Kim Jong Il und Hwang Jang-yop: Was persönliches? oder: Soap-Opera auf nordkoreanisch

Kürzlich sind ja bekanntlich Pläne Nordkoreas zur Ermordung des hochrangigen Dissidenten und ehemaligen Mentors Kim Jongs Ils, Hwang Jang-yop, schon in ihrer Entstehung gescheitert, als zwei Agenten mit Mordauftrag in Seoul festgenommen wurden. In meinem Beitrag dazu hatte ich mir ja bereits Gedanken über mögliche Motive für diese (nur begrenzt sinnvolle sinnlose) Aktion gemacht. Schaut man sich ein paar Aussagen beider Seiten im rund um den Vorfall genauer an, so kommt man aber wohl kaum umhin hinter der Sache persönliche Motive zu vermuten.

Während die nordkoreanische Seite Hwang schon vor zwei Wochen als „hässlichen Verräter“ der „nie sicher sein würde“ bezeichnete, gab Hwang nun seine Meinung zu Kim Jong Il zum Besten. Er bezeichnete den Diktator als „bösen Narren“, der es noch nicht einmal wert sei, verwünscht zu werden. Der Versuch seinen ehemaligen Lehrer zu ermorden beweise, dass Kim nicht einmal über den geringsten Funken menschlichen Gewissens verfüge. Kim sei weit davon entfernt ein normaler Mensch zu sein, da er Nordkoreas Bevölkerung zu Monstern, lebendem Inventar oder Sklaven gemacht und ihrer Menschlichkeit beraubt habe. Daher solle man Kim im Bewusstsein der eigenen geistigen Überlegenheit behandeln.

Na das nenne ich mal bitterböse Worte. Fast scheint es, dass Hwang tatsächlich überrascht war zu erkennen, dass Kim ihn tatsächlich ermorden lassen würde. Die meisten Aussagen Hwangs sind ja klar zu deuten als recht weit unter der Gürtellinie (wozu er natürlich jedes Recht hat, denn weiter unter der Gürtellinie als ein Mordanschlag geht wohl kaum). Als eine weniger klare (zumindest für uns Westler), dafür aber umso interessantere Sache sehe ich in diesem Zusammenhang den expliziten Verweis auf die Tatsache, dass er Kims Lehrer war. In der Gedankenwelt des Konfuzianismus, die ja unter anderem Hierarchien eine große Bedeutung zukommen lässt (und auf die übrigens auch Nordkoreas Juche Ideologie in bedeutenden Teilen für sich vereinnahmt hat), spielt auch die Beziehung eines Schülers zu seinem Lehrer eine gewisse Rolle. Und natürlich steht der Lehrer in der Hierarchie über dem Schüler. Der Versuch seinen eigenen Lehrer zu ermorden ist von diesem Standpunkt aus zutiefst unethisch (natürlich ist es eigentlich in jedem Wertesystem (außer an den vielen extremen Rändern) unethisch Leute zu ermorden) und verstößt gegen grundlegende Ideale des Konfuzianismus. Daher kann man die Bruchstücke des Statements Hwangs die ich kenne schon annähernd als geschlossene Argumentation sehen. Durch seinen Mordversuch an Hwang verliert Kim ein Stück seiner Menschlichkeit sowie seines Gesichts (was im Konfuzianismus ganzschön fatal ist) und kann – wenn er sowas plant – eigentlich nur ein Narr sein. Das hat der Hwang auf jeden Fall schön ins Licht gerückt. Tja und wie gesagt scheint es mir bei genauerer Betrachtung der Fakten, als hätten zutiefst menschliche Motive, wie man sie in jeder schlechten Soap (und den nicht minder schlechten Vorabendfilmen von ARD, SAT 1 und anderen Qualitätsmdien) finden kann, die Motive für diese Episode geliefert (Verrat, Rache, gekränkte Ehre, Pflichtbewusstsein etc. pp. nur die Liebe fehlt., aber die spielt in der Politik ja eigentlich seit Kleopatra keine große Rolle mehr). Das macht das Ganze zwar irgendwie unwichtiger, uninteressant ist es dafür noch lange nicht. Unter anderem zeigt es, dass es in der nordkoreanischen Politik noch wirkende Faktoren gibt, die über den des reinen Machterhalts hinausgehen.

4 Antworten

  1. Schöner Artikel, ich frage mich ob noch andere Agenten von Nordkorea im Süden operieren.
    Zum Thema Schiff – richtig rauskommen wird es nie, Nordkorea streitet es ab und Südkorea beschuldigt den Norden und am Ende passiert nicht viel.

    • Was in der Schiff-Geschichte passieren wird ist echt spannend, aber mal sehen.
      Dass in Südkorea so einige nordkoreanische Spione rumlaufen ist, glaub ich. höchstwahrscheinlich. Es fliegt ja immer mal einer auf. Und da die normalerweise dann Selbstmord begehen (oder es zumindest versuchen), sind sie wahrscheinlich ziemlich motiviert nicht aufzufliegen. Aber wenn überhaupt wird man das wohl ähnlich wie in der jüngsten deutschen Geschichte erst dann überblicken können, wenn es das jetzige Regime in Pjöngjang nicht mehr gibt.

  2. Wenn sich Nordkorea die Mühe macht Bürger, die nach China fliehen wieder einzufangen, dann gehören Mordkomplotts erst recht dazu. Besonders, wenn es sich um eine so hochrangige Persönlichkeit wie Hwang Jng-yop handelt.

    Unabhängig davon scheint es ja fast so, dass dem Regime in Pjöngjang ein wenig „langweilig“ ist und Freude daran hat, überall kleine Brandherde zu legen. Die letzten Wochen waren jedenfalls recht spannend und es kann gut sein, dass in der kommenden Zeit noch so einiges passiert. Das krasse ist ja irgendwie, Nordkorea kann mehr oder weniger schalten und walten wie es will, denn eins dürfte klar sein, eine militärische Strafaktion seitens Südkoreas / der USA ist höchst unwahrscheinlich.

    tollstoii

    • Naja, aber die Leute die nach China abhauen holen sie ja unmittelbar wieder zurück, da folgt die Strafe quasi auf den Fuß. Hwang sitzt aber schon seit über nem Jahrzehnt in Seoul und gibt seinen Senf zu allem was in Nordkorea passiert ab. Daher ist es für Straf ein bisschen spät und wenn man früher gewollt hätte, dann gäb es Hwang entweder nicht mehr, oder es hätte öfter mal Zwischenfälle wie diesen gegeben.
      Naja und was das Brandherde legen angeht wär ich mal vorsichtig. Die Aktionen am Kumgangsan passen ganz gut zur aktuellen Linie, die Killer sind ja schon seit letztem Jahr unterwegs gewesen, ist also nur n Zufall, dass sie jetzt gefangen wurden und das mit dem Schiff, da muss man wohl abwarten. Das glaub ich nämlich erst wenns offiziell verlautbart wird. Bleibt nur noch die Artillerieaktion vom Januar, also nicht so viele Brandherde.
      Aber stimmt schon: Wenn sie zum Beispiel das Schiff versenkt haben, was passiert dann? Nicht viel! Sie haben halt aufgrund von ein paar strategischen Faktoren relativ große Narrenfreiheit…

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