Kontrovers und interessant: Die Ausstellung „Blumen für Kim Il Sung“ ist diese Woche eröffnet worden

Nachtrag (25.05.2010): Ich habe eben bei Die Presse.com ne recht umfangreiche Bildstrecke gesehen, die einige der Exponate zeigt. Wer sich also einen visuellen Eindruck von dem Ganzen machen möchte, der kann hier klicken.

Ursprünglicher Beitrag (22.05.2010): Wer keine Lust auf das ständige Spekulieren um die Situation auf der Koreanischen Halbinsel hat, wer sich mehr sinnlichen Genüssen hingeben will, wer bei all dem weltlichen Trubel für einige Stunden entgehen will, wer sich aber trotzdem mit Nordkorea befassen will, der könnte sich ja ein bisschen mit den bildenden Künsten befassen. Dazu bietet das Museum für angewandte Kunst in Wien zurzeit eine bisher einzigartige Möglichkeit. Im Rahmen der (viel und heiß diskutierten, aber dazu gleich mehr) Ausstellung „Blumen für Kim Il Sung“ zeigt das MAK in Kooperation mit der Korean Art Gallery und der Paektusan Academy of Architecture seit vergangener Woche und bis zum fünften September einen in Europa bisher nicht gesehene Überblick über die zeitgenössische nordkoreanische Kunst und Architektur. Zu sehen gibt es „rund 100 Öl- und Tusche-Bilder, eine repräsentative Auswahl an Plakaten und ein Modell des Juche-Turms, des Wahrzeichens von Pyongyang, ergänzt durch Architekturzeichnungen und Fotos.“ Dabei werden auch erstmals sechzehn Porträts der beiden Kims zu sehen sein.

Während die Ausstellung in Deutschland nur im Zuge ihre Eröffnung einige Aufmerksamkeit bekam, schlugen Diskussionen rund um dieses Ereignis in Österreich schon seit Wochen hohe Wellen. Es wurde beklagt, dass man der nordkoreanischen Diktatur auf Kosten des österreichischen Steuerzahlers eine propagandistische Bühne böte. Die rechtsaußen Partei FPÖ bezeichnete die Ausstellung als „widerwärtige Angelegenheit“ und brachte die Möglichkeit ins Spiel, dass Bundespräsident Heinz Fischer diese eingefädelt haben können (Was gut ins Bild des „Nordkorea-Freundes“ Fischer passte, eine Episode des österreichischen Bundespräsidentenwahlkampfes, die ich vernachlässigt habe (zurecht wenn ich mir den Gehalt der Sache anschaue), weil ich mich in der österreichischen Politik nicht so gut auskenne). Das Österreichische Finanzministerium verweigerte die Staatshaftung für Schäden an den Exponaten, was sonst Usus ist (allerdings gelang es dem Museum anderweitig eine Versicherung abzuschließen).

Natürlich ist es klar, dass man sowohl über Politik als auch über Kunst trefflich streiten kann. Und über politische Kunst, was die nordkoreanische Zweifelsohne ist, kann man dann wohl umso besser Streiten (lässt man das leidige Thema „Ist das überhaupt Kunst?“ mal ganz außen vor). Dementsprechend haben sich die österreichischen Gemüter ganz schön erhitzt an der Ausstellung. Nichtsdestotrotz haben Museumsdirektor Peter Noever und Kuratorin Bettina Busse einen kühlen Kopf bewahrt und sich gegen alle Widerstände durchgesetzt. Die gab es scheinbar nicht nur in Österreich sondern auch in Nordkorea. Noever berichtet in einem Interview, dass es in der vierjährigen Vorlaufzeit ein permanentes Ringen um Inhalte Werk und Auftritt, vor allem aber um Vertrauen gegeben habe. Wirklich gewollt habe die Ausstellung in Nordkorea niemand. Da versteht man natürlich, dass er sich von ein bisschen Gegenwind im Inland nicht mehr abhalten ließ.

Die Ausstellung an sich wird von den Kommentatoren sehr durchwachsen bewertet. Die Kunst von der Politik zu trennen ist sicherlich im Falle Nordkoreas nicht möglich, denn natürlich steht sie unter dem Primat des Staates und der Juche-Ideologie. Allerdings verstellt dies natürlich auch manchem Kommentator den Blick auf die Werke. Denn auch wenn es sich um Auftragskunst von Staatsmalern handelt, so bringen bissige Seitenhiebe auf das Regime in Pjöngjang bei der Betrachtung des Werkes meiner Meinung nach wenig. Aber gleichzeitig spiegeln sich hierin die Schwierigkeiten die man vermutlich hat, wenn man sich der Ausstellung nähern will. Denn eine Betrachtung der Bilder ohne die politischen Hintergründe deren Produkt die Bilder ja sind, ist natürlich auch nicht möglich (obwohl das bei Kunst ja eigentlich immer der Fall ist, denn irgendwie entsteht Kunst ja immer aus der Zeit und den Umständen), nur sollten eben beide Facetten Betrachtet werden. Und hier hakt ein Kritikpunkt ein, der die Ausstellung inhaltlich betrifft. Es wird angebracht, dass der Betrachter ohne eine kritische Kommentierung der politischen Hintergründe alleingelassen werde. Noever verweist hier darauf, dass es sich ja schließlich um Künstler handle. Ein bisschen schwierig finde ich dann allerdings, dass die einzelnen Gemälde keinen Individuen zugeordnet ist (obwohl dies vermutlich hervorragend einen der Kerne von Juche widerspiegelt, den Organismus, der den Staat bildet und das Individuelle völlig in den Hintergrund treten lässt). Inhaltlich interessant finde ich den Hinweis, dass einige Exponate an die französischen Impressionisten erinnern sollen, was der Tatsache zugeschrieben wird, dass westliche Einflüsse im Rahmen der Besatzung durch Japan Eingang in die koreanische Kultur fanden (ob das wirklich der Grund ist, dass Jahrzehnte später dann Bilder impressionistisch aussehen, aber wer weiß es schon). Ansonsten hat Noever natürlich recht mit seinem Hinweis darauf, dass die Besucher keineswegs völlig alleingelassen werden, denn das MAK bietet auch ein Rahmenprogramm an, das über die kulturellen Hintergründe informiert. Anfang Juni gibt es einige Filmvorführungen und ein Seminar, dass sich (glaub ich) eher mit Architektur beschäftigt. Hervorzuheben ist allerdings das Symposium „Planting Seeds in the Audiences’s Minds: Art and Culture in the Democratic People’s Repubic of Korea“ das das MAK in Zusammenarbeit mit der Uni Wien veranstaltet. Hier geben sich einige bedeutende Kenner nordkoreanischer Kultur die Ehre und beleuchten viele interessante Aspekte von Kultur in Nordkorea. Leider findet man zu der Konferenz noch nicht vielmehr als die Teilnehmerliste und den Termin.

Wer sich überlegt sich die Ausstellung mal anzuschauen, oder sich einfach mal einen Eindruck bilden will, dem ist vielleicht auch schon mit den Radiobesprechungen und Interviews etwas geholfen, die ich rausgesucht habe:

DLF: Dem Lieben Führer dienen. Zeitgenössische Kunst aus Nordkorea in einer Ausstellung in Wien (Kurze Besprechung der Ausstellung)

DRadio Kultur: Bettina Busse über die Wiener Ausstellung „Blumen für Kim Il Sung“ (Kurze Besprechung mit Interview)

OE1: Blumen für Kim Il Sung. Umstrittene Ausstellung im MAK (Hintergrundbericht und Interview mit Rüdiger Frank)

WDR 5: „Blumen für Kim Il Sung“ Ausstellung nordkoreanischer Kunst in Wien (Besprechung der Ausstellung)

Alles interessant anzuhören und die Ausstellung wird grundsätzlich wohl auch für jeden Nordkoreainteressierten einen Besuch wert sein, weil sie einen seltenen Einblick in die Kultur des Landes bietet. Wenn ihr also über einen Kurzurlaub für den Sommer nachdenkt, warum nicht ins schöne Wien fahren und sich „Blumen für Kim Il Sung“ mal anschauen.

2 Antworten

  1. Einen Einblick in die Bilderwelt und die Ideologie Nordkoreas vermittelt auch der Katalog zur MAK-Ausstellung, der demnächst erscheint: http://bit.ly/98XO1U (Verlag für moderne Kunst)

    • Der Katalog ist bereits erschienen …

      ein Beitrag im Katalog ist aus der Feder von Frank Hoffmann …

      P.S.: zumindest in dem Medien sind die Bilder meist mit den Namen ihrer Maler versehen …

      und in einem Radio-Interview hörte ich Rüdiger Frank sagen, dass er seit 12 Monaten als Berater der Ausstellung tätig war/ist.

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