Mittlerweile ist es schon deutlich über einen Monat her, dass Nordkorea eine Rakete startete und damit einen mehr oder weniger funktionsfähigen Satelliten in der Erdumlaufbahn platzierte. Dieser Start, der gegen bestehende Sanktionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen verstieß, wurde weltweit kritisiert und auch China und Russland, die ja für gewöhnlich ihre schützende Hand über Pjöngjang halten, äußerten sich ungewohnt deutlich. Da sich im Vorfeld des Starts eine etwas „strengere“ Haltung Chinas gegenüber Nordkorea durchgesetzt zu haben schien, war ich unmittelbar nach dem Satellitenstart gespannt, ob China zu einer deutlichen Reaktion des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gegenüber Pjöngjang bereitfände. Die Haltung Chinas ist für die Reaktion des Sicherheitsrates als quasi-Sprachrohr und legislatives Organ der Staatengemeinschaft deshalb so entscheidend, weil China mit seinem Veto jegliche Reaktion verhindern kann (genauso wie die vier anderen permanenten Mitglieder des Sicherheitsrates Russland, die USA, Frankreich und Großbritannien).
Resolutionen und Presidential Statements
Eine deutliche Reaktion würde ich in einer Resolution des Sicherheitsrates sehen, die sich nach den Resolutionen 1695, 1718 und 1874 (mehr zu den Aktivitäten des Sicherheitsrates der UN und der UN insgesamt gegenüber Nordkorea findet ihr hier auf meiner Linkseite zu diesem Thema) erneut gegen Nordkoreas Nuklear- und Raketenprogramm richtete und weitere Sanktionen erließe (für gewöhnlich sind „Nachfolgeresolutionen“ des Sicherheitsrates immer schärfer formuliert als ihre Vorgänger). Eine schwache und nicht wirklich bemerkenswerte Reaktion hätte ich dagegen in einem sogenannten „Presidential Statement“ gesehen, dass keine Bindewirkung hat und eigentlich nur eine gemeinsame Aussage darstellt, auf die sich die Mitglieder des Sicherheitsrates einigen konnten). In der letzten Zeit, zum Beispiel nach dem Nordkorea zugeschriebenen Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffs Cheonan 2010 und dem gescheiterten Satellitenstart im April 2012 konnte sich der Sicherheitsrat jeweils nur auf Presidential Statements einigen, was wohl vor allem an der Haltung Chinas lag. Darüber hinaus kam man zwar auch überein, die bestehenden Sanktionen schärfer anzuwenden indem mehr Güter, Personen und Betriebe auf eine Sanktionsliste geschrieben wurden, jedoch spielt auch hier China eine bedeutende Rolle, denn wenn es die Sanktionen nicht wirklich umsetzt (und das tut es nicht), ist es fast egal, wieviele Güter und Personen auf irgendwelchen Listen stehen. Dann bleiben die Strafmaßnahmen gegen Pjöngjang zahnlos.
Eine Reaktion unmittelbar nach dem Satellitenstart blieb aus
Jedoch geschah zu meiner Verwunderung nach dem Satellitenstart Ende 2012 erstmal garnichts. Es gab weder eine Resolution, noch ein Presidential Statement. Nur eine Presseinformation informierte darüber, dass man weiterhin über einer angemessenen Reaktion auf den Satellitenstart beraten wolle. Nachdem das alles jetzt schon über einen Monat her ist, dachte ich, dass man sich nicht über eine angemessene Reaktion einigen konnte und das Thema daher unter den Tisch gefallen sei. Daher hat es mich gestern ganzschön überrascht, als ich gelesen habe, dass sich China und die USA auf einen Text für eine Resolution des Sicherheitsrates verständigt hätten. Eine neue Resolution ist sicherlich ein Rückschlag für Pjöngjang und ein Erfolg für die USA und Südkorea. Damit scheint sich meine Annahme zu bestätigen, dass China Nordkorea künftig nicht mehr so bedingungslos den Rücken stärken wird wie bisher.
Resolution ohne Zähne aber mit symbolischer Bedeutung
Schaut man jedoch in die Details, die von der Einigung berichtet werden, sieht man, dass der Erfolg für Seoul und Washington ein sehr begrenzter ist. Denn die neue Resolution soll dem Vernehmen nach keine neuen Maßnahmen gegen Pjöngjang enthalten, sondern nur die Haltung des Sicherheitsrates bekräftigen und das Sanktionskommitte ein weiteres Mal auffordern, die Liste der sanktionierten Güter, Personen und Unternehmen zu erweitern. Und damit sind wir wieder da, wo ich eben schonmal stand. Der Wert der bestehenden Sanktionen steigt und fällt mit der Haltung Chinas. Sollte eine solche Resolution kommen, dann ist ihr Wert vor allem im symbolischen Bereich zu sehen, denn zu einem Drehen an den Sanktionsstellschrauben kann ja auch ein Presidential Statement führen.
Nichtsdestotrotz sollte genau diese Symbolik in ihrem Wert nicht unterschätzt werden. Pjöngjang wird noch einmal vor Augen geführt, dass es ohne die Unterstützung Chinas international schnell in eine Ecke gestellt werden kann und dass sowas seine Handlungsoptionen empfindlich einschränken kann. Dieses Mal passiert das noch nicht, doch wenn China generelle Bereitschaft bekundet, Resolutionen gegen Nordkorea zu erlassen, dann sollte sich die Führung in Pjöngjang vor weiteren Raketen- und Nukleartests zweimal überlegen, was sie da tut. Und da gerade aus China neue Spekulationen über einen nordkoreanischen Nukleartest in naher Zukunft kamen, ist es garnicht so abwegig, dass Peking im Vorfeld eines solchen möglichen Tests noch schnell ein Stoppschild aufstellen wollte.
Außerdem interessant: Wie reagiert Pjöngjang
Neben dem Inhalt der Resolution wird vor allem die Reaktion Pjöngjangs interessant sein. In der Vergangenheit hat man sich dort ja eher selten „einsichtig“ gezeigt, sondern häufig gerade nach solchen Maßnahmen nochmal provokativ nachgelegt. Sicher ist jedenfalls, dass die Propaganda mal wieder Gift und Galle spucken wird und vielleicht ein paar Drohungen in die Welt bläst. Diese verbale Reaktion Nordkoreas gegenüber einer Resolution des UN-Sicherheitsrates, die sich in der Vergangenheit immer wieder in scharfer Kritik am Sicherheitsrat äußerte finde ich vor allem aus einem Grund interessant: Der Sicherheitsrat ist ja schließlich kein Machtinstrument der USA oder so (auch wenn einige nicht besonders weitdenkende Verschwörungstheoretiker manchmal so tun möchten). Da sitzen auch Russland und China mit einem Veto drin. Wenn es zu einer Resolution gegen Nordkorea kommt, dann heißt das, das China zumindest nicht eingeschritten ist. Wenn aus Pjöngjang scharfe Kritik kommt, dann richtet sich die nicht nur an die USA etc. sondern genauso an China. Man versucht das zwar immer auseinanderzuhalten, aber meines Erachtens geht das nicht.
Naja, aber das ist nur ein Nebenaspekt. Ich bin jedenfalls gespannt, was in den nächsten Tagen aus New York kommt.
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