Nordkorea wirbt um die Gunst der neuen iranischen Regierung: Kim Yong-nam trifft Hassan Rohani


Das Sommerloch ist offensichtlich immernoch nicht weg. Ich war vielbeschäftigt in der letzten Woche und habe den Computer glaube ich heute zum ersten Mal seit vergangenem Wochenende wieder eingeschaltet und trotzdem gab  es in den Medien nicht wirklich großartig was Neues.
Die Feierlichkeiten zum Jahrestages des Sieges im Koreakrieg (die Bewertung des Kriegsausgangs liegt stark im Ausgang des Betrachters, aber wenn sie meinen…) gingen ohne Überraschung und Spektakel zuende (eine sehr schöne Zusammenfassung von Yonhap zu den Feierlichkeiten gibt es hier) und nur bei sehr genauem Hinsehen und nicht so genauem Nachdenken fand die deutsche Presse dabei was spektakuläres zum schreiben.
Nicht zuendegegangen aber auch nicht weitergekommen sind dagegen die Verhandlungen um die SWZ in Kaesong. Der Süden hat jetzt ein angeblich „ultimatives Gesprächsangebot“ gemacht (Interessant: Was ist das für ein „Angebot“, wenn es mit einem Ultimatum verbunden ist?) und der Norden reagiert nicht. Vermutlich such man nach einer Möglichkeit, die  Gespräche weiter in die Länge zu ziehen, ohne zu konkreten Ergebnissen zu kommen.
Aber darüber schreibt man in der deutschen Qualitätspresse natürlich nicht. Da beschäftigt man sich lieber mit dem Naheliegenden: Wetter, Katastrophen und Glamour, aber was soll man denn sonst auch im Sommerloch tun.

Mal wieder der Iran: Kim Yong-nam trifft den neuen Präsidenten

Naja, ich weiß jedenfalls, was ich tun will. Ich will nicht über diesen Schwachsinn schreiben und deshalb habe ich mir ein anderes Thema ausgesucht, nicht weniger spektakulär und aktuell, aber etwas weniger Schwachsinnig (wobei ich mir durchaus vorstellen kann, dass die Liebhaber einer schwarz-weißen-WELT da auch was Blödes drüber schreiben können…
Heute hat Nordkoreas protokollarisches Staatsoberhaupt Kim Yong-nam nämlich gute Gespräche mit Irans neuem Präsidenten Rohani geführt. Und während die Welt noch darüber nachdenkt, ob der neue starke Mann in Teheran eine Chance verdient hat oder nicht, gibt es in Pjöngjang weniger Nachdenklichkeit. Dort hat man offenbar vor, auf die guten Beziehungen der letzten Jahre aufzubauen, bzw. sie auch unter dem als moderat geltenden Rohani weiter aufrechtzuerhalten. Zeitgleich befindet sich auch eine Delegation des iranischen Parlaments zu einer Visite in Pjöngjang, was allerdings von der Bedeutung her nicht zu vergleichen ist, mit der Reise Kim Yong-nams.

Sichtbare Vertiefung der bilateralen Beziehungen

In den vergangenen Jahren hatten sich die Beziehungen, die vor allem wegen der Vermutungen (die teilweise ziemlich sicher sind) über Kooperationen im militärischen Bereich, vor allem bei Raketen und evtl. auch Nukleartechnologie unter scharfer internationaler Beobachtung stehen, auch nach außen hin deutlich vertieft.
Im letzten Jahr traf Kim Yong-nam anlässlich des Blockfreien-Gipfels in Teheran quasi die gesamte Staatsspitze des Irans und es wurden einige Abkommen unterzeichnet (vor allem eines über technologische Kooperation sorgte für Aufhorchen unter den westlichen Gegenspielern der Restachse) und im Frühjahr diesen Jahres erregten Aussagen des iranischen Ölministers für Interesse, nach denen beide Staaten über eine Zusammenarbeit im Ölsektor in Verhandlungen stünden.

Beziehungspflege zu kritischem Zeitpunkt

Ob das Treffen Kim Yong-nams konkrete Ergebnisse erbracht hat, wird man vermutlich erst zu einem späteren Zeitpunkt erfahren, aber die Beziehungspflege, die Nordkorea da betreibt ist nicht zu übersehen. Offensichtlich nimmt man die Verbindung mit dem Iran sehr ernst und stellt einen der wichtigsten Politiker und den wohl wichtigsten Außenpolitiker des Landes ab, um sich der Verbundenheit der neuen Regierung im Iran zu versichern. Wie gut das gelingt muss die Zukunft zeigen, jedoch wird man in Pjöngjang gewarnt sein, dass ein größerer außenpolitischer Schwenk Irans unter der neuen Führung eventuell auch direkte Auswirkungen für die nordkoreanisch-iranischen Beziehungen haben könnten. Ähnliches hat man ja gerade erst im Fall Myanmars erlebt, von dem die USA für eine Normalisierung der Beziehungen u.a. eine deutliche Abkühlung der Verbindung mit Nordkorea forderten. Die Angst ist also nicht ganz unbegründet, dass sich Rohani als moderater als sein Vorgänger erweisen und für eine Befriedung der Beziehungen mit den USA und Europa die Bindung zu Pjöngjang opfern könnte. Scheinbar sind die westlichen Beobachter nicht die Einzigen, die bisher noch nicht so genau wissen, was sie von Hassan Rohani zu halten haben.

Ungleichgewicht in den Beziehungen?

Neben dieser strategisch außenpolitischen Überlegung fällt aber in den Beziehungen Irans zu Nordkorea auch ein weiterer Punkt auf. Bei näherem Hinsehen scheint hier nämlich eine Art Ungleichgewicht zu bestehen. Während sich hochrangige Delegationen aus Pjöngjang in letzter Zeit häufiger im Iran zeigten, habe ich von adäquaten Gegenbesuchen nichts gehört oder sie wurden kurzfristig wieder abgesagt, wie der geplante Besuch des iranischen Parlamentssprechers Laridschani im Jahr 2011.
Nun sind aber die Beziehungen zwischen zwei Staaten ein Geben und Nehmen und wenn ein Staat — in diesem Fall symbolisch, bzw. in Form außenpolitischer Bemühungen — mehr gibt, als der Andere, dann kann gemutmaßt werden, dass dem einen Staat die Beziehungen wichtiger sind als dem Anderen. Nach den beiden Besuchen Kim Yong-nams wäre eigentlich ein wirklich hochrangiger Besuch aus dem Iran in Nordkorea angebracht. Ich bin gespannt, ob wir so etwas innerhalb des nächsten Jahres sehen werden. Das wäre jedenfalls ein starkes Signal Rohanis an Pjöngjang und an die internationale Bobachterschaft dieses Verhältnisses.

Soviel von mir für heute. Ich hoffe in der nächsten Woche etwas mehr Zeit zu kriegen um andere Themen und Projekte auch adäquat behandeln zu können. Bis dahin wünsche ich euch weiter viel Vergnügen im Sommer…

Iran will Öl an Nordkorea verkaufen — Versucht Pjöngjang unabhängiger von China zu werden?


In den vergangenen Tagen erregten Meldungen die Aufmerksamkeit der internationalen Medien, nach denen der Iran und Nordkorea in Verhandlungen über den Export iranischen Öls nach Nordkorea stehen würden. Diese Meldungen folgten auf einen kurzen Hinweis der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA, dass Nordkoreas Minister für Ölindustrie Pae Hak in den Iran gereist sei. Der Anlass der Reise war wohl die 18. Internationalen Öl-, Gas-, Raffination- und Petrochemie-Messe in Teheran, denn am Rande dieser Messe erklärte Irans Ölminister Rostam Ghasem, Nordkorea habe Interesse an Ölexporten aus dem Iran bekundet und man würde nun in Verhandlungen über dieses Geschäft stehen.

Die „Besonderheit“ der nordkoreanisch-iranischen Beziehungen

Würde man diesen Vorgang ganz ohne geopolitische und koreaspezifischen Kontext betrachten, wäre er wohl kaum der Rede wert, denn dass Öl von einem in den anderen Staat exportiert wird, besonders wenn der eine Staat einer der Top-Ölproduzenten ist, stellt eher die Regel als die Ausnahme dar.
Aber hier handelt es sich eben nicht um „normale“ Staaten, sondern um die zwei verbliebenen Mitglieder von George W. Bushs „Achse des Bösen“, zwei Sorgenkinder der westlichen Staaten, die dafür unter beachtlichen Sanktionen der Vereinten Nationen und darüber hinausgehende bilaterale Straf-/“Disziplinierungsmaßnahmen“ zu leiden haben. Die Tatsache, dass die Beziehungen beider Staaten in der jüngeren Vergangenheit merklich enger geworden sind, beispielsweise festzumachen an einem Technologiekooperationsabkommen (das von interessierter Seite zu einem „Pakt gegen die USA“ aufgebauscht wurde), wird vor allem deshalb aufmerksam beobachtet, weil auch im militärischen Bereich enge Kooperationen vermutet und teils (vor allem bei der Raketenentwicklung) durch Indizien wohl auch bewiesen sind.
Da beide Staaten Nuklearprogramme vorantreiben und gleichzeitig an der Entwicklung entsprechender Trägersysteme arbeiten, ist ein verstärktes Augenmerk seitens der westlichen Staaten auf die Beziehungen dieser beiden Staaten durchaus nachvollziehbar. Allerdings ist es gleichzeitig allzu verständlich, dass diese beiden „Opfer westlicher Isolationspolitik“ die gegenseitige Nähe suchen. Denn als Staaten, die durch Sanktionen von immer mehr Ressourcen abgeschnitten werden, die teils vital für das Wohl der Staaten sind, stehen die jeweiligen Führungen vor der Wahl, entweder die weiße Fahne zu schwenken, oder mit denen zusammenzuarbeiten, die dazu bereit sind. Und das sind eben oft die, die sich in einer ähnlichen Situation finden.

Gegenseitige Interessen an einem Öldeal?

Da beide Seiten in ihren schwierigen wirtschaftlichen wie strategischen Situationen jedoch nichts zu verlieren haben, ist auch klar, dass beide ihre Profite aus einem Geschäft wie dem sich aktuell anbahnenden ziehen müssen. Der Vorteil, den die nordkoreanische Seite daraus zieht, ist klar. Denn das Land braucht dringend Öl, um Strom zu erzeugen, die Fahrzeugflotte des Landes zu betreiben und für viele andere Dinge (ich glaube man braucht das zum Beispiel um Dünger zu produzieren, ob Vinalon, das nordkoreanische Plastik, ebenfalls auf Ölbasis produziert wird, weiß ich nicht, aber es würde mich eigentlich wundern, wenn es anders wäre (man braucht kein Öl, hab’s gerade nachgelesen).
Auch wenn es immer mal wieder Gerüchte gibt, Nordkorea würde eigenes Öl fördern, sind diese nicht belegt und eher anzuzweifeln (worauf ja beispielsweise auch der Rückzug internationaler Partner aus der Erkundung möglicher Ölquellen in Nordkorea hinweist). Relativ sicher ist dagegen, dass das Land seit Jahren alljährlich mehr als 500.000 Tonnen Rohöl was zu einem Preis von 100 US-Dollar pro Barrel einen Wert von etwa 380 Mio. US-Dollar ausmachen würde, sowie weitere bereits verarbeitete Ölprodukte aus China importiert (alles nachzulesen in diesem hervorragenden und extrem detaillierten Nautilus-Bericht, der sich mit der Energiesicherheit der DVRK von 1990 bis 2009 beschäftigt, sowie bei North Korean Economy Watch). Das heißt, Nordkorea ist in hohem Maße von Importen aus China abhängig und dabei möglicherweise auch auf Entgegenkommen bei der Begleichung der Rechnung angewiesen (denn die chinesischen Partner werden sich vermutlich ungern in Säckeweise druckfrischen nordkoreanischen Won bezahle lassen (die im Verhältnis einen wesentlich geringeren (Brenn-)Wert haben, wie das gelieferte Öl). Iran könnte hier helfen, die Herkunft der Ölexporte entweder zu diversifizieren, oder sogar die Gesamtimportmenge zu erhöhen und damit das geplante Wirtschaftswachstum ein Stück voranzubringen.
Allerdings ist die Frage kritisch, welcher Vorteil für den Iran aus einem Öldeal zu ziehen ist. Zwar ist auch der Iran knapp an Devisen, allerdings hat ja wie gesagt, auch Nordkorea vermutlich ein Problem damit, den vollen Preis für das Öl in US-Dollar zu bezahlen. Da der Iran sein Öl auch an anderer Stelle zu gewöhnlichen Konditionen absetzen dürfte (zwar sind westliche Staaten als Käufer abgesprungen, aber in Asien dürften sich große und ölhungrige Ökonomien finden lassen, die da einspringen können), fragt sich natürlich, was Nordkorea genau bieten kann, das die Führung in Teheran von einem solchen Deal überzeugen könnte. Möglich, dass man tatsächlich an die eigenen Devisenvorräte geht, oder eben tauscht. Aber auch der Gedanke an die Kooperation im Waffenbereich liegt nicht außerhalb der Reichweite des Vorstellbaren.

Ölminister? Nordkorea? Warum?

Durch diese aktuelle Ölgeschichte, wurde ich aber auch auf andere Aspekte aufmerksam, die ich relativ interessant fand. Zum Beispiel, dass es in Nordkorea das Amt des Ölministers überhaupt gibt. Ich meine, eigentlich würde man doch erwarten, dass die Aufgabe des Ölministeriums von einem anderen Ministerium (Wirtschaft oder Außenhandel) mit betrieben wird. Dass dem nicht so ist, finde ich schon spannend. Man könnte daraus einen Schluss über die Effizienz des nordkoreanischen Regierungssystems ziehen (solange Pöstchen schaffen, bis alle versorgt sind), aber es könnte natürlich auch ein Hinweis auf die Ernsthaftigkeit des Vorhabens Pjöngjangs sein, irgendwann mal eigenes Öl zu fördern. Vor allem kann man das aber auch als Hinweis auf die strategische Bedeutung der Ressource Öl ziehen. Man braucht das Zeug und deshalb hat man einen Minister, der dafür sorgen soll, dass es genug davon gibt.
Diesen Job scheint der Vorgänger von Pae Hak, Kim Hui-yong nicht so gut gemacht zu haben. Der neue Mann ist nämlich gerade erst vor drei Wochen von der Obersten Volksversammlung im Amt installiert worden, nachdem sein Vorgänger abberufen wurde (mir war der Bericht der Pyongyang Times zur Sitzung der Obersten Volksversammlung ganz entgangen, obwohl der, gerade was die Personalien angeht, viel detaillierter und spannender ist, als der Kram, den KCNA geschrieben hat). Der hatte auch in seiner Amtszeit ehrlich gesagt nicht wirklich viel „Sichtbares“ für die nordkoreanische Ölindustrie getan. Seit seiner Ernennung 2009 ist, soweit ich das überblicke, nur ein Treffen mit Alexei Miller, der Chef von Gazprom überliefert, bei dem um die geplante Erdgaspipeline von Russland durch Nordkorea nach Südkorea ging, die eine Zeitlang viel diskutiert war, bevor es um das Thema wieder viel ruhiger wurde.
Der Nachfolger macht sich jedenfalls mit viel Elan ans Werk und konnte so möglicherweise schon kurz nach Amtsantritt erste Pluspunkte bei seinen Bossen in Pjöngjang sammeln.

Strategische Aspekte: Unabhängiger von China werden?

Darüber hinaus wirft das Geschäft natürlich auch einige Fragen auf, die über reine Überlegungen zum Modus der Zahlungen und der Bedeutung des Jobs des Ölministers hinaus, eher strategischer Natur sind.
Denn einerseits frage ich mich, warum es erst jetzt einen Öldeal zwischen dem Iran und Nordkorea geben soll, wenn die Beziehungen in der Vergangenheit doch angeblich so eng waren. Ich meine, wenn man wirklich ganze Raketen zwischen den Ländern ausgetauscht hat, der Iran regelmäßig mit Wissenschaftlern bei nordkoreanischen Atomtests vertreten war und man auch ansonsten engsten Austausch pflegte, warum soll dann auf einem für Nordkorea so wichtigen Feld wie der Energieversorgung (was ja auch nicht verboten war oder so), keine Zusammenarbeit stattgefunden haben. Entweder man hat nur nicht darüber gesprochen, weil man die Beziehungen nicht an eine große Glocke hängen wollte, aus irgendeinem Grund haben sich trotz höchst sensibler militärischer Kooperationen keine wirtschaftlichen Effekte eingestellt, oder die häufig postulierte Kooperation beider Staaten war in der Vergangenheit garnicht so eng. Ich weiß nicht, welche Überlegung zutrifft, aber ich finde man sollte über diese Punkte nochmal näher nachdenken.
Die Tatsache, dass gerade jetzt ein Deal zustande kommt, könnte Ergebnis einer weitreichenderen strategischen Entscheidung Pjöngjangs sein. Man sieht sich in diesem wie in anderen Bereichen zu sehr in der Abhängigkeit von China und versucht die Zulieferer zu diversifizieren. Das dürfte nicht einfach sein, aber eben auch nicht unmöglich. Vielleicht hat China auch bereits als Strafmaßnahmen für Nordkoreas jüngste Drohungen, Nuklear- und Raketentests ein bisschen am Ölhahn gedreht und in Pjöngjang herrschte einfach Handlungsdruck, die Ölversorgung anderweitig zu sichern. Man weiß es nicht.
Jedenfalls könnte der nordkoreanisch-iranische Öldeal, wenn er denn im Endeffekt zu greifbaren Ergebnisse führt, auch ein Signal für die schlechter werdenden Beziehungen zwischen Nordkorea und China sein.

Iran und Nordkorea: Wo Gemeinsamkeiten anfangen, wo sie aufhören und was das über Internationale Beziehungen sagt


Quelle: Flags.de

Heute will ich mich etwas ausführlicher und abstrakter mit den Beziehungen zwischen Iran und Nordkorea, unserer Wahrnehmung dieser Beziehungen und den Lehren, die der Iran aus der Geschichte der Nuklearisierung Nordkoreas ziehen kann, beschäftigen. Ich weiß, dass ich damit ein relativ großes Fass aufmache und dass ich das vielleicht nicht  zu eurer Zufriedenheit erschließen kann, aber da ich mir in letzter Zeit ein paar Gedanken zu dem Thema gemacht habe, möchte ich die gern mit euch teilen. Wenn ihr mögt könnt ihr gerne nach Herzenslust kritisieren und  kommentieren…

Nordkorea: F & E für den Iran?

Wer in den letzten Monaten und Jahren die Vorgänge um Nordkoreas Nuklear- und Raketenprogramm aufmerksam beobachtet hat, bei dem dürfte sich ein ganz bestimmter Eindruck durchgesetzt haben. Irgendwie klingt es in unseren Medien häufiger mal so, als habe der Iran seine Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in weiten Teilen nach Nordkorea ausgelagert. Bei jedem relevanten Test in Nordkorea — und häufiger auch mal zwischendurch — kann man von iranischen Wissenschaftlern lesen, die nach Nordkorea reisen um zu beobachten, zu lernen oder zu beraten. Was und wie und wer, das wird nicht klar und auch die Quellen für diese Berichte sind meist gut informiert, aber vor allen Dingen sehr geheimnisvoll. In jüngster Zeit kann man auch schonmal lesen, dass Nordkorea geheimgebliebene Tests im Auftrag des Irans durchgeführt habe, dass der Iran für die Rechnung des jüngsten Nukleartests aufgekommen sei und dass Iran und Nordkorea eine „Allianz gegen die USA“ geschmiedete hätten.

Kooperation der bösen Elite

Wenn man das alles so hört kann einem ja angst und bange werden. Das Bild das sich ergibt, ist dasjenige eines Regimes in Pjöngjang, dass aus seinem Nuklear- und Raketenprogramm kein Geheimnis macht, sondern so ziemlich jeden, der sich ein Ticket nach Pjöngjang leisten kann und darüber hinaus noch ein bisschen harte Währung mitbringt, an seinem Wissen teilhaben lässt und auch das eigene Territorium gerne mal für Nukleartests zur Verfügung stellt. Gleichzeitig wird das Bild eines Iran gezeichnet, der alles tut, um an Nuklearwaffen zu kommen, der mit den bösesten der Bösen kooperiert und der — und das ist wohl entscheidend — eigentlich schon kurz vor dem nuklearen Durchbruch steht, weil er durch seine nordkoreanische Kooperation so viel Nuklearwissen sammeln kann, dass er es garnicht nötig hat, selbst Tests durchzuführen.

Böse Achse: Jetzt doch noch?

Über diese Bilder, die da erzeugt werden, habe ich dann in der letzten Zeit ein bisschen nachgedacht, weil es mir irgendwie seltsam vorkam, dass da auf Teufel komm raus immer wieder eine Verbindung hergestellt wird, die so nicht wirklich zu belegen ist, die aber aus irgendeinem Grund „herbeigewünscht“ wird. Beim Nachdenken an die Konstruktion dieser Beziehung fiel mir als erstes George W. Bushs berühmte Rede zur Lage der Nation aus dem Jahr 2002 ein, in deren Rahmen er die „Achse des Bösen“ in die Welt brachte und damit (zumindest in Teilen) bewirkte, dass sich ein verbales Konstrukt in ein reales Konstrukt verwandelte. Wenn es einen Ingenieur gab und eine Achse gibt, deren Existenz auch heute noch strittig ist, dann war George W. Bush ihr Schöpfer (warum ich das denke, das könnt ihr hier nachlesen). Aber obwohl Bushs Konstrukt noch bis in die heutige Zeit wirkt und es interessierten Gruppen leichter macht, Verbindungen zwischen dem Iran und Nordkorea zu ziehen, kann es wohl nicht als eigentlicher Grund für die Begeisterung, mit der Gerüchte über Kooperationen immer wieder in die mediale Realität geholt werden.

Bildergeschichten

Als ich dann über die konkreten Bilder Irans und Nordkoreas nachgedacht habe, die erzeugt werden, ist mir noch etwas anderes aufgefallen: Während das Bild von Nordkorea, das da gezeichnet wird, nicht wirklich viel Neues beinhaltet bzw. nahezu perfekt in das Narrativ passt, dass auch ansonsten (wohl nicht ganz zu Unrecht) erzeugt wird (es wird ein Land beschrieben, dass bereit ist, für Geld und sein Nuklear-/Raketenprogramm sehr viel zu tun, einschließlich der Weitergabe von Wissen über dieses Nuklear- und Raketenprogramm), sieht das im Fall Irans etwas anders aus.

Beweisen was man eh schon weiß…

Zwar ist man sich in vielen westlichen Hauptstädten (zumindest dem äußeren Schein nach) sicher, dass der Iran Nuklearwaffen bauen will. Aber trotz den Versuchen, dass immer wieder überzeugt und selbstbewusst vorzutragen, mangelt es an einem wichtigen Detail: Man hat keinen Beweis. Man kann zwar Indizien ins Feld führen, wie einige Aussage des bösartigen kleinen Präsident in Teheran oder die Frage, warum der Iran in ein Raketenprogramm investiert, was nur dann wirklich sinnvoll sei, wenn man auch Waffen entwickelt, die die Raketen transportieren können, aber das ist weit davon entfernt, Beweiskraft zu haben. Man kann auch die Geheimnistuerei Teherans hinsichtlich seines Nuklearprogramms als Beleg ansehen, aber als Akteur, der sich nicht ohne Grund vom mächtigsten Staat der Welt und seinen regionalen Schützlingen bedroht fühlt (ob man dafür nicht auch selbst Schuld trägt, steht auf einem anderen Blatt und soll hier nicht weiter diskutiert werden), ist ein gewisses Maß an Geheimniskrämerei mit Sicherheit nicht die schlechteste Idee. In dieser unangenehmen Situation sucht man natürlich unter Hochdruck nach Beweisen oder wenigstens Indizien. Und hier kommt — so meine Überlegung — die Vorliebe des Westens für iranische Beteiligungen an nordkoreanischen Tests aller Art ins Spiel.

…mit Hilfe der Nordkoreakooperationsgeschichten

Denn einerseits verstärkt dieses Bild natürlich die Wahrnehmung Irans als Staat, der zweifelsfrei nach nuklearer Bewaffnung strebt, denn was sollen denn iranische Wissenschaftler bei einem nordkoreanischen Nuklear-/Raketentest und warum sollte der Iran sowas finanzieren, wenn er sich nicht für die Ergebnisse interesseiert? Andererseits wird damit aber auch einem noch etwas weitergehenden Denkweg das Feld bereitet. Denn wenn Nordkorea quasi im Auftrag des Irans Nukleartests durchführt und iranische Wissenschaftler an den wichtigen Schritten dazu beteiligt sind, dann ist es den iranischen Waffenbauern ja möglich, umfassendes Know-How zu sammeln, ohne dass es westlichen Akteuren möglich wäre den Beweis anzutreten, dass der Iran tatsächlich nach Nuklearwaffen strebt (den Zweifelsfreien Beweis gibt es eben erst mit einem Nukleartest). Und wenn der Iran also auf dem Weg zum Bau einer Atombombe schon sehr weit kommen kann, ohne dass er seine Intention enthüllen muss, dann bleibt die Frage, ob man den Schritt Irans zur ernsthaft nuklear bewaffneten Macht noch verhindern kann, wenn das Vorhaben irgendwann dann öffentlich gemacht wird. Der Rest des Gedankens ist schnell gedacht: Eigentlich darf  man nicht warten, bis man beweisen kann, dass der Iran Nuklearwaffen entwickeln will, sondern man muss den nuklearen Durchbruch präventiv entgegentreten.

Es geht nicht um Nordkorea, sondern um den Iran

Das Ergebnis meiner Überlegungen war also im Endeffekt ganz einfach: Wenn über nordkoreanisch-iranische Nuklear-  und Raketentestverbindungen berichtet wird, dann geht es in der ganzen Geschichte überhaupt nicht um Nordkorea. Eigentlich geht es nur um den Iran. Um genauer zu sein geht es darum, ein weiteres Argument für ein scharfes Vorgehen gegen den Iran zu kultivieren. Daher dürft ihr euch nicht wundern, wenn es in Zukunft mit zunehmender Besorgnis um Irans Nuklearprogramm auch zunehmende „Erkenntnisse“ über die nuklearen Beziehungen zwischen dem Iran und Nordkorea geben wird.

Nordkoreas nuklearer Weg …

Aber wenn ich diese wenig sinnvolle Konstruktion von Verbindungen zwischen dem Iran und Nordkorea kritisiere, dann soll das nicht den Blick dafür verstellen, dass Nordkorea für den Iran — ob mit oder ohne Weitergabe von Technologien und Know-How – auch in anderer Weise als wichtige Quelle für Wissen anderer Art fungiert. Denn unabhängig davon, ob der Iran nun aktiv, perspektivisch oder eigentlich garnicht an der Entwicklung von Nuklearwaffen arbeitet, hat Nordkorea für jeden Staat der Welt, der gegen den Willen der Staatengemeinschaft Nuklearwaffen entwickeln will, eine Blaupause geliefert, wie dieses Ziel erreicht werden kann.

… Eine Blaupause für den Iran?

Eigentlich muss man nur möglichst lange auf dem Boden bestehender völkerrechtlicher Verträge agieren und alle Freiräume nutzen, die diese bieten. So bietet der Vertrag über die Nichtverbreitung von Nuklearwaffen jedem Staat das Recht, ein friedliches Nuklearprogramm zur Energiegewinnung zu betreiben. Mit diesem Recht im Rücken kann man schonmal relativ weit kommen. Gleichzeitig muss man seine Intention geheimhalten und auf Misstrauen der Staatengemeinschaft damit reagieren, dass man Uneinigkeit sät und so verhindert, dass es  zu einem Konsens hinsichtlich eines gemeinsamen Vorgehens kommt. Hierzu dienten zum Beispiel die Verhandlungen, die Nordkorea immer wieder mit den USA und später im Rahmen der Sechs-Parteien-Gespräche führte. Der Gedanke militärisch gegen einen Staat vorzugehen, der bereit ist zu verhandeln ist ja nicht ohne Grund relativ schwierig. Das ist natürlich nur eine sehr grob umrissene Beschreibung des Vorgehens Nordkoreas und sicherlich gehören dazu noch weitere Kniffe, aber zentral sind die Ausnutzung von Lücken im  internationalen Vertragswerk, eine gewisse Dialektik, was die Bereitschaft angeht, über das eigenen Nuklearprogramm zu verhandeln und die tatsächliche Bereitschaft, es aufzugeben und eine bewusste Manipulation der Regierungen und Öffentlichkeiten der relevanten Akteure (Uneinigkeit kultivieren und säen und dadurch geeintes Vorgehen verhindern).

Ein zentrales Problem in den Internationalen Beziehungen

Und all das, was ich vorher beschrieben habe, kann man wieder sehr gut zusammenfassen und herunterbrechen auf eines der zentralen Probleme der Internationalen Beziehungen und um genauer zu sein, der Staaten im Umgang miteinander (und darüber hinaus auch der Menschen miteinander). Dieses zentrale Problem lässt sich zusammenfassen mit: „Man kann nicht in die Köpfe der Leute gucken.“ Etwas länger gesagt kann man sich der Intentionen anderer Menschen oder Staaten nie wirklich gewiss sein. Das heißt man muss sich entweder darauf verlassen, dass die Vergewisserungen anderer hinsichtlich ihren Intentionen wahr sind, dass eine Übergeordnete Instanz sie zwingt, gewisse Intentionen nicht in die Tat umzusetzen oder dass man selbst ihre Intentionen aus Indizien und ihrem Verhalten ablesen kann.

Die Interpretation von Intentionen: Riskantes Geschäft

Letzteres ist vor allem in feindseligen Beziehungen die meistgenutzt Vorgehensweise, um mit der Ungewissheit hinsichtlich des Vorhabens anderer umzugehen, aber gleichzeitig führt es auch schnell zur Eskalation. Denn einerseits impliziert ja die Tatsache, dass man Indizien nutzt um Intentionen zu identifizieren, dass man Selbstauskünften nicht glaubt und dass man übergeordneten Institutionen nicht zutraut, Verhaltensänderungen zu bewirken. Das heißt ein einmal gezogener Schluss hinsichtlich der Intentionen anderer kann kaum noch revidiert werden und führt gleichzeitig schnell zu einem Handlungsautomatismus. Der Schluss kann nicht revidiert werden, weil man Selbstauskünften der anderen Seite nicht glaubt, das heißt es gibt eigentlich keinen Weg mehr das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen. Da man übergeordneten Institutionen nicht zutraut, handlungsverändernd zu wirken, ist die einzige Möglichkeit die Umsetzung der mutmaßlichen Intuitionen zu verhindern, das Ergreifen eigener Maßnahmen. Eine ziemlich vertrackte Situation. Vor allem wenn man jetzt nochmal den Blick auf das Iranszenario richtet.

Implikationen für den Fall Iran

Wenn man sich das rein hypothetische Szenario vorstellt, in dem der Iran vor einigen Jahren beschlossen hat, ein ziviles Nuklearprogramm zu starten, ganz ohne militärische Hintergedanken. In diesem Szenario haben dann in der Folge alle Parteien so gehandelt, wie es tatsächlich der Fall war, samt der Zuschreibung des Westens, der Iran treibe ein militärisches Nuklearprogramm voran und verschleiere dieses Vorhaben hinter seinem zivilen Programm, sowie den Drohungen mit militärischen Maßnahmen. In diesem Szenario hat der Iran im Endeffekt zwei sinnvolle Handlungsoptionen: Entweder er gibt sein Nuklearprogramm vollständig auf. Damit hat er zwar nicht seine Intentionen enthüllt, aber das ist dann ja auch zweitrangig, weil er auf keinen Fall das unterstellte Vorhaben umsetzen kann. Oder er treibt sein Nuklearprogramm weiter voran, richtet es aber militärisch aus, weil er weiß, dass ein nuklearer Durchbruch es sehr unwahrscheinlich macht, dass ein anderer Staat ihn mit dem Ziel attackiert, sein Verhalten zu ändern. Würde er sein ziviles Programm allein vorantreiben, würde er permanent der Drohung unterliegen, dass andere Staaten Maßnahmen ergreifen, um ihn von der zugeschriebenen Intention abzubringen. Lange Rede kurzer Sinn: Unabhängig davon, was der Iran ursprünglich mit seinem Nuklearprogramm vorhatte. Mittlerweile ist es nur noch folgerichtig, wenn er ein militärisches Programm verfolgt.

Misstrauen: Die letzte Instanz

Alles in allem sind der Iran und Nordkorea sehr gute Beispiele dafür, dass die letzte Instanz in den internationalen Beziehungen auch heute noch die Angst und das Misstrauen vor den Intentionen der anderen ist. Zwar haben wir uns vielfältige Institutionen gegeben, um dieses Misstrauen aus der Welt zu schaffen und damit die Angst zu kontrollieren, aber wenn diese Institutionen nicht funktionieren, dann herrscht heute wie früher ein anarchisches System vor, in dem im Zweifel der stärkere oder der mit mehr Freunden gewinnt. Interessant wäre es, mal zu schauen, ob es in der Vergangenheit nennenswerte Fälle gab, in denen tiefes Misstrauen wieder ausgeräumt wurde, ohne dass es in dem jeweiligen Staat dem misstraut wurde, zu einem grundlegenden Wechsel, entweder des politischen Systems oder des Personals, kam.

Schmierstoff und Starthilfe für die Wirtschaft gesucht: Nordkorea sucht Partner im Mittleren Osten


Eigentlich wollte ich ja heute was über die neue chinesische Führung schreiben. Denn während man über die beiden neuen Gesichter, die das Land bald als Führer repräsentieren werden, schon allenthalben unglaublich viel lesen konnte, weiß ich persönlich wenig über die Leute, aus denen sich das stehende Komitee des Politbüros der Partei jetzt zusammensetzt und noch weniger, wie sie zu Nordkorea stehen. Und das ist wohl aufgrund der Zentralität dieses Komitees bei der Steuerung des Landes, ebenso wichtig, wie etwas über die Herren Li und Xi zu wisse. Da ich wie gesagt, aber wenig Expertise hinsichtlich der Führungspersönlichkeiten in Nordkorea habe, wollte ich diese aus anderen Quellen ziehen. Allerdings haben die Kollegen Blogger und Journalisten irgendwie bisher kaum was dazu geschrieben (außer ein paar Gemeinplätzen von der Chosun Ilbo habe ich nicht viel gefunden). Daher werde ich das wohl ein bisschen aufschieben müssen. Aber beim durchgucken aktueller Berichte über Nordkorea ist mir dafür etwas anderes ins Auge gefallen, das ich ganz interessant fand. Daher gibt es heute nichts zu China und Nordkorea sondern was zum Mittleren Osten und Nordkorea. Warum das?

It’s the economy – stupid.

In der letzten Woche waren zwei relativ hochrangige nordkoreanische Wirtschaftsdelegationen in der Gegend zu Gast und im letzten Monat wurden mit zwei Staaten der Region Absichtserklärungen (Memorandum of Understanding (MoU) über die wirtschaftliche Zusammenarbeit unterzeichnet.

Iran

In der vergangenen Woche besuchte Nordkoreas Minister für Außenhandel („Foreign Trade“) Ri Ryong-nam Teheran. Dort traf er unter anderem mit seinem iranischen Gegenstück Mehdi Ghazanfari und mit Irans Vizepräsident Behrouz Moradi zusammen. Bei seinen Gesprächen mit seinem Amtskollegen ging es scheinbar um den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern. Von der iranischen Seite wurde dabei die Idee in den Raum gestellt, eine gemeinsame Kommission einzurichten, die sich um den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen kümmern soll. Iran sei in der Lage u.a. mit Bau- und landwirtschaftlichen Maschinen auszuhelfen. Eine Vereinbarung wurde allerdings nicht unterzeichnet. Allerdings ist es ja noch garnicht so lange her, dass Kim Yong-nam im Iran zu Gast war, nahezu mit der kompletten Führung gesprochen hat und u.a. eine Absichtserklärung über technische Kooperation unterzeichnet hat.

Ägypten

Aber Ri war nicht der einzige Nordkoreaner, der in der letzten Woche in der Gegend unterwegs war. Sein Vizeminister besuchte fast parallel Ägypten. Ri Myong-san war dabei nicht nur bei einem Betreiber von Wirtschaftsparks (oder sowas ähnliches. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was die Firma „Smart Village Egypt“ genau macht, aber wie ich das verstehe entwickeln sie Gesamtkonzepte für Geschäftsanlagen und managen die, oder so), sondern er unterzeichnete auch noch eine Absichtserklärung. Worüber, das konnte ich leider nirgends genau finden, aber sein Ressort deutet ja schon an, welche Richtung es sein muss. Der Handel wird wohl im Zentrum stehen. Wenn man bisher an ägyptische Wirtschaftskontakte zu Nordkorea dachte, dann war man immer sehr schnell bei Orascom, dem Unternehmen, das das nordkoreanische Mobilfunknetz aufgebaut hat und dort (gemeinsam mit der nordkoreanischen Postbehörde), das Unternehmen Koryolink mit über einer Million Kunden hat.

Syrien

Eine ganze Reihe von Vereinbarungen unterzeichneten Vertreter Nordkoreas und Syriens vor etwa zwei Wochen in Pjöngjang. Dabei ging es u.a. um Zusammenarbeit in den Feldern Sonderwirtschaftszonen, Landwirtschaft und Umweltschutz. Mit Syrien verbindet Nordkorea ja ohnehin recht enge Beziehungen, aber ich finde es trotzdem interessant, dass die Kontakte gerade momentan zunehmend vertieft werden, als wäre in Syrien alles in bester Ordnung. Aber vermutlich hofft man in Pjöngjang, dass Bashar al-Assad es den Nordkoreanern nicht vergessen wird, sollte er heil durch die aktuelle Situation kommen (worauf ich allerdings keinen Pfifferling setzen würde).

Nigeria

Wenn man die regionale Begrenzung etwas aufbricht, gibt es eine weitere recht interessante Vereinbarung, die vor einem guten Monat geschlossen, bzw. erneuert wurde. Damals wurde in Pjöngjang ein Abkommen über wirtschaftliche, technologische und wissenschaftliche Zusammenarbeit erneuert. Auf nordkoreanischer Seite war dabei wieder Ri Myong-san, der Vizeministr für Außenhandel zuständig. Das Ganze fand im Rahmen der dritten Joint Commission (weiß nicht genau, was das ist, aber ich denke  sowas wie Arbeitskonsultationen) zwischen beiden Länder statt. Die erste war 1988 gewesen, die zweite 2004. Die nächste soll aber schon im kommenden Jahr abgehalten werden.

Schmierstoff und Starthilfe für die Wirtschaft gesucht

Ich weiß nicht genau, ob dieses rege tun im wirtschaftlichen Bereich wirklich bemerkenswert ist, aber mir kommt es doch ganz stark so vor, als habe die nordkoreanische Führung in der jüngsten Zeit (zwei bis drei Jahre) und vor allem seit Antritt von Kim Jong Un seine Bemühungen gesteigert, Partner für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu finden. Ein regionaler Fokus liegt dabei ganz deutlich auf Südostasien, aber wenn man sich die aktivitäten der letzten Wochen anschaut, dann ist man wohl ebenfalls ganz klar daran interessiert, Partner im Mittleren Osten (hier ist Nigeria natürlich außen vor) für den Aufbau der eigenen Wirtschaft gewinnen zu können. Was weiterhin an der Auswahl auffällt, ist das mit dem Iran, Syrien und Nigeria drei der vier genannten Staaten Erdöl in nicht unbeträchtlichen Mengen exportieren. Syrien und der Iran sind wegen westlicher Sanktionen selbst in finanziellen Schwierigkeiten. Vielleicht hofft man in Pjöngjang, da günstig an Öl ranzukommen.

Wird Pjöngjang jeder Partner recht sein?

Insgesamt wird ein weiteres Mal klar. Nordkorea versucht Partner für einen wirtschaftlichen Neustart zu finden. Wieviel die unterzeichneten Absichtserklärungen am Ende wert sein werden, kann man jetzt noch nicht wissen, aber vermutlich wird die Suche nach Partnern weitergehen. Ich bin gespannt, wann die nordkoreanischen Wirtschaftsdelegationen die EU-Staaten ernsthaft ins Visier nehmen. Weiterhin bin ich gespannt, ob man es in Pjöngjang wirklich erstmal mit den Outlaws der internationalen Politik versuchen will, oder ob man auch für einen ernsthaften Deal mit den USA offen ist. Myanmar wird hier sicherlich ganz genau unter Beobachtung stehen. Aber natürlich wird man nach außen hin sowas so oder so nicht zugeben, denn wenn man Interesse zeigt, dann hat das natürlich fatale Auswirkungen auf den Preis, den man bei so einem Deal erzielen kann. Wenn Obama also zu sowas bereit ist (ich halte das nicht für abwegig. Die permanenten Signale, Pjöngjang möge sich doch an Myanmar orientieren, können da als Hinweis dienen.), dann werden wir das wahrscheinlich erst wissen, wenn Vollzug verkündigt wird.

Aktuelles diplomatisches Ringen um Iran und Syrien: Implikationen für Nordkorea? — Kurze Überlegung


Kurze Überlegung (ich würde gern ausführlicher dazu schreiben aber mir fehlt die Zeit): Was sind die Implikationen für Nordkorea aus dem diplomatischen Ringen um den Umgang mit Syrien (Sicherheitsrat der VN) und Iran (martialisches Gerede)?

Hier ein Beitrag der Stimme Koreas, der sich mit der Causa Iran befasst (ob man da viellicht auch auf das Öl schielt, das Iran nun „zuviel“ hat?). Auf deutsch (terrestrisch empfangen und daher mit Rauschen)…

…und auf Englisch ohne Rauschen.

Russland und China blocken alles ab, die Fronten sind verhärtet. Also: Wäre jetzt nicht ein guter Zeitpunkt für neue Nuklear-/Raketentests (oder für andere (nicht kriegerische) provokative Aktionen (versenken oder beschießen wäre zu riskant))? Wenn das Haus eh schon brennt, wer wird denjenigen verfolgen, der noch ein paar Scheiben einschmeißt?

Einerseits hätte man gute Chancen, „ungestraft“ davonzukommen, andererseits könnte man den Graben zwischen USA und Verbündeten und China und Russland vertiefen. Die USA wiederum sind auf sovielen anderen Schauplätzen eingebunden, dass sie vielleicht nicht die Ressourcen haben, einer Provokation Pjöngjangs volle Aufmerksamkeit zu widmen. Interessant wäre eine solche Aktion besonders vor dem Hintergrund des Nachfolgeprozesses Kim Jong Uns als interne Konsolidierungsmaßnahme.

Dagegen spräche, dass Russland und China es vielleicht nicht wollen, dass sie noch mehr in die internationale Kritik geraten (aber vielleicht ist das jetzt auch egal). Außerdem könnte es sein, dass das aktuellen außenpolitischen Zielen entgegenliefe. Aber internes hat wohl momentan klare Präferenz und die USA und verbündete zeigen sich ja uch nicht gerade willig, auf Pjöngjang zuzugehen.

Ich bin sicher man bobachtet das alles sehr interessiert in Pjöngjang und bin gespannt, welche Schlüsse man zieht…

Habt ihr eine Meinung? Bietet die aktuelle Situation freiräume für nordkoreanische Aktionen und ist es im Interesse Pjöngjangs, etwas in diese Richtung zu unternehmen?

IAEA-Bericht zu Nordkoreas Nuklearprogramm: Gute Zusammenfassung aber nichts Neues


In den letzten Tagen konnte man ja hin und wieder in den Medien von einem vertraulichen Bericht der IAEA über Nordkoreas Nuklearprogramm lesen, nach dem Nordkorea Teile für das Programm auf dem internationalen Schwarzmarkt erworben hat. Stimmt, das steht da tatsächlich drin, aber es ist ja nicht so, dass das nicht allgemein bekannt wäre. Wie immer, wenn irgendwelche vertraulichen Berichte, die was mit Waffen zu tun haben auf dem Markt sind, muss man nur bei Arms Control Wonk vorbeischauen et voila, da ist das Ding (und wenn man sich auch für den Iran interessiert, kann man den IAEA-Bericht zum iranischen Atomprogramm gleich noch dazu lesen).

Da unsere Medien (obwohl bei Ansicht dieses Artikels klar wird, dass Iran momentan der „nukleare Eyecatcher“ ist (warum sonst sollten die Autoren den Artikel mit: „Laut IAEA hat Iran Teile für Atomprogramm vom Schwarzmarkt“ überschreiben, obwohl es nur um Nordkorea geht)), was den „Geheimbericht“ und Nordkoreas Kundschaft bei dem „geheimen Netzwerk“ angeht, ja recht geheimnisvoll getan haben, will ich euch die Absätze zu dem Thema nicht vorenthalten. Aber bitte nicht enttäuscht sein, die sind nämlich sehr unspektakulär. Am interessantesten dabei ist wohl noch der Untere, aus dem ja indirekt hervorgeht, dass das Khan-Netzwerk (oder doch vielleicht ein anderes „Geheimnetzwerk“? Wer weiß es schon…) wirklich wie so eine Art Tauschbörse für nukleares Know-How und Material funktioniert hat und das auch die IAEA vermutet, dass Nordkorea bereits vor 2001 verborgene Anlagen hatte und also in den Verhandlungen um das Programm eine ziemliche Farce veranstaltet hat.

35. Information available to the Agency indicates that some of the technology and information required for a uranium enrichment programme was acquired through the same clandestine supply network referred to below (paragraph 50), and that the DPRK has attempted to procure from a wide range of suppliers material and equipment suitable for use within an enrichment programme, such as vacuum components, electronic equipment and dual-use, computer numerically controlled machine tools.

50. In December 2003, the Socialist People’s Libyan Arab Jamahiriya informed the Agency that it had imported from the same clandestine supply network that had also assisted it with centrifuge enrichment technology and information on weapon design and development, two small cylinders containing UF6 in September 2000, and one large cylinder containing UF6 in February 2001. Libya stated that the original agreement with the clandestine network had been for the provision of 20 tonnes of UF6. The Agency’s sampling and analysis of the UF6 indicated that one small cylinder contained natural uranium and the other contained depleted uranium; the large cylinder contained natural uranium. The Agency has established the route of transport of the UF6 cylinders, all three of which were present in the DPRK prior to their transfer to Libya. Although the Agency cannot confirm the origin of the UF6 in the cylinders, it is very likely that the natural UF6 in the large cylinder originated in the DPRK, whereas the UF6 contained in the two small cylinders did not. This would indicate that the DPRK had undeclared conversion capabilities prior to 2001.

Insgesamt ist der Bericht ganz interessant zu lesen, wenn man sich für das nordkoreanische Nuklearprogramm interessiert, denn hier ist relativ wertungsfrei das zusammengefasst, was man wirklich über das Programm weiß (Gerüchte etc. mussten draußen bleiben), es ist also ne vernünftige Quelle. Wenn man sich bereits ein bisschen mit dem Thema befasst hat, dann gibt es nicht viel Neues zu finden, aber es ist ja nie schlecht, einen Überblick über die Historie und den aktuellen Status (soweit bekannt) des Atomprogramms zu haben. Viel Spaß beim Lesen…

Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani reist nach Nordkorea: Ein undurchsichtiger Besuch


Nach Berichten der „Stimme der Islamischen Republik Iran“, des staatlichen iranischen Auslandsradios, plant Ali Laridschani, der Sprecher des iranischen Parlament nächste Woche einen Besuch in Nordkorea. Laridschani ist in Europa vor allen Dingen bekannt, weil er von 2005 bis 2007 als Chefunterhändler Irans in Gesprächen um das Nuklearprogramm des Landes fungierte. 2007 trat er überraschend von diesem Posten zurück, was Beobachter internen Konflikten im Regime zuschreibt. Es wird vermutet, dass sich damit die Hardliner Ahmadinedschads durchgesetzt haben. Nach den Parlamentswahlen im Jahr 2008, bei denen Laridschani gegen die Partei Ahmadinedschads antrat, wurde er zum Parlamentspräsidenten gewählt. Im letzten Jahr kam es immer wieder zu offenen Unstimmigkeiten zwischen Laridschani, der als Mann des Revolutionsführers Khameni gilt, und Präsident Ahmadinedschad.

Naja und dieser Laridschani, der sich bestens mit dem iranischen Nuklearprogramm auskennt und in einem internen Machtkampf im Iran zu stecken scheint, macht sich nun auf den Weg nach Nordkorea um dort Verhandlungen zu führen, bevor er nach China weiterreist. Offizielles Ziel der Reise ist die „Ausweitung der Zusammenarbeit und den Ausbau der parlamentarischen Beziehungen“. Ob das alles ist, weiß ich nicht, aber ich finde sowohl die gewählten Länder — beides (aus unterschiedlichen Gründen) wichtige Freunde — als auch das Timing — in einer Phase interner Konflikte — sehr interessant. Es ist wohl kaum zu erwarten, dass er im Auftrag Ahmadinedschads nach Nordkorea und China fährt. Und wenn er auf eigene Kappe oder für Khameni dorthin reisen wird, kann es natürlich sein, dass er seinen Job als Parlamentssprecher sehr ernst nimmt. Es kann aber auch sein, dass der Mann, der über das eigene Nuklearprogramm bestens bescheidweiß, in den beiden Ländern, die für das Programm eine gewisse Rolle gespielt haben, in einer Zeit, in der das Programm in der Außenpolitik des Landes eine immer kritischere Rolle spielt, auch andere Themen eine Rolle spielen werden; Zum Beispiel das Programm. Aber im Endeffekt habe ich keine Ahnung was es mit dem Besuch auf sich hat (vielleicht ist es auch einfach nur ein Besuch). Vielleicht werden wir in zwei Wochen mehr wissen. Dabei könnte eine Beobachtung sowohl der nordkoreanischen als auch der iranischen Medien interessant und aufschlussreich sein.

Nordkoreanisches Schiff macht auf hoher See kehrt…Was da wohl hinter steckt?


Entweder der Schiffskapitän hatte seinen Reisepass oder sein Handy vergessen, oder es steckte doch etwas mehr dahinter. Gestern bestätigten das US State Department und das Pentagon jedenfalls, dass Ende Mai der nordkoreanische Frachter MV Light, vom amerikanischen Kriegsschiff USS McCampbell um Erlaubnis zum Inspizieren des Schiffs gebeten wurde. Der Kapitän der unter der Flagge von Belize fahrenden MV Light verweigerte dies und entschloss sich stattdessen, nach Nordkorea zurückzukehren (wie gesagt, vielleicht ist ihm in dem Moment auch eingefallen, dass er etwas Wichtiges zuhause hat liegen lassen). Der Vorfall soll im südchinesischen Meer stattgefunden haben und wie ihr euch wohl denken könnt, wird vermutet, dass sich auf dem Schiff Waffen befanden. Aufgrund der Faktenlage ist diese Vermutung wohl auch nicht besonders abwegig.

Der Fall erinnert sehr stark an die Ereignisse rund um die Kang Nam 1, die im Juni 2009 nach Nordkorea zurückkehrte, nachdem sie offensichtlich unter Beobachtung der US-Marine geraten war. Damals wie heute wurde auch Seitens der amerikanischen Behörden gemutmaßt, dass die Schiffe auf dem Weg nach Myanmar gewesen seien. Nach Lesart des US-Verteidigungsministeriums klingt das so:

It was believed the ship might have been heading to Myanmar

„Man nimmt an, dass das Schiff in Richtung Myanmar gefahren sein könnte.“ Das nenne ich mal eine vage Möglichkeit. Belege gibt es aber wohl nicht (jedenfalls keine für die Öffentlichkeit) und da beide Schiffe im südchinesischen Meer umkehrten und zum Erreichen recht vieler Ziele erst mal durch die Straße von Malakka hätten fahren müssen, kann es ebensogut sein, dass den Iran (aber hier scheint ja das meiste per Luftpost verschickt zu werden), ein Land in Afrika oder Sri Lanka das Ziel der Schiffe waren. Aber da Myanmar besonders böse ist und es hier auch nichts ausmacht, das Land mal fälschlicherweise zu beschuldigen, ist es wohl immer gern genommen als potentielle Destination nordkoreanischer Waffen.

Schon Anfang Mai gab es Berichte über ein anderes nordkoreanisches Waffenschiff, das aufgebracht worden sein soll (allerdings sind die mit Vorsicht zu genießen, da man nirgends eine wirkliche Bestätigung finden kann). Das Schiff soll mit fünfzehn Tonnen Waffen an Bord einem NATO Schiff, das am Horn von Afrika nach Piraten jagte, aufgefallen und aufgebracht worden sein. Die Waffen seien für Eritrea bestimmt gewesen. Wie gesagt, die Geschichte kann schon stimmen, aber mich wundert es ein bisschen, dass die NATO den Fang nicht öffentlich gemacht haben soll.

Was allerdings ziemlich fest steht ist, dass Nordkoreas Waffenschmuggel wie gehabt weitergeht. Über die Dunkelziffer lässt sich nichts sagen, aber man muss wohl davon ausgehen, dass mehr Schiffe durchkommen als abgefangen werden. Vielleicht gibt es in den nächsten Tagen ja noch ein paar mehr Infos zu dem Zwischenfall, aber ich glaube eher nicht.

Achse Achse Achse immer nur Achse! Warum manche das leidige Thema einfach nicht lassen können?!


Irgendwie klebt mir das Gerede von der Achse momentan wie eine Seuche an den Fingern. Aber wenn schon ein waschechter Außenminister sowas äußert, komme ich wohl kaum drumrum, ein paar Zeilen darüber zu schreiben. Ihr erinnert euch sicherlich noch an das mysteriöse nordkoreanische Flugzeug, das Ende letzten Jahres bei einem Zwischenstopp in Bangkok mit über 30 Tonnen Waffen an Bord von den thailändischen Behörden durchsucht und beschlagnahmt wurde. Weder über die genaue Art der Waffen, noch über das Zielland der Waffen gab es Aufklärung. Dazu hat sich nun der israelische Außenminister Avigdor Lieberman bei einem Besuch in Japan geäußert. Er habe den japanischen Ministerpräsidenten Yukio Hatoyama darauf aufmerksam gemacht, dass Nordkoreas Zusammenarbeit mit Syrien nicht vorrangig auf wirtschaftlicher Kooperation beruhe, sondern hauptsächlich auf der Produktion von und dem Handel mit Waffen beruhe. Syrien, Iran und Nordkorea seien eine „neue Achse des Bösen“ am errichten welche die größte Gefahr für die Sicherheit der Welt darstelle, da hier Massenvernichtungswaffen gebaut und verbreitet würde. Das Waffenflugzeug hätte nach Syrien fliegen, die transportierten Waffen von dort aus an die Hisbollah im Libanon und die Hamas im Gazastreifen weitergegeben werden sollten.

Während ich es nicht ausschließen will und kann, dass die Waffen in dem Flugzeug tatsächlich für die beiden Terrorgruppen an den Grenzen Israels gedacht waren, wundert es mich etwas, dass gerade Avigdor Lieberman es ist, der als erster mit dieser Wahrheit an die Öffentlichkeit geht. Kein thailändischer Offizieller und kein amerikanischer, sondern ein israelischer, der diese Aussage dann direkt auch noch hervorragend mit einer Aussage über eine neue Achse des Bösen verknüpfen kann, in der passenderweise auch noch der Iran und Syrien angesiedelt sind (ach übrigens: Erinnert euch das an etwas? Wenn ihr meine Artikel den ich oben verlinkt habe aufmerksam gelesen habt ist euch vielleicht aufgefallen, dass das fast dieselben Worte sind, mit der auch Christina Y. Lin die Beziehung zwischen den drei Staaten beschrieben hat, ob Liebermann den Artikel von Lin in der letzten Zeit wohl auch gelesen hat?). Während ich ein Bedrohungsgefühl auf der israelischen Seite recht gut nachvollziehen kann und es daher vielleicht schlüssig ist, dass Lieberman die Welt in recht einfache Kategorien („wir“ und „die“) einteilt, ist mir speziell jener Herr Lieberman recht suspekt. Der eher weit im rechten Lager des politischen Spektrums Israels angesiedelte Politiker machte unter anderem während des Gaza-Kriegs mit der (irgendwie zweideutigen) Bemerkung auf sich aufmerksam, man müsse mit der Hamas verfahren, wie die USA im Zweiten Weltkrieg mit Japan. Wie er das genau meinte ist sein Geheimnis, aber mit Ambiguität kennt man sich ja aus in Israel.

Naja, auf jeden Fall scheint auch Herr Lieberman der Zeit hinterherzutrauern, als man noch stramm auf einer Linie mit den USA gegen die bösen Achsenmächte stand und was liegt da näher, als die Achsenbedrohung wieder aufleben zu lassen. Und damit das Manöver nicht ganz so durchsichtig ist („Syrien und Iran sind die neue Achse des Bösen“) nimmt man eben noch den notorischen Unruhestifter Nordkorea dazu und schon hat man eine globale Bedrohung und vielleicht glaubt es ja einer. Versteht mich bitte nicht falsch. Dass sowohl Syrien als auch Iran mit Nordkorea zusammenarbeiten oder gearbeitet haben ist mir bekannt. Aber dieses ständige Gerede von der Achse ist einfach weit weg von der Realität und macht die Sache nicht besser. (Achja und generell wollte ich noch sagen,  dass ich kein Interesse daran habe, über israelische Politik zu diskutieren, jedenfalls nicht mehr als nötig. Ich bin mir bewusst darüber, dass die Ansichten da sehr weit auseinandergehen und dass man darüber toll streiten kann ohne jemals zu einem Ergebnis zu kommen. Aber dafür ist anderswo genug Raum und ich muss sagen, dass mich Diskussionen die kein Ergebnis haben sehr ermüden. Wo ich gerade am Anmerkungen machen bin: Über Kernfusion werde ich frühestens dann schreiben, wenn ein Industrieland damit Erfolg hatte. Bis dahin überlasse ich das Anderen.)

Von Achsen-Träumen und neuen Kalten Kriegen: „China, Iran and North Korea: A triangular strategic alliance“


Irgendwie komme ich in letzter Zeit nicht so recht weg von der Achse des Bösen. Das hat nun aber nichts damit zu tun, dass ich ständig darüber nachdenken würde, ob da nicht doch eine Achse ist, und was die Beweise für ihre Existenz wären. Nein, eigentlich halte ich das Gerede von der Achse eher für eine Fußnote der Geschichte und ich bezweifle, dass sich zwischen denen, die George W. Bush damals in der Achse angesiedelt hatte, jemals eine wirklich enge Allianz ergeben wird. Allerding scheint es Andere zu geben, die sich von den Achsen-Träumen noch nicht so recht lösen können und scheinbar auch den relativ einfachen Denkstrukturen des Kalten Krieges („die und wir“) nachtrauern. Dr. Christina Y. Lin scheint ein solcher Mensch zu sein. Eben stieß ich auf ein Paper von ihr, das den sprechenden Titel „China, Iran and North Korea: A triangular strategic alliance“ trägt. Zuerst dachte ich: „Alles klar, mal wieder ein versprengter Irrer extrem Konservativer, der einfach nicht wahrhaben will, dass sein Weltbild schief war die Politik, die daraus resultierte grandios gescheitert ist und dass man sich nen neuen Ansatz suchen muss und der daher mit aller Macht gegen die Realität anschreibt.“ Hab dann ein bisschen recherchiert und gesehen, dass das Paper bei einer durchaus seriösen Institution veröffentlicht wurde und dass ihr akademischer Hintergrund auch ganz solide daherkommt (Also nicht mit Dr. von irgend ner komischen Wald und Wiesen Uni in der sich Hillbillies vor dem Angriff der UN-Armee fürchten oder so (Das war das was ich mir ungefähr vorgestellt hab als ich mit dem Schrieb durch war)) und sie auch schonmal für das State Department der USA gearbeitet hat (Unter welcher Regierung steht zwar nicht da, aber ich hab da so meine Vermutungen (dürfte auf jeden Fall über ein Jahr her sein)). Außerdem hab ich noch weitere Papers von ihr gefunden deren Namen ebenfalls für sich sprechen: „The King from the East: DPRK-Syria-Iran Nuclear Nexus and Strategic Implications for Israel and the ROK“ (Hier kommt auch der wunderbare Begriff „nuclear axis of evil“ vor) und „For Such a Time as This. The Sino-Russian Axis and Security Challenges for Transatlantic Relations“ (zwar nicht „evil“ aber immerhin „axis“). Das Erste hab ich mir ganz durchgelesen, die anderen Beiden nur überflogen.

Zusammenfassend und vorneweg möchte ich sagen, dass ich ihre Ergebnisse für totalen Quatsch halte, die Lektüre aber trotzdem interessant fand. Warum, das werde ich euch jetzt schildern. Dabei halte ich mich nur an das Nordkorea-China-Iran-Werk, weil die Anderen Nordkorea nicht so ausgiebig behandeln und weil  ich nicht die Nerven und die Zeit hatte, sie ganz zu lesen.

Schon beim ersten Satz ihres Aufsatzes dachte ich: „Da kann doch was nich stimmen!“

While the international community is facing a nuclear stalemate with Iran and North Korea, China is increasingly emerging as a Great Wall in blocking the path towards sanctions and peaceful resolution of the Iranian nuclear crisis and denuclearizaton of the Korean Peninsula.

Entweder habe ich was nicht richtig mitgekriegt oder sie. Ich für meinen Teil erinnere mich daran, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in den letzten vier Jahren drei Resolutionen gegen Nordkorea erlassen hat, von denen zumindest die letzten beiden erhebliche Einschränkungen für das Regime in Pjöngjang mit sich brachten. Hm, wo China da “zunehmend“ Sanktionen blockiert hat ist mir schleierhaft. Auch bezüglich der Iranfrage allein auf China zu zeigen scheint mir eine etwas verkürzte Darstellung (aber vermutlich passte Russland in diesem Kontext nicht). Aber zurück zu dem Text. Lin versucht Zusammenhänge herzstellen, wo kaum welche zu finden sind. Sie schafft es zwar Verbindungen zwischen China und Nordkorea (was für eine Überraschung), China und Iran und Nordkorea und Iran herzustellen. Aber Verbindungen zwischen China, Nordkorea und Iran (was ich als Dreieck und strategisches Bündnis verstehen würde), kann sie nicht herstellen.

Der Aufsatz besteht also aus mehreren Einzelteile, zwischen denen eigentlich nur die Überschrift als Bindeglied fungiert. Aber die Einzelteile sind recht interessant. Da gibts einen Teil zu Chinas „neuer Seidenstraße“ und der „Perlenkettenstrategie“, die beide mit Pekings zunehmender wirtschaftlicher und politischer Macht, vor allen Dingen aber mit Chinas Bedarf nach Rohstoffen, zu tun haben. Beide Elemente der chinesischen Strategie sind zwar nicht unbedingt neu, aber recht angenehm aufbereitet. Allerdings haben sie nichts aber auch garnichts mit Nordkorea zu tun und berühren Iran nur periphär (weil Iran am Ende der neuen Seidenstraße stehen würde und einen Teil der Perlenkette von Häfen und Stützpunkten bilden könnte, die den Einfussbereich der chinesischen Seestreitkräfte langfristig bis ans Horn von Afrika ausdehnen könnte).

Der Teil über die strategische Allianz zwischen Iran und Nordkorea beruht so etwa zu einem Viertel auf Aussagen, die als gesichert gelten können, der Rest ist eine (durchaus interessante und fast vollständige) Sammlung wilder Gerüchte, inoffizieller Memos und Aussagen von Anonymen Leuten (das Übliche also). Nur wo es um die Kooperation bei der Produktion und Entwicklung ballistischer Raketen geht scheint einiges dran zu sein. Aber sie versucht auch noch eine nukleare Kooperation die in die Mitte der 1990er Jahre zurückreicht ins Spiel zu bringen (Ganz zu schweigen von der Miniaturisierung nuklearer Sprengköpfe, zu deren Zweck sich iranische und nordkoreanische Ingenieure ständig gegenseitig besuchen (Seit Anfang des Jahrausends)) und dem Tunnelbau, bei dem Nordkorea nicht nur dem Iran, sondern auch der Hisbollah im Libanon geholfen hat. Tja und da ist wieder so eine Dreiecksbeziehung, denn: China hat auch Tunnel! Wenn da mal keine Verbindung zwischen den dreien besteht (Ich frage mich nur, warum der Autorin nicht aufgefallen ist, dass die USA ihre Nuklearwaffen auch in unterirdischen Bunkern lagern? Ob Kims Leute die wohl auch gebaut haben?). Einen weiteren Beleg dafür, dass es ein strategisches Dreieck gibt sieht die Autorin darin, dass China nicht der von den USA geführten Proliferation Security Initiative (PSI) beigetreten ist, die u.a. die Durchsuchung verdächtiger Schiffe auf hoher See erlaubt. Naja, mal ganz abgesehen davon, dass das etwa hundert andere Staaten auch nicht getan haben sollte die Autorin recht genau wissen (und sie weiß es auch (schließlich hat sie bei der US-Regierung in der China-Abteilung gearbeitet), sagt es nur nicht, was ich nicht besonders redlich finde), dass die PSI gegen grundlegende Prinzipien des chinesischen Staates verstößt unter anderem einem besonderen Gewicht auf staatliche Souveränität. Naja, jedenfalls, so die These, fördere China dadurch, dass dessen Luftraum für nordkoreanische Flugzeuge offen sei, direkt die Proliferation von Massenvernichtungswaffen aus Nordkorea in den Iran.

Für die Beziehung zwischen China und Nordkorea fällt der Autorin nicht mehr ein, als dass Nordkorea als strategischer Puffer dienen könnte, sollte es zu einem Konflikt um Taiwan kommen. Hier könnte die nukleare Bewaffnung Nordkoreas die amerikanischen Truppen in Südkorea binden. Das mag eine Erwähnung, sein, aber ich glaube da hätte man noch einiges mehr schreiben können. Und vor allen Dingen: Was hat das denn mit Iran zu tun?

Spätestens in dem Moment, als sie für ihr Fazit noch die Collective Security Treaty Organization (CSTO) sowie die Shanghai Cooperation Orgnisation (SCO) zwei mäßig institutionalisierte Sicherheitsbündnisse, die bisher in der internationalen Politik nicht sonderlich stark in Erscheinung getreten sind und unter russischer und chinesischer Führung stehen, aus dem Hut zaubern musste, hätte der Autorin wohl auffallen sollen, dass das irgendwie alles nicht zusammenpasst. Aber darum geht es ihr glaube ich nicht. Sie will zeigen, dass sich eine neue Gegenmacht bildet. Dass Russland und China dabei sind autoritär regiere Schurkenstaaten um sich scharen (und gegenüber der Welt verteidigen) um, ja um was eigentlich? Das sagt sie nicht so direkt, aber implizit meint sie wohl sowas wie: Mehr Einfluss zu gewinnen. Auch folgender Satz deutet in diese Richtung:

Thus, it seems China has its own agenda towards Iran and the Middle East and is unwilling to take steps to hurt its strategic interests.

Die Autorin ist jedoch so darauf fixiert nachzuweisen, dass China eine Gefahr ist, dass ihr nicht mal auffällt, dass es für Staaten ziemlich normal ist, wenn sie keine Schritte unternehmen, die den eigenen strategischen Interessen Schaden zufügen oder mehr Einfluss zu gewinnen, so funktioniert internationale Politik nun mal. Dass es recht wahrscheinlich ist, dass Iran der CSTO beitritt, dass diese zusammen mit der SCO eine Art gegen-NATO bildet, dass daher langfristig ein regionaler Konflikt zwischen diesen beiden Organisationen und der NATO entstehen wird und das Iran einen nuklearen Schutzschirm über allerlei Terrororganisationen spannen will, muss ja eigentlich nicht mehr extra erwähnt werden, ist aber bei Frau Lin nachzulesen.

Warum ich euch jetzt solange damit gequält habe? Einerseits, weil ich euch zeigen wollte, dass es immernoch Leute gibt die an eine „Achse des Bösen“ und Schlimmeres, einen „Block des Bösen“ oder so glauben. Andererseits weil ich es immerwieder erstaunlich finde, was manche Doktores so vom Stapel lassen. Ich meine die Frau kann doch nicht ernsthaft glauben, dass das was sie da veröffentlicht hat, irgendwelchen Sinn macht, ganz zu schweigen von denen, die da den Namen ihrer Institution drübergeschrieben haben (na gut, ist ne israelische Uni. Da ist es schonmal sehr wichtig, dass der Iran sehr böse ist). Weiterhin zeigt der Artikel eindrucksvoll, dass viele Fußnoten nicht unbedingt ein Merkmal von Qualität sind (Besonders wenn sie kaum auf wissenschaftliche Arbeiten, sondern hauptsächlich auf Zeitungsartikel und Statements von Mr. X und co. verweisen). Warum Frau Lin so versessen auf eine angebliche Achsenbildung zwischen China und irgendwelchen Schurkenstaaten ist, kann man nur vermuten. Da sie aber taiwanesisch spricht, vermute ich mal, dass sie dort geboren und sozialisiert wurde. Und auf der Insel Chiang Kai-sheks soll es ja immernoch ein paar Leute geben, die so ziemlich alles Böse dieser Welt von den Rotchinesen (ist ein bisschen außer Mode gekommen das Wort, oder?) erwarten.

Also, solltet ihr euch nach der angenehmen Einfachheit der Gedankenwelt des Kalten Krieges sehnen, solltet ihr eine recht umfangreiche Gerüchtesammlung über nordkoreanisch-iranische Zusammenarbeit lesen wollen, oder wollt ihr euch einfach nochmal was abgefahrenes durchlesen, dann schaut euch doch einfach mal die oben verlinkten Aufsätze an. Viel Spaß dabei.

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