Nordkorea und Südostasien: Ein besonderes Verhältnis? (VII): Die Flüchtlingsfrage


Die Staaten Südostasiens scheinen in der strategischen Planung Pjöngjangs eine besondere Rolle zu spielen, die sich vor allem an einem besonderen Engagement Nordkoreas und einem verstärkten Interesse anderer Mächte zeigt.

Doch was könnten Gründe für eine Sonderstellung Südostasiens in den Überlegungen Pjöngjangs sein und trifft die Annahme einer Sonderstellung überhaupt zu? In dieser Serie werde ich mich regelmäßig diesen Fragen widmen und mich dem Thema auf der Suche  nach möglichen Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln nähern…

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Wie ich gerade festgestellt habe, ist es schon über ein Jahr her, dass ich mit dieser Serie begonnen habe. Einerseits ist das natürlich ganzschön lange und vielleicht sind die Abstände zwischen den einzelnen Beiträgen auch etwas groß, andererseits zeigt es aber auch, dass es Sinnvoll ist, Artikel in diesem Format zusammenzubinden, denn irgendwie finde ich, dass sich das wohltuend von meiner sonstigen Praxis abhebt, in der die Artikel zwar oft irgendwie zusammenhängen, aber eben keinem roten Faden folgen. Und naja, in meiner Idealvorstellung kann man am Ende dieser Serie ihren Inhalt von vorne bis hinten durchlesen und nimmt das alles dann als ein Ganzes wahr, das optimalerweise auch noch sinnvoll strukturiert ist. Aber das sind nur ein paar Grundsatzüberlegungen am Rande.

Aktuelle Relevanz: Laos schickt nordkoreanische Flüchtlinge zurück

Dass ich gerade heute an der Serie weiterschreibe ist kein Zufall, sondern — neben meinem Wissen, dass es langsam mal wieder an der Zeit ist — der Tatsache geschuldet, dass aktuelle Ereignisse mein Thema eingeholt und auf die Agenda gesetzt haben, so dass es sich jetzt einfach anbietet, mal weiterzumachen. Ich hatte nämlich in meinem „mentalen Publikationsplan“ als nächstes Thema die Flüchtlingsfrage vorgemerkt, die erstmal nicht besonders relevant scheint, die aber ein bestimmendes Element nordkoreanischer Außenpolitik gegenüber den Staaten Südostasiens, vor allem den Festlandstaaten darstellt. Wie das kommt und wie sich das auswirkt, dazu später mehr. Erstmal kurz die aktuelle Geschichte und ihre Hintergründe.

Anfang Mai sind in Laos neun junge nordkoreanische Flüchtlinge festgenommen worden. Zuvor waren sie über China dorthin geflohen. Nach der Festnahme versuchte Südkorea erfolglos auf diplomatischem Wege dafür zu sorgen, dass die Neun Personen im Alter zwischen 15 und 23 Jahren nach Südkorea ausreisen dürften. Stattdessen hat die laotische Regierung die neun jedoch nach China zurückgeschickt. Von dort aus scheinen sie mittlerweile nach Nordkorea ausgeflogen worden zu sein. Dort droht Flüchtlingen, vor allem wenn der Verdacht besteht, dass sie mit Südkoreanern in Kontakt kamen, eine schwere Strafe. Diese Geschichte steht zum Glück nur in Teilen sinnbildlich für das Schicksal vieler nordkoreanischer Flüchtlinge. Denn während die Route für den Großteil der Flüchtlinge, die am Ende in Südkorea oder den USA ankommen „normal“ ist, gelingt den Meisten die Ausreise und es scheint recht selten, dass Personen gefangen genommen und nach Nordkorea deportiert werden.

Das Zugrunde liegende Problem: Warum die „Underground Railroad“ durch Südostasien führt

Um zu verstehen, warum die nordkoreanischen Flüchtlinge eine solch beschwerliche Reise auf sich nehmen müssen, um am Ende nach Südkorea zu gelangen, hilft ein Blick in die Karte:

Fluchtwege

Es gibt nur den Weg Richtung Norden, aber auch von dort aus, gelangen die Flüchtlinge nicht an ihr Ziel.

Der naheliegende direkte Weg Richtung Süden ist annähernd hermetisch abgeriegelt. Die Grenzkontrollen, die hohe Militärpräsenz im Grenzgebiet und andere Gefahren wie Minenfelder, machen eine Flucht über die Landgrenze nach Südkorea nahezu unmöglich. Auch der Seeweg ist weitgehend verschlossen. Auch wenn in der jüngeren Vergangenheit einzelne Bootsfluchten gelangen, so ist dieser Weg trotzdem von nordkoreanischer Seite stark überwacht und für die Flüchtenden, wegen der Risiken des Meeres und der Schwierigkeiten an ein Boot zu gelangen, häufig nicht ungefährlich. Relativ leicht ist dagegen eine Ausreise nach China möglich. Die Grenze ist porös, die Grenzbeamten häufig korrupt und ein kleiner Grenzverkehr zum Handel treiben nichts Ungewöhnliches. Während der Weg nach Russland wegen der geographischen Abgelegenheit des Grenzgebietes eher beschwerlich ist, ist der Übergang nach China im Grunde genommen sehr einfach.

Allerdings ist die Flucht, dort einmal angekommen bei weitem noch nicht beendet. Denn China erkennt nordkoreanische Flüchtlinge nicht als solche an, sondern schreibt ihnen den Status von Wirtschaftsmigranten zu (also der selbe Trick, mit dem auch die EU im Mittelmeerraum mit sehr zweifelhaften Methoden den Flüchtlingsstrom abwürgen will, was ebenfalls zu einer Art humanitärer Katastrophe führt, aber das ist ein unangenehmes Thema und deshalb spricht man lieber über die Flüchtlinge der Anderen.). Das sorgt dafür, dass sie völkerrechtlich einen anderen Status haben und keinen besonderen Schutz genießen. Kurz: Sie können abgeschoben werden, sind illegal und haben auch nicht die Möglichkeit oder das Recht, Ausreisepapiere zu bekommen. Mehr zu dieser rechtlichen Frage könnt ihr zum Beispiel im Bericht des Sonderberichterstatters des UN-Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen zur Situation der Menschenrechte in Nordkorea aus dem Jahr 2011 nachlesen. Hier habe ich mich auch schonmal kurz damit befasst und den Bericht verlinkt.

Dieser Sachverhalt führt auch dazu, dass es immer mal wieder zu Konflikten um die Deportation nordkoreanischer Flüchtlinge aus China kommt. Generell scheint China jedoch dieses Thema möglichst klein halten zu wollen. Das heißt man sieht bei den Aktivitäten der Flüchtlinge weg, unterstützt Nordkoreas Position aber so weit, dass man die Flucht nicht legalisiert. Das heißt jedoch für die Flüchtenden, dass sie aus China weiter in andere Länder flüchten müssen, die eine Ausreise nach Südkorea möglich machen. Und das ist der Punkt, an dem die Staaten Südostasiens ins Spiel kommen und sich wiederum ein Blick in die Karte lohnt:

Der Weg ist weit, doch das Ziel lohnend. Die Flüchtlinge legen unter der ständigen Gefahr entdeckt zu werden einen Weg von mehreren Tausend Kilometern auf sich.

Der Weg ist weit, doch das Ziel lohnend. Die Flüchtlinge legen unter der ständigen Gefahr entdeckt zu werden einen Weg von mehreren Tausend Kilometern auf sich.

Denn die gängigste Route der Flüchtlinge führt sie wohl geradewegs nach Südostasien. Ein Teil scheint zwar auch über die Mongolei auszureisen, aber in den Depeschen des US-Außenministeriums, die von Wikileaks im Jahr 2010 veröffentlicht wurden und die zu diesem Thema eine einzigartig gute Quellensammlung darstellen (weshalb ich mich von hier an hauptsächlich darauf stütze und die meisten Links zu den Cablegate-Depeschen führen), klingt durch, dass die mongolische Regierung zwar keine nordkoreanische Flüchtlinge zurückschickt, aber sie auch nicht als Flüchtlinge anerkennt, was wohl soviel heißt, dass die Sache der Führung in Ulan Bator unangenehm ist, dass man drüber nicht viel Geräusch will und dass die Flüchtlinge nicht wirklich willkommen sind und ihr Status unsicher bleibt.

Der Umgang der Staaten Südostasiens mit nordkoreanischen Flüchtlingen: Ein sensibles Thema

Jedoch sind die Flüchtlinge, wie die einleitende Geschichte verdeutlicht, selbst dann noch nicht gerettet, wenn sie in Südostasien eintreffen. Zwischen Thailand und Südkorea besteht ein relativ eingespieltes System, das die Ausreise der Flüchtlinge garantiert und ihnen Sicherheit bietet. Allerdings gibt es keine direkte Grenze zwischen China und Thailand. Das heißt, die Flüchtlinge müssen zuerst entweder durch Laos oder durch Myanmar. Beide dulden diesen Transitverkehr offenbar nur ähnlich widerwillig wie China. Die Beziehungen zwischen der laotischen Führung und den Herrschenden in Pjöngjang kann als sehr gut beschrieben werden, während die Kontakte zwischen Myanmar und Nordkorea sich auf Betreiben der USA in letzter Zeit abgekühlt haben dürften. Ein Teil dieser Beziehungen dürfte dabei sein, dass Pjöngjang von den Führungen in Rangun bzw. Naypidaw und Vientiane verlangt, rigide mit den Flüchtlingen umzugehen, während die USA und Südkorea versuchen sich für das Gegenteil einzusetzen.

Während Pjöngjang in Laos und Myanmar damit durchaus erfolgreich zu sein scheint, wurde Thailand offensichtlich zumindest bis 2007 von Seiten Nordkoreas nicht auf das Thema angesprochen und ist so dass Thailand die zentrale Anlaufstelle der „underground railroad“ der nordkoreanischen Flüchtlinge darstellt. Nichtsdestotrotz hat sich selbst Thailand in der Vergangenheit mitunter widerwillig gezeigt zu haben, was den Umgang mit Flüchtlingen betrifft, was allerdings auch mit den Lasten zusammenhängen könnte, die das Land zu tragen hat.

Neben der Ausreise über Thailand versucht auch ein Teil der Flüchtlinge über andere Staaten nach Südkorea zu kommen. Entweder Myanmar oder Laos, die ohnehin durchquert werden müssen, aber auch Kambodscha und Vietnam werden mitunter genutzt. In all diesen Staaten scheint die Ausreise jedoch wesentlich schwieriger zu sein. Häufig müssen die Flüchtlinge eine Botschaft oder ein Konsulat eines anderen Landes erreichen, um nach Südkorea oder in die USA zu gelangen.

Vietnam stellt einen interessanten Sonderfall dar, der auch gut belegt, wie sensibel das Thema in Pjöngjang gesehen wird. Bis zum Jahr 2004 war nämlich nicht Thailand, sondern Vietnam die Hauptanlaufstelle der nordkoreanischen Flüchtlinge. Von dort wurden sie offensichtlich diskret nach Südkorea geschickt. Das änderte sich allerdings, als über die südkoreanischen Medien bekannt wurde, dass 450 Flüchtlinge auf einen Schlag aus Vietnam nach Südkorea ausgereist waren. Vietnam war verärgert über die Indiskretion und es gab eine schwere Verstimmung zwischen Nordkorea und Vietnam, die dazu führte, dass Pjöngjang seinen Botschafter aus Hanoi zurückrief und die Beziehungen noch Jahre darunter litten. Nach diesem Vorfall änderte Vietnam die Praxis im Umgang mit den Flüchtlingen, agierte von nun an sehr restriktiv und verschärfte seine Grenzkontrollen, so dass es nur begrenzt als Anlaufstelle gesehen werden kann.

Die hier nicht genannten Staaten Südostasien, also Malaysia, Indonesien, die Philippinen und Brunei sind bezüglich dieses speziellen Themas nicht so interessant, da sie geographisch für die Flüchtlinge kaum erreichbar sind.

Warum ist die Flüchtlingsfrage der nordkoreanischen Regierung wichtig?

Kurz möchte ich noch die Frage anreißen, weshalb die nordkoreanische Führung sich überhaupt solche Mühe gibt, den Flüchtlingen den Weg in die Freiheit zu verbauen. Ganz kurz beantwortet kann man sagen, dass der Grund ein ganz ähnlicher ist, wie der, der den Bau des antiimperialistischen Schutzwalles der DDR motivierte, denn entgegen dem Namen war der Hauptzweck der Mauer, die Leute im Land zu halten und so ein Ausbluten der DDR zu verhindern. Die Führung in Pjöngjang dürfte Angst haben, dass es zu einer umfassenden Fluchtbewegung und damit einer Destabilisierung käme, wenn es „zu leicht“ wäre, das Land in Richtung Südkorea zu verlassen. Das zentrale Puzzelteil ist hier zwar China, aber auch die Staaten Südostasiens spielen eine gewisse Rolle und wie ja oben deutlich wurde, besteht für Fluchtwillige gleich eine mehrfache Barriere. Sie müssen erstens Nordkorea bis zur chinesischen Grenze durchqueren, dann zweitens die Grenze überqueren, drittens China bis nach Südostasien durchqueren, dann viertens über die Grenze nach Laos oder Myanmar um fünftens nach Durchquerung des jeweiligen Landes nach Thailand zu kommen. Die Hürden sind also hoch und wenn die nordkoreanische Führung einen der „Partner“ in diesem Spiel verliert, werden sie niedriger und so wird die Flucht leichter und die Motivation das auf sich zu nehmen höher.

Was unerwähnt blieb und doch wichtig ist

Nicht geschrieben habe ich in diesem Beitrag von den professionellen Schleppernetzwerken, die die Reise nicht nur aus reiner Nächstenliebe organisieren (auch wenn die mitunter an christliche Organisationen angedockt sind), sondern damit gutes Geld verdienen und die Flüchtlinge mitunter auch auf andere Arten ausbeuten. Das sind zwar ebenfalls sehr wichtige Themen, aber sie gehören nicht zu dem hier dargestellten Südostasien-Nordkorea-Komplex. Wenn ihr aber die verlinkten Depeschen aufmerksam lest, dann werden euch recht schnell Hinweise auf diese Geschäfte und Ausbeutung auffallen. Interessant finde ich auch hier nochmal den Bezug zur EU. Wenn wir von Schleppernetzwerken etc. hören, dann ist das ganz klar, das sind die Bösen. In Südostasien sind es die Guten. Warum? Weil ja schon Nordkorea den Job des Bösewichts hat und weil die Flüchtlinge am Ende nicht bei uns landen. Naja, aber das gehört auch nicht zum Thema.

Wichtiger Faktor in der Beziehung Nordkoreas zu den Staaten Festland-Südostasiens.

Ich weiß nicht genau, wie hoch die Bedeutung der Flüchtlingsfrage für die „Sonderbeziehungen“ zwischen den betreffenden Staaten und Nordkorea einzuschätzen sind, allerdings würde ich sie als relativ wichtig einordnen. Wenn man sieht, dass Nordkorea aufgrund dieser Frage bereit ist, seine guten Beziehungen zum ideologisch und historisch nahen Vietnam zu riskieren, dann heißt das schon was. Es erklärt sicherlich nicht die volle Bandbreite der besonderen Aufmerksamkeit, die die Region in der nordkoreanischen Außenpolitik genießt, aber sicherlich einen Teil davon.
Hm, so langsam neigt sich die Serie dem Ende zu. Wenn mir nicht noch was Spannendes einfällt, dann gibt es noch einen inhaltlichen Teil, der sich eher mit Nordkoreas schwieriger politischer Positionierung, Stichwort „Isolation“ auseinandersetzt und dann noch den zusammenfassenden und bewertenden Schluss. Aber bis dahin sind ja noch ein paar Monate hin.

Leben und arbeiten in Nordkorea: Interview mit dem Entwicklungshelfer Gerhard Tauscher (III)


Ich hatte kürzlich die Gelegenheit mit Gerhard Tauscher zu sprechen, der von 2011 bis Ende 2012 für die Internationale Föderation des Roten Kreuzes und der Rothalbmond Gesellschaften (IFRC) in Nordkorea Wasser und Sanitärprojekte betreute. Er hat sich viel Zeit für mich genommen und daher habe ich beschlossen, das Interview dreizuteilen.
In diesem dritten Teil wird es um das „Alltagsleben“ Tauschers in Nordkorea, den zwischenmenschlichen Umgang mit Nordkoreanern, die Stimmung zur Zeit des Todes Kim Jong Ils und die praktischen Schwierigkeiten beim Bird-Watching in Nordkorea gehen. In den vorherigen Teilen des Interviews ging es um den Arbeitsalltag in Nordkorea und die Hemmnisse, die die nordkoreanischen gesellschaftlichen Normen dabei mit sich bringen und um die Arbeit der IFRC und anderer Entwicklungshelfer in Nordkorea. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklungen kann ich euch diesen Teil nochmal empfehlen, denn die Probleme, die Tauscher da vor allem mit Blick auf die Finanzierung beschreibt, stellen sich den Entwicklungshelfern aktuell vermutlich in nicht bekanntem Maß. Die bisher erschienen Teile der Serie findet ihr hier.

Logo der IFRC (Foto von sbamueller unter CC Lizenz Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) (CC BY-SA 2.0))

NK-Info: Jetzt würde ich gern noch etwas über Ihre persönlichen Erfahrungen sprechen. Um mal ganz harmlos anzufangen: Sie haben auf Ihrem Blog geschrieben, dass Sie ein Konzert des Münchener Kammerorchesters in Pjöngjang besucht haben. Das fand ich interessant, weil ich es ohnehin schön fand, dass trotz aller politischen Schwierigkeiten noch kultureller Austausch stattfindet und weil ich auch selbst was zu diesem Konzert geschrieben hatte. War das für Sie das einzige Mal, dass Sie in solche Events mit einbezogen wurden, oder gab es ähnliche Möglichkeiten öfter?

Tauscher: Das hängt stark vom Counterpart ab. Solche Sachen muss der normalerweise organisieren. Es gibt immer einen, der formal dafür zuständig ist und wenn man den lange genug löchert, dann organisiert er solche Sachen.

Das Münchener Kammerorchester speziell war aber von der deutschen Botschaft organisiert. Die schickt in solchen Fällen dann eine Rundmail: „Wer mag hingehen, wir haben 50 Karten und wer sich zuerst meldet, der bekommt Karten.“ Eigentlich gibt es zu vielen Events solche Möglichkeiten. Ungefähr eine Woche vorher waren wir zum Beispiel beim nationalen Sinfonieorchester und wir waren auch mal im Children’s Palace, wo es Vorführungen gab — das ist aber schon wieder eine eigene Geschichte — was da dann für eine „Dressur“ stattfindet. Wenn man will, kann man jedenfalls alle diese kulturellen Dinge, die dort angeboten werden, besuchen. Man zahlt dann natürlich den „Ausländereintritt“, aber man kann da ganz viel mitnehmen. Das hängt von der eigenen Initiative ab und ein bisschen auch vom Geschick des Counterparts, denn der muss die Karten irgendwie organisieren und manche bekommen das eben besser hin und manche weniger gut.

NK-Info: Und sind auf solchen Veranstaltungen dann auch viele Nordkoreaner? Also kommen da „normale Leute“ hin, oder ist das dann vorsortiert?

Tauscher: Das ist immer gemischt. Aber wie die koreanischen Gäste jetzt genau ausgesucht werden, kann ich nicht sagen. Das sind normalerweise Gruppen, die irgendwie an die Tickets kommen. Es gibt also keinen freien Kartenverkauf, sondern da sind dann immer ganze Arbeitseinheiten.

Neben diesen gibt es noch eine Art Veranstaltungen, die einen ganz anderen Charakter hat. Zu denen wird man geladen. Ganz offiziell. Das ist dann zum Beispiel die Eröffnung der neuen Statuen, zu der wir ganz hochoffiziell geladen wurden. Solche Einladungen erfolgen üblicherweise kurzfristig und ein bisschen geheimniskrämerisch. Als Grund wird dafür immer die Sicherheit vorgeschoben.

Einmal waren wir zum Beispiel relativ kurzfristig zu „einem Konzert“ geladen. Da hat dann diese neue Moranbong Band  gespielt. So wurde uns das verkauft. Wir wurden dann dorthin gebracht und auf die Ehrentribüne gesetzt. Da saßen dann vielleicht 200 Ausländer, einige die in Pjöngjang ansässig sind und ein paar Touristen und der Rest der Halle war voll mit Militär. Der Anlass war das 60-jährige Jubiläum der Gründung der Militäruniversität. Sowas erfährt man dann im letzten Moment, sitzt dann da auf der Ehrentribüne und irgendwann kommt auch noch der Staatschef. Dann ist natürlich auch klar, dass vorher nicht kommuniziert wird, dass er auch kommt und wo es genau sein wird. Man könnte ja sonst versuchen, dem was-weiß-ich-was anzutun. Aber das wäre bei uns wahrscheinlich genauso. Aber die Ausländer irgendwo auf die Ehrentribüne zu setzen und das dann im Land — zum Glück nur im Land… — als Beleg dafür zu verkaufen, dass Nordkorea vom Ausland toll gefunden wird.  So etwas nervt ziemlich. Solche Versuche gab es immer wieder. Wir haben uns ganz oft auch geweigert, zu solchen Anlässen zu gehen, aber das mögen sie natürlich auch nicht.

NK-Info: Wie äußert sich das denn dann, wenn die nordkoreanische Seite verärgert ist, weil Sie sich geweigert haben? Sind dann die Counterparts in der folgenden Zeit schlecht gelaunt oder wie merkt man das?

Tauscher: Die Counterparts machen auch dann gutgelaunt ihre Arbeit weiter. Aber wir hatten schon ein bisschen den Eindruck, als würde da vielleicht so etwas wie ein Bonussystem für die dahinterstecken. Also dass es für die Counterparts positiv ist, wenn sie „ihren“ Ausländer sozusagen gut unter Kontrolle haben. So etwas steckt glaube ich dahinter.

NK-Info: Von Personen, die regelmäßig nach Nordkorea reisen, aber nicht permanent dort vor Ort waren, wie Sie, hat man öfter mal gehört, dass man mit der Zeit und einer zunehmenden Zahl von Besuchen im Land, ein Gespür bekommt, was gerade im Land los ist. Ob da zum Beispiel gerade etwas im Busch ist. Das würde man am Verhalten der Nordkoreaner erkennen. Haben Sie so etwas auch beobachtet?

Tauscher: Nein, ich glaube das würde in meinem Fall zu weit gehen.

Extrem war natürlich die Trauerzeit. Wir waren vor Ort als er [Kim Jong Il, Anm. d. Red.] gestorben ist. Wir sind dann auch einmal um den Sarg geführt worden. Zum Glück bin ich dann bald auf Heimaturlaub geflogen. Die Stimmung war damals schon schwer nachvollziehbar. Diese Trauer war extrem! Wenn man irgendwo hinkam, in irgendein Restaurant oder irgendeine offizielle Stelle, da sammelten sich eigentlich alle Leute nur noch um den Fernseher und haben dagestanden, sich heulend Reportagen über das Leben des Mannes angeguckt. Im Fernsehen kamen nur noch Rückblicke und Ehrerbietungen oder Berichte über seine Orden. Und das ganze Land hat nur geheult.

Es war bestimmt ein Anteil Gruppendynamik dabei, aber im Prinzip war das schon die echte Trauer, glaube ich. Es kam schon raus: „Der Mann, der das Land hierher gebracht hat und alles zusammenhält ist gestorben.“ Die meisten Leute waren da einfach tief entsetzt. Im Detail war das vielleicht manchmal übertrieben, aber im Prinzip war es eine echte Trauer. Es war eine extreme, depressive Stimmung. Deswegen war ich auch ehrlich froh, als ich kurz vor Weihnachten da rausgeflogen bin.

NK-Info: Genau danach hätte ich Sie später auch noch gefragt, weil das so eine Sache ist, die kaum nachzuvollziehen ist, wenn man so wie ich in einer ganz anderen Welt lebt. Haben Sie zum Tod von Kim Jong Il von ihren Counterparts oder andere Male Rückmeldungen oder Aussagen gehört? Haben Sie mal darüber gesprochen?

Tauscher: Nein, eigentlich nicht. Darüber habe ich nicht groß diskutiert. Schon eher darüber, dass dann der Sohn inthronisiert wurde. Mich wundert das. Ich meine, dass würde hier ja auch jeden wundern, wenn dann plötzlich so ein junger Typ direkt Oberbefehlshaber wird, ohne je beim Militär gewesen zu sein. Aber dort habe ich trotzdem nie irgendwen kritisch darüber sprechen hören.

Also überhaupt hört man nie irgendetwas Kritisches. Es ist alles super. Letztendlich sind das ja auch Punkte, die vielleicht interessant sind für uns, aber uns eigentlich auch gar nichts anzugehen haben. Wir als Rotes Kreuz machen unsere Projekte. Da gibt es schon genug Politik und Dinge, die da hineinspielen, aber wie die Koreaner jetzt ihren Präsidenten wählen und ob er wirklich die Macht in der Hand hat, all diese Dinge sind interessant, aber das ist eher persönliches Interesse und nichts, was ich mit meinen Counterparts diskutiert hätte.

NK-Info: Also haben Sie nie wirklich etwas darüber erfahren, was die Nordkoreaner über Politik dachten?

Tauscher: Also wir hatten einen im Team, der hat schon gesagt, was er denkt. Mit dem bin ich einmal in einer Diskussion bis zum Koreakrieg vorgedrungen. Da ging es am Anfang um Militärausgaben und er sagte dann: „Wir brauchen das wegen der permanenten Bedrohung und weil wir nicht wieder überfallen werden wollen.“ Ich habe dann gefragt: „Wie? Wir wollen nicht wiederüberfallen werden?“ – „Ja, die Amerikaner wollen die Welt erobern und uns auch. Deshalb müssen wir uns verteidigen.“  Und ich sagte dann: „Ja, zu den Amerikanern kann man natürlich kritisch stehen, aber ich glaube nicht, dass noch irgendjemand Nordkorea erobern will. Ich glaube es ist eher eine Belastung, wenn man Nordkorea wieder auf Vordermann bringen soll.“ – „Nein, nein. Die warten nur auf einen schwachen Moment von uns und wollen uns dann erobern. So wie beim letzten Mal.“ – „Wie? Wie beim letzten Mal? Beim letzten Mal habt ihr den Süden überfallen.“ – „Nein, nein. Die haben uns überfallen!“

Da habe ich gemerkt: Hier kommen wir nicht weiter, das war schließlich ein intelligenter und gebildeter Mensch, der sowas sagte. Aber insgesamt gab es ganz wenige Diskussionen um solch kritische Fragen. Auch weil natürlich normalerweise auch immer zwei Koreaner mit einem sprechen.

NK-Info: Wo wir jetzt mitten in Ihrem Alltag angekommen sind: Entwickelt man eigentlich mit der Zeit eine Art Alltag, oder — Sie haben ja eben schon erwähnt, dass Sie irgendwann dann doch angenervt waren — denkt man nur: „Bin ich froh, dass ich hier nicht geboren bin und bin ich froh, dass ich hier bald wieder weg kann“?

Tauscher: Auf jeden Fall ist man froh, dass man wieder weg kann, das ist eine gute Sache. Ich habe mich schon ein bisschen solidarisiert, aber mehr im Zusammenhang damit, was im Ausland teilweise für ein Müll berichtet wird. In diesem Bezug gab es schon eine gewisse Solidarisierung, aber ansonsten war ich schon froh, dass ich wieder da raus konnte und dass es für mich einen klaren Endpunkt gab. Ich war ursprünglich für ein Jahr dort, habe dann nochmal verlängert bis Ende des Jahres, aber dann war es auch gut. Ich hätte dann nochmal verlängern können, aber noch länger wollte ich wirklich nicht mehr.

Teilweise lag das auch daran, dass es dort keine kritische Diskussion gibt. Wenn man den ganzen Tag nur diese ganzen Ammenmärchen erzählt bekommt, dann steigert das nicht unbedingt die Begeisterung für das Land. Außerdem entwickeln sich keine Freundschaften mit individuellen Nordkoreanern. Die halten alle Distanz, es gibt keinen, der mal mit einem einen trinken geht. Es passiert alles im formalen Rahmen, da trinken sie dann auch mal ordentlich, aber man kann keine Freundschaft im eigentlichen Sinne zu irgendjemand aufbauen. Weil jeder kontrolliert wird. Am Schluss wollte ich dann mal nur das Wasserteam einfach in irgendeine Kneipe einladen und das ging schon nicht. Wir haben es zweimal geschafft, alle unsere Angestellten in unsere Wohnung einzuladen. Aber das funktioniert dann auch so, dass alle geschlossen um sieben kommen, trinken, essen und um neun Uhr alle zusammen gehen.

Und da fehlt mir dann was, um mich sozusagen in dieses Land zu verlieben und mit Herzblut zu sagen: „Das ist ein Ort, an dem ich mir vorstellen kann ewig lang zu bleiben.“ Das sind viele Kleinigkeiten, die einen über einen längeren Zeitraum dann auch wirklich nerven.

NK-Info: Also wie Sie das schildern, fühlt man sich dann ja auch immer als Fremdkörper.

Tauscher: Ja. Es gibt auch, glaube ich, eine beachtliche Portion Rassismus. Gut, man ist extrem privilegiert dort und extrem hoch geachtet, aber im Prinzip könnte man das Rassismus nennen, dass  dort zum Beispiel gemischte Ehen grundsätzlich unvorstellbar sind.

NK-Info: Dazu existieren ja in der Wissenschaft auch klare Thesen.

Eben haben Sie ja schonmal kurz angesprochen, dass das historische Wissen, auch gebildeter Menschen, nicht unbedingt den realen Fakten entspricht. Wie ist denn ansonsten der Wissensstand der Menschen. Ich hatte mir hier notiert: „technisch“ und „politisch“.

Politisch haben Sie eben ungefähr umrissen, aber wissen die Menschen schon, was in der Welt so vor sich geht? Die, die reisen, müssten ja eigentlich Bescheid wissen…

Tauscher: Die, die reisen. Aber das ist eine kleine Elite. Das sind nur die Funktionäre, also Leute, die in hohen Positionen sind und auch viel zu verlieren haben.

Mein Counterpart, der viel reist, hat irgendwann gefragt: „Was macht China anders als wir? Warum ändert sich in China so viel?“ In Nordkorea bekommt er verkauft, das er im besten Land der Welt lebt, gemeinsam mit China. Aber dass es in China zurzeit viel besser läuft, sieht momentan jeder Blinde. Aber damit hat sich das auch schon.

Die anderen wissen nicht Bescheid. Und dann noch die ganze Propaganda… Die Finanzkrise in Europa wird im Fernsehen zum Beispiel so verkauft, dass demonstrierende Leute in Athen gezeigt werden, in der nächsten Szene dann ein paar Obdachlose unter einer Brücke und so geht es dann Europa. Deswegen kann dann jeder froh sein in Nordkorea zu sein, denn da geht’s den Menschen wenigstens so, wie es ihnen eben geht. Das ist schon krass und deswegen glaube ich, dass die breite Masse keinen Dunst hat.

Gerade auf dem Land. Da braucht ja jeder, der aus seinem Dorf raus will, schon die Genehmigung vom obersten Dorffunktionär, um irgendwo hinzuradeln. Und aus der Provinz rauszukommen ist nochmal eine ganz andere Sache. Die Leute haben ja noch nicht einmal ein Bild von ganz Nordkorea, sondern die haben nur ihr Bild von ihrem Dorf. Oder von ihrer direkten Umgebung. Daher glaube ich, dass Nordkorea schon ein riesen Land von Ahnungslosen ist.

NK-Info: Also würden Sie sagen, dass die Menschen in der ehemaligen DDR besser über die BRD und den Rest der Welt Bescheid wussten?

Tauscher: Wenn man hier den Vergleich mit Ost- und Westdeutschland zieht, dann gibt es da riesige Unterschiede. Es gibt eben kein Westfernsehen oder Westradio und umgekehrt. Es gibt keinen Familienaustausch. Es gibt null Reisen.

Hm, das ist nicht ganz richtig. Ein bisschen Austausch gibt es mit der koreanischen Bevölkerungsgruppe in Japan. Da sieht man relativ viele Reisegruppen: Jugendliche, High-School-Absolventen aus koreanischen Schulen oder ganze Schulklassen, die ihr „Heimatland“ besuchen. Das sieht dann auch immer sehr witzig aus, in der japanischen Schuluniform und ziemlich punkig vom Aussehen her, einfach direkt erkennbar als nicht-koreanisch. Das ist vielleicht so ein kleines Fenster zur Außenwelt.

Aber insgesamt ist das eben so abgeschottet und es gibt keine Informationen. Die große Masse, also bestimmt 90 Prozent, hat keinen Dunst.

NK-Info: Und von der technischen Ausbildung her, also was sie gelernt haben? Man hört ja immer mal, dass die Leute dort eine solide bis gute Ausbildung erhalten.

Tauscher: Ja; Aber! In den ganzen Ingenieurswissenschaften, in Medizin, eigentlich in all den Fächern, in denen in Deutschland und global ein riesiger akademischer Austausch herrscht. In all den Bereichen, in denen in der Wirtschaft globale Netzwerke bestehen, in denen jeder eigenes Know How mitbringt und so für Austausch sorgt, dort hinkt Nordkorea hinterher, denn Austausch gibt es kaum. Und entsprechend sind viele dieser Disziplinen auf dem Stand von vorgestern. Ich glaube die Ausbildung ist gut und der Stellenwert der Ausbildung ist bestimmt hoch, auch wenn ich das im Detail nicht genau beurteilen kann. Aber im Endeffekt schmort man im eigenen Saft.

Da hatte ich auch witzige Diskussionen mit meinen Leuten. Die haben gesagt: „Wie, aber wir schicken doch wieder zwanzig Studenten nach China.“ Aber das ist ja kein Austausch. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Und ob diese Studenten dann letztendlich in der Funktion arbeiten werden, in der sie ihr Wissen in ihrem Fach anwenden können, ist dann auch noch sehr fraglich. Ich glaube, in allen Bereichen, in denen es weiter große Entwicklungen gibt, also zum Beispiel Medizin oder IT gilt das.

Außerdem fehlt das Internet. Also die Möglichkeit das Wissen zu konservieren und jedem zugänglich zu machen. Eine People’s Library, als die große Bibliothek des Volkes, das sieht toll aus, aber das ist natürlich nur für ganz wenige.

NK-Info: Kommen wir vielleicht noch zu aktuelleren Entwicklungen. Rüdiger Frank hat gesagt, es wäre eine Aufbruchsstimmung in der Bevölkerung zu spüren, die sich laut seiner Aussage im Zeitraum von März 2012 bis Oktober 2012 bemerkbar gemacht hat.

Tauscher: Das kann ich nicht genau nachvollziehen. In unseren hitzigen Diskussionen, wie wir das Budget aufstellen, wurde von koreanischer Seite immer gesagt: „Ja, jetzt mit der Aufbruchsstimmung wegen der neuen Führung und den zukünftigen neuen Regierungen im Süden, in China und in Japan, das wird dazu führen, das sich hier alles öffnet und wir dann wieder am Verhandlungstisch sitzen und sich dann alles bessert.“

Aber nach dem gescheiterten Raketenstart im April, als das Land auch fast in eine Art Volkstrauer verfallen ist, war das erst einmal zu Ende. Da war keine Euphorie, sondern die Leute waren wirklich drei Tage lang absolut depressiv. Eine Stimmung, nach der jetzt vielleicht die Zeit für einen Neuanfang ist, habe ich nicht bemerkt.

Auch in der Presse hat Kim Jong Un ja eher seinem Großvater nachgeeifert. In der ganzen Erscheinung, in der ganzen Gestik, das war alles so altbacken. Zum Beispiel diese On-the-spot-guidances: Der geht irgendwo in eine Saftfabrik und erzählt denen, wie sie Saft machen müssen. Das waren die Schlagzeilen. Nichts über Reformen oder das Ausland. Wie gesagt: Mir ist nicht aufgefallen, dass sich da groß etwas geändert hätte. Und spätestens mit dem zweiten erfolgreichen Raketenstart passiert gegenüber dem Ausland wahrscheinlich ein Jahr nichts.

Diese Agrarreform, die da im Raum standen und  beschlossen werden sollten, das wäre ein eindeutiges Zeichen gewesen. Und stattdessen hat man dann gerade mal beschlossen, dass ein Jahr länger zur Schule gegangen wird und die Lehrer nicht mehr zur Feldarbeit abkommandiert werden. Das ist nur ein sehr kleiner Schritt. Wenn man das als Reform bezeichnen will: Ok. Aber für mich und ich glaube auch für viele andere war das sehr enttäuschend.

NK-Info: Es gibt die These, dass es quasi zwei Nordkoreas gibt: Pjöngjang-Nordkorea und Rest-Nordkorea und dass viele, die einmal nach Nordkorea fahren und die ganze Zeit dort sind, ein völlig schiefes Bild kriegen. Ich meine in Pjöngjang hat sich ja wirklich viel getan.

Tauscher: Absolut. Diese These kann ich absolut unterstützen.

In Pjöngjang tut sich extrem viel, vom Straßenverkehr angefangen über die ganzen Bauten, die hochgezogen wurden, auch die neuen Supermärkte. Auch wir haben das gemerkt. Man kann jetzt endlich offiziell umtauschen. Früher musste man, um den Schwarzmarktkurs zu bekommen irgendjemanden finden, der umgetauscht hat. Eigentlich war das illegal. Jetzt gibt es da diesen einen chinesischen Supermarkt, der ganz normal zum Schwarzmarktkurs umtauscht. Man kann dann mit dem Geld in diesem Supermarkt einkaufen, aber keiner achtet drauf, ob man das Geld dort wirklich ausgibt.

Aber auf dem Land passiert einfach nichts. Ich habe das immer mal ein bisschen hinterfragt. Ich habe zum Beispiel einmal die Cooparative-Farm Manager gefragt, wie es denn mit der Ernte aussähe, was zu erwarten wäre. In diesem Jahr hieß es zum Beispiel schon mitten im Sommer, dass es gut aussähe. Und dann habe ich gefragt: „Was ist der Grund dafür?“ – „Es gibt ja mehr Kunstdünger und Maschinen.“ – „Und wie viel Kunstdünger haben Sie denn hier bekommen für Ihre Farm und welche Maschinen?“ – „Nicht bei uns! Wir haben keinen bekommen. So allgemein im Land…“ Das waren wieder solche „Talking Points“, die vom Staat vorgegeben waren.

Auf dem Land leben die Menschen von der Hoffnung und dieses Jahr war die Ernte eben besser. Aber der Staat tut eigentlich nichts. Zum Beispiel die Autobahn, die von Pjöngjang in den Norden führt, die biegt irgendwann dann zum Friendship Museum ab und für den Touristen, der nur das bereist, sieht das ganz toll aus. Aber meine Projektgebiete waren ein bisschen weiter westlich und ich bin dann auf der Schotterstraße gefahren. Und diese Schotterstraße führt nach Sinuiju an die Grenze. Das ist nicht irgendein Ort, sonder die Haupteingangspforte zu China und dorthin führen dann 100 Kilometer Schotterstraße. Vom ersten Tag an habe ich dann ein paar Kilometer neben der Straße den Bau einer Autobahn gesehen, aber da hat sich nichts getan. Alles Handarbeit, viel Stückwerk, aber kein Baufortschritt, in eineinhalb Jahren.

[Anm. d. Red.: Die Karte unten zeigt das beschriebene Gebiet. Während die Autobahn (dicke gelbe Linie) in Richtung der International Friendship Exhibition am Myonghansan abbiegt (markiert) führt nach Sinuiju (linker Bildrand, Mitte) eine einfache Straße.]

Ein gutes Beispiel für die These ist auch das Kraftwerk, das jetzt eröffnet wurde. Der ganze Strom von da geht nach Pjöngjang. Und ich mit meinen Wasserprojekten: Da sind viele gepumpte Anlagen, die auch Strom brauchen, da hat sich nicht verbessert.

NK-Info: Auf Ihrem Blog haben Sie geschrieben, dass Sie Birdwatcher sind. Hat sich Nordkorea aus dem Gesichtspunkt gelohnt? Ich meine es gibt nicht viel Industrie und ähnliches, kaum Windkraftanlagen…

Tauscher: Hm, zum einen ist das Eurasien. Deswegen ist die Vogelwelt nicht viel anders als hier. Es gibt zwar ein paar Exoten aus der sibirischen Vogelwelt, die sieht man vor allem im Winter. Das nennt man Bedarfstiere: Wenn die Gewässer zufrieren und es zu kalt wird, dann gehen die immer weiter in den Süden. Davon sieht man da einige. Abgesehen davon ist es aber auf Dauer nervig. Nach dem Sommerurlaub hier habe ich mein großes Teleobjektiv dann auch zuhause gelassen. Denn egal wo man hingekommen ist, es gab an jeder Ecke einen der sich berufen fühlte — das waren nicht zwingend immer Offizielle Aufpasser — und dachte, da ist was verkehrt. Und die rufen dann eventuell irgendwo an oder laufen hinter einem her und verscheuchen die Vögel.

Und an der Küste war es auch nicht viel besser. Wir sind bis nach Nampo gefahren, denn da gibt es viele Enten und Wasservögel. Und dort nimmt man dann das Fernglas und schaut Richtung See und wenn man dann hinter dem See an den Hang schaut, dann ist da immer etwas Militärisches. Man will das ja nicht auf den Bildern haben, aber da ist eben an jeder Ecke irgendein Bunker oder ein Unterstand oder eine Garage oder irgendwas anderes. Und dann hat das ein gewisses Risiko. Manchmal wurden dann schonmal die Kameras gefilzt und Fotos gelöscht. Das mit dem Vögel beobachten war im Endeffekt eine nette Freizeitbeschäftigung, aber großes Objektiv mitzunehmen, das hat nichts gebracht. Etwas wirklich Vernünftiges konnte man da nicht machen.

Aber zu dem Birdwatchen habe ich noch eine andere witzige Anekdote: Es gab dort ein, zwei Vogelbücher, die ich mir gekauft habe. Weil sie auf Koreanisch waren, habe sie meinem Counterpart gegeben. Nach dem Wochenende habe ich ihm dann berichtet, was ich so gemacht habe. Das gehört zu seinem Job, das am Montag zu checken. Oft hatte ich zwar den Eindruck, der wusste sehr gut, wo ich war, aber nun gut. Ich habe ihm dann auch genau erzählt, wo ich spazieren gegangen bin und wo ich Fotos gemacht habe. An den Bildern war er dann immer besonders interessiert und wollte die auch sehen. Das gehört wohl auch zum Job, zu gucken, ob da etwas Kritisches drauf ist. Im Winter gab es Seeadler in der Stadt. Mitten in Pjöngjang. Der Fluss war zugefroren und es waren nur zwei, drei eisfreie Stellen, die von tausenden von Enten offengehalten wurden. Und denen gefolgt sind mehrere Seeadler. Und davon habe ich dann Fotos gemacht und habe meinem Counterpart das auch gezeigt. Und er hat sofort in dem Buch nachgeschlagen und da stand dann in dem Textteil: „Das letzte Mal wurden Seeadler in Nordkorea 1957 gesichtet.“ Das ist natürlich komplett Blödsinn. Das ist nicht so, dass ich zufällig der Erste gewesen wäre, der da Seeadler gesehen hätte. Ich habe die anderen Bird-Watcher gefragt und die meinten, dass im Winter 2005 bis zu dreißig in der Stadt waren. Das Buch wurde aber auch von Ornithologen geschrieben und ich dachte es wäre schön, Kontakt mit dem Autor oder seinem Institut aufzunehmen und ihn auf den Fehler aufmerksam zu machen. Aber selbst so etwas, das ich aus reinem persönlichem Interesse machen wollte und das in keiner Weise kritisch war, das war nicht möglich zu machen.

NK-Info: So weit habe ich eigentlich alles gefragt, das ich mir überlegt hatte. Haben Sie eine Art persönliches Fazit für sich gezogen?

Tauscher: Also mein Resümee ist, dass dort vieles von falsch gesetzten Prioritäten abhängt und dass es dort grundsätzlich große Potentiale gibt, dass die aber nicht genutzt werden können, solange die Führung die Prioritäten falsch setzt.

Aus humanitärer Sicht bin ich gespannt, wie es jetzt mit der Finanzierung weitergeht, also ob weitere Länder Gelder einfrieren. Ich nehme an, dass man zumindest ein Zeichen setzen will, dass man nicht bereit ist Geld zu geben, solange der nordkoreanische Staat sein eigenes Geld für Dinge wie Raketenstarts verbrennt.

NK-Info:  Dann bedanke ich mich recht herzlich, auch im Namen meiner Leser für das Interview und ihre Zeit, die Sie geopfert haben und wünsche Ihnen auf Ihrem beruflichen Weg viel Erfolg und gute Erfahrungen.

Tauscher: Gerne.

Leben und arbeiten in Nordkorea: Interview mit dem Entwicklungshelfer Gerhard Tauscher (II)


Ich hatte kürzlich die Gelegenheit mit Gerhard Tauscher zu sprechen, der von 2011 bis 2012 für die Internationale Föderation des Roten Kreuzes und der Rothalbmond Gesellschaften (IFRC) in Nordkorea Wasser und Sanitärprojekte betreute und der erst seit einigen Wochen aus Nordkorea zurück ist. Er hat sich viel Zeit für mich genommen und daher habe ich beschlossen, das Interview dreizuteilen. In diesem zweiten Teil wird es in erster Linie um den konkreten Arbeitsalltag von Herrn Tauscher und praktische Schwierigkeiten und Herausforderungen bei der Arbeit mit den nordkoreanischen Partnern gehen. Die anderen bisher erschienen Teile der Serie findet ihr hier.

Logo der IFRC (Foto von sbamueller unter CC Lizenz Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) (CC BY-SA 2.0))

NK-Info: Wir hatten ja vorhin schonmal darüber gesprochen, wie Sie Kontakt mit den Menschen in Ihrer Heimat halten. Aber was haben diese Menschen denn gesagt als klar war, dass Sie nach Nordkorea gehen? Das war ja immerhin nach der Versenkung der Cheonan und dem Artilleriebeschuss der Insel Yonpyong, also als die Stimmung ziemlich aufgeheizt war…

Tauscher: Das wissen hier aber nicht so viele, glaube ich. Ich glaube im Allgemeinen geht das Wissen über Nordkorea hier eher in die Richtung: „Es ist extrem verschlossen, ganz wenige Ausländer da und komischer Führer“ und das war es aber dann auch. Zu mir hieß es eher: „Nordkorea, oh das ist ja witzig, viel Glück dann…“

Außerdem ist es natürlich so, dass das Rote Kreuz meistens in Ländern arbeitet, in denen die Lage schwierig ist. Es sind ja nie Länder, in denen alles blendend ist. Daher ist meine Umwelt das zumindest halbwegs gewohnt.

NK-Info: Stimmt. Auf Ihrem Blog habe ich auch gesehen, dass Sie schon ein paar Stationen vorher hatten…

Tauscher: Ich bin direkt aus Haiti gekommen, wo ich den Cholera-Einsatz der IFRC geleitet habe. Das war auf jeden Fall auch mit Blick auf das persönliche Risiko schwieriger. Hier hat Nordkorea ganz klare Vorteile. Ich glaube vor Kriminalität ist man dort absolut geschützt. Die wenigen Ausländer sind solche Leuchtbojen in der Masse, dass man sich da um Kriminalität keine Sorgen machen muss.

NK-Info: Das stimmt. Das persönliche Risiko ist vermutlich in den meisten Ländern in denen das Rote Kreuz Einsätze hat eher ein anderes.

Tauscher: Ja. Auch der Straßenverkehr. Ich glaube die höchste Bedrohung in unserer Statistik für Mitarbeiter des Roten Kreuzes in Auslandseinsätzen sind Verkehrsunfälle. Der Autoverkehr ist in Nordkorea zwar auch am boomen, aber es ist noch immer auf solch einem niedrigen Niveau, dass das Risiko sehr gering ist, wenn man selbst vernünftig fährt.

NK-Info: Es wird ja in letzter Zeit viel über Mobilfunk gesprochen, also dass Handys plötzlich zum Straßenbild gehören etc. Orascom, der Netzbetreiber dort, ist schon weit über die Million an Nutzern.

Dazu zwei Fragen: Einerseits: Ist Ihnen auch aufgefallen, dass das in der Zeit, in der Sie dort waren, zugenommen hat? Andererseits: Wie haben Sie mit Ihren Projektpartnern kommuniziert?

Tauscher: Die ägyptische Firma, die den Mobilfunk in Nordkorea betreibt, veröffentlicht ja regelmäßig stolz ihre Zugewinne. Und das sieht man auch auf der Straße: In der Stadt hat jeder ein Mobiltelefon. Auf dem Land sind es aber weniger. Da sind es eher nur die Funktionsträger.

Wir hatten auch Mobiltelefone. Aber die laufen in einem komplett anderen Netz als die von den Koreanern. Das taugt nur zur internen Kommunikation mit den internationalen Kollegen. Ich kann damit keinen Koreaner anrufen und andersherum.

Mobiltelefone sind im Straßenbild mittlerweile vollkommen normal. (Foto von Joseph A. Ferris III unter CC Lizenz Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) (CC BY-NC-ND 2.0))

NK-Info: Und wenn Sie einen Koreaner erreichen wollten?

Tauscher: Dann musste ich über das Büro gehen. Zu Bürozeiten konnte ich dort jemanden erreichen und der holte dann bei Bedarf jemanden ans Telefon. Außerhalb der Bürozeiten gibt es eine Art Notrufsystem. Wir hatten die Festnetznummer von drei Personen aus dem nordkoreanischen Roten Kreuz. Die konnte ich aber auch nur vom Büro aus anrufen. Das erschwert es und es ist ganz klar: Wenn ich dieses Telefon benutze, dann hört auch einer mit. Aber eine individuelle Kommunikation, also dass ich schnell mal meine Counterparts auf dem Mobiltelefon anrufe: das geht nicht.

NK-Info: Da wir jetzt ja schon bei Ihrem Arbeitsalltag angekommen sind, würde mich mal interessieren: Wie sieht so ein typischer Tag oder besser eine Woche aus? Also sitzt man da zum Beispiel mehr im Büro oder ist an Projektstellen?

Tauscher: Das ist halbe-halbe: Also die halbe Zeit im Büro und den Rest in der Provinz. Alle unsere Projekte sind im ländlichen Bereich und Projektbesuche muss man eine Woche vorher anmelden. Also ich würde vielleicht drei Tage im Feld haben, in denen ich zu einem Projekt reise. Montags noch im Büro, dann abends weg, damit ich vielleicht an dem Tag noch wo ankomme und Donnerstag abends wieder zurück, freitags dann nochmal ins Büro. So war das oft.

Im Winter ist es allerdings extrem schwierig. Bis Ende Februar ist Reisen im Land eher sinnlos. Auch unsere ganzen Baustellen und Projekte ruhen. Es ist so kalt und alle sitzen zuhause. Wir liefern dann auch kein kritisches Material, zum Beispiel Zement. Die Koreaner würden das eventuell auch bei zehn Grad Minus verarbeiten, aber das ist natürlich keine gute Idee. Daher herrscht im Winter ein etwas anderer Alltag. Da ist man dann eher mit Vorbereitung und administrativen Fragen beschäftigt.

Außerdem hatten wir sehr viele Besucher bekommen: Alle Geldgeber schicken Besucher, alle Botschaften und alle Rotkreuzgesellschaften, die Geld geben. Diese Gäste mussten dann begleitet werden. Die sind dann eher am Wochenende gekommen und dann etwa für fünf Tage geblieben. Mit denen bin ich dann auch zu den Projekten gefahren, die eventuell speziell von ihnen finanziert wurden.

NK-Info: Haben die dann auch so ein „Pflichtprogramm“ mit Kim Il Sung Statue und so?

Tauscher: Konnten sie auch. Wenn sie Zeit hatten, haben sie einen Tag Touriprogramm gekriegt. Einmal Juche-Tower und dann abends noch irgendein Konzert. Je länger sie da waren, desto eher war das so. Wenn die Saison ist, gehört dann natürlich auch Arirang dazu.

NK-Info: Das würde ich mir auch mal gerne angucken. Haben Sie sich das angeschaut?

Tauscher: Ja, das haben wir auch gesehen. 80 Euro Eintritt für Ausländer! Man weiß dort auch ganz gut, was so eine Veranstaltung uns gerade noch wert ist.

NK-Info: Wie viele Projektorte hatten Sie denn ungefähr parallel laufen?

Tauscher: Ich hatte 15. Davon konnte ich zwar am Schluss nicht alle finanzieren, aber nichtsdestotrotz, die Vorbereitung für alle 15 läuft und die Pläne für die, die ich nicht umsetzen konnte, sind fertig ausgearbeitet. Die müssen dann dieses Jahr nachgeholt werden. Also hatte ich am Schluss 13 Baustellen.

NK-Info: Wenn Sie dann vor Ort die Baustellen begutachten, dann spielt die direkte Kommunikation ja auch eine große Rolle. Aber ich vermute mal, weil sie das Projektland in der Regel nach einiger Zeit ja wieder verlassen, dass Sie kein koreanisch sprechen?

Tauscher: Genau so ist das.

NK-Info: Also ich kann mir vorstellen, dass das schwierig ist. Ich kenne das ja auch aus eigener Erfahrung: Wenn ich irgendwo bin, wo ich die Sprache nicht spreche, es dolmetscht jemand und dann wird gelacht oder sowas, dann denkt man ja immer gleich: „Was wird da denn jetzt gesagt?“. Wie läuft das mit der Kommunikation mit den Koreanern? Sind da die beiden englischsprechenden Kollegen die Schnittstelle?

Tauscher: Die sind die Schnittstelle. Die bügeln auch ganz klar glatt.

Vor allem sind aber alle Menschen vorsortiert auf die ich treffe, auch wenn ich irgendwo in der dicksten Provinz bin. Da ist kaum einer dabei, der zufällig gerade dazugekommen ist und jetzt mit mir sprechen darf. Die wissen alle, dass ich komme und die haben alle grob gesagt bekomme, was sie sagen sollen. Wir würden es „Talking-Points“ nennen. Das ist sozusagen die Marschrichtung und wenn dann doch mal einer was „Falsches“ sagen würde, dann würde es vom Dolmetscher glattgebügelt. Da mache ich mir keine Illusionen.

Am Schluss habe ich dann nur noch versucht, hinter die Fassade zu gucken und mich auf das verlassen, was ich selbst sehe. Auf das, was da vorne gesagt wurde, habe ich kaum mehr gehört.

NK-Info: Also würden Sie sagen, die Gespräche, die Sie geführt haben, waren wenn oft nicht besonders wertvoll, was den Informationsgehalt anging?

Tauscher: Das gehört wohl auch zu dem dortigen System. Das ist ein bisschen „ostasiatisch“, aber vielleicht noch ein bisschen mehr spezifisch „nordkoreanisch“. Wenn es dort einen Plan gibt – und den gibt es eigentlich immer – dann wird der auch umgesetzt. Probleme gibt es in diesem System eigentlich nicht.

Aber das liegt eben nicht in der Natur der Sache: Wenn man Großprojekte in dem Rahmen umsetzt, dann gibt es immer Änderungen und es gibt immer irgendwelche Aspekte, die man nicht vorhersehen kann. Für mich ist es ein Qualitätsmerkmal, wenn man auf Schwierigkeiten richtig reagiert und die Pläne richtig abändert. Aber das ist dort eben wenig kultiviert. Wenn einer also eine Aufgabe kriegt, dann wird die umgesetzt.

Der 15. April [Anmerkung der Redaktion: Der 15. April ist Kim Il Sungs Geburtstag], das ist immer ein Stichtag, dann wird alles fertig. Und wenn Anfang April von einem Haus erst das Fundament gebaut ist und ich frage: „Was ist der Zeitplan?“ dann ist die Antwort: „15. April!“

Wenn dieser Stichtag vorbei ist, dann gibt es eben andere Tage, die irgendwie wichtig und toll sind, aber das macht das Arbeiten natürlich nicht leichter.

NK-Info: Das klingt ziemlich schwierig. Wenn von oben immer nur die Pläne reinkommen und unten dann alles auf Teufel komm raus umgesetzt wird. Oder glauben Sie, dass auch von unten Impulse an die Führung gehen?

Tauscher: Zu den Wirtschaftsreformen habe ich mal gefragt. Da gab es ja vor der letzten Parlamentssitzung im Herbst große Hoffnungen, dass etwas gemacht wird, aber am Ende ist nichts in diese Richtung passiert.

Also in der Provinz arbeite ich ja immer mit den Vorsitzenden des jeweiligen People’s Committee, denn die sind auch die Vertreter des Roten Kreuzes vor Ort…

NK-Info: …ist das sowas wie Bürgermeister?

Tauscher: Eher wie Landrat, also eins höher. Da habe ich mal gezielt gefragt: „Was ist denn jetzt mit Wirtschaftsreformen?“ Da bekam man schon gesagt, dass das intensiv diskutiert würde. Man hat schon mitgekriegt, dass intern eine Auseinandersetzung mit dem Thema stattfindet und dass auf diesen Levels oder auf der Provinzebene durchaus eine Beteiligung der unteren Ebenen stattfindet. Solche Entscheidungen fallen also nicht gottgegeben vom Himmel, sondern es gibt im Land durchaus eine Diskussion und Impulse von unten.

NK-Info: Nochmal zurück zu der Sache mit den Plänen und dieser unbedingten Umsetzungskultur: Ist es nicht ungeheuer frustrierend, wenn man ein Projekt entwirft und dann von den Mitarbeitern vor Ort eher eine Geschichte aufgetischt bekommt als das jemand zugeben würde, dass es irgendwo nicht richtig hingehauen hat?

Wie geht man damit um, wenn man an eine Baustelle kommt und es offensichtlich ist: „Hier ist irgendwas schief gelaufen“ und dann kriegt man aber gesagt: „Läuft alles nach Plan, alles in Ordnung“?

Tauscher: Das ist ein sehr schwieriges Thema. Ich erzähle dazu mal eine Anekdote, die ich in einem Projekt erlebt habe: Das Projekt hatte mein Vorgänger oder Vorvorgänger gestartet und ich sollte relativ am Anfang nur noch die Endabnahme machen. Aber dieses Projekt hatte ein technisches Problem und mir wurde deshalb gesagt: „Nein, wir können die Abnahme noch nicht machen, wir brauchen noch ein bisschen länger.“ Ich bin dann mal dort hingereist und es hing immer an seltsamen Sachen und irgendwie war nicht ganz nachzuvollziehen, wo das Problem lag. Ein paar Monate später hieß es dann: „Jetzt ist alles fertig, jetzt ist alles ok!“ Aber als ich dann hinkam war eben nicht alles ok! Es hat mich schon ziemlich geärgert, dass man dann immer versucht hat mir zu erklären, es wäre alles ok obwohl klar war das nichts ok war. Ich meine, wenn aus der Anlage hinten kein Trinkwasser rauskommt, dann ist mir vollkommen egal, ob der Tank jetzt zehn Meter weiter links oder rechts steht. Wichtig ist, dass da Trinkwasser rauskommt. Kam es aber nicht.

Deshalb habe ich dann wieder zur Nachbesserung gemahnt und unser Team nochmal dorthin geschickt. Es gab dann noch eine hitzige Diskussion darum, was da genau falsch gelaufen ist. Warum es falsch gelaufen ist, war nicht genau nachzuvollziehen, auf jeden Fall hat es nochmal drei Monate gebraucht. In dieser Zeit gab es auch noch eine hitzige Diskussion mit der Provinzchefin, also mit einem ziemlich hohen Level, die sauer drüber war, dass das nicht fertig war wie geplant. Als ich dann drei Monate später nochmal zur Endabnahme hingekommen bin, war dann die gesamte Führungsriege dieses Dorfes ausgetauscht.

Und dann macht es halt nicht so wirklich Spaß. Das ist dann auch eine Art Risiko, das ich trage, wenn ich sozusagen unsere Kultur auf einer Baustelle oder in den Projekten durchsetze. Während es bei uns relativ flache Hierarchien gibt, ist das dort nicht so. Irgendwer muss am Ende den Kopf dafür hinhalten. Ich habe zwar nachgefragt, was mit den Leuten ist, bekam aber nur die Antwort, das sei Routinerotation und ganz normal. Aber ein fader Beigeschmack bleibt. Das sind dann auch Grenzen, was mein „Pushen“ zu einem optimalen Projekt angeht.

NK-Info: Aber woran liegt das denn, das etwas so schiefläuft. Sind die Bauarbeiter unmotiviert?

Tauscher: Letztendlich sind das ja keine Baufirmen, die für die Umsetzung zuständig sind. Die Projektimplementierung – also die Bauarbeiten – werden von den Dorfbewohnern selbst getragen. Und die bauen ja auch für sich selbst und je besser und nachhaltiger sie das machen desto mehr haben sie am Ende dann davon. Die bauen das ja auch nicht für mich. Aber das ist ein endloses Thema und es geht immer so weiter. Am Ende ist es eben immer so: Der Plan wird umgesetzt, koste es was es wolle!

NK-Info: Sowas kann natürlich nicht gut für ein Land sein und dass es der Wirtschaft dort nicht blendend geht, das ist ja klar. Sonst wären Sie ja auch nicht dort gewesen. Aber Sie waren ja schon in vielen Entwicklungsländern und auf Basis dieser Erfahrungen würde es mich interessieren: Wie schätzen Sie den Status des Landes ein?

Ich meine, eigentlich war Nordkorea mal irgendwann relativ weit entwickelt, aber klar: Es geht vieles kaputt, aber manche Strukturen bestehen ja noch. Würde man sagen „das ist ein Entwicklungsland“ oder ein „‘degeneriertes‘ entwickeltes Land“ oder wie könnte man das ausdrücken? 

Tauscher: „Degeneriertes entwickeltes Land“ ist gut. Das gefällt mir. Da ist bestimmt eine Komponente. Eine große Rolle spielt aber auch das Verhindern natürlicher Entwicklung. Das ist eben dieses Geplante, von dem wir gerade gesprochen haben. Wenn der Plan falsche oder komische Prioritäten setzt, dann entwickelt sich das Land eben in eine komische Richtung. Und das spielt, glaube ich, eine starke Rolle.

Man unternimmt zum Beispiel den Versuch Fahrräder zurückzudrängen. In China gab es eine Art natürliche Entwicklung vom Fußgänger über den Fahrradfahrer und das Motorrad zum Auto. In Nordkorea versucht man dagegen Fahrräder zu verbannen und direkt auf einen modernen öffentlichen Verkehr und Autos zu kommen, aber das klappt so nicht.

Anderswo wird Fahrradfahren vereinfacht, aber dort wird es absichtlich erschwert: Man darf zum Beispiel nicht auf der Straße fahren, sondern muss auf dem Bürgersteig fahren. Man muss jeden Tunnel nutzen und muss an jeder Ecke absteigen. Frauen waren ja auch bis vor kurzem „not encouraged“ Fahrrad zu fahren [Anmerkung der Redaktion: Im vergangenen Monat scheint diese Politik Medienberichten zufolge wieder eingeführt worden zu sein], zumindest in der Stadt.

Nicht immer ein Vergnügen: Fahrradfahren in Nordkorea. Das Land will zum Auto… (Foto von Joseph A. Ferris III unter CC Lizenz Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) (CC BY-NC-ND 2.0))

Das ist so ein Beispiel für die Stilblüten, zu der diese Planwirtschaft führt, wenn sie nicht optimal geplant ist. Das charakterisiert das Land in Teilen gut. Es ist schwer, alles in einem Land zu planen und eigentlich gibt es auch kein Land mehr auf der Welt, das wirklich versucht das zu tun. Die meisten Länder haben ja gewisse Freiheiten geschaffen, indem sie Rahmenbedingungen gesteckt haben, ohne bis ins Detail zu planen. Das ist in Nordkorea eben nach wie vor nicht so. Es ist alles reglementiert und alles ist hundert prozentig kontrolliert und entsprechend entwickelt es sich manchmal nicht ganz so wie es könnte.

NK-Info: Klar, wenn nur einer plant und der hat eine dumme Idee, dann kann nichts Gutes bei rauskommen…

 

In den nächsten Wochen wird der dritte und leider schon letzte Teil des Interviews erscheinen. Leider kann ich auch dieses Mal nicht genau sagen, wann, aber das Transkribieren etc. braucht eben seine Zeit und daher bitte ich nochmal um etwas Geduld...

Nordkorea und Südostasien: Ein besonderes Verhältnis? (VI): Die Freiheit der Handelswege sichern.


Die Staaten Südostasiens scheinen in der strategischen Planung Pjöngjangs eine besondere Rolle zu spielen, die sich vor allem an einem besonderen Engagement Nordkoreas und einem verstärkten Interesse anderer Mächte zeigt.

Doch was könnten Gründe für eine Sonderstellung Südostasiens in den Überlegungen Pjöngjangs sein und trifft die Annahme einer Sonderstellung überhaupt zu? In dieser Serie werde ich mich regelmäßig diesen Fragen widmen und mich dem Thema auf der Suche  nach möglichen Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln nähern…

Klicke auf das Bild und finde die anderen Artikel der Serie...

Klicke auf das Bild und finde die anderen Artikel der Serie…

Nachdem die internationalen Medien und Nordkorea-Watcher ja momentan das nordkoreanische Atomtestgelände in Punggye Ri unter verschärfte Beobachtung gestellt haben und dort vermutlich kein Stuhl mehr gerückt werden kann, ohne das in Südkorea und darüber hinaus Seismologen aufhorchen; Nachdem Kim Jong Un gleichzeitig gefühlt täglich irgendwelche Organe (egal ob formell oder informell, hauptsache er hält eine Rede…) zusammenruft um neblige Andeutungen in Richtung eines Nukleartests zu machen und nachdem Südkorea und die USA darauf mit ihrer gleichermaßen hilflosen wie dämlichen Standardmaßnahme reagieren, die in Nordkorea schon seit Jahren keinerlei Abschreckungswirkung mehr hat, habe ich beschlossen, dass ich dazu vorerst genug geschrieben habe. Wenn es erstmal einen großen Knall gibt, bleibt dafür noch genug Zeit.

Da widme ich mich doch lieber einem Thema, dass mich und euch jetzt schon seit einem guten halben Jahr begleitet und das euch noch ein Zeitchen erhalten bleiben wird. Um genau zu sein, habe ich mir gerade überlegt, dass wenn ich meinem Publikationsplan für die Serie folge und meine Taktung wie in der letzten Zeit beibehalte, eine echte Jahresserie daraus werden wird. Ob das gut ist oder schlecht, weiß ich nicht. Aber ich finde es irgendwie schön, das so regelmäßig hinzukriegen.

Die Freiheit der Handelswege: Der nordkoreanische Spezialfall

Aber jetzt zum eigentlichen Thema: Nachdem ich in den ersten vier Teilen der Serie nachgewiesen habe, dass Nordkorea besonderen Wert auf gute Beziehungen zu den Staaten Südostasiens legt, habe ich im fünften Teil begonnen, nach möglichen Erklärungen für diesen Sachverhalt zu suchen. Dabei standen in diesem Teil noch allgemeine politische Muster Nordkoreas im Vordergrund, die für die Staaten Südostasiens genauso gelten, wie für Staaten aus anderen Teilen der Welt. Ab heute werde ich mich jetzt aber mit Südostasien-spezifischen Aspekten befassen. Heute werde ich dabei meinen Fokus auf die Freiheit der Handelswege legen, die für jeden Staat wichtig ist, aber im Falle Nordkoreas eine besondere Note bekommt.

Warum das Regime in Pjöngjang Devisen braucht…

Es ist gemeinhin bekannt, dass Nordkoreas Wirtschaft nur wenige Exportfähige Güter produzieren kann. In sehr vielen Bereichen hat sich eine Mischung aus sozialistischer Misswirtschaft und internationalen Sanktionen (die ohne Zweifel ihre negative Wirkung auf Nordkoreas Wirtschaft entfalten, wenn auch noch nicht so lange wie sozialistische Misswirtschaft) dazu geführt, dass nordkoreanische Produkte am Weltmarkt nicht konkurrenzfähig sind. Da das Land allerdings nicht alle Güter selbst produzieren kann (auch wenn man das ideologisch bedingt gerne könnte), die für Bevölkerung, Führung, Militär und Wirtschaft benötigt werden (warum auch immer), ist man auf Importe angewiesen. Um aber Güter aus dem Ausland importieren zu können, braucht man Devisen (weil niemand auf eine Währung vertraut, die nach Belieben umgewertet und neugedruckt wird (wie das beim nordkoreanischen Won der Fall zu sein scheint) und an Devisen kommt man nur ran, wenn man Güter ins Ausland verkauft.

…und wie es sie bekommt.

Daher ist das Regime in Pjöngjang irgendwie gezwungen, die Güter ins Ausland zu verkaufen, die in Nordkorea produziert und am Weltmarkt nachgefragt werden. Während es um viele dieser Handelsgüter nur Spekulationen gibt, wie zum Beispiel um Drogen, Elfenbein und falsche hundert Dollar Scheine, gibt es für ein Gut, dass einen bedeutenden Teil der verborgenen Exportstatistik ausmachen dürfte, durchaus belege. Ich spreche hier vom Waffenhandel, worunter ich der Einfachheit halber sowohl Klein- und  Kriegswaffen als auch Raketen fasse. All das hat Nordkorea in der Vergangenheit verkauft und all das dürfte man auch heute noch absetzen, wenn sich die Möglichkeit dazu bietet.

Schwierige Rahmenbedingungen: Sanktionen der Vereinten Nationen

Allerdings darf Nordkorea anders als zum Beispiel Deutschland, keine Regierungen (hm, manchmal weiß ich garnicht, ab wann man „Regierungen“ jetzt „Regime“ nennt und umgekehrt…) mit Kriegsgerät versorgen. Das untersagen die Resolutionen 1718 und 1874 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Im Wortlaut klingt das in Resolution 1718 dann so:

8. beschließt,

a) dass alle Mitgliedstaaten die Lieferung, den Verkauf oder den Transfer der nachstehenden Gegenstände an die DRVK, auf direktem oder indirektem Weg, über ihr Hoheitsgebiet oder durch ihre Staatsangehörigen oder unter Benutzung von ihre Flagge führenden Schiffen oder Luftfahrzeugen, und gleichviel ob sie ihren Ursprung in ihrem Hoheitsgebiet haben oder nicht, verhindern werden:

i) alle Kampfpanzer, gepanzerten Kampffahrzeuge, großkalibrigen Artilleriesysteme, Kampfflugzeuge, Angriffshubschrauber, Kriegsschiffe, Flugkörper oder Flugkörpersysteme entsprechend der Definition für die Zwecke des Registers der Vereinten Nationen für konventionelle Waffen, oder sonstiges Wehrmaterial einschließlich Ersatzteilen, oder vom Sicherheitsrat oder von dem Ausschuss nach Ziffer 12 (Ausschuss) festgelegte Gegenstände; 

[…]

b) dass die DVRK die Ausfuhr aller unter den Buchstaben a) i) und a) ii) genannten Gegenstände einzustellen hat und dass alle Mitgliedstaaten die Beschaffung solcher Gegenstände von der DVRK durch ihre Staatsangehörigen oder unter Benutzung von ihre Flagge führenden Schiffen oder Luftfahrzeugen, und gleichviel ob sie ihren Ursprung in ihrem Hoheitsgebiet haben oder nicht, verbieten werden;

in Resolution 1874 wird dieser Absatz dann noch ergänzt:

9. beschließt, dass die Maßnahmen in Ziffer 8 b) der Resolution 1718 (2006) auch auf alle Rüstungsgüter und sonstiges Wehrmaterial sowie auf Finanztransaktionen, technische Ausbildung, Beratung, Dienste oder Hilfe Anwendung finden, die mit der Bereitstellung, Herstellung, Wartung oder dem Einsatz dieser Rüstungsgüter oder dieses Wehrmaterials zusammenhängen;

Zur Durchsetzung dieser Sanktionen fordert der Sicherheitsrat die Mitgliedsstaaten zu folgenden Maßnahmen auf:

11. fordert alle Staaten auf, nach Maßgabe ihrer nationalen Befugnisse und Rechtsvorschriften und im Einklang mit dem Völkerrecht in ihrem Hoheitsgebiet, einschließlich ihrer Seehäfen und Flughäfen, alle Ladungen auf dem Weg in die oder aus der DVRK zu überprüfen, falls der betreffende Staat über Informationen verfügt, die hinreichende Gründe für die Annahme liefern, dass die Ladung Gegenstände enthält, deren Lieferung, Verkauf, Weitergabe oder Ausfuhr nach den Ziffern 8 a), 8 b) oder 8 c) der Resolution 1718 (2006) oder nach Ziffer 9 oder 10 dieser Resolution verboten ist, zu dem Zweck, die strikte Einhaltung der genannten Bestimmungen zu gewährleisten;

12. fordert alle Mitgliedstaaten auf, mit Zustimmung des Flaggenstaats auf hoher See Schiffe zu überprüfen, falls sie über Informationen verfügen, die hinreichende Gründe für die Annahme liefern, dass die Ladung dieser Schiffe Gegenstände enthält, deren Lieferung, Verkauf, Weitergabe oder Ausfuhr nach den Ziffern 8 a), 8 b) oder 8 c) der Resolution 1718 (2006) oder nach Ziffer 9 oder 10 dieser Resolution verboten ist, zu dem Zweck, die strikte Einhaltung der genannten Bestimmungen zu gewährleisten;

13. fordert alle Staaten auf, bei den Überprüfungen nach den Ziffern 11 und 12 mitzuarbeiten, und beschließt, dass der Flaggenstaat, falls er der Überprüfung auf hoher See nicht zustimmt, das Schiff anweisen wird, einen geeigneten und leicht erreichbaren Hafen für die erforderliche Überprüfung durch die örtlichen Behörden nach Ziffer 11 anzulaufen;

Kurz gesagt heißt das, dass so ziemlich alle Staaten der Welt aufgefordert sind, aus Nordkorea kommende Schiffe in eigenen Häfen oder auch auf hoher See zu durchsuchen, sollte irgendwas an diesen Schiffen verdächtig erscheinen.

Die Konsequenzen…

Wenn man dann mal die praktischen Konsequenzen dieser Resolution betrachtet, dann kommt auch schon Südostasien ins Spiel. Denn schaut man sich an, wo die meisten Kunden Nordkoreas für solche Güter zu finden sind

Die nordkoreanischen Waffenlieferungen, die in den letzten Jahren bekannt wurden oder abgefangen wurden, waren häufig für Afrika oder den Mittleren Osten bestimmt

Die nordkoreanischen Waffenlieferungen, die in den letzten Jahren bekannt wurden oder abgefangen wurden, waren häufig für Afrika oder den Mittleren Osten bestimmt. (Quelle: Google Maps, eigene Hervorhebungen)

dann wird auch schnell deutlich, dass die Güter irgendwie von Nordkorea aus (auf der Karte ganz rechts oben (Nordosten würde ich sagen, wenn ich Geograph wäre)), in die Zielländer gebracht werden müssen.

…alle Wege führen nach Südostasien

Und schaut man sich die Strecke dann genauer an, dann sieht man, dass auf dem Weg vom Pazifischen in den Indischen Ozean eigentlich kein Weg an den Staaten Südostasiens vorbeiführt:

Irgendwie so müssen die nordkoreanischen Schiffe fahren. Besonders eng wird es in der Straße von Malakka, aber auch ansonsten ist man in vielbefahrenem Gebiet unterwegs.

Irgendwie so müssen die nordkoreanischen Schiffe fahren. Besonders eng wird es in der Straße von Malakka, aber auch ansonsten ist man in vielbefahrenem Gebiet unterwegs. (Quelle: Google Maps, eigene Hervorhebungen)

Egal, ob ein Schiff durch die Straße von Malakka fährt, oder einen anderen Weg nimmt, es muss durch ein Nadelöhr und wird nicht unbeobachtet bleiben. Wäre ein Staat auf der Suche nach nordkoreanischen Schiffen, um nach potentiellen Waffen etc. zu suchen, dann wäre dort ein Ort sich welche auszugucken.

Ist diese Route wirklich relevant? Hinweise aus der jüngeren Vergangenheit

Dass wirklich Transportwege für Waffen durch die Region führen, zeigen einige Zwischenfälle der jüngeren Vergangenheit:

Zwischenfälle mit nordkoreanischen Waffen.Zwei Zwischenfälle mit Schiffen und einen mit einem Flugzeug gab es in der Region in den letzten Jahren. (Quelle: Google Maps, eigene Hervorhebungen)

Zweimal machten nordkoreanische Schiffe mit unbestimmten Zielen (Myanmar war als Adressat hoch gehandelt) auf hoher See kehrt, nachdem amerikanische Kriegsschiffe gebeten hatten, zu Inspektionszwecken an Bord kommen zu dürfen und einmal wurde in Bangkok eine ganze Flugzeugladung mit Waffen — na klar, mit unbestimmtem Ziel — aus Nordkorea entdeckt. Außerdem sind in Afrika und dem Mittleren Osten mehrere Fälle bekannt geworden, in denen Waffen aus Nordkorea an unterschiedliche Staaten geliefert wurden. Mehrmals auf dem Seeweg.

Natürlich sind aus diesem Kalkül heraus nicht alle Staaten gleichermaßen bedeutend. Die erste Priorität dürfte hier auf Indonesien und Singapur liegen, weil diese sozusagen ein direktes Auge auf die Straße von Malakka haben und weil, wie im Falle Singapurs, große Häfen natürlich bestens geeignet sind, um Warenlieferungen im internationalen Warentransportnetz „verschwinden“ zu lassen und so für eventuelle Kontrolleure die Chancen etwas zu entdecken annähernd auf den Faktor „Zufall“ zurückstutzen zu können (eventuell gilt das auch für Luftfracht und damit für große Flughäfen, was Thailand und Malaysia in den Fokus rücken würde). Allerdings sind Malaysia, die Philippinen, Thailand und Vietnam hier ebenfalls nicht unwichtig. Nur bei Brunei (klein), Laos und Kambodscha (kein bedeutender Seezugang) und Myanmar (kann umgangen werden) ist die Bedeutung dieses Arguments eher begrenzt.

Das Kalkül: Die Staaten der Region sind wichtiger Partner…

Naja, was jedenfalls deutlich wird ist die Tatsache, dass Südostasien beim Seetransport kaum umgangen werden kann und dass scheinbar auch Lufttransporte durch diese Region abgewickelt werden. Da die Geschäfte die Pjöngjang da treibt der Natur der Sache entsprechend geheim gehalten werden, lassen sich keine Aussagen zu Umfang und Bedeutung der Geschäfte treffen, jedoch ist sicher, dass es ein Weg ist, der dem Regime hilft, an Devisen zu gelangen. Da die nordkoreanischen Waren irgendwie durch die Region müssen, dürfte es dem Regime daran gelegen sein, dass die Resolutionen  der UN, die ja weitreichende Handhabe ermöglichen, dort möglichst schwach umgesetzt werden. Zwar versucht man in Nordkorea Kontrollen durch Umdeklarierung und Umladen (mehr dazu in dem verlinkten Bericht) zu entgehen, aber auch dazu braucht man Hafenbehörden, die zumindest wohlwollend wegsehen oder jedenfalls nicht besonders energisch hinschauen.

…denn sie könnten ansonsten unbequem werden

Jedenfalls gehört nicht besonders viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass die Staaten der Region Nordkorea die Geschäfte ganz schön vermiesen könnten, wenn sie es richtig darauf anlegten. Vielleichte wäre es noch nicht einmal nötig, die ganzen nordkoreanischen Schiffe selbst zu kontrollieren. Vermutlich würde es schon reichen, den USA jeweils Informationen zuzustecken, wenn ein nordkoreanisches Schiff oder ein Schiff mit solcher Besatzung anlegt oder vorbeifährt. So etwas wäre für Pjöngjang ein schwerer Schlag: Einerseits weil man mit den Waffen zu Devisen kommt, andererseits aber auch, weil sich so potentielle Freunde warmhält. Wenn man denen nichts mehr bieten kann, sind die vermutlich auch nicht mehr bereit, diplomatische Kritik etc. hinzunehmen, um Pjöngjang die Treue zu halten. Um die Seewege freizuhalten führt für Nordkorea also kaum ein Weg daran vorbei, um die Staaten der Region zu werben, damit diese nicht irgendwann entscheiden, dass es in ihrem Interesse sei, Nordkoreas Geschäfte zu stoppen.

Künftige UN-Resolutionen: Regeländerungen zu Schiffsdurchsuchungen beachten

In diesem Zusammenhang sind auch Änderungen bezüglich der UN-Resolutionen immer aufmerksam zu verfolgen, denn wenn die Möglichkeit, Schiffe zu durchsuchen expliziert wird oder die Aufforderung dazu verstärkt, dann ist das natürlich besonders mit Blick auf die Region spannend. Daher fand ich es in Resolution 2087, die in Folge des jüngsten nordkoreanischen Raketentests beschlossen wurde (und die alles in allem recht unspektakulär ist) bemerkenswert, dass dort die Regeln für das Durchsuchen von Schiffen, wenn sie sich einer Überprüfung verweigern, ergänzt wurden:

7. weist den Ausschuss nach Resolution 1718 (2006) an, eine Mitteilung zur Unterstützung der Durchführung in Bezug auf Situationen herauszugeben, in denen ein Schiff sich geweigert hat, eine Überprüfung zuzulassen, nachdem diese vom Flaggenstaat des Schiffes genehmigt wurde, oder wenn ein die Flagge der Demokratischen Volksrepublik Korea führendes Schiff sich geweigert hat, sich einer Überprüfung gemäß Ziffer 12 der Resolution 1874 (2009) zu unterwerfen;

Dass dies geschah, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass auch die Vereinten Nationen erkannt haben, dass man durch das Abschneiden der Transportwege den nordkoreanischen Waffenhandel effektiv bekämpfen kann. Allerdings bleibt auch hier die Auslegung auf Ebene der jeweiligen Staaten entscheidet. Solange sich Nordkorea hier auf stillschweigende Kooperation verlassen kann, bleibt alles beim Alten.

To be continued…

Soweit meine Überlegungen zur Bedeutung der Region für die Freiheit der nordkoreanischen Handelswege. In den nächsten Teilen der Serie werde ich mich mit anderen Aspekten befassen, die sich ebenfalls teilweise aus der geographischen Lage der Region ergeben. Aber das wird noch ein paar Wochen dauern….

Nordkorea und Südostasien: Ein besonderes Verhältnis? (V): Nordkoreas „große außenpolitische Linien“


Die Staaten Südostasiens scheinen in der strategischen Planung Pjöngjangs eine besondere Rolle zu spielen, die sich vor allem an einem besonderen Engagement Nordkoreas und einem verstärkten Interesse anderer Mächte zeigt.

Doch was könnten Gründe für eine Sonderstellung Südostasiens in den Überlegungen Pjöngjangs sein und trifft die Annahme einer Sonderstellung überhaupt zu? In dieser Serie werde ich mich regelmäßig diesen Fragen widmen und mich dem Thema auf der Suche  nach möglichen Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln nähern…

Klicke auf das Bild und finde die anderen Artikel der Serie...

Klicke auf das Bild und finde die anderen Artikel der Serie…

Nach einer angemessenen Pause von ungefähr sechs Wochen möchte ich mich wieder mal einem Thema widmen, das mir echt Spaß macht. Den Beziehungen Nordkoreas zu  Südostasien. Die Stammleser kennen meine Serie dazu ja schon, in der ich in bisher vier Beiträgen analysiert habe, ob die Beziehungen zwischen den Staaten Südostasiens und Nordkorea tatsächlich etwas „besonderes“ haben, welche Differenzen zwischen den einzelnen Staaten bestehen und woran sich die genannte „Besonderheit“ festmachen lässt (einfach die Karte oben anklicken und ihr habt alle Artikel der Serie in einer Reihe…).

Nachdem ich mit der Wahrnehmung geschlossen habe, dass die Beziehungen durchaus einen besonderen Wert für Pjöngjang zu haben scheinen, da man relativ viel Kapital  investiert, aber auch von manchen Staaten aus der Region dafür Unterstützung zu erhalten scheint, möchte ich mich im zweiten großen Block meiner Serie damit auseinandersetzen, worin diese Besonderheit begründet liegen könnte. Da die Staaten Südostasiens sozusagen vor der Haustür Pjöngjangs liegen (zumindest mittelbar), werden dabei vor allem räumliche Aspekte eine große Rolle spielen. Beginnen möcht ich aber mit einem Blick auf die „großen außenpolitischen Linien“, die für das gesamte außenpolitische Agieren Pjöngjangs kennzeichnend sind.

Die „großen außenpolitischen Linien“

Als solche großen Linien habe ich drei Aspekte ausgemacht. Zum einen ist es die Konkurrenz mit Südkorea um Anerkennung, weiterhin die Tatsache, dass Staaten häufig die Nähe zu Partnern suchen, mit denen sie historische oder ideologische Gemeinsamkeiten sehen und zuletzt sieht sich Nordkorea traditionell als Verfechter von globaler Süd-Süd-Kooperation. Mit diesen Punkten will ich mich in der Folge etwas ausgiebiger befassen.

Konkurrenz mit Südkorea

Wenn sich Staaten vor dem Hintergrund des Kalten Krieges spalteten und in der Folge als ideologische Konkurrenten agierten, verfolgten sie immer auch das Ziel, die Überlegenheit des eigenen Modells gegenüber demjenigen des verfeindeten Bruders zu demonstrieren. Das kann man in nahezu allen Politikfelder ausmachen (zum Beispiel auch in der „Sportförderung“ aka Dopingentwicklung) und eben auch im Bereich der Diplomatie.

Die Schwierigkeit Freunde zu finden, wenn der eigene Block sich auflöst…

Solange es die Blockgegensätze gab, war das Bild einigermaßen einfach. Um die Staaten im eigenen Block hatte man es nicht nötig zu werben und bei denjenigen im verfeindeten Block hätte es wohl meistens eh nichts gebracht. Es blieben noch die Staaten, die keinem Block angehörten, aber dazu später mehr. Nachdem der Kalte Krieg mit dem Zusammenbruch der meisten Ostblockstaaten zuende ging, wurde das Bild dieser diplomatischen Konkurrenz auch ein Anderes. Die Grenzen waren nicht mehr so klar und man hatte im Falle Nordkoreas auch kein so übermäßig großes Potential „natürlicher Verbündeter“ mehr. Es wurde also schwieriger, die eigene Anerkennung sicherzustellen und damit einer diplomatischen Isolation (die ja heute schon oft genug konstatiert wird) vorzubeugen. Ähnlich aber doch ganz anders war die Lage eine Zeitlang (und ist es mit leicht entspannten Vorzeichen bis heute) mit China und Taiwan. Auch hier gab es einen, oft mit Geld ausgetragenen, Wettbewerb um Anerkennung, in dem allerdings der „westliche“ Vertreter den Kürzeren zieht. Noch heute kann man dort hin und wieder von einem Wechsel der staatlichen Anerkennung dieses und jenes Inselstaates gegenüber der VR China und der Republik China lesen.

Ungünstige Wettbewerbsbedingungen

Nordkorea dürfte sich gezwungen sehen, auf diplomatischer Ebene immer wieder den Wettbewerb mit Südkorea um die Anerkennung und Unterstützung anderer Staaten aufzunehmen (siehe hierzu auch den entsprechenden Teil des hervorragenden Artikels von Peter Hayes zu den Konstituenten der nationalen Macht („power“) in Süd- und Nordkorea, bei dem leider die zweite Hälfte fehlt (was für unseren Zweck aber nicht so wichtig ist)). Deshalb ist es nur folgerichtig, dass es versucht, die Kontakte zu allen potentiellen Kandidaten warmzuhalten und so keinen Raum für eine Expansion des südkoreanischen Einflusses zu lassen. Wegen der extremen ökonomischen Übermacht Südkoreas, die sich zumindest zum Teil auch in politischen Einfluss übersetzen lässt, dürfte Pjöngjang immer auf der Suche nach möglichen Lücken sein (wo hat Seoul keine so starke wirtschaftliche Stellung), oder auf andere Aspekte der Verbundenheit, die nicht unbedingt ökonomischer Natur sind, Bezug nehmen.

Ideologische und historische Nähe

Und damit bin ich auch schon beim zweiten der oben genannten Punkte. Nordkorea versucht nämlich relativ erfolgreich, die geringe wirtschaftliche Relevanz dadurch wettzumachen, dass es sich auf ideologische Näher oder aber auf historische Verbindungen zu anderen Ländern beruft.

Die wenigen „Standhaften“ als ideologische Ankerpunkte

Zwar kam mit dem Ende des Kalten Krieges auch das Ende für den Großteil der sozialistischen/kommunistischen Staaten, jedoch nicht für alle. Verstreut über die Welt gibt es verschiedene Länder, die zumindest offiziell noch an ihrer Staatsdoktrin aus dem Kalten Krieg festhalten. Neben China, das wegen seines realkapitalistischen Staatssozialismus mitunter in unseren Breiten belächelt wird, ist zum Beispiel Kuba ein Beispiel hierfür. In Südostasien gehören Vietnam und Laos zu diesen Überbleibseln und in Afrika beispielsweise Tansania, wo trotz demokratischer Wahlen noch immer die ehemalige sozialistische Einheitspartei regiert. Mit all den genannten Ländern unterhält Pjöngjang gute Beziehungen, was vermuten lässt, dass die ideologische Nähe hier ein Faktor sein könnte. Allerdings ist zu bedenken, dass die nach außen getragene Ideologie in vielen der Fälle nicht unbedingt etwas mit dem System zu tun hat, was wiederum in eine andere Richtung deuten würde. Nämlich das die Beziehungen nicht zuletzt auf jahrzehntelange persönliche Kontakte und gegenseitiges Kennenlernen zurückzuführen sein könnten. Im Gegensatz zu vielen anderen Systemen kam es in diesen Staaten nicht zu revolutionären Umbrüchen und so sind noch heute Menschen in hohen Positionen, die man schon ewig kennt.

Kim Il Sungs Kumpels und durch Blut gestählte Freundschaften

Ein weiterer Aspekt aus diesem Feld ist die historische Nähe. Nordkorea hatte mit Kim Il Sung einen Führer, der nicht nur nach innen, sondern auch nach außen hin charismatisch wirkte. Er knüpfte persönliche Beziehungen zu einer Vielzahl von Staatenlernkern weltweit, die mitunter relativ tragfähig zu sein scheinen. Zwar haben viele seiner ehemaligen Kumpels so wie er mittlerweile das zeitliche gesegnet, aber manche der damals geknüpften Bande wirken über Generationen fort. Ein Beispiel hierfür ist Syrien, aber auch Kambodscha kann man in diese Kategorie packen. Vielleicht sogar ein bisschen Indonesien, wo sich die Freundschaft Kim Il Sungs mit dem ersten Präsidenten Sukarno bis in die heutige Zeit auswirkt. Außerdem haben nordkoreanische Soldaten sich öfter mal solidarisch an verschiedenen Konflikten beteiligt. So nahmen beispielsweise Piloten aus Nordkorea am Vietnamkrieg teil und kämpften an der Seite Ägyptens im Yom Kippur Krieg gegen Israel. Auch nach Simbabwe hatte Kim Il Sung seinem Freund Mugabe nordkoreanische Ausbilder geschickt.

Nicht nur historische Pluspunkte, auch Altlasten gibt es

Noch heut nutzen Nordkoreas Diplomaten häufig die Chancen die sich ihnen aufgrund historischer Beziehungen, die oft auf Basis persönliche Freundschaften geknüpft wurden, um einer möglichen politischen Isolation vorzubeugen und sich ein Netzwerk befreundeter Staaten in aller Welt zu bewahren. Das gilt auch für einiger Staaten Südostasiens, jedoch bei weitem nicht für alle. Während es im Fall Indonesien zumindest fraglich ist, kann man sich auf so etwas hinsichtlich der Philippinen, Thailand und Brunei nicht berufen. Gegenüber Myanmar schleppte Pjöngjang sogar sowas wie eine Altlast mit sich herum, da man 1983 versucht hatte, den damaligen Südkoreanischen Präsidenten Chun Doo-hwan mittels eines Bombenanschlags in Rangun zu töten (er selbst überlebte zwar, aber vier Minister seines Kabinetts und 17 weitere Personen kamen ums Leben), was man in Myanmar nicht gerade mit Begeisterung aufnahm.

Süd-Süd-Kooperation als traditioneller außenpolitischer Fokus

Auch den dritten oben genannten Punkt, nämlich die Tradition der Süd-Süd-Beziehungen in der nordkoreanischen Außenpolitik kann man mit den zuvor Genannten in Verbindung setzen.

Die Blockfreien-Bewegung

Nordkorea begann seit Mitte der 1960er Jahre aus wirtschaftlichen, aber auch dipomatischen Gründen den Kontakt zu Staaten zu suchen, die sich weder dem US- noch dem sowjetischen Block zugehörig fühlten. Ein bedeutendes Vehikel dazu stellte die Bewegung der Blockfreien Staaten dar, die sich 1961 gründete. Pjöngjang versuchte immer wieder die Juche-Philosophie als eine Art Entwicklungsmodell für dritte Weltstaaten zu exportieren und sich gleichzeitig eine Spitzenposition unter den Blockfreien zu erarbeiten. Diese Bemühungen waren von einigem Erfolg gekrönt und manche der Freundschaften Kim Il Sungs dürften durch diesen Rahmen ermöglicht worden sein. Dass die Blockfreien auch heute noch eine gewisse Rolle in den geostrategischen Überlegungen Pjöngjangs spielen, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass man auch heute noch sehr hochrangig auf deren Gipfeltreffen — zuletzt im Sommer in Teheran durch Kim Yong-nam — vertreten ist. (Ein sehr gutes Paper zum Thema Nordkoreas Süd-Süd-Engagement findet ihr hier).

Regionale Foki

Besondere regionale Foki lagen damals auf Südostasien, dem Mittleren Osten und Afrika, während Lateinamerika als „Hinterhof der USA“ der es damals nunmal war, für Nordkorea außer Reichweite lag, was ein realistisches Engagement betroffen hätte. Betrachtet man die heutigen Muster der nordkoreanischen Außenpolitik, dann zeigt sich, dass sie was die oben genannten regionalen Foki angeht, weitgehend fortgeschrieben wurde. Noch immer stellen Afrika, Südostasien und der Mittlere Osten wichtige diplomatische Schwerpunktgebiete dar, möglicherweise eben auch, weil durch das verstärkte Engagement in diesen Regionen persönliche Kontakte wuchsen und sich historische Bindungen entwickelten.

To be continued…

Die großen außenpolitischen Linien, die ich hier nur ansatzweise umrissen habe, soweit sie auch die Staaten Südostasiens direkt betrafen, stellen den Rahmen dar, in dem sich nordkoreanische Außenpolitik gegenüber diesen Regionen abspielt. Die Frage ist jetzt, ob diese großen Linien allein ausreichen, um das gesteigerte Interesse Nordkoreas an der Region  Südostasiens zu erklären. Möglich ist es, aber wenn man das diplomatische Engagement Pjöngjangs betrachtet und auch einen Blick auf die mediale Aufmerksamkeit wirft, die diese Region genießt, dann scheinen noch weitere regionenspezifische Aspekte eine Rolle zu spielen. Genau auf diese Aspekte möchte ich in meinen kommenden Beiträgen Bezug nehmen. Mir fallen da zwei bis drei ein, die gute ergänzende Erklärungen für den beschriebenen Sachverhalt bieten können.

Die Anwendung des Nationalen Sicherheitsgesetzes unter Lee Myung-bak: Lesenswerter Bericht von Amnesty International


Langsam plätschert die Amtszeit von Südkoreas Präsident Lee Myung-bak ihrem Ende entgegen und ich für meinen Teil kann und will meine Freude darüber nicht wirklich verbergen. Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass Lees Politik gegenüber Nordkorea zwar möglicherweise geeignet ist und war, das Regime in Pjöngjang an sein Ende zu bringen, aber der Preis der dafür zu zahlen gewesen wäre, wäre in jedem Szenario das ich mir vorstellen kann, katastrophal gewesen. Aber nicht nur seine Nordkorea-Politik war bedenklich, sondern auch die Anwendung des Nationalen Sicherheitsgesetzes (NSG) unter ihm, tat seinem Land nicht gerade gut. Ähnliches dürften sich auch die Leute von Amnesty International gedacht haben, als sie vor ein paar Tagen ihren Bericht zur Anwendung des NSG in Südkorea vorlegten. Diesen Bericht kann man jedenfalls ohne besonders viel Kreativität als eine Bilanz der Amtszeit Lees mit Blick auf das NSG sehen und diese Bilanz fällt ernüchternd aus.

Das Nationale Sicherheitsgesetz: Hintergründe

Aber zuerst vielleicht ein paar Hintergründe zum Nationalen Sicherheitsgesetz. Dieses wurde bereits kurz nach der Teilung Koreas in Kraft gesetzt. Seit 1948 sollte es den südkoreanischen Staat und seine Bürger vor den Bedrohungen schützen, die von Nordkorea ausgingen. Für manche Bürger wurde das Gesetz selbst jedoch zur Bedrohung, vor allem in der autoritären Periode Südkoreas bis etwa 1990. Das Gesetz wurde nicht nur gegen pro-Nordkoreanische Personen angewendet sondern gegen Oppositionelle aller Art. In dieser Zeit wurden unter dem Gesetz 230 Menschen hingerichtet und tausende gefoltert. Unter den Opfern des NSG war auch Südkoreas ehemaliger Präsident Kim Dae-jung, der ursprünglich zum Tode verurteilt worden war. Mehrere Versuche das Gesetz abzuschaffen oder wenigstens nachhaltig zu entschärfen scheiterten am Widerstand einiger Teile des politischen Establishments und an der Justiz. Das Gesetz an sich zeichnet sich durch seine „Flexibilität“ aus, die vor allem in schwammigen Formulierungen begründet ist. Besonders schlagend und am häufigsten angewandt ist dabei Artikel 7:

Article 7 of the NSL

(1) Any person who praises, incites or propagates the activities of an antigovernment organization, a member
thereof or of the person who has received an order from it, or who acts in concert with it, or propagates or
instigates a rebellion against the State, with the knowledge of the fact that it may endanger the existence and
security of the State or democratic fundamental order, shall be punished by imprisonment for not more than
seven years:

(2) Deleted. <by Act No. 4373, May 31, 1991>;

(3) Any person who constitutes or joins an organization aiming at the act as referred to in paragraph (1) shall
be punished by imprisonment for a definite term of one or more years;

(4) Any person who is a member of the organization as referred to in paragraph (3), and fabricates or
circulates any falsies (sic) fact as to the matters which threaten to provoke any confusion of social order, shall
be punished by imprisonment for a definite term of two or more years;

(5) Any person who manufactures, imports, reproduces, holds, carries, distributes, sells or acquires any
documents, drawings or other expression materials, with the intention of committing the act as referred to in
paragraph (1), (3) or (4), shall be punished by the penalty as referred to in the respective paragraph;

(6) Any person who has attempted the crime as referred to in paragraph (1) or (3) through (5), shall be
punished;

(7) Any person who prepares for or plots the crime as referred to in paragraph (3) with the intention of
committing it shall be punished by imprisonment for not more than five years.

[Ich hab mal versucht das zu übersetzen, aber ich bin kein Jurist, könnte deshalb komisch klingen. Könnte aber auch wegen des Inhalts seltsam erscheinen.]

(1)  Jede Person, die die Aktivitäten einer antiregierungorganisation lobpreist, fördert oder propagiert, Mitglieder einer solchen Organisationen, Personen die Anweisungen von den Organisationen erhalten oder in Abstimmung mit ihr handeln oder Rebellion gegen den Staat propagieren oder fördern, im Bewusstsein der Tatsache, dass sie die Existenz und die Sicherheit des Staates oder die fundamentale demokratische Ordnung gefährden könnten, sollen mit einer Haftstrafe von höchstens sieben Jahren bestraft werden.

(2) Gelöscht. <durch Gesetz No. 4373, 31. Mai 1991>

(3) Jede Person die eine Organisation gründet oder ihr beitritt, die unter Paragraph (1) fällt, soll mit einer Haftstrafe von mindestens einem Jahr bestraft werden;

(4) Jede Person die Mitglied einer Organisation wie in Paragraph (3) beschrieben ist und Gerüchte/Unwahrheiten erfindet oder verbreitet, die den sozialen Frieden gefährden könnten, soll mit einer Haftstrafe von mindestens zwei Jahren bestraft werden;

(5) Jede Person, die Dokumente, Zeichnungen oder anderes expressives Material herstellt, vervielfältigt, besitzt, mit sich führt, verteilt oder erwirbt und damit die Absicht verfolgt ein Verbrechen wie in den Paragraphen (1), (3) oder (4) beschrieben zu begehen, soll mit der Strafe, die in dem jeweiligen Paragraph festgelegt ist, belegt werden;

(6) Jede Person die die Absicht hatte ein Verbrechen wie in den Paragraphen (1), (3) bis (5) zu begehen soll bestraft werden;

(7) Jede Person die Verbrechen wie in Paragraph (3) beschrieben mit der Absicht sie zu begehen vorbereitet oder plant soll mit einer Haftstrafe von höchstens fünf Jahren bestaft werden.

Risiken und Nebenwirkungen

Das Problem mit dem NSG ist relativ schnell umrissen. „Antiregierungsorganisation“ bezieht sich natürlich auf Nordkorea, muss aber nicht zwangsweise exklusiv dem vorbehalten sein. Naja und „lobpreisen“, „fördern“ oder „propagieren“ kann natürlich auch vieles bedeuten, da es nicht näher definiert ist. Da sich eigentlich alle Paragraphen in diesem Fall auf das lobpreisen etc. von Antiregierungsorganisationen bezieht, kann man mit diesen schwammigen Begriffen ordentlich Schaden anrichten wenn man es drauf anlegt. Ein bisschen theoretischer Gedacht finde ich auch die Formulierung „Antiregierungsorganisation“ sehr bedenklich. Denn wenn man da ein bisschen weiter denkt, bestehen Regierungen ja meist aus Parteien und manchmal sind andere Parteien gegen diese Regierungsparteien. Sind sie dadurch schon Antiregierungsorganisationen? In der jetzigen Sicht nicht, aber bei dieser Formulierung müsste man wohl drüber diskutieren, wenn es hart auf hart käme (eine andere Wendung wäre sowas wie in Deutschland: „Verfassungsfeindlich“. Da ist egal, wer die Regierung ist, die Verfassung ist der Maßstab). Aber das nur am Rande, gegenwärtig sind die Probleme ein Stück praktischer.

Die Anwendung in der Praxis: Deutlicher Anstieg unter Lee Myung-bak

Zwar verharren die Zahlen der Gerichtsverfahren, Urteile und anderer Arten der Verfolgung von Vergehen unter dem NSG weiterhin auf relativ niedrigem Niveau (aber ansonsten müsste man sich um die Demokratie in Südkorea ja auch richtig ernsthafte Sorgen machen), allerdings waren in den letzten vier bis fünf Jahren in allen Bereichen deutliche Steigerungen zu vermerken. Die Zahl neuer NSG-Fälle hat sich von 2008 bis 2011 fast verdoppelt (von 46 auf 90). Auch die Anzahl derer, die unter dem Gesetz verurteilt wurden, hat sich in dieser Zeit nahezu verdoppelt (von 32 auf 63). Vor allem die Überwachung des Internets hat bedenklich zugenommen. Die Zahl der Personen, die aufgrund von Aktivitäten im Netz Strafverfolgung unterlagen wuchs im beschriebenen Zeitraum von 5 in 2008 auf 51 in 2010. Auch die Zahl der gesperrten Websites wuchs deutlich. 18 waren es 2009 und 178 2011. Gleichzeitig forderte der Geheimdienst die Löschung der Rekordzahl von etwa 67.300 Posts aus dem Internet, die als Bedrohung für die nationale Sicherheit gesehen wurden. Ich habe mich ja selbst schon öfter mal mit der Zunahme der Nutzung des NSG befasst und einiges dazu geschrieben, wenn ihr euch dafür interessiert (sowohl konkrete Fälle als auch eher theoretische Überlegungen, dann schaut mal hier, hier, hier, hier und hier.

Wer wird verfolgt

Die Stärke des Amnesty Berichts ist es jedoch, dass er die individuellen Schicksale hinter diesen Zahlen ein bisschen näher bringt und anhand einiger Beispiele erklärt, dass die Strafverfolgung im Zusammenhang mit dem NSG willkürlich erfolgt und oft nicht nur pro-nordkoreanische Aktivitäten betrifft, sondern schlicht politische Opposition bekämpfen oder einschüchtern soll. Dabei ging es zum Teil auch darum, die kritischen Stimmen hinsichtlich der zurecht umstrittenen Untersuchung des Untergangs der Cheonan ruhigzustellen. Dementsprechend fordert Amnesty in dem Bericht auch die Abschaffung oder die substantielle Entschärfung dieses Berichts. Dem brauch ich eigentlich nicht wirklich viel hinzuzufügen.

Warum man mit Südkorea „streng“ sein muss

Eine Anmerkung habe ich trotzdem noch zu machen. Vielleicht wundert ihr euch hin und wieder, dass ich mit zweierlei Maß zu messen scheine. Ich meine objektiv betrachtet, ist ja alles was die südkoreanische Regierung mit ihrer Bevölkerung anstellt absolut vernachlässigenswert, wenn man als Vergleichsmaßstab Nordkorea hinzuzieht. Und natürlich ist auch nicht zu leugnen, dass Pjöngjang die südkoreanische Bevölkerung propagandistisch ins Visier nimmt, dass versucht wird, zivilgesellschaftliche Gruppen vor den eigenen Karren zu spannen und dass Pjöngjang tatsächlich ein gewisses Risiko für die nationale Sicherheit Südkoreas darstellt. Das alles will ich nicht bestreiten! Aber — und damit bin ich beim Grund für meine Kritik — Südkorea ist eine Demokratie. Das ist ein hoher Wert an sich und der muss geschützt und bewahrt werden. Demokratien lassen sich nur schwer von außen Schaffen und ebenso schwer von außen abschaffen. Meist liegt die größte Gefahr für sie im Inneren. Politiker die schlichten Machtimpulsen nachgeben oder einfache Lösungen für komplexe Probleme suchen, haben vielleicht nicht einmal wirklich schlechtes im Sinn, sondern glauben ihrem Land etwas Gutes zu tun. Aber solche Leute haben oft genug das Loch zu graben begonnen, in dem später die Demokratie beerdigt wurde. Daher muss immer wieder hinterfragt werden, wie der Staat mit den Rechten seiner Bevölkerung und den selbst gesteckten Grenzen umgeht. Und wenn die selbst gesteckten Grenzen nicht eng genug sind, um den Staat davon abzuhalten die Rechte der Menschen unnötig zu beschneiden, dann müssen diese Grenzen eben enger gesteckt werden.

Ich hoffe, dass der Amnesty Bericht kurz vor den Präsidentschaftswahlen dieses so wichtige Thema etwas höher auf der politischen Agenda platziert hat. Wir werden sehen wer die Wahl gewinnt und wie er sich dann positioniert, gut jedenfalls, dass Amnesty diesen Denkanstoß geliefert hat.

Den Bericht werde ich natürlich in kürze meiner Linkkategorie Fundstellen zum Thema Menschenrechte hinzufügen.

Die Ministerien für Volkssicherheit und Staatssicherheit: Neue Schwergewichte in Nordkoreas Machtgefüge?


Mal wieder ärgere ich mich ein bisschen. Wenn ich was anfange und ihn dann nicht in einem Zug fertig schreibe, dann kommt immer irgendwas dazwischen. Zum Beispiel die Ankündigung eines Satellitenstarts. Und dann wird man schnell mal von Ereignissen überrollt und kommt nicht mehr dazu, den schönen angefangenen Beitrag fertigzuschreiben. Aber eigentlich ist das ja mein Blog und ich habe das Privileg hier zu machen wozu ich Lust habe. Daher habe ich einfach den angefangenen Artikel fertiggeschrieben, obwohl er schon wieder ein klein bisschen wie aus der Zeit gefallen scheint. Macht nichts: Wenn ihr was zum Satellitentest lesen wollt, dann schaut doch einfach in meinen Beitrag dazu oder guckt mal auf der Facebookseite vorbei, da habe ich ein bisschen was Weiterführendes verlinkt und werde das wohl auch in den nächsten Tagen gut im Auge behalten…

Mein kleiner Artikel über Kim Jong Uns markige Worte und Werners gute Hinweise dazu in der Kommentarspalte haben mir ein Versäumnis bewusst gemacht, das ich schnellstmöglich zumindest obeflächlich beheben möchte. Ich habe mich eigentlich seit dem Tod Kim Jong Ils nicht mehr um Entwicklungen in Struktur und Verhältnis der Sicherheitsorgane Nordkoreas gekümmert, die für die innere Sicherheit im Land zuständig sind. Das ist insofern ein Versäumnis, weil gerade diese Organe in einer Phase des Übergangs, wie sie aktuell abläuft, gleichzeitig sehr bedeutende Funktionen erfüllen und sehr bedeutende Risikofaktoren darstellen.

Fokus auf die Ministerien für Volks- und Staatssicherheit

Ich will jetzt garnicht auf jede Sicherheitsbehörde eingehen, sondern mich auf die beiden wohl prominentesten beschränken, die gesamtgesellschaftliche Reichweite haben und mit denen ich mich auch in der Vergangenheit schonmal befasst habe. Dem Ministerium für Volkssicherheit (Ministry of People’s Security) und dem Ministerium für Staatssicherheit (Ministry of State Security oder auch State Security Department). Beide spielen tragende Rollen bei der Erhaltung der inneren Sicherheit, nicht nur, indem sie die Bevölkerung überwachen, sondern auch, weil sie sich gegenseitig zu kontrollieren haben.

Die Quelle

Dass die beiden Ministerien von der Führung ganz genau beobachtet werden, zeigt sich auch an den personellen Rochaden und den strukturellen Veränderungen bei der Zuordnung, die in den vergangenen Monaten und Jahren zu verzeichnen sind. Anfangen möchte ich allerdings mit einer kurzen Beschreibung der Aufgabenprofile und Struktur der Ministerien. Dabei werde berufe ich mich auf die Informationen aus dem hervorragenden Buch Coercion, Control, Surveillance, and Punishment. An Examination of the North Korean Police State von Ken Gause (2012) stützen (das ist das Beste, was das Netz kostenlos zu dem Thema hergibt und kann sich auch mit der nicht freien Literatur zum Thema locker messen, aber trotzdem fallen bei genauer Lektüre ein paar Ungereimtheiten auf. Das zeigt: Auch der Autor, obwohl mit guten Quellen versorgt, kann oft nur vermuten, ohne sicher zu wissen. Das nur am Rande als kleine Quellenkritik.). Ergänzend werde ich, wo es sich anbietet Links zu North Korea Leadership Watch setzen, denn dieses Blog ist in diesem Feld einfach die Standardanlaufstelle schlechthin und bietet immer einen schnelle Überblick.

Das Staatssicherheitsministerium

Im Überblick

Das Staatssicherheitsministerium kommt wohl am ehesten einer Art Inlandsgeheimdienst nahe. Die Behörde, deren Existenz seit 1987 nachgewiesen ist (sie wurde aber schon vorher vermutet), wird auch öfter mal unter der Bezeichnung KPA Unit 10215 (also als Einheit der Koreanischen Volksarmee) geführt (hier z.B.). Die geschätzten 50.000 Mitarbeiter der Behörde sind im Hauptquartier in Pjöngjang und in den Stützpunkten, die über das ganze Land verteilt sind, stationiert. Zu den Aufgaben des Ministeriums gehört es, Personen zu verfolgen, die sich regierungs- oder staatsfeindlicher Aktivitäten, ökonomischer Verbrechen oder Illoyalität gegenüber der Führung zuschulden haben kommen lassen. Es ist auch für die Überwachung von Personen zuständig, die eine Zeitlang im Ausland waren, betreibt politische Gefängnisse, sammelt geheimdienstliche Information und scheint auch innerhalb der militärischen Eliten für Angst zu sorgen, weil es öfter mal gegen diese vorgeht. Bei der Überwachung des Militärs überschneiden sich die Kompetenzen des Staatssicherheitsministeriums mit anderen Diensten, was aber für die nordkoreanische Sicherheitsarchitektur eine Art kennzeichnendes Merkmal ist, da durch die Konkurrenz verschiedener Entitäten so etwas wie gegenseitige Kontrolle und Überwachung gewährleistet werden kann.

In Deutschland

Achja, in Deutschland gibt es übrigens auch sowas wie eine kleine Außenstelle des Ministeriums für Staatssicherheit. Laut des Verfassungsschutzberichts 2011 (und seiner Vorgänger), den das Bundes Innenministerium herausgibt, besteht in der nordkoreanischen Botschaft in Berlin eine Residentur des Ministeriums. Der Mitarbeiter ist dort für die personelle und materielle Sicherheit der Botschaft (heißt das „materiell“, dass der auch Kapitalgewinnung treiben muss?) sowie nordkoreanischer Gastwissenschaftler und Studenten zuständig und übt Kontrollaufgaben im Ausland aus, z.B. ermittelt er bei sicherheitsrelevanten Vorfällen (z.B. wenn jemand untertaucht). Es gibt auch noch weitere Dienste, die in Deutschland aktiv sind, aber das ist hier jetzt nicht Thema.

Die Führung

Eine gute Zeitlang scheint der Posten des Direktors der Behörde vakant gewesen, bzw. durch Kim Jong Il wahrgenommen worden zu sein. Während manche Quellen annehmen, U Tong-chuk habe bis zu diesem Jahr diesen Job erledigt, konnte ich dafür im Endeffekt keinen Beleg finden, aber vermutlich ist richtig, dass er die Behörde als stellvertretender Minister de facto unter sich hatte. Ganz offiziell wird aktuell Kim Won-hong (auch mal Kim Won-hung. Ungewöhnlich, dass KCNA für die Namen der eigenen Leute unterschiedliche Umschriften nutzt) als Minister benannt und allein das ist schon eine interessante Änderung, denn vorher gab es keinen Minister. Das deutet grundsätzlich auf einen Machtzuwachs und mehr Eigenständigkeit des Ministeriums. Gleichzeitig ist aber noch zu bemerken, wo Kim Won-hong herkommt, denn bevor er den Job als Minister bekam, wurde er öfter mal als Armeegeneral geführt und stand wohl bis 2009 einem anderen Dienst vor, nämlich dem Military Security Command (grob mit dem MAD in Deutschland vergleichbar), der fürs Militär zuständig ist. Er hat also einerseits Erfahrung, andererseits aber wohl auch ein Netzwerk, das deutlich über den eigenen Dienst hinausreicht.

Die Sonderstrukturen

Während sich das Ministerium generell unter Aufsicht der Partei (zumindest bis 2010 war Jang Song-thaek zuständig) und unter Kontrolle der Nationalen Verteidigungskommission befindet, dem mächtigen Entscheidungsgremium, das irgendwie quer zu vielen anderen Strukturen steht, gibt es innerhalb des Ministeriums nochmal eine handeverlesene Sondereinheit (aus ca. 15 Leuten). Die unterstand früher direkt Kim Jong Il und war unter anderem mit der Überwachung und ideologischen Kontrolle von Führungspersonen aus Partei, Kabinett, dem eigenen Ministerium und dem Militär befasst. Sollte es die Einheit wirklich (noch) geben, könnte sie zum Beispiel mit dem starken Personalschwund der letzten Zeit, vor allem im Militärapparat zu tun haben.

Der Schwund in der Führung

Apropos Schwund. Der oben erwähnte U Tong-chuk, immerhin einer der Mitsargträger bei Kim Jong Ils Beerdigung und damit nach meiner Einschätzung eigentlich ein Mann, den man auch in Zukunft im Auge behalten soll, ist schon eine ganz erhebliche Weile von der Bildfläche verschwunden (über ein halbes Jahr). Daher ist einerseits nicht davon auszugehen, dass er, wie Gause vor einigen Monaten vermutete, das Tagesgeschäft des Ministeriums abwickelt. Sondern andererseits viel eher zu vermuten, dass er einer Aufräumaktion zum Opfer gefallen ist (wie sich ja in letzter Zeit und aktuell wieder zeigt, dass die Teilnahme am Sargtragen bei Kim Jong Ils Trauerzug eher riskant war, als wegweisend. Immerhin sind vier der Acht Männer entweder entlassen oder degradiert worden, oder sind wie U schlicht verschwunden). Wie gesagt: Die Sicherheitsbehörden spielen eine zentrale Rolle in Situationen wie der Aktuellen und da sind unsicherer Kantonisten vermutlich noch schneller weg, als in manch anderen Positionen.

Das Ministerium für Volkssicherheit

Im Überblick

Das zweite Ministerium, dem ich mich heute widmen will, ist das Ministerium für Volkssicherheit. Dieses Ministerium ist von seinen Aufgaben her grundsätzlich mit den deutschen Polizeibehörden zu vergleichen. Damit ist es für die öffentliche Sicherheit, für Verfolgung von gewöhnlichen Straftaten, die Sicherheit im Verkehr und in der Bahn zuständig. Darüber hinaus treibt es aber auch politische Überwachung, auch wenn es Verdachtsfälle an das Ministerium für Staatssicherheit abgeben muss. Die Personengruppen die unter die Strafverfolgung des Ministeriums fallen, wurden 2009 erheblich ausgeweitet. Seitdem verfolgt das Ministerium für Volkssicherheit auch Straftaten des Personals des Militärs, der Justiz und des Ministeriums für Staatssicherheit (mit Ausnahme von Verbrechen, die sich gegen die Führung richten). Für die Behörde arbeiten geschätzt etwa 210.000 Personen in allen Teilen des Landes (Polizei eben).

Die Sonderstrukturen

Innerhalb des Ministeriums gibt es noch zwei funktionale Einheiten, die ich kurz erwähnen will. Einerseits die Sicherheitsabteilung, die im Ministerium für Volkssicherheit sitzend dem Ministerium für Staatssicherheit Bericht erstattet und zwar mit besonderem Augenmerk auf regimefeindliche Aktivitäten innerhalb des Ministeriums. Die andere Einheit heißt Korean People’s Interior Security Forces (KPISF) und ist sowas wie eine paramilitärische Truppe zur Aufstandsbekämpfung. Ich konnte zwar nichts zum Umfang dieser Einheit finden, aber so oft wie sie auch in der Berichterstattung von KCNA präsent ist, dürfte sie nicht ganz unbedeutend sein. Damit verfügt das Volkssicherheitsministerium selbst auch über einige „Feuerkraft“ die es im Zweifel in die Waagschale werfen kann.

Die Führung…

Auch in der Führung des Ministeriums für Volkssicherheit gab es vor garnicht so langer Zeit deutliche Veränderungen. Im März 2011 wurde nämlich recht abrupt Ju Sang-song, der damalige Minister entlassen (er verlor auch seinen Posten in der Nationalen Verteidigungskommission) und wart seither nicht mehr gesehen (aber er war ja auch krank, was als Grund für seine Entlassung angeben wurde…). Seine Nachfolge trat Ri Myong-su an. Der war vorher genau wie Kim Won-hong Armeegeneral und wurde von KCNA auffällig oft gemeinsam mit Kim genannt (also die Namen standen quasi in direkter Nachbarschaft). Kann was heißen, muss es aber nicht. Wenn es bedeutet, dass die beiden sich kennen und einen Teil ihres Weges vielleicht gemeinsam gemacht haben, dann könnte ihre Besetzung eine bewusste Maßnahme sein, um die Zusammenarbeit der Ministerien in der kritischen Phase zu fördern. Gleichzeitig wäre es auch ein kleines Risiko, weil damit natürlich die Konkurrenz zwischen den Ministerien vielleicht ein Stück weit einschläft.

…und Kim Jong Uns kurzweilige Personalpolitik

Ri wird auch noch durch einen anderen Aspekt interessant. Er ist für Sicherheitsrelevante Spitzenkräfte mittlerweile schon ziemlich lange im Amt. In Militär und anderen Sicherheitsbehörden wurden sehr viele zentrale Stellen, die Kim Jong Il erst vor einem oder wenigen Jahren neu besetzt hatte, unter Kim Jong Un erneut umbesetzt. Dabei hätte man ursprünglich annehmen können, dass die jetzt ehemaligen Stelleninhaber Vertrauensleute Kim Jong Uns waren und dessen Nachfolge absichern sollten. Die Personalpolitik dieses Jahres zeichnet aber ein anderes Bild. Offensichtlich besaßen diese Leute nicht das Vertrauen Kim Jong Uns, was vermuten lässt, dass Kim Jong Il sie zwar als gute Kräfte gesehen hatte, dass das bei Kim Jong Un aber ganz anders war und ist. Naja und das macht die Person Ri natürlich interessant. Mal sehen, ob auch er demnächst abserviert wird, oder ob er tatsächlich ein Mann Kim Jong Uns ist.

Die beiden Dienste und ihre Bedeutung und Stellung im Regime

Bedeutungszuwachs seit 2009

Generell ist zur Position der internen Sicherheitskräfte in Abgrenzung zum Militär zu sagen, dass ihre Bedeutung für das und ihre Position im Regime etwa seit 2009, als Kim Jong Il seinen Schlaganfall überstanden hatte und Kim Jong Uns Nachfolge beschlossen wurde, deutlich gewachsen ist. Strukturell ist das wohl am deutlichsten daran festzumachen, dass die Chefs der beiden oben genannten Ministerien mit der Reform der Nationalen Verteidigungskommission 2009, bei der die Mitgliederzahl von 8 auf 12 erhöht wurde, einen Platz dort bekamen. Vorher war das Steuerungs- und Entscheidungsgremium Militärs vorbehalten. Das deutet Gause so, dass die internen Streitkräfte im Kalkül der Führung ein größeres Gewicht bekamen. Weiterhin wurde das Volkssicherheitsministerium vermutlich (darauf deutet eine Veränderung in der Bezeichnung hin) aus der Funktionalen Unterordnung unter das Kabinett herausgelöst und der Nationalen Verteidigungskommission mehr oder weniger direkt unterstellt. Dort ist nun quasi der Zugriff auf alle Sicherheitsorgane gebündelt.

Fokus auf Jang Song-thaek und seine multiplen Einflusskanäle

Irgendwo ein bisschen diffus zwischen all den Organen und Diensten steht noch Jang Song-thaek, Kim Jong Uns berühmt-berüchtigter Onkel. Er hat einerseits als Mitglied der Nationalen Verteidigungskommission, andererseits in seiner Parteifunktion als Direktor der Verwaltungsabteilung der Partei und zusätzlich durch sein umfangreiches persönliches Netzwerk (von dem man eigentlich nur sicher sagen kann, dass es da ist, aber nicht wirklich, wer dazu gehört und wer nicht) verschiedene Arten des Zugriffs auf die unterschiedlichen Ministerien und könnte in Mancher Hinsicht als eine lenkende und wachende Hand im Hintergrund fungieren, die auch für die Gegenseitige Überwachung der Ministerien sorgt.

Eindeutigere Kommandostrukturen und Abgrenzung

Einen weiteren Punkt, den Gause bemerkte fand ich auch noch interessant. Offensichtlich wurden nach der Erkrankung Kim Jong Ils Befehlsketten gestrafft und Strukturen klarer gestaltet und sehr viele Fäden liefen bei Jang Song-thaek zusammen. Damit wurde ein Führungsinstrument, das früher strategisch genutzt wurde ein Stück weit fallen gelassen, denn bis zu Kim Jong Ils Schlaganfall waren Befehlsketten oft durch informelle „Bypässe“ unterbrochen, umgangen oder verschleiert worden. Sie liefen zwar für gewöhnlich bei Kim Jong Il zusammen, aber dadurch, dass sie nicht transparent und klar waren, konnten sich alle Mitarbeiter der Dienste im Endeffekt nur auf das verlassen, was sie selbst mit dem Führer besprachen. Außerdem steigerte das das Misstrauen und die Konkurrenz zwischen den und innerhalb der Behörden und sorgte so für ein hohes Maß gegenseitiger Überwachung und Kontrolle (so konnte sichergestellt werden, dass im Endeffekt nur ein echtes autonomes Machtzentrum existierte). Jetzt ist das alles nicht mehr gegeben. Sowohl Kontrolle als auch Befehlsketten laufen eher formalisiert ab und das dürfte die Situation für die Mitarbeiter der Dienste etwas berechenbarer machen. Außerdem sitzen nun Leute in Leitungsfunktionen, die Netzwerke innerhalb des Regimes haben, die über ihr eigenes Ministerium hinausreichen. Damit können sie zwar effizienter ihre Kontrollfunktion gegenüber anderen Körperschaften ausüben, aber es besteht auch immer das Risiko, dass sie das zur eigenen Machtaneignung nutzen.

Militär vs innere Sicherheitsorgane?

Den generellen Gewichtszuwachs und die direktere Kontrolle der Sicherheitsorgane könnte man auch mit den jüngsten Vorgängen innerhalb der militärischen Führung in Verbindung setzen. Sollte Kim Jong Uns Strategie darauf abzielen, den Einfluss des Militärs zu beschneiden und seine Macht einzudämmen, braucht er dazu (zur Umsetzung und zur Absicherung) die internen Sicherheitsbehörden. Vielleicht fing die Neugestaltung des Regimes deshalb auch dort an und setzt sich nun mit verstärktem Tempo im Militär fort, nachdem man sich der Gefolgschaft der beiden Ministerien sicher ist. Dann wären an den Spitzen dieser Dienste keine großartigen Neubesetzungen mehr zu erwarten, während in anderen Teilen des Regimes möglicherweise noch weiter die Fetzen fliegen, wozu nicht zuletzt die internen Sicherheitsorgane genutzt werden dürften.

Gehorsam antrainiert und dann von der Kette gelassen?

Dann wären auch die markigen Worte, die Kim Jong Un in der jüngsten Vergangenheit so von sich gab in diesem Kontext zu sehen. Man hat den Sicherheitsministerien innerhalb der letzten Monate und Jahre absoluten Gehorsam antrainiert und glaubt nun, dass sie so loyal und folgewillig sind, dass man sie von der Kette lassen kann, indem man ihnen die Jagd auf Feinde im Inneren anbefiehlt. Denn ein solcher öffentlicher Befehl dürfte durchaus einen anderen Effekt haben, als ein gelegentlicher Hinweis, dass dieser oder jener Offizielle genauer überprüft und im Zweifel festgesetzt (o.ä.) werden soll.

Abschließender Disclaimer

Ich weiß, dass ich mich mit vielem, das ich hier geschrieben habe auf relativ wackeligem Untergrund befinde (schaut euch manche von Gauses Quellen an und ihr wisst warum). Nichtsdestotrotz wollte ich einmal versuchen die groben Entwicklungen der letzten Jahre nachzuzeichnen und daraus einige Schlüsse hinsichtlich der strategischen Ausrichtung des Regimes zu ziehen. Kann sein, dass sich einiges davon in Zukunft als nicht haltbar herausstellen wird. Aber eines ist sicher: Die internen Sicherheitskräfte spielen bei der Umgestaltung des Regimes eine besondere Rolle und die Interaktionen Kim Jong Uns mit ihnen sowie die personellen Dynamiken innerhalb der und zwischen den Ministerien sollte man daher auch in Zukunft unter Beobachtung halten.

Die Sache mit der Legitimität — Was das ist, wo es herkommt und wie man damit das Handeln Nordkoreas erklären kann


Wenn man aktuell über Kim Jong Uns Nachfolge und die weitere innen- wie außenpolitische Strategie Nordkoreas reden hört und schreiben liest (diese Wendung gibt es so wohl nicht, aber wenn man „reden hören“ nutzen darf, sollte das auch für „schreiben lesen“ gelten (ich bi eben für Chancengleichheit…)), dann wird sehr häufig die „Legitimität“ der neuen Führung ins Spiel gebracht.

Die gute alte Legitimität. Immer gern genommen…

Mit dieser Legitimität kann man, so scheint es manchmal, so gut wie alles erklären. Wenn Kim Jong Un aussieht wie sein Opa hat das ganz klar was mit Legitimität zu tun und wenn er sich nicht verhält wie ein sozial gestörter Autist (wen meine ich nur damit. Nur weil man nie vor Menschen spricht und nur mit einem Panzerzug verreist…) auch. Wenn er seine Frau präsentiert eh und wenn Nordkorea eine Annäherung an die USA plant genauso. Auch dann, wenn Nordkorea eine Rakete testen will, eine Parade durchführt oder Monumente errichtet. Allerdings passt auch das Thema Wirtschaft blendend zur Legitimität und so verwundert es nicht, dass ein sichtbarer Aufschwung in Pjöngjang genausogut unter den Vorzeichen der Legitimität diskutiert werden kann wie Maßnahmen in den Sonderwirtschaftszonen zu diesen Vorzeichen passen.

…aber was ist denn eigentlich damit gemeint?

Allerdings wird meistens nur gesagt, dass dies und das der Legitimität zu- oder abträglich ist, aber was genau jetzt diese unglaublich vielschichtige Legitimität ist, wozu man sie braucht und wie man sie kriegt und verliert, darüber wird seltener gesprochen. Kein Wunder. Das muss ja auch ziemlich kompliziert sein, wenn man sieht, was alles in diesen Komplex der Legitimität eingeordnet werden kann. Daher dachte ich, befasse ich mich einfach nochmal ein bisschen mit diesem Thema, damit dieser schwammige Legitimitätsbegriff, den man zu allem und jedem heranziehen kann für euch mal ein bisschen mehr an Konturen gewinnt. Dazu ist erstmal festzuhalten, dass wie das häufig bei solchen Begrifflichkeiten der Fall ist, nicht ein feststehendes Theoriegebäude existiert, das alles was mit Legitimität zusammenhängt erschöpfend erklärt, sondern dass sich zu diesem Thema eine Vielzahl schlauer Köpfe Gedanken gemacht hat, die sich häufig gute ergänzen, aber hin und wieder auch ein bisschen widersprechen. Da ich nicht die Zeit habe, mich nochmal durch seitenweise Literatur dazu zu wühlen, aber zu einem früheren Zeitpunkt etwas recht gutes dazu geschrieben habe, zitiere ich mich in der Folge einfach selbst (bzw. meine Magisterarbeit).

Allgemeine Definition

Daher erstmal etwas zur Frage, was Legitimität eigentlich ist:

Legitimität ist allgemein ein Merkmal in der Beziehung eines Staates mit seinen Untertanen und kann als Grund dafür gelten, dass sich die Untertanen des Staates seiner Herrschaft unterwerfen.

Legitimität ist also der tiefliegende Grund dafür, dass wir uns weitgehend klaglos den Gesetzen und Regeln unseres Staates unterwerfen, mehr oder weniger ehrlich unsere Steuern zahlen und uns nicht darum bemühen, unser derzeitiges politisches System durch etwas vollkommen anderes zu ersetzen. Andersherum gesehen, dürfte ein Mangel an Legitimität der Grund dafür sein, dass z.B. die syrische Führung momentan sehr unruhige Zeiten durchlebt. Genauso kann man mit Legitimitätsdefiziten einiges von dem erklären, dass in den vergangenen Jahren in den Staaten der arabischen Welt passiert ist, wobei man Unterschiede in den Legitimitäten der Staaten z.B. auch daran zu belegen versuchen könnte, dass in manchen Staaten Aufstände losbrachen und in anderen nicht. So kann man sagen, dass Legitimität wohl auch ein Grund dafür ist, dass das nordkoreanische System weiterhin besteht.

Wessen Legitimität denn jetzt?

Allerdings muss man bei der Nutzung des Begriffes Legitimität ganz genau darauf  achten, auf wen man den Begriff anwendet. Denn es sind ja durchaus Fälle vorstellbar, in denen man Führungspersonen als illegitim ansieht, ein politisches System, nach dem die Führung organisiert ist jedoch nicht. Allerdings ist es fraglich (das könnte man ausgiebig diskutieren) ob eine solche Unterscheidung im politischen System Nordkoreas wirklich Sinn macht. Denn es ist wohl unbestritten, dass die Person des Führers (und mittlerweile wohl auch die Tatsache, dass diese Person zur Linie Kim Il Sungs gehört) ein konstituierendes Teil des nordkoreanischen Systems ist. Wenn aber der Führer seine Legitimität verliert, dann wohl auch das System, das um ihn herum geschaffen wurde. Ich nehme also in der Folge an, dass ein Legitimitätsgewinn oder -verlust des Führers sich entsprechend auch auf die Systemlegitimität auswirkt.

Wo kommt Legitimität her?

Nun gut, dass die Legitimität also der Grund dafür ist, dass sich die Menschen dem Staat unterordnen und nicht ständig Revolution machen mag eine gute Sache sein. Für den/die Staatsmann/-frau von Welt, egal ob Demokrat (Möchtegern-)Diktator oder Hybrid, ist natürlich viel wichtiger, wo man diese Legitimität herbekommt, wie man sie behält und was sie einem abspenstig machen kann. Die Erklärung von dem allen ist sowas wie eine Königsdisziplin der politischen Wissenschaften, denn wie in der Einleitung schon angedeutet, gibt es ziemlich viele potentielle Faktoren, die auf die eine oder andere Weise auf die Legitimität einwirken können.

Max Webers grundlegende Einteilung

Grundlegende und richtungweisende Gedanken zu diesem Thema hat sich Max Weber gemacht, der in so ziemlich allen sozialwissenschaftlichen Disziplinen bedeutende Fundamente gelegt hat:

Weber sieht drei mögliche Quellen der Legitimität, die sich dann unmittelbar auf die Art der Herrschaftsausübung auswirken und Bestimmungsgrundlage des politischen Systems sind. Bei der traditionellen Herrschaft beruht die Legitimation auf dem inneren Glauben an die Heiligkeit althergebrachter Ordnungen und Traditionen. Bei der charismatischen Herrschaft entspringt die Legitimität der Herrschaft dem besonderen Charisma der Führungspersönlichkeit, wobei dieses Charisma aus der besonderen „Qualität einer Persönlichkeit, um derentwillen sie als mit übernatürlichen oder übermenschlichen oder mindestens als spezifischen außeralltäglichen […] Kräften oder Eigenschaften oder als gottgesandt oder als vorbildlich und deshalb als «Führer» gewertet wird“, hervorgeht. Die letzte Kategorie der Herrschaft und der Legitimität nach Weber ist die legal-rationale Herrschaft. Hier begründet sich die Legitimität der Herrschaft in der Legalität der Ordnung. Herrscher und Beherrschte sind denselben Rechtsnormen unterworfen, das Recht wird zum Fundament der Herrschaftslegitimation. Die oben dargestellten Herrschaftsarten und Legitimationsquellen sind idealtypische Darstellungen und es wird nicht angenommen, dass sie in Reinform auftreten. Vielmehr sind es immer Mischformen aus den jeweiligen Legitimationsquellen und den damit verbundenen Arten der Herrschaftsausübung.

Charismatische Legitimierung in Nordkorea früher und heute

Wer sich schonmal ein bisschen mit dem Personenkult auseinandergesetzt hat, der in Nordkorea um Kim Il Sung und Kim Jong Il getrieben wurde, der kann sich denken, auf welche der drei Säulen nach Weber man sich in Nordkorea vor allem verließ. Die charismatische. Zwar sind die Zuschreibungen von „übernatürlichem oder übermenschlichem“ in den vergangenen Jahren zurückgegangen (ich bin mal gespannt, ob es auch im Zusammenhang mit Kim Jong Un noch zu Wundererscheinungen kommen wird, oder ob die mit dem Tod Kim Jong Ils aus dem Propagandaarsenal gestrichen wurden), jedoch kann man für Kim Jong Un zumindest aufgrund seines Auftretens, das bewusst Anleihen an Kim Il Sung zu nehmen scheint, ebenfalls starke Anleihen an charismatischer Legitimation ausmachen (Allerdings muss man sich hier dann nochmal die Frage danach stellen, ob man dann nicht doch zwischen System und Führer unterscheiden muss. Während sich im Falle Kim Il Sungs der Staat durch seine Person legitimierte, ist es im Falle Kim Jong Uns (wie seines Vaters) eher so, dass sie ihre eigene Herrschaft legitimieren, nicht aber das System an sich).

Die anderen beiden Wege der Legitimierung: Ergänzende Aspekte

Mit einem bisschen guten Willen kann man daneben aber auch Versuche des nordkoreanischen Staates erkennen, sich über die beiden anderen Quellen zu legitimieren. So könnte man die immer wieder zu findende Berufung auf die Tradition des Koguryo-Reiches und die ideologischen Anleihen bei Konfuzianismus wie Christentum als Versuche interpretieren, sich auf traditionelle Werte zu berufen, also dem Muster traditioneller Herrschaft zu folgen. Aspekte wie die immer wieder beschworene, freie Bildung oder Gesundheitsversorgung und so ziemlich alles andere was in der Verfassung steht, könnte man als Versuch interpretieren, das Staatswesen auf legal-rationale Art zu legitimieren. Allerdings muss das Papier im Falle Nordkoreas ja bekanntlich besonders geduldig sein und daher ist durchaus die Frage erlaubt, inwiefern das zur tatsächlichen Legitimität beiträgt und inwiefern Differenzen zwischen Realität und auf Papier festgehaltenem Anspruch nicht zur Delegitimierung des Systems führen können.

Seymour Martin Lipset: Legitimität und Effektivität

Nach Max Weber haben sich noch viele weitere schlaue Leute Gedanken zu Fragen der Legitimität gemacht. Da mir bisher wirtschaftliche Aspekte ein bisschen kurz kamen, die aber gerade im Fall Nordkorea immer wieder angeführt werden, habe ich mir noch einen Vertreter gesucht, der darauf näher eingegangen war. Fündig wurde ich damals (und damit heute wieder) bei Seymour Martin Lipset. Der hatte den Begriff der Legitimität die auf dem

Legitimitätsglauben der Herrschaftsunterworfenen und der Fähigkeit der Herrschenden, diesen zu beeinflussen

beruhte um den Begriff der Effectiveness ergänzt. Diese

beschreibt die Leistungsfähigkeit bzw. die konkreten Leistungen des Systems gegenüber der Gesellschaft, aber auch gegenüber einflussreichen Gruppen, wie zum Beispiel dem Militär. Effektivität wird als instrumentelles Konzept beschrieben, das auch kurzfristig Legitimitätsdefizite ausgleichen kann. Jedoch wird der umgekehrte Weg als wesentlich gangbarer beschrieben. Während sehr effektive, aber nicht legitime Systeme immer ein gewisses Maß an Instabilität in sich bergen, bleiben nicht effektive, aber mit hoher Legitimität ausgestattete Systeme vorerst stabil. Langfristig kann eine hohe Effektivität dem System jedoch weitere Legitimität hinzufügen.

Nordkorea arbeitet an seiner Effektivität. Warum nur?

Was damit gemeint ist, ist ja relativ plastisch greifbar. Wenn ein Staat für die ganze Bevölkerung oder tragende Pfeiler viele Leistungen erbringen kann (zum Beispiel wenn man in einem schönen Haus wohnen und sich nette Sachen kaufen kann), dann kann der Staat damit Defizite im Bereich der Legitimität ausgleichen. Jedoch scheint das etwas schwieriger zu sein als umgekehrt, also wenn ein System zwar legitim aber nicht effektiv ist. Wenn wir das einfach mal auf Nordkorea beziehen, böte sich dann ein recht interessantes Bild. Bis dato war der Staat alles andere als Effektiv (jedenfalls gegenüber weiten Teilen der Bevölkerung und vor allem auch den normalsterblichen Militärangehörigen). Also gab es wohl kein Legitimitätsdefizit auszugleichen. Jetzt scheint die Führung in Pjöngjang aber davon auszugehen, dass der Staat im Bereich der Effektivität „liefern“ (dem Menschen der sich diese besch…eidene Formulierung ausgedacht hat, möchte ich seine vermutlich schwarzgelbe Krawatte mal durch einen Pott frisch „gelieferter“ Hundeexkremente ziehen (entschuldigt den Ausbruch, musste mal gesagt werden)) muss. Also geht man möglicherweise von Defiziten im Bereich der Legitimität aus. Wenn aber das Ersetzen von Legitimität durch Effektivität riskanter ist und eine langfristige Angelegenheit, dann ist auch der Weg, den Nordkorea geht (wenn es tatsächlich die Wirtschaft aufbauen will um das System zu stützen und zukunftsfähig zu machen (was ich für durchaus wahrscheinlich halte)) ein nicht ungefährlicher, denn man ersetzt die wirkmächtige Legitimität durch die riskantere Effektivität.

Die Sache mit dem Glauben. Wie er erhalten wird und wie er verlorengeht

Aber warum sollte man das tun? Vielleicht, weil es mit der Legitimität des Regimes ohnehin nicht mehr so weit her ist. Wie oben gezeigt wurde, verliert die Geschichte mit der charismatischen Legitimität ihre Wirkkraft und die anderen beiden Säulen, die ich genannt habe sind ohnehin zum Teil nicht wirklich funktionierend. Hm, einen entscheidenden Punkt habe ich jedoch bisher ausgelassen. Denn die von mir angeführten Autoren haben jeweils dezidiert auf den Aspekt des Glaubens im Zusammenhang mit der Legitimität verwiesen. Das heißt es kommt nicht immer wirklich darauf an, was ist, sondern darauf, was die Menschen glauben das ist. Die nordkoreanische Propagandamaschine ist weltberühmt und ebenso fast schon sprichwörtlich ist die Abschottung des Landes. Beides dient (wenn auch nicht exklusiv), dem Zweck, den Glauben in der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Die Propaganda pflanzt ihn ein und frischt ihn Tag für Tag auf, die Abschottung sorgt dafür, dass es keine Vergleichsmöglichkeiten, also keinen Maßstab gibt, an dem der eigene Glaube mit der Realität abgeglichen werden kann. Dieses Erfolgsduo aus Propaganda und Abschottung konnte aber nur so gut funktionieren, weil es sich gegenseitig ergänzte und verstärkte. Jetzt beginnt die Säule der Abschottung zunehmend zu erodieren. Die Menschen bekommen Maßstäbe. Damit wird der Glaube immer wieder auf die Probe gestellt und wenn der verloren geht, dann ist es auch mit der Legitimität nicht mehr weit her. Naja und damit ist man darauf angewiesen, diese Legitimität irgendwie aufzufüllen. Und dazu fällt den Staatslenkern in Nordkorea wohl momentan nur die Effektivität durch wirtschaftliche Leistungen ein.

Rodney Barker: Schichtenspezifische Legitimierung und Zwang

Rodney Barker schließlich ergänzte das ganze Bild durch einen eher „schichtenspezifischen“ Blickwinkel.

Er verweist auf die Möglichkeit, dass die Beziehung zwischen dem Staat und unterschiedlichen Gruppen innerhalb einer Gesellschaft auf unterschiedlichen Arten und Graden von Legitimität beruhen kann. So besteht die Möglichkeit, dass sich der Staat gegenüber seinen Eliten über seine rationale Verfahrensweise legitimiert, während gegenüber anderen Gruppen Legitimität fast vollständig durch Zwang und Gewalt ersetzt wird.

Gerade für Nordkorea mit seinem straff organisierten sozialen Kastensystem ist diese Ergänzung interessant, denn tatsächlich lassen sich unterschiedliche Methoden der Legitimierung pro Schicht erkennen. So verlässt man sich bei den oberen Klassen seit Jahren eher auf die Effectiveness, indem man diesen Klassen Güter bereitstellt. In den unteren Schichten konnte man sich dagegen lange auf die charismatische Legitimität verlassen. Das geht jedoch zunehmend zuende, so dass für diese Klasse wohl eine neue Legitimierungsbasis gefunden werden muss. Neben der Effektivität, die sich so schnell nicht einstellen wird (wer jetzt von der schönen neuen Glitzerwelt in Pjöngjang erzählen will, der soll bitte überlegen wer da wohnt und wer in den Teilen des Landes wohnt, für die die Hilfsorganisationen der UN weiterhin Alarm schlagen, das ist nämlich eigentlich ein starker Hinweis auf verschiedene Methoden der Legitimierung), sind auch Zwang und Gewalt als kurzfristig einsetzbare Mittel zur Sicherung der Gefolgschaft zu nennen.

Zwang als Mittel: Es funktioniert – Nur wie lange?

Allerdings ist deren Wirkung nicht besonders zuverlässig und kann kaum als alleiniges Mittel zur Ergänzung nicht vorhandener Legitimität dienen. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an Charles Taylor. Der Mann wurde 1997 in Liberia zum Präsidenten gewählt. Das öfter mal als Wahlkampfslogan bezeichnete Geflügelte Wort, das einen Teil seines Aufstiegs zum gewählten Präsidenten ganz gut beschreibt lautete wie folgt:

He killed my ma, he killed my pa, I’ll vote for him.

Allerdings musste er bald erfahren, dass allein mit Terror nicht wirklich ein Staat zu führen ist. Dementsprechend verantwortet er sich jetzt in Den Haag (zwar nicht dafür, was er seinen eigenen Leuten angetan hat, aber die Nachbarn in Sierra Leone hatten auch unter ihm zu leiden). Naja, soviel nur kurz zur Möglichkeit, mangelnde Legitimität durch Zwang und Gewalt zu ersetzen. Das funktioniert zwar, aber nicht ewig.

Legitimität: Ein Analysefaktor den man beachten sollte

Dementsprechend sind die vielfältigen Analysen des Handelns Nordkoreas unter dem Schlagwort „Legitimität“ alles andere als falsch. Man kann das machen und sicherlich ist da auch öfter mal was Wahres dran. Allerdings wäre es hin und wieder nicht schlecht, wenn man vorweg ein paar Worte zur Bedeutung dieses Schlagwortes schicken würde. Das habe ich hiermit versucht. Ich bin übrigens davon überzeugt, dass man versuchen wird, auch um Kim Jong Un eine Art charismatische Legitimationsbasis zu bauen. Allerdings will man dabei wohl anders vorgehen als bei seinem Vater Kim Jong  Il.  Bei ihm lieh man sich sozusagen die Legitimität von Kim Il Sung und stellte ihn als denjenigen dar, der Kim Il Sung und seine Pläne genau kannte und deshalb auch der einzige sein konnte, der diese Pläne umsetzt. Das klappt natürlich nicht mehr für Kim Jong Un. Stattdessen wird er jetzt derjenige sein, der einerseits die alten Werte Kim Il Sungs vertritt (sieht man ihm ja an..) und der andererseits das Land modernisiert und aufrichtet. Er vereint also altes und neues und kann somit wieder — so denke ich, dass man sich das denkt — eine eigene charismatische Legitimationsbasis gründen. Wenn das geschafft ist, dann sind Aspekte der Effektivität nice to have, aber kein Muss mehr.

Mobilfunk in Nordkorea: Statusupdate (II) — Nutzungspraxis, Risiken und Chancen


Heute Morgen habe ich in der FAZ diesen interessanten Artikel von Christoph Moeskes (manche von euch dürften sein Buch gelesen haben) gelesen, der sich mit der Handynutzung in Nordkorea beschäftigt. Das hat mich daran erinnert, dass ich noch etwas vorhatte: Ich wollte ja noch meinen Beitrag zur Handynutzung in Nordkorea zuendebringen.

Foto: „-Alleghany-“ unter CC-Lizenz: Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) (CC BY-NC-ND 2.0)

Nachdem ich mich kürzlich eher mit den harten Fakten zu diesem Thema auseinandergesetzt habe, will ich heute mehr auf das eingehen, das über die Nutzungspraxis in Nordkorea bekannt ist. Die Quellen dazu sind zwar beschränkt, aber dieser Bericht von Rimjin-gang, der sich haargenau mit diesem Thema befasst und die auch ansonsten höchst spannende Bestandsaufnahme „A Quiet Opeing. North Koreans in a Changing Media Environment“ bieten doch ein relativ breites, wenn auch nicht nachprüfbares Bild. Da in der Praxis zwei Arten der Mobilfunknutzung eine Rolle spielen, wird der Beitrag zweigeteilt sein. Auf der einen Seite die legale Nutzung des Koryolink-Netzes, auf die sich ja auch mein Beitrag der letzten Woche bezog. Auf der anderen Seite die illegale Nutzung des chinesischen Netzes im Grenzgebiet, die zwar räumlich begrenzt, aber doch nicht zu vernachlässigen ist.

Das Koryolink-Netz

Der Dienstweg

Um an legale Handys für das Koryolink-Netz ranzukommen, muss man sich erstmal auf einen relativ komplizierten Dienstweg begeben. Dabei ist der bereits der erste Schritt, nämlich das Erlangen des Antragsformulars mitunter mit Bestechung, zumindest aber Vitamin-B verbunden. Auf diesen Antrag müssen dann Unterschriften vom Arbeitgeber, dem zuständigen Polizeibeamten und der lokalen Strafverfolgungsbehörde rauf (also ungefähr das, was man bei uns braucht, um Geheimdienstmitarbeiter zu werden), die sich zum Teil wiederum bei einem der Geheimdienste „State Security Department“ rückversichern müssen.

Die Damen von der Verkehrswacht kommt vermutlich etwas leichter an ein Mobiltelefon ran, als ihre Landsleute ohne Vitamin B. (Foto: Joseph A. Ferris III. unter CC-Lizenz: Namensnennung 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) (CC BY 2.0))

Mit diesen Dokumenten und den persönlichen Ausweisdokumenten kann man dann in einem der offiziellen Verkaufsshops ein Handy erwerben. Nach einer Wartezeit von mehreren Wochen bis zu einem Monat kann man dann sein Handy in Gebrauch nehmen, außer man schaltet eine Vermittlungsagentur ein, die das Ganze dann auf ein oder zwei Tage verkürzen kann. Kostenpunkt etwa 20 Dollar und ein (wohl geduldetes) Abweichen vom offiziellen Weg. Auf diesem Weg kann man scheinbar auch an weitere Handys gelangen, obwohl nur eines pro Person erlaubt ist und an solche die unter einem anderen Namen registriert sind.

Ein paar Regeln

Es wird euch wenig erstaunen zu hören, dass für die Nutzung von Mobiltelefonen gewisse Regeln existieren, die ein bisschen weiter gehen als in Deutschland. Ihr übersetze sie einfach mal und ihr könnt euch selbst eine Meinung bilden:

  1. Handys dürfen nicht in Versammlungsräumen oder an Orten, wo wichtige Veranstaltungen stattfinden genutzt werden. Handys dürfen nicht in Gebäuden genutzt werden.
  2. Das Handy darf nicht zum Diskutieren inländischer Geheimnisse oder für immoralische Aktivitäten genutzt werden.
  3. Der Anmeldende darf sich nur unter seinem Namen für die Nutzung des Handy anmelden und darf ohne Erlaubnis nicht mehr als eine Nummer haben.
  4. Nur Handys, die vom Kommunikationsministerium gestattet sind, können genutzt werden. Es dürfen nur genehmigte Inhalte (Bilder, Lieder, Videos, etc.) gespeichert und genutzt werden.
  5. Nur der genehmigte Nutzer darf das Handy nutzen. Eine Weitergabe ist genehmigungspflichtig.
  6. Wird ein Mobiltelefon durch ein anderes ersetzt, muss das neue registriert werden.
  7. Wird ein Mobiltelefon verloren, muss sich sein Besitzer umgehend mit den Identifikationspapiere und der Schachtel, in der das Telefon ausgeliefert wurde, bei den zuständigen lokalen Behörden melden.
  8. Ein verlorenes oder kaputtes Handy kann nur an der Ausgabestelle repariert oder ersetzt werden, an der es ausgegeben wurde.
  9. Die notwendigen Kosten für die Nutzung des Handys müssen vor der Inbetriebnahme entrichtet werden. Hat jemand das Geld drei Monate nach dem Einreichen des Antrages nicht entrichtet, läuft die Genehmigung aus.
  10. Wird den obigen Regeln nicht nachgekommen, oder werden die entsprechenden Mobilfunkregeln oder herrschenden Richtlinien nicht eingehalten, wird der Handybetrieb zeitweise oder permanent ausgesetzt, entsprechend den Strafregeln.

Naja, manches davon ist ähnlich wie bei uns, manches ist strenger und manches ist so schwammig formuliert, dass man damit eigentlich jegliches vorgehen rechtfertigen kann.

Erstaunlich viele Funktionen

Als der Bericht verfasst wurde, gab es verschiedene Handymodelle, die zwischen etwa 200 und 400 US-Dollar kosteten. Von den Funktionen her reichten sie von Basismodellen bis zu einer Art Smartphones, zumindest sind sie mit Touch-Funktionen versehen. Für den Betrieb der Handys gibt es unterschiedliche Prepaid-Tarife. Die Handys können nicht in andere Netze telefonieren, was eine relativ wirksame Abschottung nach außen darstellt. Dafür haben sie aber im Inneren relativ umfangreiche Funktionen. Neben normaler Telefonie und Textnachrichten ist auch Videotelefonie möglich. Die Handys sind mit Kameras ausgestattet und können Mikro-SD-Karten als externen Speicher nutzen. Damit haben sie ein relativ großes Potential, nicht nur was die Kanäle des Informationsaustauschs im internen Netz angeht, sondern auch, was die Möglichkeit betrifft, Bildinformationen nach außen zu schmuggeln.

Können so einiges und sind garnichtmal so selten die Handys in Nordkorea. (Bild: Joseph A. Ferris III. unter CC-Lizenz: Namensnennung 2.0 US-amerikanisch (nicht portiert) (CC BY 2.0))

Daher ist es auch nicht überraschend, dass die Mobiltelefone einer relativ scharfen Überwachung unterliegen. Einerseits werden Handys gelegentlich in der Öffentlichkeit auf irgendwelche Inhalte, die gegen staatliche Regeln verstoßen (z.B. ausländische Musik oder so) überprüft, andererseits scheinen die Nutzer fest davon auszugehen, dass sie abgehört werden und deswegen nicht über kritische Sachen sprechen.

Das chinesische Netz

Datengrundlage

Weniger überwacht, aber dafür natürlich auch weniger legal sind die Mobiltelefone, die im Grenzgebiet zu China den illegalen Zugriff auf chinesische Netze und damit potentiell den Kontakt zur ganzen Welt ermöglichen. Eine Studie mit nordkoreanischen Flüchtlingen und „Geschäftsreisenden“ gibt etwas Auskunft über die Nutzung dieser Handys. Von 250 Befragten hatten 35 über Zugang zu Mobiltelefonen. Von diesen hatte nur einer ein offiziell Registriertes, die anderen haben illegal auf das chinesische Netz zugegriffen. Dabei spielten Handys eine große Rolle für Geschäftsleute (Grenzüberschreitende Kommunikation wird einfacher), aber auch für Flüchtlinge. Die können einerseits ihre Flucht organisieren, haben aber auch später die Chance, in Kontakt mit Verwandten zu bleiben.

Geschäftsmodell und Kontaktmittel

Nur die Hälfte der befragten Handynutzer besaß selbst ein Mobiltelefon, der Rest benutzte welche anderer Leute. Wegen der Illegalität der Nutzung ist das generelle Nutzungsverhalten ein ganz anderes. Die meisten entfernten die Akkus, wenn sie nicht telefonierten, was also auch bedeutet, dass sie eher selbst anriefen, als sich anrufen zu lassen und sich dabei sehr kurz fassten. Die Meisten nutzten das Handy um Menschen in China anzurufen, aber immerhin ein Drittel (oder elf, was das Ganze weniger spektakulär klingen lässt), riefen in Südkorea an, was ich persönlich interessant finde. Scheinbar gibt es im Grenzgebiet ein nicht ungefährliches Gewerbe um die illegalen Mobiltelefone, da diejenige die welche besitzen sie scheinbar anderen gegen Entgelt zugänglich machen. Da die meisten Telefonate der illegalen Handynutzer ins Ausland gehen, stellt dies ein nicht unerhebliches Einfallstor für Informationen aus dem Ausland dar.

Chancen und Risiken

Unterschiedliche Charaktere der Kommunikationsmodi

Es lässt sich also abschließend festhalten, dass die beiden Mobiltelekommunikationsmodi in Nordkorea sehr unterschiedlich in ihrem Charakter sind. Der eine ist legal, stark reglementiert und unterliegt einer vermutlich scharfen Überwachung, kann gleichzeitig aber nur zum internen Austausch von Informationen oder indirekt zur Weitergabe von Bildmaterial nach außen genutzt werden, der andere ist illegal, aber nicht reglementiert, unterliegt dafür aber auch schweren Strafen; Gleichzeitig dient er aber als Einfallstor für Informationen. Zieht man nun noch die Tatsache in Betracht, dass die mündliche Weitergabe von Informationen die verbreitetste Informationsquelle der Nordkoreaner zu sein scheint und dass diese mündliche Weitergabe über das legale Handynetz erleichtert wird, so ist es durchaus nicht abwegig, dass eine Information, die über ein illegales Handy nach Nordkorea kam, über das legale Netz sehr schnell ihren Weg durchs Land macht. Gleichzeitig ist aber auch festzuhalten, dass das Regime den Mobilfunk im Land vermutlich nicht wegen seines subversiven Charakters zugelassen hat. Es spricht ja bereits Bände, dass vor allem bei geschäftstätigen Leuten die Nutzung von Mobiltelefonen sehr beliebt ist. Kommunikation und Information sind eben unerlässlich, wenn man wirtschaftlich erfolgreich sein will. Dieser Tatsache hat man sich wohl auch in Pjöngjang gebeugt und hofft nun den Spagat zwischen notwendiger Kommunikation und Information und dem Risiko der Subversion zu schaffen.

Subversiv sind beide

Meiner Meinung nach haben beide nordkoreanischen Mobilfunkmodi für sich genommen nicht zu unterschätze subversive Potentiale, die das Regime in Pjöngjang auf unterschiedliche Weise vor Herausforderungen stellen können auch ihre Kombination kann durchaus eine Bedrohung für das Regime darstellen, vor allem, wenn die Nutzerzahl des legalen Netzes weiter wächst und die Überwachung damit zunehmend unmöglicher wird und vielleicht auch die Angst der Bevölkerung vor der, vermutlich jetzt schon nurnoch stichprobenartigen Überwachung, nachlässt. Allerdings ist hinsichtlich des legalen Netzes festzuhalten, dass es eher von wohlhabenderen Menschen genutzt wird. Die sind im durchschnittlich wohl weniger anfällig für Subversion und damit senken die erheblichen Kosten der Mobiltelefonie die damit verbundenen Risiken. Da aber Koryolink maßgeblich von einem privatwirtschaftlichen Unternehmen betrieben wird, ist eine Zunahme des Kundenstammes vermutlich das Ziel der Unternehmung. Das könnte mit niedrigeren Preisen und damit mit höherem Zugang unzufriedenerer einhergehen. Ich werde jedenfalls die Handynutzung in Nordkorea weiter genau im Auge behalten…

Achso, wenn ihr mehr oder detailliertere Infos zum Thema wollt, dann sind die beiden Studien die ich oben verlinkt habe, sicherlich der beste Anfang.

Verkehr auf der Koreanischen Halbinsel (III): Grenzüberschreitende Projekte mit Nordkorea


Klickt auf das Bild und findet die anderen Artikel der Serie, die bisher erschienen sind.

Nikola Medimorec

Der dritte Teil der Serie behandelt die grenzüberschreitenden Projekte von Russland, China und Südkorea mit Nordkorea. Hierbei geht es nicht zu sehr ins Detail, weil die vorgestellten Projekte in der Planung bzw. Umsetzung sind und sich so noch viele Veränderungen vollziehen können. Darüber hinaus ist das Thema mit seiner Mischung aus wirtschaftlichen und politischen Interessen sehr komplex. Vielmehr soll mit dem dritten Teil der Serie „Verkehr auf der Koreanischen Halbinsel“ das Grundprinzip verdeutlicht werden, um die Bedeutung dieser Projekte verstehen zu können.

Das andere Korea

Südkorea ist eigentlich eine Insel. In drei Himmelsrichtungen von Meer umschlossen und im Norden ist die Grenze mit Nordkorea. Das führt zu absurden Überlegungen wie Tiefseetunnel nach Japan und sogar nach China. Die einzige Möglichkeit für die Expansion von Verkehrswegen ist in Richtung Norden, was unter den bestehenden Umständen nur wenige Kilometer über die Grenze möglich ist.

Die Karte zeigt vorhandene und fehlende Bahnverbindungen zwischen Süd- und Nordkorea. (Quelle: LEE, SUNG-WON (2010): Integrated Transport and Logistics Infrastructure Development for Northeast Asia: With Special Emphasis on Korean Peninsula, S. 17.)

Die Sonnenschein-Politik Südkoreas in der vorigen Dekade engagierte sich primär für grenzüberschreitende Projekte mit Nordkorea. Diese sollten für mehr Stabilität, Sicherheit und Annäherung sorgen. Die Wiederherstellung der Schienen- und Straßenverbindung der Kyungui-Linie nördlich von Seoul nach Kaesong (mit der Verlängerung nach Pyongyang), der Aufbau des Kaesong Industriekomplexes und die Entwicklung des Touristenressorts in der Bergregion Geumgang über die Ostküste zählen zu den Projekten. Heute wird nur noch die Autobahn Nr. 1 (oder auch Unification Highway genannt) zum Transport von Gütern und Personen zwischen Südkorea und Kaesong genutzt. Nachdem eine südkoreanische Touristin vom nordkoreanischen Militär im Gebiet von Geumgang erschossen wurde, wurden diese Touren suspendiert. In den fünf Jahren waren um die 300.000 Touristen dort. Ob man Kaesong als Erfolgsmodell bezeichnen kann, ist schwierig zu beurteilen. Die Infrastruktur wurde komplett von Südkorea gestellt und es ist eine Möglichkeit für südkoreanische Betriebe billig Produkte herstellen zu lassen. Die Zahl von Arbeitern und gefertigten Produkten steigt, aber ursprünglich war geplant, dass bis 2012 ca. 730.000 Nordkoreaner dort arbeiten. Diese Zahl wirkt illusionär, wenn man betrachtet, dass es heute nur 50.000 Arbeiter sind. 2008 suspendierte Nordkorea jeglichen Zugtransport von Kaesong in Richtung Süden. Aber der Gütertransport per Schiene hat sich wegen dem geringen Produktionsvolumen nie wirklich gelohnt. Auf der Westverbindung operieren nur noch Lkws, die Rohstoffe anliefern und mit fertigen Produkten wiederkommen. Als eine weitere Verbindung zwischen dem Norden und Süden könnte außerdem noch eine Schienen- und Straßenverbindung im Innern der Halbinsel durch einen Wiederaufbau von jeweils weniger als 30 km hergestellt werden.

Russland

Russland ist vor allem daran interessiert den Hafen von Rajin zu benutzen, weil es der nördlichste, über das Jahr komplett eisfreie Hafen an der Westpazifik-Küste ist. 2001, als sich King Jong-Il und Vladimir Putin trafen, wurde der Grundstein für dieses Projekt gelegt. Mittlerweile ist die ca. 52 km lange Schienenstrecke mit Mehrschienengleise (wegen der untersch. Spurbreite) fertiggestellt und ab Oktober 2012 sollen dort Gütertransporte durchgeführt werden. Außerdem spielt Russland eine signifikante Rolle in der Stabilität und Sicherheit auf der koreanischen Halbinsel, weil Russland mit beiden Teilen gute Beziehungen unterhält. Das zeigt sich vor allem durch die Planung der Gas-Pipeline, die von Russland durch Nordkorea nach Südkorea verlaufen soll. Die Bedeutung dieses Projekts für eine Annäherung ist extrem hoch.

Bei den Nachbarn sehr begehrt. Der Hafen von Rajin. (Quelle: Google Earth)

Rohstoffhungriges China

Chinas Intentionen sind relativ klar: Ressourcen und Wirtschaftswachstum. China investiert sehr viel in Nordkorea. Es ist kein Geheimnis, dass China Nordkorea am Leben erhält. Die Investitionen lassen sich in zwei Arten einteilen: Förderung von Ressourcen und Ausbau der intranationalen Infrastruktur. Dazu kommt unter dem Schlagwort „Chang-Ji-Tu“ mehrere Projekte, die für Nordkorea bedeuten, dass China viel Geld in den Ausbau der Infrastruktur stecken wird und dafür die Rechte auf bestimmte Bodenschätze erhält. Die Grenzgebiete Chinas würden wirtschaftlich von Kooperationen mit Nordkorea profitieren. Autobahnen und Grenzübergänge sind bereits auf chinesischer Seite realisiert. Eine Hochgeschwindigkeitsstrecke ist in Planung. Aber auf nordkoreanischer Seite läuft die Umsetzung viel langsamer ab und scheitert teils schon in der Planungsphase bei Verhandlungen oder Finanzierungsfragen. China ist wie Russland auch an der Nutzung von Rajin bzw. anderer Häfen an der koreanischen Ostküste interessiert. Die Straßenverbindung von der chinesischen Region Jilin bis nach Rajin sind verbessert worden und 2011 wurde chinesische Kohle über Land nach Rajin und dann per Schiff nach Shanghai transportiert.

 Grenzüberschreitende Projekte: Schwierige Aufgaben mit großem Potential

Die grenzüberschreitenden Projekte zeigen, wie schwer es unter den aktuell gegeben Umständen, also bei fehlender Stabilität, Sicherheit und Frieden, ist, zwischenstaatliche Kooperationen mit Nordkorea aufzubauen. Gleichzeitig zeigt es aber auch, was für ein Potential Nordkorea in der Zukunft unter den Bedingungen einer freien Marktwirtschaft hätte. Für die wirtschaftliche Entwicklung der grenznahen Regionen Chinas und Russlands sind diese Kooperationen vorteilhaft und für Nordkorea überlebenswichtig. Jedes dieser Projekte wird wichtiger Ausgangspunkt für die wirtschaftliche Entwicklung eines wiedervereinten Koreas.

 

Alle dargestellten Inhalte sind nur ein Abriss meiner Abschlussarbeit „Reunification Through Transport. Lessons from the German Transport Unity Transport Projects for the Korean Peninsula“. Wer sich für die Quellen, mehr Details, weitere Ausführungen interessiert und das gesamte Bild der Verkehrswegestruktur kennenlernen möchte, kann meine Abschlussarbeit unter folgendem Link erwerben: http://www.lulu.com/shop/nikola-medimorec/reunification-through-transport-lessons-from-the-german-unity-transport-projects-for-the-korean-peninsula/ebook/product-20282587.html

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