Update (27.03.2012): Neues zu Nordkoreas Satellitenstart: Kurze Zusammenfassung

Update (27.03.2012): Stephan Haggard hat eine weitere Fachkundige Meinung zum Thema Satellitenstart vs Raketentest eingeholt die sich deutlich mit dem beißt, was ich unten geschrieben habe. Danach sind die Unterschiede zwischen einer Trägerrakete für einen Satellitenstart und einer Interkontinentalrakete doch nicht so frappierend. Der größte Unterschied bestehe in der Verpackung der getragenen Last (eine Satelliten muss man nicht für einen Widereintritt in die Erdatmosphäre schützen), die Technik was Antrieb und Steuerung angeht ist dagegen identisch.

Ursprünglicher Beitrag (21.03.2012): Nachdem sich der Nebel ein bisschen gelichtet hat und Politiker wie Analysten Zeit hatten, die neueste Überraschung aus Nordkorea zu überdenken und zu diskutieren, möchte ich nochmal kurz auf das Thema des geplanten nordkoreanischen Satellitenabschusses eingehen und die wichtigsten Erkenntnisse und Maßnahmen zusammenfassen, die es in den letzten Tagen zu berichten gab.

Satellitenstart vs Raketentest

Als erstes zu einem Thema, mit dem ich mich nicht besonders gut auskenne: Das Verhältnis, in dem ein Satellitenstart zu einem Test einer Interkontinentalrakete steht. Meine Aussage, dass die Unterschiede hauptsächlich im Namen bestünden kann man so schonmal nicht stehenlassen. Erstens sind dabei technische Unterschiede zu nennen: Während eine Rakete für einen Satellitenstart nur den Weltraum erreiche muss, um den Satelliten auszusetzen, muss eine Interkontinentalrakete den Weltraum ebenfalls erreichen, vor allen Dingen jedoch danach wieder in einem Stück in die Erdatmosphäre eintreten. Wie ich lesen konnte ist dies recht kompliziert und bisher gab es noch keinen Fall, in dem ein Staat zuerst eine Weltraumrakete entwickelt hat und diese dann zu einer Interkontinentalrakete um/weiterentwickelt hat. Der umgekehrte Weg scheint hier das Mittel der Wahl zu sein. Jedoch möchte ich hierzu noch etwas anmerken: Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Nordkorea die Technik bisher noch nicht soweit beherrscht, dass es eine funktionierende dreistufige Rakete bauen konnte. Und auf dem Weg zu dieser Fähigkeit ist es doch erstmal egal, ob die Rakete wieder heil Richtung Erde zurückfliegen kann oder nicht. Darum kann man sich kümmern, wenn man den vorherigen Schritt beherrscht.

Zweitens sind natürlich auch rechtliche Unterschiede zu nennen. Das Recht den Weltraum zu erkunden und zu nutzen steht allen Staaten gleichermaßen zu und es ist zumindest zu hinterfragen, ob eine Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Staaten dieses Recht entziehen kann und darf. Wenn Nordkorea auf seinem Recht besteht, den Weltraum friedlich zu nutzen, dann ist dies zunächst mal eine geschickte Strategie (Hier eine wirklich gute Zusammenfassung zu dem gesamten Raketenkomplex von Stephan Haggard).

Keiner wie Genaues nicht

Natürlich wurde unter Kennern und Experten viel diskutiert, was Gründe und Hintergründe der Ankündigung Nordkoreas angeht. So richtig schlüssig ist man sich nicht geworden und die Meisten Kenner der Materie bieten zumindest zwei Erklärungsansätze für den Vorgang an. Diese Vorsicht sagt schon Einiges: Im Endeffekt versteht keiner so richtig was da abgelaufen ist.

Einhellige Reaktionen aus der Staatenwelt

Neben den Analysen der Wissenschaftler gab es natürlich auch die Reaktionen der Politiker. Und die vielen weitaus weniger gemischt aus. Sämtliche Kommentare aus der Staatenwelt besagten ungefähr das Gleiche: Die Unterschiede erschöpfen sich weitgehend darin, dass bei manchen Äußerungen der „Besorgnis“ das Wort „starke“ fehlte. Ansonsten äußerten Staaten von allen Seiten des Globus ebenjene Besorgnis (die Liste ist echt lang). Bemerkenswert dabei ist eigentlich nur, dass auch Russland und China dazu zählten. Aber klar: Der Unmut darüber, dass Nordkorea ein Andauern der Hängepartie auf der Koreanischen Halbinsel scheinbar einer Fortsetzung der Sechs-Parteien-Gespräche vorzieht wird nicht zuletzt in Peking beträchtlich gewesen sein, denn China als Gastgeber verweist ja immer auf diese Gespräche zur Entspannung der Situation auf der Halbinsel. Aber im multilateralen Bereich dürfte aus der Staatenwelt frühestens nach dem Raketenstart eine Reaktion kommen und je nachdem welche Position China und Russland dann einnehmen, wird das Recht aller Völker auf die friedliche Nutzung des Weltraums dann wieder eine Rolle spielen.

Bilateral: Die USA zeigen sich gereizt

Bilateral sieht das natürlich anders aus. Japan erklärte, dass es die Rakete bei Bedarf vom Himmel holen könnte (ich glaube das sagte man 2009 ungefähr genauso). Was das Gerede soll weiß ich nicht, denn dass das am Ende nicht passieren wird ist ziemlich sicher. Aber vor allem die USA zeigten sich sehr reizbar. Nachdem man gedroht hatte, dass das den ganzen Deal mit Nordkorea in Gefahr bringen könnte, erklärte man heute, dass man die Suche nach gefallenen US-Soldaten in Nordkorea beenden werde, bis Nordkorea sich wieder entsprechend der internationalen Verhaltensregeln benähme. Fällt euch was auf? Genau: Also wenn die USA damit jemanden bestrafen, dann maximal die Familien der gefallenen Soldaten. Besser kann man wohl kaum Hilflosigkeit demonstrieren, als durch eine solche „Strafe“.

Nordkorea ärgert weiter

Und damit sind wir auch schon beim spannendsten Akteur. Denn auch aus Nordkorea gab es etwas zu hören. Man verkündete, dass man die Inspektoren der IAEO einlade, die mit den USA vereinbarten Schritte zu unternehmen (denn schließlich stehe ein Satellitentest nicht im Konflikt mit dem Abkommen mit den USA, das weiter gelte (womit wir schon wieder bei rechtliche Auslegungen wären)). Hm, wenn ich mich recht erinnere habe ich genau das vor ein paar Tagen als eine mögliche Spielart Pjöngjangs genannt, Washington weiter zu reizen. Gleichzeitig verdichten sich Hinweise bzw. Gerüchte, nach denen Pjöngjang den Satellitentest schon länger geplant hatte (also auch vor der Verkündigung des Deals mit den USA). Einerseits wird berichtet, dass zentrale Figuren des Raketenprogramms, darunter Pak To-chun in den letzten Wochen mit Ehrungen bzw. Beförderungen versehen wurden, was darauf hindeutet, dass der Start schon damals länger geplant war. Vor allem wird jedoch von einer ungenannten diplomatischen Quelle in Washington berichtet, Pjöngjang habe bereits im Dezember, einen Tag vor Kim Jong Ils Tod erklärt, es wolle einen Satelliten starten (in dem selben Artikel wird übrigens gesagt, die IAEO bespräche mit den USA, ob man nach Nordkorea gehen solle. Da frage ich mich doch glatt: Was hat denn die IAEO die USA zu fragen bei der ganzen Geschichte. Soweit ich das verstehe garnicht!). Da es sozusagen der letzte Wille Kim Jong Ils gewesen sei, sei der Start für das Regime unumgänglich. Aber vielleicht erinnert ihr euch: Auch damals stand die Verkündigung des Deals zwischen den USA und Nordkorea kurz bevor. Wenn dieses letzte Gerücht stimmen sollte, dann wäre es absolut undenkbar, dass die USA nicht mit der Möglichkeit eines Satellitenstarts gerechnet hätten und dann wäre alle aktuelle Verwunderung und Empörung pure Heuchelei. Vor allem stellt sich aber die Frage (das habe ich ebenfalls aus dem Haggard Artikel): Wenn die USA um das Risiko wussten; Warum haben sie das nicht dezidiert in den Deal mit aufgenommen. Es ist klar, dass über diese Möglichkeit gesprochen wurde, aber  wenn man etwas nicht schriftlich hat, dann kann man es am Ende nicht beweisen.

Nordkorea hat sich selbst auf die Agenda des Gipfels zur Nuklearsicherheit in Seoul gesetzt

Noch eine kleine Sache fällt mir auf: Nordkorea hat sich heute sehr scharf gegen den Weltgipfel zur Nuklearsicherheit in einer knappen Woche in Seoul ausgesprochen (man könnte auch sagen es hat gedroht). Dabei dürfte den Strategen in Pjöngjang nur zu bewusst sein, dass man Nordkorea spätestens mit der Ankündigung des Satellitenstarts ganz oben auf die Agenda (zumindest die inoffizielle) des Gipfels gesetzt hat. Das sieht doch ganz stark danach aus, als wollte man nach innen hin das Belagerungsgefühl stärken.

Es wird sich vermutlich noch einiges tun in nächster Zeit. Aber ich bleibe dabei: Eines ist ziemlich sicher zu erwarten. Nordkorea wird im April eine Rakete starten. Alles andere muss sich vor- und nachher zeigen.

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