfte fehlt (was für unseren Zweck aber nicht so wichtig ist)). Deshalb ist es nur folgerichtig, dass es versucht, die Kontakte zu allen potentiellen Kandidaten warmzuhalten und so keinen Raum für eine Expansion des südkoreanischen Einflusses zu lassen. Wegen der extremen ökonomischen Übermacht Südkoreas, die sich zumindest zum Teil auch in politischen Einfluss übersetzen lässt, dürfte Pjöngjang immer auf der Suche nach möglichen Lücken sein (wo hat Seoul keine so starke wirtschaftliche Stellung), oder auf andere Aspekte der Verbundenheit, die nicht unbedingt ökonomischer Natur sind, Bezug nehmen.

Ideologische und historische Nähe

Und damit bin ich auch schon beim zweiten der oben genannten Punkte. Nordkorea versucht nämlich relativ erfolgreich, die geringe wirtschaftliche Relevanz dadurch wettzumachen, dass es sich auf ideologische Näher oder aber auf historische Verbindungen zu anderen Ländern beruft.

Die wenigen „Standhaften“ als ideologische Ankerpunkte

Zwar kam mit dem Ende des Kalten Krieges auch das Ende für den Großteil der sozialistischen/kommunistischen Staaten, jedoch nicht für alle. Verstreut über die Welt gibt es verschiedene Länder, die zumindest offiziell noch an ihrer Staatsdoktrin aus dem Kalten Krieg festhalten. Neben China, das wegen seines realkapitalistischen Staatssozialismus mitunter in unseren Breiten belächelt wird, ist zum Beispiel Kuba ein Beispiel hierfür. In Südostasien gehören Vietnam und Laos zu diesen Überbleibseln und in Afrika beispielsweise Tansania, wo trotz demokratischer Wahlen noch immer die ehemalige sozialistische Einheitspartei regiert. Mit all den genannten Ländern unterhält Pjöngjang gute Beziehungen, was vermuten lässt, dass die ideologische Nähe hier ein Faktor sein könnte. Allerdings ist zu bedenken, dass die nach außen getragene Ideologie in vielen der Fälle nicht unbedingt etwas mit dem System zu tun hat, was wiederum in eine andere Richtung deuten würde. Nämlich das die Beziehungen nicht zuletzt auf jahrzehntelange persönliche Kontakte und gegenseitiges Kennenlernen zurückzuführen sein könnten. Im Gegensatz zu vielen anderen Systemen kam es in diesen Staaten nicht zu revolutionären Umbrüchen und so sind noch heute Menschen in hohen Positionen, die man schon ewig kennt.

Kim Il Sungs Kumpels und durch Blut gestählte Freundschaften

Ein weiterer Aspekt aus diesem Feld ist die historische Nähe. Nordkorea hatte mit Kim Il Sung einen Führer, der nicht nur nach innen, sondern auch nach außen hin charismatisch wirkte. Er knüpfte persönliche Beziehungen zu einer Vielzahl von Staatenlernkern weltweit, die mitunter relativ tragfähig zu sein scheinen. Zwar haben viele seiner ehemaligen Kumpels so wie er mittlerweile das zeitliche gesegnet, aber manche der damals geknüpften Bande wirken über Generationen fort. Ein Beispiel hierfür ist Syrien, aber auch Kambodscha kann man in diese Kategorie packen. Vielleicht sogar ein bisschen Indonesien, wo sich die Freundschaft Kim Il Sungs mit dem ersten Präsidenten Sukarno bis in die heutige Zeit auswirkt. Außerdem haben nordkoreanische Soldaten sich öfter mal solidarisch an verschiedenen Konflikten beteiligt. So nahmen beispielsweise Piloten aus Nordkorea am Vietnamkrieg teil und kämpften an der Seite Ägyptens im Yom Kippur Krieg gegen Israel. Auch nach Simbabwe hatte Kim Il Sung seinem Freund Mugabe nordkoreanische Ausbilder geschickt.

Nicht nur historische Pluspunkte, auch Altlasten gibt es

Noch heut nutzen Nordkoreas Diplomaten häufig die Chancen die sich ihnen aufgrund historischer Beziehungen, die oft auf Basis persönliche Freundschaften geknüpft wurden, um einer möglichen politischen Isolation vorzubeugen und sich ein Netzwerk befreundeter Staaten in aller Welt zu bewahren. Das gilt auch für einiger Staaten Südostasiens, jedoch bei weitem nicht für alle. Während es im Fall Indonesien zumindest fraglich ist, kann man sich auf so etwas hinsichtlich der Philippinen, Thailand und Brunei nicht berufen. Gegenüber Myanmar schleppte Pjöngjang sogar sowas wie eine Altlast mit sich herum, da man 1983 versucht hatte, den damaligen Südkoreanischen Präsidenten Chun Doo-hwan mittels eines Bombenanschlags in Rangun zu töten (er selbst überlebte zwar, aber vier Minister seines Kabinetts und 17 weitere Personen kamen ums Leben), was man in Myanmar nicht gerade mit Begeisterung aufnahm.

Süd-Süd-Kooperation als traditioneller außenpolitischer Fokus

Auch den dritten oben genannten Punkt, nämlich die Tradition der Süd-Süd-Beziehungen in der nordkoreanischen Außenpolitik kann man mit den zuvor Genannten in Verbindung setzen.

Die Blockfreien-Bewegung

Nordkorea begann seit Mitte der 1960er Jahre aus wirtschaftlichen, aber auch dipomatischen Gründen den Kontakt zu Staaten zu suchen, die sich weder dem US- noch dem sowjetischen Block zugehörig fühlten. Ein bedeutendes Vehikel dazu stellte die Bewegung der Blockfreien Staaten dar, die sich 1961 gründete. Pjöngjang versuchte immer wieder die Juche-Philosophie als eine Art Entwicklungsmodell für dritte Weltstaaten zu exportieren und sich gleichzeitig eine Spitzenposition unter den Blockfreien zu erarbeiten. Diese Bemühungen waren von einigem Erfolg gekrönt und manche der Freundschaften Kim Il Sungs dürften durch diesen Rahmen ermöglicht worden sein. Dass die Blockfreien auch heute noch eine gewisse Rolle in den geostrategischen Überlegungen Pjöngjangs spielen, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass man auch heute noch sehr hochrangig auf deren Gipfeltreffen — zuletzt im Sommer in Teheran durch Kim Yong-nam — vertreten ist. (Ein sehr gutes Paper zum Thema Nordkoreas Süd-Süd-Engagement findet ihr hier).

Regionale Foki

Besondere regionale Foki lagen damals auf Südostasien, dem Mittleren Osten und Afrika, während Lateinamerika als „Hinterhof der USA“ der es damals nunmal war, für Nordkorea außer Reichweite lag, was ein realistisches Engagement betroffen hätte. Betrachtet man die heutigen Muster der nordkoreanischen Außenpolitik, dann zeigt sich, dass sie was die oben genannten regionalen Foki angeht, weitgehend fortgeschrieben wurde. Noch immer stellen Afrika, Südostasien und der Mittlere Osten wichtige diplomatische Schwerpunktgebiete dar, möglicherweise eben auch, weil durch das verstärkte Engagement in diesen Regionen persönliche Kontakte wuchsen und sich historische Bindungen entwickelten.

To be continued…

Die großen außenpolitischen Linien, die ich hier nur ansatzweise umrissen habe, soweit sie auch die Staaten Südostasiens direkt betrafen, stellen den Rahmen dar, in dem sich nordkoreanische Außenpolitik gegenüber diesen Regionen abspielt. Die Frage ist jetzt, ob diese großen Linien allein ausreichen, um das gesteigerte Interesse Nordkoreas an der Region  Südostasiens zu erklären. Möglich ist es, aber wenn man das diplomatische Engagement Pjöngjangs betrachtet und auch einen Blick auf die mediale Aufmerksamkeit wirft, die diese Region genießt, dann scheinen noch weitere regionenspezifische Aspekte eine Rolle zu spielen. Genau auf diese Aspekte möchte ich in meinen kommenden Beiträgen Bezug nehmen. Mir fallen da zwei bis drei ein, die gute ergänzende Erklärungen für den beschriebenen Sachverhalt bieten können.

Nordkorea und Südostasien: Ein besonderes Verhältnis? (IV): Echt jetzt?! Oder eher doch nicht…


Die Staaten Südostasiens scheinen in der strategischen Planung Pjöngjangs eine besondere Rolle zu spielen, die sich vor allem an einem besonderen Engagement Nordkoreas und einem verstärkten Interesse anderer Mächte zeigt.

Doch was könnten Gründe für eine Sonderstellung Südostasiens in den Überlegungen Pjöngjangs sein und trifft die Annahme einer Sonderstellung überhaupt zu? In dieser Serie werde ich mich regelmäßig diesen Fragen widmen und mich dem Thema auf der Suche  nach möglichen Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln nähern…

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Für diese Woche habe ich es mir zum Ziel gesetzt, endlich den ersten Teil meiner Serie zu den Beziehungen Nordkoreas zu den Staaten Südostasiens zuende zu bringen (und damit an dem spannenden Punkt anzukommen, an dem ich mir die Frage stelle, ob es sinnvoll erscheint, die Serie fortzusetzen (na…ratet mal…)). Und irgendwie ist es ja echt motivierend, Wochenziele schon am Anfang der Woche zu erledigen. Daher setze ich mich jetzt mal gleich dran, ehe mir wieder irgendwas dazwischen kommt. Dabei werde ich auf der einen Seite noch kurze Schlaglichter auf die Aspekte werfen, die ich bisher in den Beziehungen weitgehend außer Acht gelassen habe und dann eine abschließende Bewertung dessen treffen, das ich bisher erarbeitet habe.

Wirtschaftliche Beziehungen zwischen Nordkorea und Südostasien

Vernachlässigt? Nicht ohne Grund!

Ein Aspekt, den man bei der Beschreibung von Beziehungen zwischen Staaten eigentlich meistens relativ früh in den Raum wirft sind die wirtschaftlichen Verknüpfungen. Die Tatsache, dass ich das bisher noch nicht getan habe, enthält für sich selbst schonmal eine Aussage, die ich aber gerne noch mit Zahlen unterfüttere.

Disclaimer

Wie  immer, wenn es um Handelszahlen Nordkoreas geht, vorweg der kleine Disclaimer: Traut den Zahlen nicht allzusehr über den Weg (wettet zum Beispiel keine größeren Beträge (z.B. 1 Euro) auf deren Richtigkeit (Auch wenn ich nicht wüsste, wie man die be- oder widerlegen sollte). Nordkorea meldet seinen Handel nicht wirklich und wenn man hier sieht, dass zum Beispiel das gut befreundete Vietnam noch nicht mal für 3 Mio. Euro mit Nordkorea gehandelt haben soll, dann liegt die Vermutung nahe, dass auch andere Staaten ihren Warenaustausch mit Nordkorea nicht voll deklarieren. Das ist auch nicht unbedingt verwunderlich, denn manche der Güter, die Pjöngjang so feilbietet (und die sind dann auch noch besonders teuer) unterliegen ja internationalen Sanktionen. Außerdem sind die Zahlen nicht mehr ganz taufrisch, aber ich hatte nicht Lust mich allzutief  in die Datenarbeit zu versenken, mit der gleichzeitigen Gewissheit, dass die Zahlen die ich da raussuche nicht wirklich belastbar sind. Und diese Zahlen hier waren eben gut zusammengestellt und daher schnell nutzbar. Um die Tendenz der Zahlen trotz ihrer geringer Belastbarkeit herauszuarbeiten, habe ich als Referenz Südkorea dazugenommen und  China als größten Handelspartner.

Nicht der Rede Wert…

Die Aussage die man daraus treffen kann ist mehr als klar: Was die offizielle Wirtschaft angeht, ist Nordkorea nicht wichtig für Südostasien und Südostasien ist nicht wirklich wichtig für Nordkorea. So sind die nordkoreanischen Einfuhren aus China 15 mal höher als die aus allen ASEAN Staaten zusammen und die Ausfuhren nach China sind 12 mal höher als in die ASEAN Staaten. Die wichtigsten  Handelspartner in Südostasien haben Waren in mittleren zweistelligen Millionenbeträgen nach Nordkorea verkauft, bzw. von dort bezogen. Solche „Posten“ könnte man ja fast schon mit ein paar mehr oder weniger großen Einzelaufträgen erklären. Gleichzeitig sind die Zahlen, die Südkorea mit den Staaten Südostasiens verbindet so richtig viel größer als die Nordoreas. Um genau zu sein jeweils ein paar hundert mal.

…aber mit einigen interessanten Aspekten „neben der Statistik“

Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass wirtschaftliche Aspekte bisher nicht wirklich darauf hindeuten, dass eine besondere Beziehung zwischen Nordkorea und den Staaten Südostasiens existiert. Vielmehr deuten die dargestellten Zahlen in die entgegengesetzte Richtung, denn wenn besondere Beziehungen existierten, dann sollte man doch denken, dass die sich auch im wirtschaftlichen Sektor manifestieren würden. Dem war aber zumindest bis 2010  nicht so. Allerdings gibt es einige wirtschaftliche Faktoren, die vermutlich in der Statistik außen vor blieben. Einerseits ist da Nordkoreas notorischer Hang zum Waffenhandel zu nennen (der auch in dieser Region dokumentiert ist). Andererseits habe ich von Leuten, die sich gut in Südostasien auskennen gehört, dass viel nordkoreanisches Geld in Investitionen z.B. in Kambodscha flösse. Nicht zu vergessen ist natürlich auch die nordkoreanische Restaurantkette, die in Südostasien, neben China, ihren Schwerpunkt hat. Sowas geht vermutlich nicht in die Handelsstatistik ein, ist aber trotzdem ein interessanter wirtschaftlicher Aspekt (zu dem es allerdings leider kaum was verschriftlichtes gibt). Auch Investitionen in die andere Richtung sind zu verzeichnen. So kommt Loxley Pacific das Unternehmen, das aktuell das Internet für Nordkorea betreibt, aus Thailand.

Gesellschaftliche Kontakte

Zivilgesellschaft? Nordkorea? Passt das? — Nope.

Ein weiterer Faktor, der bei der Beschreibung zwischenstaatlicher Beziehungen öfter mal (je nach theoretischer Schule) eine Rolle spielt, sind zivilgesellschaftliche Kontakte. Ehrlich gesagt tue ich mir bei der Beschreibung dieser Kontakte im Fall Nordkoreas ein bisschen schwer. Einerseits, weil eine wirkliche „zivilgesellschaft“ schlicht nicht existiert und eigentlich alles immer unter dem Primat der Politik zu sehen ist. Allerdings kann man das natürlich auch anders sehen und sagen, dass gesellschaftlicher Austausch gesellschaftlicher Austausch ist und bleibt und dass das Primat unter dem der Austausch steht, relativ schnuppe ist. Unabhängig davon, wie man das sieht, ist dieser Punkt aber relativ schwer zu messen. Man könnte natürlich die Delegationsreisen nordkoreanischer Gruppen zählen, die sowas wie Zivilgesellschaft nahe kommen (z.B. des Frauenverbandes der Partei oder so). Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass das nicht wirklich Sinn macht, denn wie gesagt, im Endeffekt laufen die Fäden immer im Führungssystem zusammen und es ist eben nicht der „unabhängige Frauenverband“, sondern der der Partei.

Gesellschaftliche Kontakte als Werkzeug der Politik, nicht als unabhängiger Pfeiler der Beziehungen

Am sinnvollsten schiene es mir noch, zu gucken, in welchen Staaten es aktive Freundschafts-, Juche Studien- oder sonstige Gruppen gibt und wie aktiv die sind. Aber auch das ist schwierig, weil man die Hintergründe der Gruppen nicht wirklich kennt. Man kann, nur weil eine Person ein Statement abgibt, dass KCNA zitiert, oder weil ein Präsentkorb in Pjöngjang ankommt nicht wirklich folgern,  ob es in dem entsprechenden Land echte gesellschaftliche Kontakte nach Nordkorea gibt. Einerseits ist es möglich, dass die Gruppen sehr klein sind. Andererseits ist es möglich, dass Geschäftsinteressen das treibende Moment sind. Den Verdacht habe ich beispielsweise im Fall Indonesiens, wo vor allem Firmenbosse als Unterstützer Nordkoreas zitiert werden. Eine Wahrnehmung, die ich schon aus den früheren Beiträgen gezogen habe bestätigt sich auf diesem Wege jedoch: Die Philippinen und Brunei stehen Nordkoreas von den Staaten Südostasiens mit Abstand am fernsten. Zwischen Nordkorea und diesen Ländern scheint es keinerlei gesellschaftliche Kontakte zu geben (noch nicht mal auf niedriger Flamme). Hinsichtlich der gesellschaftlichen Kontakte lässt sich also sagen, dass sie zwar vorhanden sind, aber dass sie eigentlich nur das bestätigen, was schon aus anderen Beobachtungen zu erwarten war. Außerdem könnte man das nicht-Vorhandensein von Kontakten zu Brunei und den Philippinen auch so interpretieren, das die nicht da sind, weil Nordkorea sie als Instrument der eigenen Außenpolitik nicht fördert. Damit wäre dann aber der Rolle solcher gesellschaftlicher Kontakte vollkommen die Bedeutung abgesprochen. Das kann man glaube ich, in diesem Fall so stehen lassen, denn für die weitere Analyse scheint das keinen unabhängigen Aspekt darzustellen.

Nordkorea und die Staaten Südostasiens: Existieren besondere Beziehungen?

Was ich bisher herausfand

So, damit will ich es aber jetzt endgültig gutseinlassen, und zu einem kleinen Zwischenfazit kommen, das kurz nochmal erklären soll, warum ich von einer besonderen Stellung der Staaten Südostasiens in der Außenpolitik Nordkoreas ausgehe. Wie eben gezeigt, deuten weder wirtschaftliche, noch zivilgesellschaftliche Beziehungen darauf hin, dass eine besondere Beziehung zwischen den Staaten der Region und Nordkorea existieren könnte. Allerdings sprechen andere Punkte hier eine andere Sprache:

Und was das für mich bedeutet…

Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass Nordkorea vor allem politisches Interesse an den Staaten der Region zu haben scheint und sich auch mit politischen Mitteln bemüht, sich gut in Südostasien zu positionieren. Wirtschaftliche oder gar gesellschaftliche Erwägungen spielen bisher kaum eine Rolle, aber was noch nicht ist, kann durchaus noch werden. Jedoch ist gerade die Nutzung politischer Ressourcen ein sehr guter Marker für eine besondere Bedeutung, zumindest nach Ansicht der Politiker. Denn wenn man nicht von einer gewissen Besonderheit ausginge, dann würde man die Ressourcen anderweitig verwenden und nicht in nutzlose Engagements verschwenden. Wenn aber ein politischer Wille da ist, dann bleibt die Frage: Was sind die Ursachen dafür?

The Show must go on…

Insgesamt halte ich das Bild, dass sich hier ergibt jedenfalls für interessant genug, um mich diesem Thema weiterzuwidmen (wäre ja auch schade wenn nicht…). In den nächsten Monaten wird die Serie also weitergehen und ich werde versuchen, einzelne Aspekte in den Beziehungen zwischen Nordkorea und den Staaten der Region herauszuarbeiten, die die Führung in Pjöngjang nur mit diesen Staaten teilt, die diese Beziehungen also von solchen mit beispielsweise Staaten Afrikas unterscheidet.

Ach wie super! Und weil ich so zufrieden damit bin, dass ich meine Serie weiterschreiben werde, belohne ich mich selbst mit einem Song von einem meiner allerliebsten Lieblingsmusiker, der der Welt schon viel zu lange abhanden gekommen ist…

Ach, denkste… Verdammtnochmal! Warum gibt es die guten Lieder nie bei Youtube! Hier ein nicht annähernd adäquter Ersatz, aber wenigstens mit ein paar gloreichen Bildern…

Nordkorea und Südostasien: Ein besonderes Verhältnis? (III): Was uns die Außensicht der USA verrät


Die Staaten Südostasiens scheinen in der strategischen Planung Pjöngjangs eine besondere Rolle zu spielen, die sich vor allem an einem besonderen Engagement Nordkoreas und einem verstärkten Interesse anderer Mächte zeigt.

Doch was könnten Gründe für eine Sonderstellung Südostasiens in den Überlegungen Pjöngjangs sein und trifft die Annahme einer Sonderstellung überhaupt zu? In dieser Serie werde ich mich regelmäßig diesen Fragen widmen und mich dem Thema auf der Suche  nach möglichen Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln nähern…

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So langsam wird es Zeit, mich nochmal um die vielleicht besonderen Beziehungen zwischen Nordkorea und den Staaten Südostasiens zu kümmern. Dabei will ich mich heute weiter mit der Frage befasst, ob die Beziehungen zwischen Nordkorea und Südostasien überhaupt eine besondere Qualität haben. Dazu werde ich drei relativ aktuelle Beispiele anführen, die meiner Meinung nach zeigen, dass nicht nur Nordkorea ein besonderes Interesse an Südostasien hat, sondern dass diese Beziehungen von außen ebenfalls einer besonderen Beobachtung unterliegen. Ich werde das Bild also ein bisschen aufklappen und das Agieren der USA in der Region mit ins Kalkül ziehen.

Der Fall Myanmar

Am präsentesten dürfte vielen der Fall Myanmar sein. Nordkoreas Verhältnis zu diesem Land stieß in den vergangenen Jahren vor allem bei den USA immer wieder auf Besorgnis. Es gab starke Hinweise auf eine Zusammenarbeit im militärischen Bereich und es wurde sogar über eine Nuklearkooperation gemutmaßt. Diese relativ engen, wenn auch teilweise heimlichen Beziehungen Nordkoreas zur Führung Myanmars waren allerdings keinesfalls selbstverständlich, denn nordkoreanische Agenten hatten in den 80er Jahren in Rangun einen Anschlag auf Südkoreas Präsidenten durchgeführt und dabei mehrere Kabinettsmitglieder Südkoreas getötet (und sowas ist nachvollziehbarer Weise nicht gut für die bilateralen Beziehungen zweier Staaten). Jedoch hat man sich in Pjöngjang gemüht und die Beziehungen zu Myanmar etwa zur Jahrtausendwende wieder ins Lot gebracht. Das führte allerdings zu besagter Besorgnis der USA.

Beim Äußern der Besorgnis beließ man es allerdings im State Department nicht, sonder man verlangte die Abkühlung der Beziehungen Myanmars zu Pjöngjang als (eine von dreien) Voraussetzungen für die in den letzten Monaten ja rapide eingetretene Verbesserung der Beziehungen zwischen der westlichen Welt (mit den USA an der Spitze) und Myanmar seien. Dem kam man in Naypidaw auch nach und kühlte (zumindest nach außen hin sichtbar) das Verhältnis zu Nordkorea ab, indem man beispielsweise auf diplomatischem Parkett die kalte Schulter zeigte.

Dieser Sachverhalt sagt zweierlei über den Themenkomplex Nordkorea und Südostasien aus: Einerseits wird deutlich, dass Nordkorea in der Vergangenheit bereit war, sich um einzelne Staaten in der Region zu bemühen, auch wenn das Verhältnis schwierig war (es gibt ja auch andere Staaten, in denen man in der Vergangenheit keine Terroranschläge veranstaltet hat), wozu allerdings relativierend gesagt werden kann, dass Pjöngjang es möglicherweise garnicht so schwer hatte, weil es Güter zum Verkauf hatte, die das Regime in Myanmar dringend „brauchte“. Andererseits ist aber nicht zu bestreiten, dass die USA eine gewisse Verankerung Nordkoreas in der Region sehen und diese zurückdrängen wollen. Dazu setzen sie einiges außenpolitisches Kapital ein (sie hätten anstatt dessen ja auch etwas anderes von Myanmar fordern können, die Agenda dürfte ja länger sein), was zeigt, dass sie dem besondere Bedeutung beimessen.

Der Raketenstart und Indonesien

Auch im zweiten Beispiel haben die USA außenpolitisches Kapital in die Waagschale geworfen, um den Einfluss Nordkoreas in der Region zurückzudrängen. Hier geht es um den Satellitenstart Nordkoreas im April, der ja über Teile Südostasiens hinweggegangen wäre, wäre er geglückt. Um genauer zu sein führte die Avisierte Route über das Territorium der Philippinen und Indonesiens. Da nach der Ankündigung des Satellitenstarts die Empörung in der westlichen Welt groß war, wäre es ja naheliegend, dass auch die betroffenen Staaten in den Chor der Kritiker einstimmen würde. Das geschah aber scheinbar nicht zur Zufriedenheit der USA, denn der Kurt Campbell, der Mann, der im State Department für die Region zuständig ist, legte Australien, den Philippinen und Indonesien nahe, den Satellitenstart öffentlich zu verurteilen und als Provokation zu brandmarken. Während die Philippinen dieser Aufforderung relativ zügig nachkamen, ließ sich Indonesien deutlich mehr Zeit und gab auch dann nur eine halbherzige Erklärung ab.

Auch aus diesem Sachverhalt wird zweierlei deutlich: Einerseits versuchten die USA mit diesem Vorgang die Beziehungen dieser Staaten zu Nordkorea zu schädigen (offene Kritik und Verbrüderung mit den USA ist nicht so gut für bilaterale Beziehungen mit Nordkorea), andererseits gelang das aber nur zum Teil. Die Philippinen, die einer der engsten Verbündeten der USA in Südostasien sind kamen der Aufforderung zwar nach, mussten aber erstmal erinnert werden, Indonesien reagierte wesentlich ausgewogener. Zwar wurde die Aufforderung der USA nicht ignoriert (man will den mächtigsten Staat der Welt eben nicht verärgern) aber man machte relativ spät ein relativ schwaches Statement (man wollte wohl auch Pjöngjang nicht verärgern). Es wird deutlich, Pjöngjang hat auch im maritimen Südostasien einen Fuß in der Tür und das gefällt den Vertretern der USA nicht.

Die ASEAN und ihr Abschlussstatement 2009

Das dritte Beispiel ist etwas älter, aber nicht weniger interessant. Es stammt aus dem Jahr 2009 als die Regierung Obama gerade ins Amt gekommen und von Nordkorea mit einem Nukleartest begrüßt worden war. Danach war die Resolution 1874 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen verabschiedet worden (mit den Stimmen Chinas und Russlands, was Nordkorea erstmal sehr isoliert scheinen ließ) und es gab das übliche Hin und Her auf dem diplomatischen Parkett. Eine Episode die zu diesem Themenkomplex gehört, bisher aber wenig beleuchtet wurde, wird durch die von Wikileaks veröffentlichten Depeschen des US-Außenamtes etwas durchschaubarer bzw. erst so richtig sichtbar.

Auf dem ASEAN Regional Forum (ARF), dem regionalen Sicherheitsforum der ASEAN Staaten, an dem nicht nur die USA, China, Russland, Südkorea und Japan teilnehmen, sondern auch Nordkorea (neben jeder Menge anderer Staaten), ist es nämlich im Jahr 2009 hinter den Kulissen zu einem kleinen Eklat gekommen. Schon im Vorfeld hatten die USA versucht über ihre Verbündeten (die Philippinen) dafür zu sorgen, dass die Abschlusserklärung des Treffens Nordkorea scharf verurteilen würde. Es sah wohl auch alles danach aus, als würde das klappen, denn auf dem ASEAN Ministerial Meeting im Vorfeld des ARF, wurde Nordkoreas Handeln scharf verurteilt. Als dann jedoch das Abschlussstatement des ARF, das in diesem Jahr von Thailand geleitet wurde (weswegen  Thailands Außenminister auch der verantwortliche Ansprechpartner war) veröffentlicht wurde, waren die USA scheinbar recht entsetzt. Das lässt sich daran festmachen, dass US Außenminister Clinton ihren Ärger explizit übermitteln ließ. Das Statement entsprach nicht dem, das die USA als Vorschlag übermittelt hatten und auch nicht dem, das ihnen die Vertreter Thailands als den Diskussionsstand übermittelt hatten. Außerdem war der nordkoreanischen Gegendarstellung fast ebensoviel Raum eingeräumt worden, wie der Kritik, was für die USA inakzeptabel schien. Daher musste der Vertreter Thailands von den USA auch einiges aushalten. Er begründete sein Vorgehen mit Druck von China und Russland, dem Willen anderer AESAN Staaten und der Drohung Nordkoreas, das Forum zu verlassen und nie wieder zu kommen.

Im Endeffekt ist das, was sich aus den Depeschen herauslesen lässt mit Sicherheit nicht die ganze Wahrheit (bis der Text entstanden war, den wir da lesen konnten, waren einige kommunikative Prozesse abgelaufen, bei denen mindestens ein Partner ein Interesse daran hatte, die Wahrheit ein bisschen „anzupassen“), jedoch zeigt sich trotzdem ein interessantes Bild: Auch hier wird wieder deutlich, dass die USA die Region als ein wichtiges Feld sehen, um ihre Interessen im Umgang mit Nordkorea geltend zu machen. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass das in diesem Fall nur in einem Maß gelang, das für die USA absolut unbefriedigend war. Die Ursachen dafür scheinen schwammig, aber ein Teil davon dürften in direkten diplomatischen Bemühungen Nordkoreas zu suchen sein. Einerseits durch die oben angesprochene Drohung das Forum zu verlassen, aber wohl auch durch bilateralen Druck auf einzelne ASEAN Mitglieder, die dann für ein schwaches Vorgehen gegenüber Nordkorea eintraten. Auch die Rolle Thailands als Vorsitzender ist nicht uninteressant. In dieser Funktion hatten die Vertreter des Landes viel Einfluss bei der Erstellung des Abschlussstatements. Eigentlich tendiert Thailand weiterhin eher zu den USA. Das alles scheint aber nichts gebracht zu haben und in den USA scheint der Verdacht bestanden zu haben, weil die Vertreter Thailands nicht wollten.

Die USA sind gegenüber Nordkorea nicht übermächtig in der Region

Die hier angeführten Beispiele können im Endeffekt nicht als endgültiger Beweis für oder gegen ein bestimmtes Argument herangezogen werden, aber sie helfen doch recht gut, das Bild, das sich in der Region zeigt zu illustrieren. Es ist eben nicht nur Nordkorea, dass sich um die Staaten dort bemüht und dann hin und wieder Erfolg hat, was sich dann beispielsweise in umfangreicherem diplomatischem Austausch ablesen lässt, sondern auch die USA beobachten die Bemühungen Pjöngjangs schon seit Jahren wachsam, sie messen ihnen also eine besondere Bedeutung bei. Sie versuchen Einfluss auf die Staaten der Region zu nehmen, mit denen sie mehr oder weniger eng befreundet sind und so die Beziehungen der Staaten mit Pjöngjang auf einem möglichst geringen Niveau zu halten. In diesem diplomatischen Ringen müssen die USA aber immer wieder Niederlagen einstecken, wenn die Staaten eben nicht so handeln, wie sich die Mitarbeiter des US Außenministeriums das vorstellen. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Staaten die entgegen oder nicht voll nach dem Willen der USA handeln die Kosten dafür in Kauf nehmen, um gleichzeitig Pjöngjang in einem gewissen Maß entgegen zu kommen. Für mich sind sowohl das Interesse der USA als auch das Handeln einiger Staaten Südostasiens eindeutige Beweise dafür, dass hier Beziehungen bestehen, die in irgendeiner Form besonders sind.

Wenn ich mich nächstes Mal dieser Serie widmen (ich hoffe in absehbarer Zeit), werde ich noch einige kleinere Aspekte beleuchten und dann abschließend bewerten, ob die Beziehungen nun in irgendeiner Form besonders sind oder nicht.

Nordkorea kuschelt mit Südostasien und zeigt Seoul die kalte Schulter und mehr interessantes vom ARF in Phnom Penh


Gestern ging mit dem Außenministertreffen der Höhepunkt des diesjährigen ASEAN Regional Forum (ARF) in Phnom Penh über die Bühne. Normalerweise schenke ich dem ARF ja immer einige Aufmerksamkeit, weil es das einzige regionale Sicherheitsforum ist, bei dem Nordkorea regelmäßig hochrangig vertreten ist. Dieses Jahr habe ich das Ganze fast ohne jegliche Würdigung verstreichen lassen. Das mag einerseits daran gelegen haben, dass ich aufgrund der Semesterendphase, die immer besondere Aufmerksamkeit verlangt, nicht so viel Zeit hatte. Andererseits hatte es aber auch damit zu tun, dass ich mir von dem diesjährigen ARF keine großartigen Entwicklungen hinsichtlich Nordkoreas erwartet habe. Als „großartige Entwicklungen“ hätte ich es zum Beispiel empfunden, wenn Vertreter Nord- und Südkoreas miteinander gesprochen hätten wie im letzten Jahr oder wenn man sich gar auf irgendwas geeinigt hätte, das in Richtung Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche gedeutet hätte. Dazu kam es in diesem Jahr nicht.

Unspektakulär heißt nicht ohne Erkenntnisse

Trotzdem war das Treffen nicht uninteressant und gibt einiges zum Analysieren bzw. Denken und weil es einer der wenigen Anlässe ist, bei denen Pjöngjang im (medial gut ausgeleuchteten (dafür sorgt die prominente Besetzung und die Vielzahl politisch heißer Eisen, die dort verhandelt werden, oder auch nicht)) multilateralen Rahmen hochrangig vertreten ist, habe ich beschlossen, doch noch kurz etwas darüber zu schreiben. Aber vorab noch ein paar Filmchen. Hier wird vom chinesischen Sender CCTV ganz gut der Rahmen abgesteckt, in dem das ARF stattfand (wobei man geschickt die Bedeutung des Themas „Südchinesisches Meer“ herunterspielt, von westlichen Kommentatoren wird dieser Komplex anders bewertet).

Hier gibt es ein Filmchen von der Ankunft und Abreise Pak Ui-chuns.

Hier schaut sich ein Wicht (darf man „Wicht“ zu jemandem sagen, den man nicht kennt? Irgendwie dachte ich, als ich ihn gesehen habe: „Wasn das fürn Wicht?“) vom japanischen Fernsehen die Gespräche Paks im Vorfeld an. Im Bild die Zusammenkünfte mit den Ministern Vietnams und Singapurs (wenn ich mich nicht täusche), wobei erstaunlicherweise das Treffen mit dem singapurischen Kollegen wesentlich herzlicher aussah.

Zu guter Letzt noch ein Video vom Plenum, wobei für Pak Ui-chun vor allem die Knabbereien von Interesse gewesen zu sein scheinen (in meinem Dialekt gibt es für diese Art des vergnügten und konzentrierten Verzehrens von Leckereien den schönen Begriff „moufeln“; Im Hochdeutschen fehlt glaube ich ein Äquivalent. „Schmausen“ kommt dem nahe, verweist aber eher auf gehobene Gerichte), sowie (was wesentlich interessanter ist) von einem nordkoreanischen Vertreter, der gerade die „Position of the DPRK government“ unters Volk bringt (zu dem ominösen Schrieb später noch etwas mehr), wobei er und das Positionspapier fast zerquetscht werden.

Was konkret geschah

Aber das alles sagt natürlich nur zum Teil etwas über den Gehalt der Veranstaltung aus. Denn wie gesagt: Dass nicht viel Spektakuläre geschah, heißt ja noch lange nicht, dass nichts geschah und vor allem heißt es nicht, dass nichts Wichtiges Geschah (vor allem wenn man bedenkt, dass manchmal auch nicht-Ereignisse eine Aussage bergen).

Mit wem Pak sprach und mit wem nicht

So ist es natürlich interessant zu sehen, dass Pak durchaus einige Kollegen getroffen hat. Neben denen aus Vietnam und Singapur, die oben im Bild waren, gehörten laut KCNA außerdem die Außenminister Kambodschas und Chinas dazu. Das wäre eine ganz gute Ausbeute, wenn man den Aussagen der Hankyoreh folgt, die besagen, dass sich Nordkoreas Außenpolitiker auf dem ARF in der Vergangenheit weitgehend auf Treffen mit den chinesischen Amtskollegen beschränkt hätten (im letzten Jahr war außerdem noch Russland dabei). Im selben Artikel wird auch behauptet, Pak habe sich nicht nur mit den vorgenannten Außenministern zusammengesetzt, sondern auch mit dem Vertreter Myanmars (auch Indonesien und die Philippinen standen noch auf dieser Liste). Das hätte wiederum einige Tragweite, denn die USA haben Rangun bzw. Naypidaw relativ unelegant dazu gezwungen, Nordkorea von der Freundes- und Bekanntenliste zu streichen. Ein Treffen im Rahmen einer solchen Veranstaltung kann den USA nicht gefallen haben. Allerdings habe ich zu dem Treffen mit dem Außenminister Myanmars relativ wenig gefunden (kann also sein, dass sich der Korrespondent (der aber vor Ort war) verguckt hat, keine Ahnung). Jedenfalls zeigt sich auch hier wieder ein Trend hin zu diplomatischen Avancen gegenüber den Staaten Südostasiens. Allerdings geht das nicht so weit, dass man Gastgeber Kambodscha den Erfolg zuteilwerden ließ,  im Konflikt auf der Koreanischen Halbinsel zu vermitteln. Um für eine solche Vermittlertätigkeit Vorbereitungen zu treffen war Kambodschas Außenminister Hor Namhong nämlich erst vor einigen Wochen nach Pjöngjang geflogen. Wie gesagt: Mit den Vertretern Südkoreas und den USA gab es dagegen keine Annäherung. Man zeigte sich vielmehr die kalte Schulter. Berichten zufolge gaben sich die koreanischen Minister die allergrößte Mühe sich nicht über den Weg zu laufen und begrüßten sich auch nicht.

Stimmen der Vergangenheit…

Da passt auch ganz gut das obskure Statement ins Bild, dass die nordkoreanische Delegation zum krönenden Abschluss veröffentlichte. Es soll die Stellungnahme Paks vor dem ARF zusammenfassen und (laut dem Typen im Video) die offizielle Position der Regierung der DVRK widerspiegeln. Allerdings wurden die in der Pressemitteilung gemachten Aussagen Paek Nam-sun zugeschrieben. Der war auch mal Außenminister Nordkoreas, ist aber zwischenzeitlich (vor fünf Jahren) verstorben. Auch wenn das Statement wenig Neues enthielt (wir müssen uns nuklear bewaffnen, solange wir von der feindseligen Politik der USA bedroht werden) waren darin auch Verweise auf aktuelle Ereignisse wie den Raketenstart oder den Beschuss der nordkoreanischen Flagge durch US-Truppen in einem Manöver zu finden. Das nennt man dann wohl schlampiges copy-pasten.

Unspezifische Abschusserklärung

Achja, eine Abschlusserklärung gab es auch in diesem Jahr auch wieder und auch die zeigt, dass sich mit Bezug auf Nordkorea nicht viel getan hat. Das was hier steht ist sehr vorsichtig formuliert und weist eigentlich nicht auf irgendwelche Probleme. Das könnte fast eins zu eins aus dem Bestand chinesischer Pressemitteilungen zu Nordkorea stammen. Alle Parteien werden angehalten keine weiteren provokativen Schritte zu begehen und sich an ihre Verpflichtungen aus UN-Resolutionen und Vereinbarungen aus den Sechs-Parteien-Gesprächen zu halten. Die Parteien sollen nach Wegen suchen, wieder Vertrauen herzustellen. Außerdem wird auf die erfolgreiche Reise des kambodschanischen Außenministers als ASEAN und ARF Vorsitzender nach Pjöngjang hingewiesen. Nicht erklärt wird allerdings, worin diese Erfolge genau zu sehen sind. Was fehlt ist beispielsweise eine konkrete Bezugnahme zum Raketenstart Nordkoreas. Das kann man getrost als Niederlage für die USA, Südkorea und vielleicht auch die Philippinen (im Gefolge der USA und als irgendwie betroffenes Land) werten.

7. The Ministers underlined the importance of peace, security and stability on the Korean Peninsula and urged concerned parties not to take any further provocation actions and to comply with their respective obligations under the relevant UN Security Council Resolutions and their commitment under the 2005 Six-Party Talks Joint Statement. The Ministers further reiterated the call for all parties concerned to explore all possibilities to engage in peaceful dialogue which would lead to the creation of an atmosphere of trust and confidence among the concerned parties. The Ministers noted the successful visit of H.E. HOR Namhong, Deputy Prime Minister, Minister of Foreign Affairs and International Cooperation of Cambodia to Pyongyang, Democratic Republic of Korea on 3-4 June 2012, in his capacity as both the ASEAN Chair and the ARF Chair. The visit has highlighted the enhancing role of the ARF Chair.

Vergleicht man dieses Statement beispielsweise mit dem Vorjahr, dann wurde letztes Mal schon eher Tacheles gesprochen, als man seine Besorgnis über Nordkoreas Nuklearprogramm zum Ausdruck brachte und auch auf humanitäre Fragen verwies. Das alles fehlt dieses Mal.

8. The Ministers reaffirmed that the complete, verifiable and irreversible denuclearization of the Korean Peninsula is essential not only for the enduring peace and stability in the region but also the integrity of the global nuclear non-proliferation regime. In this context, they expressed concern about the DPRK’s uranium enrichment activities and called on the DPRK to comply fully with its international obligations and commitments, by abandoning all existing nuclear programs. Furthermore, they underlined the importance of addressing humanitarian concerns of the international community, such as the issues of abduction and family reunion.

Was uns das ARF 2012 lehrt

Das was ich an diesem ARF interessant finde, ist nicht das konkrete Ergebnis hinsichtlich der Koreanischen Halbinsel. Das ist nämlich fast inexistent. Das Interessante ist die Tatsache, dass sich gerade an dieser Ergebnislosigkeit, bzw. einigen nebensächlichen Beobachtungen, einige der großen politischen Linien festmachen lassen, die uns in den vergangenen Jahren beschäftigt haben und vermutlich im kommenden Jahr genauso beschäftigen werden.

Diplomatisch passiert in den nächsten Monaten nichts Wichtiges

Als erstes Mal zu der Frage, warum von diesem ARF nicht wirklich etwas zwischen Nordkorea auf der Einen und Südkorea und den USA auf der anderen Seite zu erwarten war. Das ist wohl vor alle Dingen der Tatsache geschuldet, dass so bald keine diplomatischen Initiativen mehr auf der Koreanischen Halbinsel stattfinden werden und um das ein bisschen zu konkretisieren. Eh nicht klar ist, wer im Weißen und wer im Blauen Haus in den nächsten Jahren regieren wird, wird sich niemand mehr die Mühe machen. Für Pjöngjang ist es wenig sinnvoll, da man nicht wissen kann, ob jetzt getroffene Vereinbarungen eine Halbwertszeit von mehr als einem halben Jahr haben, für Washington bzw. den dort regierenden Präsidenten ist es nach der Bloßstellung des „leap-day-agreement“ (der Vereinbarung die die USA und Nordkorea kurz vor der Verkündigung des Raketenstarts trafen) vermutlich am Besten, wenn so wenig wie möglich über das Nordkoreathema gesprochen wird und für Seoul bzw. Lee Myung-bak käme eine Abkehr vom Kurs der letzten Jahre einem totalen Eingeständnis der absoluten Erfolglosigkeit der eigenen Politik gleich. Auf gutdeutsch. Nach dem ARF ist es noch sicherer als davor, dass man sich bis zu den Wahlen in Südkorea und Washington nicht mehr ernsthaft an einen Tisch setzen wird.

Kuscheln mit SOA geht weiter

Den zweiten Trend habe ich ja oben schon angesprochen: Nordkoreas Werben um die Staaten Südostasiens geht weiter. Während sonst im Rahmen des ARF meist die Beziehungen zu den unmittelbaren Partnern, bzw. Gegnern im Zentrum des nordkoreanischen Handelns standen, waren es in diesem Jahr die ASEAN-Staaten, denen man viel Energie widmete. Das kann ein Zufall sein, aber an die glaube ich nicht so recht. Vielmerh passt es ins große Bild des Werbens Nordkoreas um viele Staaten der Region. Und naja, wenn man so will, kann man im diesjährigen Statement des Vorsitzenden (das aber im Konsens aller Teilnehmer beschlossen werden muss) die ersten Früchte dieser Bemühungen sehen. Nordkorea kam fast unbescholten aus der Geschichte raus. Tatsächlich wurde eine Reise nach Pjöngjang sogar als Erfolg beschrieben. Da wissen zukünftige ASEAN und ARF-Vorsitzende ja, was sie zu tun haben, wenn sie erfolgreich sein wollen. Einfach nach Pjöngjang fliegen. Auf gutdeutsch: Nordkorea hält weiter Kurs auf die ASEAN und versucht aktiv Freunde in der Region zu gewinnen.

Konstante Motive: Die USA bleiben im Fokus von Nordkoreas Außenpolitik

Der dritte Trend lässt sich an der obskuren Stellungnahme des nordkoreanischen Außenamtes festmachen, oder vielmehr an der Tatsache, dass die Vorlage dazu wohl schon mindestens fünf Jahre alt ist (wenn man nicht von einer perfiden Verwirrungstaktik des Regimes ausgehen will (was ich  nicht vorhabe)). Denn vermutlich konnten wenige Gäste des ARF eine Stellungnahme, die vor fünf Jahren gehalten wurde einfach übernehmen, ein paar Absätze änder und das dann als die offizielle Regierungsposition verlesen. Die Tatsache, dass Pjöngjang das kann zeigt ein weiteres Mal, wie wenig sich in den zentralen außenpolitischen Fragen des Regimes geändert hat. Der Fokus ist noch haargenau derselbe wie vor fünf Jahren. Das Verhältnis zu den USA und die Rolle die die Vereinigten Staaten auf der Koreanischen Halbinsel spielen sind ein herausragendes handlungsleitendes Motiv der nordkoreanischen Außenpolitik. Auf gutdeutsch: Die Tagespolitik auf der Koreanischen Halbinsel mag sich ändern. Die zentralen außenpolitischen Fragestellungen bleiben für Pjöngjang die gleichen.

Nächstes Jahr mit frischem Personal zu frischen Ergebnissen?

So viel zum diesjährigen ARF. Ich hoffe, dass ich im nächsten Jahr mit frischem Personal in den Meisten der Hauptstädte des Sechs-Parteien (Ach verrückt! Russland: Neuer (alter) Präsident; China: Bald neue Spitze; Südkorea, Bald neuer Präsident; USA: bald neuer (vielleicht alter) Präsident; Nordkorea: Neuer Kim Jong Un; Japan: Momentan immer für spontane Regierungswechsel gut. Frischer geht ja fast nicht.) über spektakuläre positive Entwicklungen berichten kann.

Nordkorea und Südostasien: Ein besonderes Verhältnis? (II): Diplomatischer Austausch


Die Staaten Südostasiens scheinen in der strategischen Planung Pjöngjangs eine besondere Rolle zu spielen, die sich vor allem an einem besonderen Engagement Nordkoreas und einem verstärkten Interesse anderer Mächte zeigt.

Doch was könnten Gründe für eine Sonderstellung Südostasiens in den Überlegungen Pjöngjangs sein und trifft die Annahme einer Sonderstellung überhaupt zu? In dieser Serie werde ich mich regelmäßig diesen Fragen widmen und mich dem Thema auf der Suche  nach möglichen Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln nähern…

Klicke auf das Bild und finde die anderen Artikel der Serie…

Vor einiger Zeit habe ich mir ja vorgenommen mich etwas intensiver mit den Beziehungen Nordkoreas zu den Staaten Südostasiens auseinanderzusetzen, da ich das Gefühl habe, dass hier für Pjöngjang eine besondere Priorität liegt. Diese Ansicht scheint sich auch anderswo durchzusetzen. Um in der Sache ein bisschen voran zu kommen, möchte ich heute meine Serie fortsetzen und etwas näher auf die diplomatischen Kontakte eingehen, die nicht nur, wie letztes Mal gezeigt, von ihrer Quantität her beachtlich — wenn auch divers — sind, sondern auch qualitativ respektable Ausmaße erreichen.

Um das ein bisschen näher zu beleuchten werde ich mich auf die hochrangigen Kontakte zwischen Nordkorea und den Staaten Südostasiens von 2011 bis heute beziehen. Ich werde dabei nicht wirklich auf die Inhalte der Gespräche, die publik wurden, eingehen, denn sonst würde das zu viel, vor allem wenn man daran denkt, dass die Themen die veröffentlicht werden, eigentlich immer extrem unspektakulär und meistens auch substanzlos sind (und ein zwischen den Zeilen lesen ist dabei ohne weiterführende Infos kaum drin).

Eine selten Ehre: Laos Staatspräsident in Pjöngjang

Der Höhepunkt der diplomatischen Kontakte Nordkoreas war sicherlich der Besuch des laotischen Präsidenten Choummaly Sayasone im September des letzten Jahres. Die Visite erachte ich vor allem deshalb als interessant, weil solche Besuche in Pjöngjang nicht eben an der Regel sind. Vielmehr hat man in den letzten Jahren kaum mal einen Staatschef in Pjöngjang empfangen können und wenn man China rausrechnet, dann ist es ein halbes Jahrzehnt her, das ein Staatschef sich dorthin verirrt. Daher war es für die nordkoreanische Führung wohl ein beachtlicher Erfolg, den Präsidenten zu bewirten.

Aber Nordkorea zeigte sich nicht nur gastfreundlich gegenüber einer Vielzahl diplomatischer und militärischer Gäste aus der Region, wobei vor allem aus Vietnam, Laos und mit Abstrichen Kambodscha viele Besucher kamen und auf eine sehr fürsorgliche Gastfreundschaft vertrauen konnten (wie man hörte). Vielmehr bemühte man sich auch selbst aktiv und schickte immer wieder Reisegruppen los, die nicht nur aus bereichsspezifische Fachleuten bestanden, sondern öfter mal auch von den absoluten Spitzen des Regimes in Pjöngjang angeführt wurden.

März 2011: Pjöngjang zu Gast bei Freunden

Ende März 2011 besuchte eine Militärdelegation um Pak Jae-gyong Vietnam, Laos und Kambodscha. Zwar gehört Pak nicht zur absolut ersten Reihe des Regimes, aber zwei Gründe bringen mich dazu, ihn hier mit aufzuführen. Einerseits geht Kim Jong Un (und vor ihm sein Vater) kaum aus dem Haus, ohne Pak dabei zu haben, zumindest wenn es zum Militär geht. Vor allen Dingen wurde Pak aber in seinen Gastgeberländern so prominent empfangen, dass er kein kleines Licht sein kann. In Laos sprach er mit dem Vizepräsidenten und in Kambodscha nahmen sich mit Premier Hun Sen und König Norodom Sihamoni gleich beide Spitzen des Staates Zeit für den Gast aus Pjöngjang. Zumindest Hun Sen bekam dabei auch eine Einladung nach Pjöngjang, der er zum passenden Zeitpunkt nachkommen wollte.

Mai 2012: Die erste Reihe gibt sich die Ehre

So richtig hochrangig wurde es dann vor einigen Wochen. Mitte Mai waren gleichzeitig Kim Yong-nam, das protokollarische Staatsoberhaupt Nordkoreas und Ri Yong-ho, der Generalstabschef des Landes in der Region unterwegs. Ri Yong-ho besuchte Laos und wurde dort sowohl vom Präsidenten als auch vom Premier empfangen (und natürlich hatte er auch das Vergnügen mit Kollegen vom Militär. Kim Yong-nam widmete sich derweil Singapur und Indonesien. In Singapur wurde er dabei von Regierungschef Tony Tan Keng Yam empfangen. In Indonesien sprach er unter anderem mit dem Staatspräsidenten Susilo Bambang Yudhoyono und übermittelte ihm eine Einladung Kim Jong Uns nach Pjöngjang.

Nur eine Auswahl

Bei der Betrachtung dieser hochrangigen Kontakte fallen einige Dinge auf. Einerseits beziehen sie sich nur auf ein Teil der Staaten Südostasiens. Besonders die „natürlichen Verbündeten“ auf dem Festland, also Laos, Vietnam und Kambodscha, denen man aus ideologischen und historischen Gründen nahe steht, sind hier im Zentrum, aber auch Singapur und Indonesien werden aktiv umworben. Würde man noch eine Ebene tiefer gehen, würde sich diese Wahrnehmung fortsetzen. Vor allem die drei Festlandstaaten sind ein beliebtes Zeil für nordkoreanische Diplomaten, Militärs und Parteikader. Andere Staaten dagegen wie Thailand und die Philippinen scheinen hier weniger interessant zu sein.

ASEAN als Brücke nach Südostasien

Jedoch kommt Pjöngjang auch aufgrund eines anderen Sachverhaltes alljährlich mit den Vertretern der Staaten der Region  in Kontakt. Es nimmt nämlich regelmäßig am ASEAN Regional Forum (ARF) der Association of South East Asian Nations (ASEAN) teil. Das klingt erstmal garnicht so spektakulär, ist es aber irgendwie doch, denn das ist die einzige Gelegenheit, zu der Pjöngjang bereit ist, sich in einem multilateralen Rahmen über regionale Sicherheitsfragen auszutauschen. Diese Bereitschaft kann man durchaus als kleines Entgegenkommen gegenüber den Gastgebern werten, nicht zuletzt weil sich Pjöngjang zu diesem Anlass häufig schweren Vorwürfen ausgesetzt sieht. Das Forum bietet außerdem die Möglichkeit zu informellen Gesprächen am Rande des Treffens.

Auch die Tatsache, dass Nordkorea seit dem vergangenen Jahr durch Ri Jong Ryul, den Botschafter in Indonesien auch offiziell beim ASEAN-Sekretariat in Jakarta akkreditiert ist belegt, dass man an dieser Staatengruppe interessiert ist und einen dirketen Draht nicht nur zu den einzelnen Staaten, sondern auch ihrer Organisation knüpfen möchte. Natürlich könnte man Nordkoreas Interesse an der ASEAN auch damit begründen, dass es in Ostasien generell an institutionalisierten Strukturen mangelt und dass es dort aufgrund der sehr schwierigen diplomatischen Umgebung nur schwer vorstellbar ist, dass solche Strukturen unter Teilnahme Nordkoreas in näherer Zukunft zustande kommen. Nichtsdestotrotz sind auf den ersten Blick die Vorteile, die sich Pjöngjang von einer besseren Integration mit der ASEAN als Organisation versprechen kann, nur schwer ersichtlich. Daher wäre es auch denkbar, dass es sich um eine Geste des guten Willen Seitens Pjöngjangs handelt, die die ASEAN aufwertet und als möglichen Vermittler ins Spiel bringt, ohne Nordkorea wirkliche Verpflichtungen abzuverlangen.

Demnächst mehr

Soweit für heute von mir. In meinem nächsten Artikel werde ich einen kurzen Blick auf die Handelszahlen zwischen Nordkorea und den Staaten der Region werfen und darüber hinaus einzelne „Vorfälle“ in der internationalen Diplomatie etwas näher beleuchten, die darauf hindeuten, dass nicht nur seitens Nordkorea sondern auch von anderen Akteuren den Beziehungen des Landes mit den Staaten Südostasiens eine besondere Bedeutung beigemessen wird.

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