Neues Buch und Blog von Marcus Noland und Stephan Haggard


Marcus Noland und Stephan Haggard haben ein neues Buch veröffentlicht, das wie so oft hauptsächlich darauf beruht, Befragungen von nordkoreanischen Flüchtlingen auszuwerten. Da ich beide Autoren dafür schätze, dass sie versuchen Fragen zu Nordkorea wissenschaftlich sauber zu bearbeiten und ich die Methode der Flüchtlingsbefragung bei einigen Schwächen doch für einen guten Weg halte, nähere Einblicke zu gewinnen, möchte ich euch darauf aufmerksam machen.

Das Thema von „Witness to Transformation: Refugee Insights into North Korea“ könnt ihr euch wohl schon selbst vorstellen. Hauptsächlich fragt das Buch nach dem gesellschaftlichen Wandel innerhalb des Landes und versucht ein möglichst genaues Bild der Umstände dort zu zeichnen. Dazu wurden über 1.300 Flüchtlinge befragt, die sich von 2004 bis 2005 in China aufhielten und weiterhin wurden im Jahr 2008 Interviews mit 300 Flüchtlingen geführt die in Südkorea leben. Das Buch hat 256 Seiten und ist für 18,99 € bei Amazon zu haben (ich verstehe nicht ganz, weshalb dort als Veröffentlichungsdatum der April 2010 steht, aber wenn das so wäre, wäre das Veröffentlichungsevent des Peterson Institute for International Economics am 31.01.2011 wohl etwas spät gewesen). Wer sich vor einer eventuellen Kaufentscheidung einen Eindruck von dem Buch verschaffen möchte, der kann hier schonmal in das einleitende Kapitel, in das Kapitel zu den allgemeinen Umständen eines Flüchtlingslebens (mit ein paar Tabellen zu sozidemographischen Daten), ins Fazit und ins Kapitel zur Methodik rein lesen (die stehen dort zum Download).

An der Vorgehensweise, die sich auf die Befragung von  Flüchtlingen stützt, habe ich zwei Kritikpunkte. Zum einen fand die Befragung in China vor mittlerweile sechs Jahren statt. Das heißt die Informationen, die dort enthalten sind, sind nicht unbedingt neu, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass die Flüchtlinge dort, wie in Südkorea, ihre Heimat zu diesem Zeitpunkt schon seit längerem verlassen hatten. Vor allem stellt es die Autoren aber vor das Problem, dass die Gruppe der Flüchtlinge nicht unbedingt einen realistischen Querschnitt der nordkoreanischen Bevölkerung zeigt. Einerseits dürften hier erhebliche geographische Verzerrungen bestehen. Andererseits aber auch, was den sozioökonomischen Status der Flüchtlinge angeht. Man flieht nur, wenn man sehr stark unter dem Regime leidet. Das heißt viele der Befragten dürften eine eindeutige Position gegenüber dem Regime und den Umständen im Land haben. Daher ist es zumindest fraglich, ob das dadurch gezeichnete Bild nicht etwas verzerrt ist. Nichtsdestotrotz dürfte  dieses Buch einen neuen Blickwinkel auf die gesellschaftlichen und humanitären Bedingungen in Nordkorea und in der Gruppe der Flüchtlinge erlauben.

Und weil ich gerade schon bei Noland und Haggard bin, kann ich euch natürlich nicht verschweigen, dass die Beiden den sehr ehrbaren Schritt in die Welt des Bloggens gewagt haben. Seit Mitte Januar haben sie immerhin schon zehn kurze Beiträge ins Netz gestellt, unter anderem einen zur Entwicklung der Getreide- und Reispreise in Nordkorea und dem daraus deutlich hervorgehenden Scheitern der Währungsreform Ende 2009. Toll, dass sich immer mehr Wissenschaftler dazu durchringen ihre Informationen auf diese unmittelbare Weise mit der Öffentlichkeit zu teilen. Hoffen wir, dass es nicht nur ein Promo-Projekt für ihr Buch ist.

Aber natürlich werde ich dieses Experten Blog mit Freuden zur Seite: „Links zur Selbstrecherche“ hinzufügen.

Interessanter Bericht von Noland und Haggard zur Wahrnehmung von Politik durch die Bevölkerung Nordkoreas


Stephen Haggard und Marcus Noland haben vor ein paar Tagen einen Bericht zu politischem Verhalten in einer Situation der Unterdrückung veröffentlicht. Ihre Ergebnisse beziehen sie aus einer Befragung von 300 geflohenen Nordkoreanern die nun in Südkorea leben. Die Daten stammen aus dem Jahr 2008. Wie immer arbeiten die beiden in ihrer Studie wissenschaftlich sauber und haben die vorliegenden Daten mit Hilfe statistischer Methoden geprüft. Die Ergebnisse zeigen eine zunehmende Abwendung der Bevölkerung vom Regime, eine zunehmende Ökonomisierung der Gesellschaft und auch für das Regime kritische Entwicklungen innerhalb der Eliten. Natürlich muss man bei den Studien die sich auf Daten aus Befragungen von Flüchtlingen stützen immer relativierend hinzufügen, dass die Leute ja nicht ohne Grund ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben um aus dem Land wegzukommen, sondern dass sie dem Regime vermutlich so negativ gegenüberstehen, dass sie lieber tot sind als in Nordkorea zu leben (denn das ist die mögliche Konsequenz einer Flucht). Auch wenn die Autoren versucht habe, diesen Faktor in ihrer Analyse einzubeziehen, stimmt mich das immer etwas kritisch. Außerdem ist die Datenlage bei 300 Befragten natürlich recht mager. Nichtsdestotrotz ist der Bericht sicherlich lesenswert und gibt interessante Einblicke ins Innere des Landes. Ich muss gestehen, dass ich ihn bisher erst überflogen hab, deshalb kann ich nicht mehr dazu sagen, aber der knapp 30 Seitige Hauptteil ist übersichtlich und daher lest ihr ihn am besten selbst…