Nordkorea und Südostasien: Ein besonderes Verhältnis? (VII): Die Flüchtlingsfrage


Die Staaten Südostasiens scheinen in der strategischen Planung Pjöngjangs eine besondere Rolle zu spielen, die sich vor allem an einem besonderen Engagement Nordkoreas und einem verstärkten Interesse anderer Mächte zeigt.

Doch was könnten Gründe für eine Sonderstellung Südostasiens in den Überlegungen Pjöngjangs sein und trifft die Annahme einer Sonderstellung überhaupt zu? In dieser Serie werde ich mich regelmäßig diesen Fragen widmen und mich dem Thema auf der Suche  nach möglichen Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln nähern…

Klicke auf das Bild und finde die anderen Artikel der Serie...

Klicke auf das Bild und finde die anderen Artikel der Serie…

Wie ich gerade festgestellt habe, ist es schon über ein Jahr her, dass ich mit dieser Serie begonnen habe. Einerseits ist das natürlich ganzschön lange und vielleicht sind die Abstände zwischen den einzelnen Beiträgen auch etwas groß, andererseits zeigt es aber auch, dass es Sinnvoll ist, Artikel in diesem Format zusammenzubinden, denn irgendwie finde ich, dass sich das wohltuend von meiner sonstigen Praxis abhebt, in der die Artikel zwar oft irgendwie zusammenhängen, aber eben keinem roten Faden folgen. Und naja, in meiner Idealvorstellung kann man am Ende dieser Serie ihren Inhalt von vorne bis hinten durchlesen und nimmt das alles dann als ein Ganzes wahr, das optimalerweise auch noch sinnvoll strukturiert ist. Aber das sind nur ein paar Grundsatzüberlegungen am Rande.

Aktuelle Relevanz: Laos schickt nordkoreanische Flüchtlinge zurück

Dass ich gerade heute an der Serie weiterschreibe ist kein Zufall, sondern — neben meinem Wissen, dass es langsam mal wieder an der Zeit ist — der Tatsache geschuldet, dass aktuelle Ereignisse mein Thema eingeholt und auf die Agenda gesetzt haben, so dass es sich jetzt einfach anbietet, mal weiterzumachen. Ich hatte nämlich in meinem „mentalen Publikationsplan“ als nächstes Thema die Flüchtlingsfrage vorgemerkt, die erstmal nicht besonders relevant scheint, die aber ein bestimmendes Element nordkoreanischer Außenpolitik gegenüber den Staaten Südostasiens, vor allem den Festlandstaaten darstellt. Wie das kommt und wie sich das auswirkt, dazu später mehr. Erstmal kurz die aktuelle Geschichte und ihre Hintergründe.

Anfang Mai sind in Laos neun junge nordkoreanische Flüchtlinge festgenommen worden. Zuvor waren sie über China dorthin geflohen. Nach der Festnahme versuchte Südkorea erfolglos auf diplomatischem Wege dafür zu sorgen, dass die Neun Personen im Alter zwischen 15 und 23 Jahren nach Südkorea ausreisen dürften. Stattdessen hat die laotische Regierung die neun jedoch nach China zurückgeschickt. Von dort aus scheinen sie mittlerweile nach Nordkorea ausgeflogen worden zu sein. Dort droht Flüchtlingen, vor allem wenn der Verdacht besteht, dass sie mit Südkoreanern in Kontakt kamen, eine schwere Strafe. Diese Geschichte steht zum Glück nur in Teilen sinnbildlich für das Schicksal vieler nordkoreanischer Flüchtlinge. Denn während die Route für den Großteil der Flüchtlinge, die am Ende in Südkorea oder den USA ankommen „normal“ ist, gelingt den Meisten die Ausreise und es scheint recht selten, dass Personen gefangen genommen und nach Nordkorea deportiert werden.

Das Zugrunde liegende Problem: Warum die „Underground Railroad“ durch Südostasien führt

Um zu verstehen, warum die nordkoreanischen Flüchtlinge eine solch beschwerliche Reise auf sich nehmen müssen, um am Ende nach Südkorea zu gelangen, hilft ein Blick in die Karte:

Fluchtwege

Es gibt nur den Weg Richtung Norden, aber auch von dort aus, gelangen die Flüchtlinge nicht an ihr Ziel.

Der naheliegende direkte Weg Richtung Süden ist annähernd hermetisch abgeriegelt. Die Grenzkontrollen, die hohe Militärpräsenz im Grenzgebiet und andere Gefahren wie Minenfelder, machen eine Flucht über die Landgrenze nach Südkorea nahezu unmöglich. Auch der Seeweg ist weitgehend verschlossen. Auch wenn in der jüngeren Vergangenheit einzelne Bootsfluchten gelangen, so ist dieser Weg trotzdem von nordkoreanischer Seite stark überwacht und für die Flüchtenden, wegen der Risiken des Meeres und der Schwierigkeiten an ein Boot zu gelangen, häufig nicht ungefährlich. Relativ leicht ist dagegen eine Ausreise nach China möglich. Die Grenze ist porös, die Grenzbeamten häufig korrupt und ein kleiner Grenzverkehr zum Handel treiben nichts Ungewöhnliches. Während der Weg nach Russland wegen der geographischen Abgelegenheit des Grenzgebietes eher beschwerlich ist, ist der Übergang nach China im Grunde genommen sehr einfach.

Allerdings ist die Flucht, dort einmal angekommen bei weitem noch nicht beendet. Denn China erkennt nordkoreanische Flüchtlinge nicht als solche an, sondern schreibt ihnen den Status von Wirtschaftsmigranten zu (also der selbe Trick, mit dem auch die EU im Mittelmeerraum mit sehr zweifelhaften Methoden den Flüchtlingsstrom abwürgen will, was ebenfalls zu einer Art humanitärer Katastrophe führt, aber das ist ein unangenehmes Thema und deshalb spricht man lieber über die Flüchtlinge der Anderen.). Das sorgt dafür, dass sie völkerrechtlich einen anderen Status haben und keinen besonderen Schutz genießen. Kurz: Sie können abgeschoben werden, sind illegal und haben auch nicht die Möglichkeit oder das Recht, Ausreisepapiere zu bekommen. Mehr zu dieser rechtlichen Frage könnt ihr zum Beispiel im Bericht des Sonderberichterstatters des UN-Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen zur Situation der Menschenrechte in Nordkorea aus dem Jahr 2011 nachlesen. Hier habe ich mich auch schonmal kurz damit befasst und den Bericht verlinkt.

Dieser Sachverhalt führt auch dazu, dass es immer mal wieder zu Konflikten um die Deportation nordkoreanischer Flüchtlinge aus China kommt. Generell scheint China jedoch dieses Thema möglichst klein halten zu wollen. Das heißt man sieht bei den Aktivitäten der Flüchtlinge weg, unterstützt Nordkoreas Position aber so weit, dass man die Flucht nicht legalisiert. Das heißt jedoch für die Flüchtenden, dass sie aus China weiter in andere Länder flüchten müssen, die eine Ausreise nach Südkorea möglich machen. Und das ist der Punkt, an dem die Staaten Südostasiens ins Spiel kommen und sich wiederum ein Blick in die Karte lohnt:

Der Weg ist weit, doch das Ziel lohnend. Die Flüchtlinge legen unter der ständigen Gefahr entdeckt zu werden einen Weg von mehreren Tausend Kilometern auf sich.

Der Weg ist weit, doch das Ziel lohnend. Die Flüchtlinge legen unter der ständigen Gefahr entdeckt zu werden einen Weg von mehreren Tausend Kilometern auf sich.

Denn die gängigste Route der Flüchtlinge führt sie wohl geradewegs nach Südostasien. Ein Teil scheint zwar auch über die Mongolei auszureisen, aber in den Depeschen des US-Außenministeriums, die von Wikileaks im Jahr 2010 veröffentlicht wurden und die zu diesem Thema eine einzigartig gute Quellensammlung darstellen (weshalb ich mich von hier an hauptsächlich darauf stütze und die meisten Links zu den Cablegate-Depeschen führen), klingt durch, dass die mongolische Regierung zwar keine nordkoreanische Flüchtlinge zurückschickt, aber sie auch nicht als Flüchtlinge anerkennt, was wohl soviel heißt, dass die Sache der Führung in Ulan Bator unangenehm ist, dass man drüber nicht viel Geräusch will und dass die Flüchtlinge nicht wirklich willkommen sind und ihr Status unsicher bleibt.

Der Umgang der Staaten Südostasiens mit nordkoreanischen Flüchtlingen: Ein sensibles Thema

Jedoch sind die Flüchtlinge, wie die einleitende Geschichte verdeutlicht, selbst dann noch nicht gerettet, wenn sie in Südostasien eintreffen. Zwischen Thailand und Südkorea besteht ein relativ eingespieltes System, das die Ausreise der Flüchtlinge garantiert und ihnen Sicherheit bietet. Allerdings gibt es keine direkte Grenze zwischen China und Thailand. Das heißt, die Flüchtlinge müssen zuerst entweder durch Laos oder durch Myanmar. Beide dulden diesen Transitverkehr offenbar nur ähnlich widerwillig wie China. Die Beziehungen zwischen der laotischen Führung und den Herrschenden in Pjöngjang kann als sehr gut beschrieben werden, während die Kontakte zwischen Myanmar und Nordkorea sich auf Betreiben der USA in letzter Zeit abgekühlt haben dürften. Ein Teil dieser Beziehungen dürfte dabei sein, dass Pjöngjang von den Führungen in Rangun bzw. Naypidaw und Vientiane verlangt, rigide mit den Flüchtlingen umzugehen, während die USA und Südkorea versuchen sich für das Gegenteil einzusetzen.

Während Pjöngjang in Laos und Myanmar damit durchaus erfolgreich zu sein scheint, wurde Thailand offensichtlich zumindest bis 2007 von Seiten Nordkoreas nicht auf das Thema angesprochen und ist so dass Thailand die zentrale Anlaufstelle der „underground railroad“ der nordkoreanischen Flüchtlinge darstellt. Nichtsdestotrotz hat sich selbst Thailand in der Vergangenheit mitunter widerwillig gezeigt zu haben, was den Umgang mit Flüchtlingen betrifft, was allerdings auch mit den Lasten zusammenhängen könnte, die das Land zu tragen hat.

Neben der Ausreise über Thailand versucht auch ein Teil der Flüchtlinge über andere Staaten nach Südkorea zu kommen. Entweder Myanmar oder Laos, die ohnehin durchquert werden müssen, aber auch Kambodscha und Vietnam werden mitunter genutzt. In all diesen Staaten scheint die Ausreise jedoch wesentlich schwieriger zu sein. Häufig müssen die Flüchtlinge eine Botschaft oder ein Konsulat eines anderen Landes erreichen, um nach Südkorea oder in die USA zu gelangen.

Vietnam stellt einen interessanten Sonderfall dar, der auch gut belegt, wie sensibel das Thema in Pjöngjang gesehen wird. Bis zum Jahr 2004 war nämlich nicht Thailand, sondern Vietnam die Hauptanlaufstelle der nordkoreanischen Flüchtlinge. Von dort wurden sie offensichtlich diskret nach Südkorea geschickt. Das änderte sich allerdings, als über die südkoreanischen Medien bekannt wurde, dass 450 Flüchtlinge auf einen Schlag aus Vietnam nach Südkorea ausgereist waren. Vietnam war verärgert über die Indiskretion und es gab eine schwere Verstimmung zwischen Nordkorea und Vietnam, die dazu führte, dass Pjöngjang seinen Botschafter aus Hanoi zurückrief und die Beziehungen noch Jahre darunter litten. Nach diesem Vorfall änderte Vietnam die Praxis im Umgang mit den Flüchtlingen, agierte von nun an sehr restriktiv und verschärfte seine Grenzkontrollen, so dass es nur begrenzt als Anlaufstelle gesehen werden kann.

Die hier nicht genannten Staaten Südostasien, also Malaysia, Indonesien, die Philippinen und Brunei sind bezüglich dieses speziellen Themas nicht so interessant, da sie geographisch für die Flüchtlinge kaum erreichbar sind.

Warum ist die Flüchtlingsfrage der nordkoreanischen Regierung wichtig?

Kurz möchte ich noch die Frage anreißen, weshalb die nordkoreanische Führung sich überhaupt solche Mühe gibt, den Flüchtlingen den Weg in die Freiheit zu verbauen. Ganz kurz beantwortet kann man sagen, dass der Grund ein ganz ähnlicher ist, wie der, der den Bau des antiimperialistischen Schutzwalles der DDR motivierte, denn entgegen dem Namen war der Hauptzweck der Mauer, die Leute im Land zu halten und so ein Ausbluten der DDR zu verhindern. Die Führung in Pjöngjang dürfte Angst haben, dass es zu einer umfassenden Fluchtbewegung und damit einer Destabilisierung käme, wenn es „zu leicht“ wäre, das Land in Richtung Südkorea zu verlassen. Das zentrale Puzzelteil ist hier zwar China, aber auch die Staaten Südostasiens spielen eine gewisse Rolle und wie ja oben deutlich wurde, besteht für Fluchtwillige gleich eine mehrfache Barriere. Sie müssen erstens Nordkorea bis zur chinesischen Grenze durchqueren, dann zweitens die Grenze überqueren, drittens China bis nach Südostasien durchqueren, dann viertens über die Grenze nach Laos oder Myanmar um fünftens nach Durchquerung des jeweiligen Landes nach Thailand zu kommen. Die Hürden sind also hoch und wenn die nordkoreanische Führung einen der „Partner“ in diesem Spiel verliert, werden sie niedriger und so wird die Flucht leichter und die Motivation das auf sich zu nehmen höher.

Was unerwähnt blieb und doch wichtig ist

Nicht geschrieben habe ich in diesem Beitrag von den professionellen Schleppernetzwerken, die die Reise nicht nur aus reiner Nächstenliebe organisieren (auch wenn die mitunter an christliche Organisationen angedockt sind), sondern damit gutes Geld verdienen und die Flüchtlinge mitunter auch auf andere Arten ausbeuten. Das sind zwar ebenfalls sehr wichtige Themen, aber sie gehören nicht zu dem hier dargestellten Südostasien-Nordkorea-Komplex. Wenn ihr aber die verlinkten Depeschen aufmerksam lest, dann werden euch recht schnell Hinweise auf diese Geschäfte und Ausbeutung auffallen. Interessant finde ich auch hier nochmal den Bezug zur EU. Wenn wir von Schleppernetzwerken etc. hören, dann ist das ganz klar, das sind die Bösen. In Südostasien sind es die Guten. Warum? Weil ja schon Nordkorea den Job des Bösewichts hat und weil die Flüchtlinge am Ende nicht bei uns landen. Naja, aber das gehört auch nicht zum Thema.

Wichtiger Faktor in der Beziehung Nordkoreas zu den Staaten Festland-Südostasiens.

Ich weiß nicht genau, wie hoch die Bedeutung der Flüchtlingsfrage für die „Sonderbeziehungen“ zwischen den betreffenden Staaten und Nordkorea einzuschätzen sind, allerdings würde ich sie als relativ wichtig einordnen. Wenn man sieht, dass Nordkorea aufgrund dieser Frage bereit ist, seine guten Beziehungen zum ideologisch und historisch nahen Vietnam zu riskieren, dann heißt das schon was. Es erklärt sicherlich nicht die volle Bandbreite der besonderen Aufmerksamkeit, die die Region in der nordkoreanischen Außenpolitik genießt, aber sicherlich einen Teil davon.
Hm, so langsam neigt sich die Serie dem Ende zu. Wenn mir nicht noch was Spannendes einfällt, dann gibt es noch einen inhaltlichen Teil, der sich eher mit Nordkoreas schwieriger politischer Positionierung, Stichwort „Isolation“ auseinandersetzt und dann noch den zusammenfassenden und bewertenden Schluss. Aber bis dahin sind ja noch ein paar Monate hin.

Nordkorea und Südostasien: Ein besonderes Verhältnis? (II): Diplomatischer Austausch


Die Staaten Südostasiens scheinen in der strategischen Planung Pjöngjangs eine besondere Rolle zu spielen, die sich vor allem an einem besonderen Engagement Nordkoreas und einem verstärkten Interesse anderer Mächte zeigt.

Doch was könnten Gründe für eine Sonderstellung Südostasiens in den Überlegungen Pjöngjangs sein und trifft die Annahme einer Sonderstellung überhaupt zu? In dieser Serie werde ich mich regelmäßig diesen Fragen widmen und mich dem Thema auf der Suche  nach möglichen Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln nähern…

Klicke auf das Bild und finde die anderen Artikel der Serie…

Vor einiger Zeit habe ich mir ja vorgenommen mich etwas intensiver mit den Beziehungen Nordkoreas zu den Staaten Südostasiens auseinanderzusetzen, da ich das Gefühl habe, dass hier für Pjöngjang eine besondere Priorität liegt. Diese Ansicht scheint sich auch anderswo durchzusetzen. Um in der Sache ein bisschen voran zu kommen, möchte ich heute meine Serie fortsetzen und etwas näher auf die diplomatischen Kontakte eingehen, die nicht nur, wie letztes Mal gezeigt, von ihrer Quantität her beachtlich — wenn auch divers — sind, sondern auch qualitativ respektable Ausmaße erreichen.

Um das ein bisschen näher zu beleuchten werde ich mich auf die hochrangigen Kontakte zwischen Nordkorea und den Staaten Südostasiens von 2011 bis heute beziehen. Ich werde dabei nicht wirklich auf die Inhalte der Gespräche, die publik wurden, eingehen, denn sonst würde das zu viel, vor allem wenn man daran denkt, dass die Themen die veröffentlicht werden, eigentlich immer extrem unspektakulär und meistens auch substanzlos sind (und ein zwischen den Zeilen lesen ist dabei ohne weiterführende Infos kaum drin).

Eine selten Ehre: Laos Staatspräsident in Pjöngjang

Der Höhepunkt der diplomatischen Kontakte Nordkoreas war sicherlich der Besuch des laotischen Präsidenten Choummaly Sayasone im September des letzten Jahres. Die Visite erachte ich vor allem deshalb als interessant, weil solche Besuche in Pjöngjang nicht eben an der Regel sind. Vielmehr hat man in den letzten Jahren kaum mal einen Staatschef in Pjöngjang empfangen können und wenn man China rausrechnet, dann ist es ein halbes Jahrzehnt her, das ein Staatschef sich dorthin verirrt. Daher war es für die nordkoreanische Führung wohl ein beachtlicher Erfolg, den Präsidenten zu bewirten.

Aber Nordkorea zeigte sich nicht nur gastfreundlich gegenüber einer Vielzahl diplomatischer und militärischer Gäste aus der Region, wobei vor allem aus Vietnam, Laos und mit Abstrichen Kambodscha viele Besucher kamen und auf eine sehr fürsorgliche Gastfreundschaft vertrauen konnten (wie man hörte). Vielmehr bemühte man sich auch selbst aktiv und schickte immer wieder Reisegruppen los, die nicht nur aus bereichsspezifische Fachleuten bestanden, sondern öfter mal auch von den absoluten Spitzen des Regimes in Pjöngjang angeführt wurden.

März 2011: Pjöngjang zu Gast bei Freunden

Ende März 2011 besuchte eine Militärdelegation um Pak Jae-gyong Vietnam, Laos und Kambodscha. Zwar gehört Pak nicht zur absolut ersten Reihe des Regimes, aber zwei Gründe bringen mich dazu, ihn hier mit aufzuführen. Einerseits geht Kim Jong Un (und vor ihm sein Vater) kaum aus dem Haus, ohne Pak dabei zu haben, zumindest wenn es zum Militär geht. Vor allen Dingen wurde Pak aber in seinen Gastgeberländern so prominent empfangen, dass er kein kleines Licht sein kann. In Laos sprach er mit dem Vizepräsidenten und in Kambodscha nahmen sich mit Premier Hun Sen und König Norodom Sihamoni gleich beide Spitzen des Staates Zeit für den Gast aus Pjöngjang. Zumindest Hun Sen bekam dabei auch eine Einladung nach Pjöngjang, der er zum passenden Zeitpunkt nachkommen wollte.

Mai 2012: Die erste Reihe gibt sich die Ehre

So richtig hochrangig wurde es dann vor einigen Wochen. Mitte Mai waren gleichzeitig Kim Yong-nam, das protokollarische Staatsoberhaupt Nordkoreas und Ri Yong-ho, der Generalstabschef des Landes in der Region unterwegs. Ri Yong-ho besuchte Laos und wurde dort sowohl vom Präsidenten als auch vom Premier empfangen (und natürlich hatte er auch das Vergnügen mit Kollegen vom Militär. Kim Yong-nam widmete sich derweil Singapur und Indonesien. In Singapur wurde er dabei von Regierungschef Tony Tan Keng Yam empfangen. In Indonesien sprach er unter anderem mit dem Staatspräsidenten Susilo Bambang Yudhoyono und übermittelte ihm eine Einladung Kim Jong Uns nach Pjöngjang.

Nur eine Auswahl

Bei der Betrachtung dieser hochrangigen Kontakte fallen einige Dinge auf. Einerseits beziehen sie sich nur auf ein Teil der Staaten Südostasiens. Besonders die „natürlichen Verbündeten“ auf dem Festland, also Laos, Vietnam und Kambodscha, denen man aus ideologischen und historischen Gründen nahe steht, sind hier im Zentrum, aber auch Singapur und Indonesien werden aktiv umworben. Würde man noch eine Ebene tiefer gehen, würde sich diese Wahrnehmung fortsetzen. Vor allem die drei Festlandstaaten sind ein beliebtes Zeil für nordkoreanische Diplomaten, Militärs und Parteikader. Andere Staaten dagegen wie Thailand und die Philippinen scheinen hier weniger interessant zu sein.

ASEAN als Brücke nach Südostasien

Jedoch kommt Pjöngjang auch aufgrund eines anderen Sachverhaltes alljährlich mit den Vertretern der Staaten der Region  in Kontakt. Es nimmt nämlich regelmäßig am ASEAN Regional Forum (ARF) der Association of South East Asian Nations (ASEAN) teil. Das klingt erstmal garnicht so spektakulär, ist es aber irgendwie doch, denn das ist die einzige Gelegenheit, zu der Pjöngjang bereit ist, sich in einem multilateralen Rahmen über regionale Sicherheitsfragen auszutauschen. Diese Bereitschaft kann man durchaus als kleines Entgegenkommen gegenüber den Gastgebern werten, nicht zuletzt weil sich Pjöngjang zu diesem Anlass häufig schweren Vorwürfen ausgesetzt sieht. Das Forum bietet außerdem die Möglichkeit zu informellen Gesprächen am Rande des Treffens.

Auch die Tatsache, dass Nordkorea seit dem vergangenen Jahr durch Ri Jong Ryul, den Botschafter in Indonesien auch offiziell beim ASEAN-Sekretariat in Jakarta akkreditiert ist belegt, dass man an dieser Staatengruppe interessiert ist und einen dirketen Draht nicht nur zu den einzelnen Staaten, sondern auch ihrer Organisation knüpfen möchte. Natürlich könnte man Nordkoreas Interesse an der ASEAN auch damit begründen, dass es in Ostasien generell an institutionalisierten Strukturen mangelt und dass es dort aufgrund der sehr schwierigen diplomatischen Umgebung nur schwer vorstellbar ist, dass solche Strukturen unter Teilnahme Nordkoreas in näherer Zukunft zustande kommen. Nichtsdestotrotz sind auf den ersten Blick die Vorteile, die sich Pjöngjang von einer besseren Integration mit der ASEAN als Organisation versprechen kann, nur schwer ersichtlich. Daher wäre es auch denkbar, dass es sich um eine Geste des guten Willen Seitens Pjöngjangs handelt, die die ASEAN aufwertet und als möglichen Vermittler ins Spiel bringt, ohne Nordkorea wirkliche Verpflichtungen abzuverlangen.

Demnächst mehr

Soweit für heute von mir. In meinem nächsten Artikel werde ich einen kurzen Blick auf die Handelszahlen zwischen Nordkorea und den Staaten der Region werfen und darüber hinaus einzelne „Vorfälle“ in der internationalen Diplomatie etwas näher beleuchten, die darauf hindeuten, dass nicht nur seitens Nordkorea sondern auch von anderen Akteuren den Beziehungen des Landes mit den Staaten Südostasiens eine besondere Bedeutung beigemessen wird.

Nordkorea und Südostasien: Ein besonderes Verhältnis? (I): Nordkorea und Südostasien im Spiegel der KCNA Berichterstattung


Die Staaten Südostasiens scheinen in der strategischen Planung Pjöngjangs eine besondere Rolle zu spielen, die sich vor allem an einem besonderen Engagement Nordkoreas und einem verstärkten Interesse anderer Mächte zeigt.

Doch was könnten Gründe für eine Sonderstellung Südostasiens in den Überlegungen Pjöngjangs sein und trifft die Annahme einer Sonderstellung überhaupt zu? In dieser Serie werde ich mich regelmäßig diesen Fragen widmen und mich dem Thema auf der Suche  nach möglichen Antworten aus verschiedenen Blickwinkeln nähern…

Klicke auf das Bild und finde die anderen Artikel der Serie…

In den letzten Wochen gab es ja wieder mal regen diplomatischen Austausch zwischen Nordkorea und verschiedenen Staaten Südostasiens. Recht häufig hört man auch von verschiedenen Projekten, die nordkoreanische Unternehmungen in den Ländern dieser Region betreiben oder von Kooperationsabkommen, häufig im kulturellen bzw. gesellschaftlichen Bereich (wobei das im Fall Nordkoreas wohl in Anführungszeichen gesetzt werden muss, denn von einer Gesellschaft jenseits der politischen Sphäre kann man ja kaum sprechen). Außerdem bestehen zu den Staaten dieser Region auch verschieden ausgeprägte historische und ideologische Bindungen. Nicht zuletzt hatte ich in der Vergangenheit das Gefühl, dass den Staaten Südostasiens auch von Nordkoreas Medien (ich beziehe mich dabei vor allem auf die Nachrichtenagentur KCNA, weil ich mir die regelmäßig anschaue) eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Aus Wahrnehmungen werden Fragen…

Jedenfalls führten mich diese Wahrnehmungen dazu, mal darüber nachzudenken, ob es vielleicht so etwas wie eine Sonderstellung Südostasiens in der nordkoreanischen Außenpolitik gäbe. Das zu überprüfen ist allerdings nicht so einfach, denn außenpolitische Strategiedokumente oder ähnliches gibt es ja nicht. Daher habe ich mich erstmal umgeschaut, ob vielleicht jemand in letzter Zeit was zu diesem Thema geschrieben hat. Viel gab es da allerdings nicht. Allerdings fand ich dieses kleine Paper von Pavin Chachavalpongpun aus dem Jahr 2009, das er am Institute of Southeast Asian Studies (ISEAS) in Singapur geschrieben hat, recht interessant. Darin beschreibt er ein erwachtes Interesse Pjöngjangs an der Region etwa seit 2007 und belegt dieses vor allem mit Hilfe der Beispielen Laos und Myanmar. Die Gründe für dieses stärkere Interesse sieht er vor allem in ökonomischen und strategischen Interessen der nordkoreanischen Führung. Ansonsten habe ich allerdings nicht wirklich was gefunden, das das gesamte Bild „Nordkorea und Südostasien“ aufzuspannen versucht.

…und wenn man keine schnellen Antworten bekommt, muss man sie eben selbst suchen

Da ich das Thema allerdings erstens für relevant halte, weil Nordkoreas Führung die strategischen Optionen ihres außenpolitischen Handelns dadurch deutlich erweitern könnte, zweitens für interessant halte, weil es mal was anderes als das fast schon zu Tode analysierte (auch hier) „Nordkorea und sie Sechs-Parteien“ oder „Nordkorea und eine der Sechs-Parteien“ ist (und im besten Fall wenn aus europäischer Feder „Nordkorea und die EU“) ist und weil ich diese einseitige Fokussierung drittens auch nicht gerade hilfreich für die Analyse der nordkoreanischen Außenpolitik erachte (wenn man sich immer nur dieselben Fragen stellt und dieselben Aspekte betrachtet, ist es kein Wunder, wenn man als Ergebnis immer dieselben Verhaltensmuster bekommt. Wenn das alles Nordkoreas außenpolitisches Handeln erschöpfend beschreiben würde, wäre das auch kein Problem, tut es aber nicht und dadurch besteht immer die Gefahr, dass man was übersieht.), habe ich beschlossen, mich selbst ein bisschen eingehender damit zu befassen. Da das Thema aber ein bisschen zu groß ist, um es in einem Beitrag abzuhandeln, werde ich das splitten und immer wenn ich Zeit habe einen Einzelaspekt prüfen. Dabei werde ich erstmal prüfen, inwiefern die These einer Sonderstellung der Staaten Südostasiens in der nordkoreanischen Außenpolitik überhaupt haltbar ist. Sollte sich die Annahme erhärten, werde ich auf unterschiedliche Aspekte eingehen, die ursächlich dafür sein könnten.

Ein erster Schritt: Medienauswertung

Jetzt wo ich so sehe, was ich da gerade aufgeschrieben habe, merke ich schon: Das wird einiges werden. Aber ich finde die Fragestellung echt spannend und bin daher auch wohlgestimmt, dass ich das in den nächsten Wochen abschließen werde und dass die ganze Geschichte nicht so schmählich endet, wie mein Vorhaben, die Beziehungen zwischen China und Pjöngjang auszuleuchten. Naja, um nicht nur rumzusülzen, sondern auch was Substantielles zu liefern, fange ich heute gleich mal an. Für den Start der Reihe habe ich mir mal die die publizistische Linie von KCNA gegenüber den Staaten etwas näher angeschaut und versucht, ein paar Infos daraus zu gewinnen. Das ist natürlich extrem angreifbar, aber ich habe kein Jahr Zeit und das was sich so ergeben hat, fand ich durchaus schon interessant.

Wer und wie oft?

Mein erster Schritt war dabei, mir die reine Quantität der Meldungen zu den einzelnen Staaten mal anzuschauen. Dazu habe ich den Namen des jeweiligen Staates in die Suche-Funktion von KCNA eingegeben und abgezählt, wieviele Artikel es zu dem jeweiligen Land gab. Da ich später noch ein bisschen ins Detail gegangen bin, konnte ich auch noch die Fälle ausschließen, die fälschlich dazwischengeraten sind (z.B. weil über die Untaten der USA im Vietnamkrieg berichtet wurde, nicht über das heutige Vietnam). Einschränkend ist hierbei zu sagen, dass die Seite maximal 300 Artikel anzeigt. Die Schwelle wurde in zwei Fällen gerissen, so dass dort noch einiges mehr zu erwarten wäre. Trotzdem hat die Auswertung schon einige Aussagekraft:

Nennungen der Staaten Südostasiens durch die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA 18.05.2012

Nennungen der Staaten Südostasiens durch die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA (18.05.2012, eigene Darstellung)

Brunei: Du bist raus!

Eine Sache wird hier sofort augenfällig: Wenn es eine Sonderstellung Südostasiens geben sollte, dann kann man Brunei vermutlich nicht dazuzuählen. Entweder dort passiert einfach nie etwas oder man ist schlicht vollkommen desinteressiert an diesem Land. Mag sein, dass Brunei nicht das mächtigste und größte Land ist, aber wenn man Lust gehabt hätte, hätte man sicherlich mal diese oder jene Initiative oder Aussage von dort in eine Meldung packen können. Hat man aber nicht. Das legt den Schluss nahe, dass das kleine Sultanat für Pjöngjang nur von geringem Interesse ist.

Spiegel globaler politischer Konstellationen?

Ansonsten wird deutlich, dass manche Staaten weit mehr Aufmerksamkeit erhalten als andere. Interessanterweise stehen die Philippinen, Thailand und Singapur geopolitisch näher bei den USA als die restlichen Staaten der Region. Und genau die finden eindeutig weniger Beachtung, als die restlichen Staaten Südostasien. Man kann natürlich jetzt einwenden, dass das genau deshalb vielleicht keine riesige Überraschung ist und dem würde ich auch teilweise zustimmen. Gleichzeitig muss man dann aber auch zugeben, dass man mit dem Vorgehen, dass ich hier gewählt habe, irgendetwas belegen kann und das ist doch auch schonmal was…

Indonesien und Vietnam erstaunlich viel, Myanmar erstaunlich wenig

Interessant auch, dass Myanmar relativ selten erwähnt wird, obwohl doch beiden Staaten immer gerne so glänzende Beziehungen nachgesagt wurden. Aber das kann eventuell damit erklärt werden, dass viele Aspekte dieser Beziehungen von beiden Seiten lieber nicht öffentlich gemacht wurden. Da lief wohl viel im Geheimen ab und vielleicht wollte man die Welt nicht darauf aufmerksam machen, indem man allzugroßes Interesse an Myanmar zeigte. Laos, Kambodscha und auch Vietnam stehen Pjöngjang entweder nur aus historischer Sicht (Kambodscha) oder auch noch ideologisch nahe und daher ist ein gesteigertes Interesse nicht wirklich überraschend. Es fällt auf, dass Vietnam wesentlich häufiger Erwähnung findet, als Laos, obwohl die diplomatischen Beziehungen mit Laos noch einen Tick besser sein dürften. Jedoch könnte man hier argumentieren, dass in Vietnam tatsächlich etwas mehr passiert als in Laos und dass das Land auch aus wirtschaftlicher Sicht (als mögliches Reformvorbild) interessanter sein könnte. Wie gesagt wurde Vietnam in mehr als dreihundert Artikeln genannt, aber das jetzt im Einzelnen abzuzählen wäre doch zuviel des Guten. Der letzte Artikel in der Liste datiert im März 2011. Das heißt es kämen nochmal etwa 3 Monate Berichterstattung dazu, aber das kann man nicht wirklich hochrechnen, weil KCNA damals noch wesentlich weniger Veröffentlicht hat als heute. Deutlich am Meisten Artikel gibts aber mit dem Schlagwort „Indonesia“. Dort ist der letzte Artikel von Ende Juni 2011, was heißt, dass nochml ein halbes Jahr an Berichterstattung dazukäme. Sieht so aus, als würde man tatsächlich diesem Land eine besondere Bedeutung zuschreiben, bzw. besondere Kontakte unterhalten, die nach der reinen Quantität der KCNA Berichterstattung tatsächlich noch besser sind, als diejenigen mit den sozialistischen Bruderstaaten Laos und Vietnam.

Vergleich mit anderen Spielern und Bedarf einer inhaltlicher Auswertung

Aber natürlich ist diese Zählerei erstmal ein Agieren im luftleeren Raum. Was zählt ist der Vergleich. Rein quantitativ mithalten oder diese Zahlen überflügeln können natürlich auf der einen Seite Russland und China als wichtigste „Freunde“ auf der anderen Seite auch Südkorea, Japan und die USA als die Hauptfeinde. Außerdem ist noch Kuba zu nennen, das in noch mehr Artikeln Erwähnung findet als Indonesien, was mit der ideologischen Nähe und dem geteilten Feindbild-USA zu erklären ist (das z.B. in Vietnam und Laos nicht mehr so scharf existiert). Südafrika und Nigeria werden auch noch recht häufig erwähnt und können mit dem Mittelfeld dier mithalten und einige europäische Staaten liegen Mengenmäßig ähnlich. Allerdings ist hier die Qualität der Artikel eine ganz Andere. Neben gelegentlichen lobenden Erwähnungen Guido Westerwelles (wenn es um nukleare Abrüstung geht) und Grüßen der fränkischen Juche-Studiengruppe (die leider im Netz keinerlei Spuren hinterlässt. Ich wüsste nämlich echt mal gern…) geht es da Meist um Armut, Arbeitslosigkeit, Verbrechen, Demos und Streiks etc.. Naja und das ist ein entscheidender Unterschied, wie ich gleich zeigen werde.

Inhaltliche Auswertung: Wer und was? Erklärung und Probleme

Nachdem ich all das gesehen hatte und es so aussah, als sei der Ansatz der Analyse der Meldungen von KCNA nicht ganz sinnfrei, war ich motiviert mir noch ein bisschen mehr Arbeit zu machen. Dabei ist vorab zu sagen, dass kritische Artikel eigentlich garnicht vorkommen, mit kleineren Ausnahmen, über die ich später noch was sage. Das Kritischste was ansonsten zu finden ist, sind Berichte über Naturkatstrophen und für die kann ja schließlich niemand etwas. Jedenfalls habe ich versucht, die Meldungen grob in inhaltliche Kategorien einzuteilen.

Mit manchen Themen ging das ganz gut, mit anderen weniger. Gut ging es bei Meldungen, die sich auf Kooperationen anderer Staaten untereinander bezogen, bei Artikeln über Katastrophen und Krankheiten (habe ich ja auch schonmal was zu geschrieben) und bei dem, was ich „Best-Practice“ genannt habe. Das sind entweder Artikel, die entweder über (positive) wirtschaftliche Entwicklungen, innenpolitische Maßnahmen des jeweiligen Landes oder außenpolitische Aussagen ohne direkten Bezug zu Nordkorea, berichten. Bei diesen Meldungen kann man davon ausgehen, dass die Maßnahmen und Entwicklungen von Nordkorea entweder unterstütz werden bzw. als Vorbild gesehen werden, oder zumindest als unverfänglich empfunden werden (das wäre natürlich auch nicht uninteressant, mal zu schauen, über was man überhaupt so allgemein berichtet). Schwierig auseinanderzuhalten waren dagegen die Kategorien „Beziehungen“ (was sich eher auf die unmittelbar poltische Ebene beziehen soll) und „Andere Würdigungen“ (was Erwähnungen in Zeitungen, Aussagen und Präsente von Unterstützern etc. beinhaltet. Das war schwierig da trennscharf zu sein. Einige Dinge habe ich auch ausgeklammert. Einerseits alles, was mit dem Tod Kim Jong Ils zusammenhängt (das hätte wahrscheinlich etwas verzerrt und hat mir ein bisschen Arbeit gespart) und andererseits die detaillierten Berichte, wenn eine Delegation in oder aus Pjöngjang zu Gast war (also die „XXX Guests visit XXX“- oder Banquet for guests from XXX given“-Artikel). Eine Auflistung über berichtete diplomatische Kontakte gibt es später. Erstmal die Einzelauswertungen:

Indonesia KCNA

Inhaltliche Verteilung von KCNA-Artikeln mit Bezug zu Indonesien. (Eigene Darstellung)

KCNA Cambodia contents

Inhaltliche Verteilung von KCNA-Artikeln mit Bezug zu Kambodscha. (Eigene Darstellung)

Lao KCNA contents

Inhaltliche Verteilung von KCNA-Artikeln mit Bezug zu Laos. (Eigene Darstellung)

Malaysia KCNA contents

Inhaltliche Verteilung von KCNA-Artikeln mit Bezug zu Malaysia. (Eigene Darstellung)

Myanmar KCNA contents

Inhaltliche Verteilung von KCNA-Artikeln mit Bezug zu Myanmar. (Eigene Darstellung)

Philippines KCNA contents

Inhaltliche Verteilung von KCNA-Artikeln mit Bezug zu den Philippinen. (Eigene Darstellung)

Singapore KCNA contents

Inhaltliche Verteilung von KCNA-Artikeln mit Bezug zu Singapur. (Eigene Darstellung)

Thailand KCNA contents

Inhaltliche Verteilung von KCNA-Artikeln mit Bezug zu Thailand. (Eigene Darstellung)

Vietnam KCNA contents

Inhaltliche Verteilung von KCNA-Artikeln mit Bezug zu Vietnam. (Eigene Darstellung)

Die Einfärbungen habe ich vorgenommen, um eine grobe „politische Zuordnung“ treffen zu können. Rot sind die Genossen, gelb diejenigen, die eher ins US-Lager passen und Grün die, die nicht unbedingt natürliche Verbündete sind, sich aber auch nicht durch besonders gute Beziehungen zu den USA auszeichnen.

Meldungen über Beziehungen im weiteren Sinne als Gradmesser

Generell sind zwischen den Diagrammen einige Parallelen feststellbar. Der Teil der Meldungen, der sich auf die Beziehungen Nordkoreas zum jeweiligen Staat im weiteren Sinne bezieht, läuft meistens so grob um die 50 Prozent Marke. Allerdings liegen Laos, Kambodscha, Myanmar und Malaysia bei über 60 Prozent. Die Philippinen und Singapur reißen dagegen mit unter 40 Prozent — im Fall Philippinen sogar deutlich — nach Unten aus. Dafür wird mit Bezug auf Thailand und den Philippinen wesentlich mehr über Katastrophen berichtet (bei den Philippinen über 40 Prozent). Natürlich hatten beide Staaten in den letzten anderthalb Jahren vor allem Wettertechnisch einiges auszuhalten und natürlich werden die Philippinen auch öfter mal von Erdbeben getroffen, aber ob das beispielsweise in Indonesien groß anders ist, ist zu bezweifeln.

Weitere Abstufung: Philippinen und Singapur

Es wird deutlich, dass es neben Brunei, dass ich hier raugekickt habe, weil das Auswerten der paar Meldungen wenig sinnvoll gewesen wäre, weitere Staaten gibt, die weniger interessant scheinen, bzw. zu denen weniger gute Beziehungen bestehen. Eindeutig ist das bei den Philippinen, aber auch Singapur könnte man dazu zählen. Das sind auch die einzigen Länder, bei denen sich in den Meldungen hin und wieder so etwas wie ein kritischer Unterton (nämlich mit Bezug auf Truppenstationierungen der USA und Occupy-Demos gegen Kapitalismus, eingeschlichen hat). Bei Thailand sieht das dann schon etwas anders aus. Immerhin die Hälfte der Meldungen (die dazu ja noch etwas mehr waren wie im Fall Philippinen und Singapur) betrifft im weiteren Sinne die Beziehungen beider Staaten.

„Best-Practice“? Nicht von den Genossen…

Was vielleicht noch bemerkenswert ist, ist die Tatsache, dass gerade die Staaten, die ideologisch und was das politische System angeht noch relativ nah bei Nordkorea liegen (die Roten, also rot eingefärbten) im Verhältnis weniger Anlass zur Nennung als „Best-Practice“ liefern. Hier sieht man die Vorbilder erstaunlicherweise eher bei Indonesien, Malaysia, vielleicht auch Myanmar oder Singapur. Kann natürlich sein, dass man das besser nicht als „Best-Practice“ interpretieren sollte, aber andererseits sollte man doch denken, dass man, wenn man was unverfängliches berichten will, am ehesten in Laos, vielleicht auch Vietnam fündig würde…

Harte Fakten: Wer trifft wen wo?

Abschließend noch einige etwas härtere Fakten, nämlich der diplomatische Austausch, von dem KCNA im Untersuchungszeitraum berichtet hat. Hier habe ich allerdings auch offizielle Medienabordnungen undFrauenverbände dazugenommen und nur die Freundschafts- und Juche-Studiengruppen aussortiert.

North Korea - Southeast Asia - Diplomatic Contacts as reported by KCNA

Diplomatische Kontakte zwischen Nordkorea und den Staaten Südostasiens wie von KCNA berichtet von 2011 bis heute. (Eigene Darstellung)

„Natürliche Verbündete“ klar vorne

Hier stechen die natürlichen Verbündeten Laos und Vietnam deutlich hervor. Das ist zum Teil vielleicht auch mit historisch gewachsenen Beziehungen und Partei zu Partei Kontakten zu erklären, gleichzeitig ist es aber auch eine klare Aussage. Auch mit Indonesien und Malaysia gibt es relativ rege beidseitige Kontakte, während der Rest deutlich zurückfällt. Im Fall Myanmar kann man das eventuell mit einer gewissen Geheimnistuerei erklären und bei Thailand könnte man sagen, dass die Spitzenpolitiker des Landes vor allem mit sich selbst und den Innenpolitischen Scherereien beschäftigt waren. Es bleibt abzuwarten, ob das auch unter der relativ stabil scheinenden Regierung der aktuellen Premierministerin so bleiben wird. Auch die Standorte und nicht-Standorte von Botschaften stützen die bisherigen Erkenntnisse. Zu einigen Ländern bestehen bessere Beziehungen als zu anderen und bei manchen könnte man darüber nachdenken, ob da eine Art einseitiges Werben vorliegt, dass möglicherweise von den USA abgeschirmt wird.

Ebene der Treffen bleibt hier außen vor

Allerdings bleiben hier zwei Dinge festzuhalten. Einerseits bringt die Auflistung nicht ausreichend die Qualität der Kontakte zum Vorschein: So gab es mit Laos, Indonesien und Singapur in jüngster Zeit Kontakte auf allerhöchster Staatsebene, als Besucher aus Pjöngjang von den Staats- und Regierungschefs in diesen Ländern empfangen wurden, bezüglich anderer Ländern ist das schon länger her. Es würde sicherlich Sinn machen, sich das näher anzuschauen, aber heute nicht mehr.

Kein endgültiger Beweis für Sonderstellung, aber Hinweise.

Insgesamt kann die mediale Würdigung der Staaten Südostasiens durch KCNA nicht als endgültiger Beweis dafür genommen werden, dass zu diesen Staaten ein besonderes Verhältnis besteht, allerdings finden sich hierfür einige eindeutige Hinweise. Außerdem wird deutlich, dass zwischen den unterschiedlichen Staaten eindeutig differenziert wird und es lässt sich anhand der bisherigen Ergebnisse so etwas wie eine Rangfolge der Beziehungen aufstellen. Einiges war dabei zu erwarten, anderes kam doch eher überraschend. In den nächsten Tagen werde ich mich mit weiteren Aspekten auseinandersetzen, die Hinweise auf eine besondere Bedeutung der Staaten Südostasiens für Nordkorea geben können. Kritik und Anmerkungen sind mir wie immer willkommen, aber jetzt besonders, weil ich etwas mehr Arbeit investiere als sonst meist.

Kambodscha und Nordkorea wollen Handel stärken. Hintergründe


Kambodscha und Nordkorea haben ein Abkommen vereinbart, nach dem sie den bilateralen Handel stärken wollen. Ri Myong-san Nordkoreas stellvertretender Minister für Außenhandel, der zurzeit in Phnom Penh zu Gast ist und Ouch Borith, Staatssekretär im Außenministerium Kambodschas, unterschrieben das Schriftstück, das den Handel zwischen beiden Ländern fördern soll, indem es für die Umsetzung zuvor getroffener Vereinbarungen sorgt. Es sei das siebte Abkommen, dass beide Seiten seit 1993 zu verschiedenen Themen unterzeichnet hätten. Allerdings scheinbar ohne durchschlagenden Erfolg: Bisher sei der Handel zwischen beiden Staaten laut Ouch Borith nämlich gleich Null.

Allerdings hat die Regierung Kambodschas der nordkoreanischen Mansudae New Tech Corporation Ltd. (die bisher noch in keinem anderen Zusammenhang aufgetaucht, aber wohl eine Tochter der Mansudae Overseas Projects Group of Companies ist) erst vor einigen Monaten ein 17 Millionen Dollar Investitionsprojekt zugeschlagen. Worum es dabei genau geht, habe ich allerdings bisher nicht wirklich verstanden. Die Aussagen bewegen sich zwischen einem Hausbauprojekt, einem „Panoramahaus“ und einem e-Museum (darüber hatte ich ja schonmal kurz was geschrieben), aber klar, mit ein bisschen Phantasie kann man das alles unter einen Hut bringen. Jedenfalls kann man dies, genau wie den jüngst unterzeichneten Vertrag als deutlichen Ausdruck des Willens sehen, die bilateralen Handelsbeziehungen wirklich auszubauen. Die kambodschanische Seite sieht dabei Nordkorea

as a potential market for Cambodian rice, corn, cassava and bean; in exchange, Cambodia expects to import agricultural machinery from DPRK.

On the investment side, Cambodia wants to see DPRK investors in small hydroelectric dams, agriculture, industry and mineral resources, he added.

Dass Nordkorea scheinbar in einer Art Tauschhandel) ein potentieller Absatzmarkt für kambodschanische Lebensmittel sein könnte, das finde ich nicht unbedingt abwegig. Aber dass Nordkorea Kambodscha mit der Lieferung von Landmaschinen nach vorne bringen soll, das kommt mir irgendwie seltsam vor. Was soll denn da geliefert werden? Das hier etwa? Oder ein paar Ochsen? Irgendwie wäre das doch höchst seltsam, wenn Nordkorea mit am Boden liegender Landwirtschaft und geringer Mechanisierung Landmaschinen nach Kambodscha lieferte.

Allerdings erinnert mich das Ganze an andere Exportgüter Nordkoreas, die manchmal ja auch in Kisten verschickt werden, auf denen dann beispielsweise sowas wie „Bulldozer-Ersatzteile“ steht. Kann ja sein, dass Kambodscha sich in seiner Dauerfehde mit Thailand nicht mit dem Schiedsspruch aus Den Haag zufrieden geben will und für die Zukunft Bedarf an solchen Gütern sieht.

Naja, wir werden sehen ob Kambodscha bald mal in den Handelsstatistiken Nordkoreas auftaucht, oder ob man dann irgendwann ein achtes Abkommen unterschreiben wird, dass die Implementierung der vorangegangenen sieben Schriftstücke fördern soll. Außerdem bin ich gespannt, ob KCNA irgendwann noch über diesen Besuch berichten wird oder ob das aus irgendeinem Grund übersehen wurde (finde ich ein bisschen ungewöhnlich, dass Xinhua berichtet, KCNA aber nicht).

Nordkorea will „e-Museum“ am Angkor Wat bauen


Ich habe beschlossen, die Schiffsspekulationen erstmal außen vor zu lassen und mich Themen zu widmen, bei denen das Geschriebene auf mehr beruht als auf Gerüchten oder interpretationen kryptischer Aussagen von Ministern oder Militärs (oder dem Zählen von Sternen an Generalsuniformen…). Wenn es nochmal was wirklich Neues gibt, werde ich drauf zurückkommen, aber bis dahin sehe ich es mal als Verschwendung von Zeit und Ressourcen an. Und schließlich gibt es auch noch andere interessante Entwicklungen, über die nicht jedes Käseblatt zwischen Friedrichshafen und Fehmarn berichtet.

So hab ich in der pakistanischen Daily Times gelesen (aber da der Link nicht funktioniert nehmt alternativ den Artikel von der Straits Times (ist eh besser)), dass die nordkoreanische Übersee-Baufirma Mansudae Overseas Projects scheinbar dabei ist, einen neuen Auftrag zu akquirieren. Die Mansudae Gruppe habe Pläne zum Bau eines „e-Museums“ nahe dem Angkor Wat entwickelt und werbe nun in Kambodscha für diese. In der vergangenen Woche habe eine Delegation von Mansudae unter Leitung des nordkoreanischen Botschafters in Kambodscha, Ri In-sok, ihm die Pläne vorgestellt, erklärte der kambodschanische Kulturstaatsekretär Khem Sarith. Er unterstütze die Idee für das Museum, in dem unter anderem die Geschichte der Tempelanlage in elektronischer Form dargestellt werden soll.

Mansudae dürfte denen die sich für die Errungenschaften nordkoreanischer Architektur interessieren vermutlich ein Begriff sein. Schließlich ist die Firma der wahrscheinlich größte international agierende Anbieter von Monumentalbauten sozialistischen Stils. Wo immer sich ein (meist autoritär regierender) Staatschef ein Denkmal setzen will, stehen die Chancen gut, dass es am Ende die Arbeiter von Mansudae sind, die das Monument errichten. Erst kürzlich wurde im Senegal der Bau des „Monument de la Renaissance Africaine“ abgeschlossen. Es gab zwar einigen Unmut in der (nicht besonders wohlhabenden) Bevölkerung, aber da weder der (schon eher wohlhabende) Präsident Wade, noch der Bauträger sich von solchen Nebensächlichkeiten abhalten ließen, stand dem Bau letztendlich nichts im Wege. Tja und damit es den Arbeitern des Unternehmens nicht langweilig wird, scheint man nun auf der Suche nach neuen Projekten zu sein. Ob auch die computergestützte Simulation der Geschichte des Tempels von der nordkoreanischen Seite erstellt werden soll geht aus dem Artikel nicht hervor, allerdings wäre das eine Möglichkeit für die Programmierer des Korean Computer Center, auch mal ein bisschen Auslandserfahrung zu sammeln. Ich werde das Ganze auf jeden Fall im Auge behalten…